Protocol of the Session on September 12, 2008

Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zur Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus sagen. Wir haben in den letzten Jahren in dieser Frage immer den Schulterschluss aller demokratischen Kräfte gesucht, das soll auch so bleiben, ich finde das auch wichtig. Ich bin aber nach wie vor davon überzeugt, dass wir noch energischer gegen Rechtsextremismus vorgehen müssen. Wir brauchen hier im Land eine Null-Toleranz-Strategie; die beginnt in den Schulen, in den Vereinen, in den Unternehmen, im öffentlichen Raum. Wir brauchen auch gekoppelt damit eine verlässliche Finanzierung von Projekten. Sie haben das Fan-Projekt in Jena erwähnt im Sportbereich. Ich weiß das, weil ich mit denen seit Jahren persönlich im intensiven Kontakt stehe, wie oft dieses Projekt auf der Kippe gestanden hat. Ich kann mich auch noch gut daran erinnern, wie der Kollege Panse hier im Parlament erklärt hat, dass die Landesfinanzierung dafür ja gar nicht notwendig sei. Also meine Bitte, für Verlässlichkeit bei solchen wichtigen Projekten sorgen, damit die nicht jedes Jahr zittern müs

sen, ob sie es gerade noch mal hinkriegen oder ob das Projekt eingestellt werden muss.

(Beifall SPD)

Herr Panse, ich weiß, getroffene Hunde bellen. Das ist auch in diesem Fall offensichtlich so.

(Zwischenruf Abg. Panse, CDU: Ja, ja, Sie wollten in den Aufsichtsrat!)

Frau Lieberknecht, Sie haben Altenburg erwähnt und gesagt, dass das von der NPD organisierte sogenannte Fest der Völker den entschiedenen Widerspruch aller Demokraten erfordert - volle Zustimmung von meiner Seite. Ich sage aber auch ganz offen: Morgen können das alle praktisch zeigen.

(Beifall SPD)

Ich finde, es wäre gut, wenn der Ministerpräsident und einige Kabinettskollegen morgen auch in Altenburg Gesicht zeigen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Ich persönlich werde da sein und ich weiß auch eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen hier aus dem Haus und ich würde mich freuen, wenn auch Kabinettskollegen in Altenburg dabei sind. Jena hat es geschafft, mit einem breiten Bündnis aller demokratischen Kräfte, mit einem sehr breiten Bündnis aller demokratischen Kräfte den Aufmarsch der NPD, der ja im vorigen Jahr noch in Jena stattfand, aus dieser Stadt zu vertreiben. Die NPD hat sich jetzt Altenburg ausgesucht. Ich finde, wir sollten alle Anstrengungen gemeinsam unternehmen, damit auch Altenburg die Kraft aufbringt, gemeinsam mit uns dafür zu sorgen, dass die NPD kein Fest der Völker dort wieder anmelden kann, weil klar wird, dort ist kein Platz für Rechtsextreme.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Im nächsten Jahr stehen Wahlen an, das ist ja kein Geheimnis, dann werden Rechtsextreme versuchen, in die Parlamente zu kommen. Eine hohe Wahlbeteiligung demokratischer Wähler ist der beste Schutz davor, dass Rechtsextreme den Sprung in die Parlamente schaffen. Deshalb finde ich es nach wie vor sinnvoll, da, wo möglich, auch Wahlen zu bündeln und ich appelliere noch einmal an die Landesregierung, Sie haben ja noch keine endgültige Entscheidung getroffen, wie ich gehört habe: Legen Sie die Landtagswahlen mit der Bundestagswahl zusammen, sorgen Sie so dafür, dass wir eine möglichst hohe Wahlbeteiligung haben und eine gute Chance, Rechtsextreme aus diesem Landtag herauszuhalten.

(Beifall SPD)

Frau Ministerin Lieberknecht, Regierungserklärung bedeutet nach meinem Verständnis, dass die Regierung ihre Vorhaben erklärt. Sie haben uns heute in weiten Passagen die Welt erklärt, vom Mittelalter bis zum Grundgesetz war alles dabei. Das ist nicht schlecht, aber wenig wurde gesagt über ganz konkrete Vorhaben, die Sie noch in dieser Legislaturperiode umsetzen wollen, da blieb es sehr wolkig und nebulös. Deshalb, glaube ich, ist wieder einmal mit einer Regierungserklärung klar geworden, aus der Regierung Althaus kommen keine wirklich wesentlichen Impulse mehr für dieses Land.

(Beifall SPD)

Sie sitzen die Zeit bis zum Ende der Legislaturperiode ab und damit das nicht auffällt, werden Luftschlösser wie die Bürgerversicherung, nein, wie das Bürgergeld

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ge- nau, Bürgerversicherung ist ein Luft- schloss.)

in die Welt gesetzt. Die Bürgerversicherung, Herr Mohring, ist ein sehr konkretes Projekt, sehr gut durchgerechnet, ein Projekt, was durchaus in anderen Ländern als Modell auch schon funktioniert. Das Bürgergeld ist ein Luftschloss, was Sie in die Welt setzen, um Aktivität vorzutäuschen, die Sie nicht mehr tatsächlich entfalten in dieser Legislaturperiode. Aus diesem Kabinett kommt kein Impuls mehr, daran hat auch die Kabinettsreform nichts geändert. Also werden es im nächsten Jahr die Wählerinnen und Wähler ändern müssen und ich bin sicher, sie werden es ändern. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Panse zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Regierungserklärung der Sozialministerin betont die drei wichtigen Anforderungen an eine moderne Sozialpolitik bereits im Titel und ich möchte voranstellen für die CDU-Fraktion: Herzlichen Dank, Frau Ministerin Lieberknecht, für die Regierungserklärung. Sie haben mit dem Titel, den Sie gewählt haben „frei, gerecht, solidarisch“ genau den Kern getroffen. Vielen Dank für die Regierungserklärung.

(Beifall CDU)

Wir konnten im Vorfeld der heutigen Regierungserklärung schon in einer ddp-Meldung und heute früh im Radio hören, was die beiden Oppositionsfraktionen von der Regierungserklärung halten. Herr Hausold, Sie wurden damit zitiert, dass Sie meinten, die CDU wolle sich im Wahljahr einen sozialen Anstrich verpassen, das haben Sie vorhin auch wieder hier gesagt. Sie haben es falsch verstanden, Herr Hausold, ausdrücklich, Sie haben es falsch verstanden. Richtig ist nämlich, die CDU ist die Partei, die seit 18 Jahren erfolgreich Sozialpolitik in Thüringen gestaltet.

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE, SPD)

Und weil ja der Kollege von der anderen Seite auch etwas dazu gesagt hat: SPD-Chef Matschie vermutet in der gleichen ddp-Meldung zu der angekündigten Kindercard, und Sie haben es vorhin auch noch mal deutlich gemacht, dass das ja wohl ein Wahlmanöver sei, welches nach der Wahl wieder eingesammelt würde. Diese Erklärung möchte ich gern mal ein bisschen näher beleuchten. Bis vor einigen Tagen haben Sie, Herr Matschie, noch um jeden Preis den Wunsch gehabt, Thüringer Ministerpräsident werden zu wollen, selbst als kleiner roter Bruder an einer doppelt so großen Hand der anderen Fraktion. Jetzt offensichtlich, wenn Sie das sagen, nach der Wahl würden Wahlgeschenke wieder eingesammelt, stelle ich mal fest, sehen Sie das offensichtlich ein bisschen anders. Ich stelle fest für die CDU-Fraktion, Herr Matschie, Sie glauben ganz offensichtlich nicht mehr an eine SPD-LINKE-geführte Regierung. Das glauben wir auch nicht.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wie kommen Sie denn darauf?)

(Beifall CDU)

Herr Matschie, ich stelle fest, Sie gehen davon aus, wenn Sie das sagen, dass wir nach der Wahl Wahlgeschenke wieder einsammeln, dass die CDU auch im nächsten Jahr weiter die Regierung und die Mehrheit hier im Parlament stellen wird. Auch davon gehen wir aus.

(Beifall CDU)

Aber genau deshalb, Herr Matschie, brauchen sich eben die Thüringerinnen und Thüringer keine Sorgen zu machen. Es werden weder sozialpolitische Wahlgeschenke gemacht und auch keine eingesammelt, stattdessen treffen wir jetzt und auch in Zukunft Entscheidungen, die den Menschen im Land helfen. Darum geht es, das ist das Wesentliche und darum diskutieren wir heute auch bei der Regierungserklärung.

Bevor wir zu den einzelnen Punkten kommen - Sie haben ja auch einen sehr bunten Blumenstrauß da gebunden -, möchte ich schon für die CDU-Fraktion auch ein paar Sätze zum Grundverständnis von Sozialpolitik sagen, weil das Grundverständnis von Sozialpolitik auch an einigen Stellen deutlich macht, was uns trennt. Wir als CDU wollen eine aktivierende Sozialpolitik und wir wollen dies im Gegensatz zu einem bevormundenden Sozialstaat, das ist ein gravierender Unterschied. Wie weit sich Sozialpolitik daran bemessen lässt, dass sie die Grundpflichten des Staates, also die Hilfe für unverschuldet in Not geratene Bürgerinnen und Bürger wahrnimmt, ist für uns ganz offensichtlich die Hauptaufgabe. Es ist allerdings auch für die CDU klar, das muss nach unserem Verständnis immer Hilfe zur Selbsthilfe sein, wo also die Möglichkeiten der Betroffenen aktiviert werden, oder einfacher gesagt, wie wir das ja bei der Hartz-IV-Gesetzgebung formuliert haben, der Gedanke „fördern und fordern“, das gehört für uns zu einer aktivierenden Sozialpolitik dazu.

(Beifall CDU)

Ich will auf einen zweiten Punkt hinweisen, wo wir uns auch deutlich unterscheiden - das ist unser Grundverständnis von Familie. Für die CDU-Fraktion kann ich formulieren, für uns ist ganz klar: Familie ist das Fundament unserer Gesellschaft und es sind immer noch glücklicherweise Familie und Ehe, die dieses Grundverständnis unserer Gesellschaft ausmachen.

(Beifall CDU)

Die Gründung einer Familie und der Kinderwunsch sind auch für junge Menschen immer noch das wichtigste Ziel. Wir müssen in der Politik uns selbstverständlich fragen lassen, wie wir die Ursachen erforschen, dass letztendlich dieses Ziel, dieser Wunsch am Ende nicht erfüllt wird. Wir haben an anderer Stelle hier schon gesagt, rund 70 Prozent der jungen Menschen sagen, wenn sie im Alter von 16/17 Jahre sind, was ihr größtes Ziel, ihr größter Wunsch ist, sie wollen eine Familie gründen, sie wollen Kinder haben, sie wollen heiraten. Dass es am Ende tatsächlich nicht so viele tun, das muss uns Sorge machen, deswegen müssen wir auch unsere familienunterstützenden Maßnahmen an dieser Stelle immer hinterfragen, aber das steht voran. Es steht voran diese Stärkung, dieses Grundverständnis von Familie als Fundament unserer Gesellschaft. Für die CDUFraktion, auch das möchte ich hier noch mal klarstellen, ist es unumstritten, Familie ist für uns überall dort, wo Eltern für Kinder und Kinder für Eltern dauerhaft Verantwortung tragen, und sie umfasst alle Generationen. Ich sage es auch, die Ehe ist Leitbild der Gemeinschaft von Mann und Frau, für die CDU-Fraktion aber auch, wir respektieren die Entscheidung von

Menschen, die in anderen Formen der Partnerschaft ihren Lebensentwurf verwirklichen. Das gehört zur Lebenswirklichkeit dazu und es gehört vorangestellt, wenn wir über Familien reden. Sie wissen, Grundgesetz und Verfassung setzen den Rahmen für das, was ich Ihnen gerade auch gesagt habe, abgeleitet von Artikel 17 unserer Verfassung, wo auch ganz klar die Stellung von Ehe und Familie betont ist und im zweiten Punkt dann im gleichen Verfassungsartikel betont wird, dass Familien, die ihre Kinder erziehen, Unterstützung und Förderung verdienen. Auch das ist ein Grundverständnis von uns, warum wir viele unserer Entscheidungen in der Familien- und Sozialpolitik so getroffen haben, wie wir sie in den vergangenen Jahren entschieden haben.

Ich sage aber auch, zu den Zielen einer Familienpolitik, wenn wir heute immer so über Vereinbarkeit von Familie und Beruf reden, gehört auch, dass Familien Zeit füreinander brauchen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt und steht auch am Anfang dieser Diskussion. Wichtig ist es natürlich für den Alltag einer Familie, familienfreundliche Verbindungen zur Berufstätigkeit zu schaffen; familienfreundliche Arbeitszeiten in Wirtschaft und Unternehmen gehören da ausdrücklich dazu. Wir wissen, dass wir da ein ganz enormes Defizit noch haben. Ich sage es für uns, für uns ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein ganz wichtiger Schritt, aber eben genauso auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Ausweitung der Betreuungsmöglichkeiten für Kinder ist richtig und notwendig, stößt aber verständlicherweise auch an Grenzen, wo eben dann auch das Engagement der Unternehmen für junge Mütter und Väter gefordert ist. Ich darf da aus einer Allensbachumfrage mal zitieren: 79 Prozent der Bevölkerung sagen nach aktuellen Erhebungen, dass sie sich wünschen, dass Unternehmen mehr dafür tun müssten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern - in Unternehmen wohlgemerkt, da geht auch unser Appell hin. Es gilt selbstverständlich auch in anderen Bereichen, nämlich dann, wenn wir uns über die Pflege von Familienangehörigen unterhalten. Das hat selbstverständlich für uns auch etwas zu tun mit unserem Verständnis von Sozialpolitik und selbstverständlich, das darf ich auch für die CDU sagen, mit unserem christlichen Verständnis von Nächstenliebe.

Sehr geehrte Damen und Herren, auf Bundesebene setzt sich die CDU-Fraktion, wenn wir über Familienpolitik reden, für die Einführung des Familiensplittings ein. Sie wissen, dass wir das unter Beibehaltung des heutigen Ehegattensplittings wollen. Ich sage es deutlich, wir unterscheiden uns an dieser Stelle sehr, sehr deutlich von den LINKEN. Auf Bundesebene hat die CDU den Ausbau der Betreuungsstrukturen, den Anspruch, den Gesetzentwurf gemeinsam mit der SPD auf den Weg gebracht und den gesetzlichen Rechtsanspruch auf Betreuung beschlossen, aber

- auch das sage ich für die CDU - wir treten gleichberechtigt daneben für ein Betreuungsgeld ein, das Eltern bei häuslicher Betreuung unterstützt. Eine Anknüpfung an das Bundeselterngeld und eine Ausweitung des Bezugsrahmens für dieses ist unser erklärtes Ziel. Auch da unterscheiden wir uns deutlich von den LINKEN, vielleicht mit Ausnahme von Frau Christa Müller. Ich empfehle Ihnen herzlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, lesen Sie dieses Buch, was Sie vielleicht diese Woche als Fraktion auch überreicht bekommen haben.

(Beifall CDU)

Frau Christa Müller (Frau Lafontaine) vertritt da im Saarland durchaus Positionen, die vielleicht für Sie mal lesens- und nachdenkenswert sein könnten.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Wir haben eindeutige Parteitagsbeschlüsse.)

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich zumindest mit dem Buch beschäftigen und nicht schon die Annahme des Buches verweigern, Frau Kollegin Wolf, wie es wohl in dieser Woche bei Ihnen in der Fraktion geschehen ist.

(Beifall CDU)

Sie können einiges von der Frau Ihres Bundesvorsitzenden herauslesen, sich vielleicht auch damit beschäftigen, vielleicht sogar lernen. Also schauen Sie es sich doch zumindest einmal an.

(Beifall CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage auch gern noch etwas zu einer weiteren Säule unserer Gesellschaft, es klang bei meinen beiden Vorrednern an, der sozialen Marktwirtschaft. Selbstverständlich für uns, für die CDU, ist die soziale Marktwirtschaft nicht ein Wirtschaftsmodell, sondern ein Gesellschaftsmodell. Wir stehen dazu, wir wollen die soziale Marktwirtschaft weiterentwickeln. Aber es ist falsch, was Sie gesagt haben, Herr Hausold. Sie haben hier behauptet, die soziale Marktwirtschaft würde nicht existieren. Das ist falsch! Dann haben Sie entweder das Modell der sozialen Marktwirtschaft nicht verstanden oder ein anderes Verständnis als wir davon. Ich sage: In unserer Gesellschaft, bei allem, was wir hier auch sozialpolitisch miteinander diskutieren, müssen wir wissen, dass wir alles, was wir verteilen wollen, letztendlich auch erst einmal erwirtschaften müssen. Deshalb, auch das sage ich deutlich für uns, bekennen wir uns als CDU-Fraktion zu einer der tragenden Säulen, der sozialen Marktwirtschaft. Das sagen wir ganz deutlich, auch wenn Ihnen das nicht gefällt, wir bekennen uns als CDU zu dem freiheitlichen, sozial verantwortlichen Unternehmertum. Da unter

scheiden wir uns deutlich von Ihnen, denn Ihr permanentes Misstrauen gegenüber Unternehmensaufgaben, Unternehmensfunktionen ist aus jedem zweiten Ihrer Anträge hier im Landtag herauszulesen.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Was machen wir denn mit Liechtenstein?)