Wenn wir - Sie sagten das vorhin auch - uns heute über Probleme in unserem Sozialsystem verständigen, reden wir oftmals über sogenannte Probleme, die sich aus dem demographischen Wandel ergeben. Demographischen Wandel aktiv gestalten, soziale Sicherheit für alle Generationen gewährleisten, das ist eine Kernaufgabe, eine aktuelle, aber eben auch eine Zukunftsaufgabe. Wir wollen die großen Leistungen unseres Sozialstaats sichern und zukunftsfest machen. Deshalb wollen wir als CDU die Weiterentwicklung der Systeme für die Generationen- und Leistungsgerechtigkeit, die wir anstreben, auch erreichen. Wir wollen in der Kranken- und Pflegeversicherung schrittweise die Umlagefinanzierung durch die Einführung solidarischer Prämienmodelle ergänzen und perspektivisch auch durch ein kapitalgedecktes solidarisches Prämienmodell ersetzen. Ich sage das deswegen, weil wir in diesem Bereich in den nächsten paar Jahren enorme Aufgaben zu schultern haben. Das gilt genauso für die Pflegeversicherung, das gilt genauso für die Altersvorsorge. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es erhebliche Veränderungen vor dem demographischen Hintergrund gibt. Selbstverständlich wirken diese Veränderungen auch bei uns in Thüringen. Aber ich sage deutlich, das muss man hin und wieder einmal betonen, wir wollen diesen demographischen Wandel als eine Chance begreifen, potenzialorientiert darüber diskutieren, dass Menschen heute glücklicherweise älter werden, nicht defizitorientiert darüber diskutieren, insofern müssen wir auch, was die sozialen Sicherungssysteme angeht, Entscheidungen treffen und diese zukunftsfest machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Frau Ministerin hatte in ihrer Rede eine ganze Menge von sozialpolitischen Leistungen aufgezählt, die ich nur in einigen Anstrichen jetzt noch einmal zitieren möchte. Ich glaube, es ist wichtig, dass man das 18 Jahre nach der Wende auch noch einmal erwähnen darf, was wir im Rahmen der Sozialgesetzgebung mit enormer Kraftanstrengung, manchmal auch mit enormen, nicht vorstellbaren finanziellen Aufwendungen in den letzten 18 Jahren in den neuen Bundesländern insbesondere geleistet haben. Sie haben sicherlich mitbekommen - und das dürfte auch Ihnen nicht verborgen geblieben sein - die enormen Veränderungen, die wir im Pflegebereich und in der Behindertenhilfe erfahren haben. Wir haben es schon gestern für den Pflegebereich im Landtag diskutiert, für den Behin
dertenbereich werden wir heute sicherlich noch zur Diskussion kommen. Aber wer sich vorstellt, wie da vor 18 Jahren teilweise die Einrichtungen aussahen und was es da für eine Struktur gab, der muss das letztlich anerkennen, was es an Veränderungen gab.
Wir haben die gleichen enormen Veränderungen im Gesundheitssystem erlebt. Was wir in Krankenhäusern erlebt haben, was wir an Teilhabe am medizinischen Fortschritt erlebt haben in den letzten 18 Jahren, ist in einer solchen Art und Weise enorm, dass es dazugehört, diese Aufbauleistungen, diese Reparaturleistungen in manchen Bereichen auch hier zu würdigen. Wir haben eine umfängliche Trägerlandschaft aufgebaut. Das gilt insbesondere für den Jugendhilfebereich, das gilt für Betreuungseinrichtungen, das gilt für familienunterstützende Einrichtungen; alles etwas, was wir vor 18 Jahren in dieser Form selbstverständlich nicht vorfinden konnten. Wir haben Kinderschutzsysteme aufgebaut. Wir haben Kinderschutzdienste aufgebaut. Wir sind gerade, was die Kinderschutzdienste angeht, Herr Matschie, in einer vorbildlichen Situation, auch bundesweit. Ich werde nachher noch einmal etwas zu Ihrem Vorwurf sagen, dass wir in diesem Bereich etwas kaputtsparen oder kürzen würden. Wir haben es aufgebaut in den letzten paar Jahren und es ist gelungen. Wir haben darüber hinaus auch ein völlig neues Feld betreten, was es vor 18 Jahren nicht gab, den ganzen Bereich der Sucht- und Drogenprävention, der Suchtkrankenhilfe, auch daran darf ich einmal erinnern, was da für enorme Anstrengungen, auch finanzielle Anstrengungen, geleistet werden mussten.
Ein Letztes, auch wenn es immer einmal wieder hier so diskreditiert wird, wir haben ein ausgesprochen effektives Stiftungssystem aufgebaut. Sie haben hier ein paar Stiftungen aufgezählt, die Ihnen nicht so toll gefallen. Ich sage Ihnen aber, es gibt Stiftungen in Thüringen, auf die wir nicht nur stolz sein können, sondern die bundesweit vorbildlich sind. Das gilt für die Stiftung „Familien und Schwangere in Not“ genauso wie für die Thüringer Ehrenamtsstiftung. Sich dann hier hinzustellen und zu sagen, die Stiftung habt ihr nur aufgebaut, um es dem Zugriff des Landtags zu entziehen und das funktioniert alles nicht, das ist unredlich, das finde ich falsch und das werden wir als CDU-Fraktion auch immer wieder zurückweisen.
Ich habe diese Beispiele deswegen noch einmal gesagt, um auch etwas Grundsätzliches dazu noch einmal anmerken zu können. Wenn jemand sich hier vorn hinstellt wie Sie, Herr Hausold, und redet diese Leistungen klein oder diskreditiert sie, dann haben Sie, glaube ich, sehr vergessen, wie die soziale Land
schaft zur Wendezeit aussah oder aber ich muss Ihnen unterstellen, dass Sie da böswillig ein politisches Süppchen an dieser Stelle kochen. Wir können insbesondere von den LINKEN in nahezu jeder Landtagssitzung erleben, wie sie die aktuelle Situation schlechtreden. Ich frage Sie, mit welcher Legitimation eigentlich. Herr Hausold, Sie haben sich vor wenigen Minuten hier vorn hingestellt und gesagt, die Probleme wären ja nicht vom Himmel gefallen. Dann haben Sie erklärt, was in den letzten 18 Jahren passiert ist. Ich sage Ihnen einmal etwas sehr Treffendes, das jemand in der letzten Woche dazu gesagt hat. Er hat das an die Adresse der LINKEN gesagt, Frau Präsidentin, ich zitiere: „Das ist immer noch dieselbe Partei, die uns vor zwei Jahrzehnten das Fiasko der abgewirtschafteten DDR hinterlassen hat. Das ist immer noch dieselbe Partei, die das Desaster angerichtet hat, mit dessen Folgen wir seitdem Jahr für Jahr zu kämpfen haben. Es sind teilweise sogar noch genau dieselben Leute, die heute nassforsch verkünden, jetzt wollen wir auch mal.“ Das hat keiner von der CDU gesagt, das hat Matthias Platzeck auf dem SPD-Landesparteitag am 31. August in KönigsWusterhausen gesagt. Er hat ausdrücklich recht!
Ich würde mir sehr wünschen, Herr Kollege Matschie, dass Sie zu ähnlich klaren Worten finden würden, dann wäre vielleicht auch Ihre Partei nicht in dieser Situation und könnte vielleicht auch andere Umfragewerte wieder einfahren. Zu Recht sagt Platzeck nämlich zu ihnen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen: „Nein, diese Leute sind eben nicht dran, ich sehe weit und breit keinen guten Grund dafür.“ Platzeck hat recht. Man sollte es den Leuten, ihnen, aber auch manchen SPD-Kollegen, hin und wieder ins Stammbuch schreiben.
Wir haben, sehr geehrte Damen und Herren, erhebliche Sozialleistungen, die wir im Rahmen der Armutsbekämpfung brauchen. Niemand hat hier im Thüringer Landtag jemals behauptet, dass es keine Armutssituation, dass es keine Menschen in Armut in Thüringen gäbe. Das ist falsch, was Sie dargestellt haben. Wir haben aber - und das stelle ich fest - bestehende Sozialsysteme, die funktionieren. Jetzt werden Sie sagen, na ja, dass die CDU das erklärt, mag ja sein. Aber auch der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung stellt ausdrücklich fest, ich zitiere: „Der Sozialstaat wirkt. Deutschland gehört zu den OECD-Staaten, in denen die Ungleichheit der Markteinkommen mit am stärksten durch Steuer- und Sozialtransfers reduziert wird. Sozial- und familienpolitische Transferleistungen, wie Arbeitslosengeld II, Kindergeld, Kinderzuschlag, Wohngeld und das frühere Erziehungsgeld, haben das Risiko der Einkommens
armut im Jahre 2005 insgesamt von 26 auf 13 Prozent und bei Kindern von 34 auf 12 Prozent gesenkt. Es ist damit jeweils niedriger als der europäische Durchschnitt.“
Der Sozialstaat wirkt. Wir werden immer wieder darüber diskutieren, wie wir die Instrumente noch verbessern können, wir werden immer wieder darüber diskutieren müssen, wie wir den Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind, auch helfen können. Ich stelle fest, wir haben, was die Empfänger der sozialen Mindestsicherung angeht, immer noch einen unbefriedigenden hohen Anteil. Im Jahre 2006 waren in ganz Deutschland 10,1 Prozent der Menschen auf soziale Mindestsicherung angewiesen, das sind immerhin 8,3 Mio. Menschen, die rund 46 Mrd. € an sozialen Transferleistungen erhalten haben. Wir hatten in Thüringen zum Zeitpunkt 2006, als diese Zahlen erfasst wurden, eine Quote von 12,7 Prozent. Ich stelle diese Zahl deswegen heraus, weil sie uns in dem Konzert zumindest der neuen Bundesländer relativ gut aussehen lässt, nicht befriedigend, nicht so, dass wir sagen, wir wollen darauf verweilen. Aber ich sage auch einmal zum Vergleich die Zahlen der anderen neuen Bundesländer. In MecklenburgVorpommern sind 17,7 Prozent der Menschen auf soziale Mindestsicherungsleistungen angewiesen, in Berlin 20,1 Prozent, in Brandenburg 14,5, Prozent in Sachsen-Anhalt 16,6 Prozent und in Sachsen 14,1 Prozent. Ich stelle fest, mit 12,7 Prozent in Thüringen sind wir nicht zufrieden, aber auf einem guten Weg und im Konzert der neuen Bundesländer sehr gut dabei.
Sie wissen vielleicht, die Zahl der Bedarfsgemeinschaften sinkt auch seit diesem Zeitpunkt kontinuierlich. Auch die Arbeitslosigkeit sinkt kontinuierlich, die Zahl der Empfänger sozialer Mindestsicherung sinkt. Das sind alles Anzeichen dafür, dass der Sozialstaat funktioniert. Aber es ist auch noch ein anderes Anzeichen, nämlich die Frage, wie wir Menschen wieder selber in Verantwortung bringen können, in Verantwortung für sich selbst, in Verantwortung, bei der sie selbst ihre Geschicke meistern können. Das ist ein zentrales Ziel. Das ist auch das zentrale Ziel der Armutsbekämpfung. Alles andere, über was wir uns hier unterhalten, ist Armutslinderung, Linderung der Auswirkungen von Armut. Unser Ziel muss es sein, Menschen in Arbeit zu bringen, Menschen zu Verdienst zu bringen, so dass sie selbst ihre Situation meistern können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will auch ehrlich etwas zu der Zahl der Kinder in dieser Situation sagen. Da ist diese Entwicklung leider etwas anders. Die Zahl der Kinder, die sich in schwierigen Lebenslagen befinden, die auch auf Transferleistungen in ihren Familiengemeinschaften angewiesen sind, steigt leider. Sie befindet sich auf einem hohen Niveau. Wir
müssen uns also auch mit der Frage der Auswirkung von Armut auf Kinder intensiv auseinandersetzen. Das haben wir hier nie negiert. Wir haben gerade in den letzten Plenarsitzungen eine ganze Menge an Diskussionen geführt. Herr Hausold, wir haben uns im Übrigen auch klar zu den Regelsätzen positioniert, sowohl was die Regelsätze für Kinder angeht. Ich sage es nochmals sehr deutlich, wenn Sie es damals nicht wahrgenommen haben, die CDU-Fraktion hat immer gesagt, wir wollen erstens angepasste Regelsätze für Kinder - da ist momentan der Bund dabei, Herr Matschie hat darauf hingewiesen, das Bundesministerium, was mit dem Existenzminimumbericht die Zahlendaten dazu liefern muss. Ich weiß sehr wohl, dass die Bedarfe nicht angemessen sind der gegenwärtigen Situation, der Bemessung, was Kinder in Bedarfsgemeinschaften erhalten.
Wir haben aber auch als CDU-Fraktion als Zweites gesagt, wir wollen eine bedarfsgerechte Staffelung. Das knüpft an das an, was Sie vorhin mit den Problemlagen zum Schulbeginn geschildert haben. Selbstverständlich haben Kinder in dieser Alterskategorie von 0 bis 6 Jahren, von 6 und später unterschiedliche Bedarfe. Genau dafür setzen wir uns ein, genau diese Diskussion wird auf Bundesebene zu führen sein. Ich bleibe dabei, der Bund ist in der Pflicht, die Zahlen vorzulegen. Wir warten genauso wie Sie darauf, dass das in den nächsten Wochen geschieht, weil wir glauben, dass das etwas ist, was zumindest Armutsauswirkungen bei Kindern in den Bedarfsgemeinschaften lindert. Wir werden damit Armut nicht abschaffen, das sage ich auch deutlich.
Jetzt haben wir ein Instrument von der Ministerin in den letzten Tagen vorgeschlagen bekommen, was nicht ganz neu ist. Sie hat darauf hingewiesen, dass Frau Göring-Eckardt diesen Vorschlag mit der Kindercard schon unterbreitet hat, das ist durchaus ein Instrument, was Kindern hilft. Man kann sich hier vorn hinstellen und kann sagen, wir würden das ja mittragen, wissen aber nicht, wie es zu finanzieren ist und überhaupt, vielleicht Wahlkampfgeschenk. Ich stelle fest, diese Kindercard kann ein wirksames Instrument sein, Kindern die Teilhabe an gesellschaftlichen Lebenssituationen zu ermöglichen, ob das die Beteiligung in Vereinen ist, ob das Bildungsangebote sind. Herr Matschie, Sie haben sehr stark auf die Bildungsangebote hingewiesen, das kann mit dieser Kindercard erreicht werden. Ich lade Sie herzlich ein, dass wir gemeinsam diese Kindercard dann auch ausgestalten, dass wir gemeinsam auch schauen, was können wir mit der kommunalen Seite an Leistungen hineinpacken. Ich bin mir für die CDU-Fraktion sicher, dass diese Kindercard ein Erfolg sein kann, ein Erfolg, der Kindern in Bedarfsgemeinschaften hilft, Teilhabe zu erreichen.
Wir haben, wenn wir über Armut reden, immer die Situation, dass Armut von Betroffenen ganz anders wahrgenommen wird. Besonders gilt dies für unverschuldete Armut, in die Menschen geraten sind. Wir wollen ihnen dabei helfen, wir können dieses aber nur im System der sozialen Marktwirtschaft leisten. Wir können das nur, indem wir ihnen Hilfe auf der einen Seite anbieten, gleichzeitig aber auch die Mittel, die wir dazu benötigen, erwirtschaften, gleichzeitig die Mittel auch verantwortungsbewusst einsetzen. Denn das gehört ja auch zur Ehrlichkeit dazu, bei allem, was wir an sozialen Leistungen gewähren wollen, müssen wir im Blick haben, dass wir dies nicht auf Kosten künftiger Generationen tun können und wollen. Nichts ist so unsozial wie neue Schulden zu machen. Deswegen wundere ich mich immer an dieser Stelle, wenn Sie so vollmundig hier neue Vorschläge machen und die Millionen nur so durch den Raum purzeln. Ich bin sehr gespannt, was Sie in wenigen Jahren dann dazu sagen, wenn wir uns hier über Verschuldensgrenzen unterhalten, wenn Sie uns erklären, wie der Gestaltungsspielraum in einer Art und Weise eingeschränkt ist, dass dann eben gar nichts mehr geht. Das passt im Übrigen zu dem, was Herr Matschie zur Haushaltssituation des Jahres 2004 geschildert hat. Ich werde dazu schon noch ein paar Sätze sagen.
Ich möchte aber noch einmal zu der Armutsbekämpfung noch eine Bemerkung machen. Armutsbekämpfung, Hilfe für Betroffene kann immer nur eine Netzwerkfunktion sein. Da müssen verschiedene gesellschaftliche Partner gemeinsam daran mitwirken. Das ist selbstverständlich. Das ist die staatliche Sozialpolitik, aber auch die kirchliche Sozialarbeit, wie Caritas und Diakonie - große Träger schon seit Jahrzehnten, die Diakonie schon seit hunderten Jahren -, die entsprechende Leistungen erbringen. Das sind die großen Sozialverbände, das ist das breite, ehrenamtliche gesellschaftliche Engagement. Dieses alles zusammen bildet ein Netzwerk, wo man den Betroffenen helfen kann und helfen muss. Es kann nicht sein, dass einer die Aufgabe dem anderen zuordnet und sagt, das wird der schon lösen. Das gilt genauso für uns in der Politik. Wenn wir sagen, das sollen schon irgendwie die karitativen Verbände und Sozialverbände lösen. Das gilt aber auch anders herum. Auch dort kann der Ball nicht permanent in Erwartungshaltung zu den politisch Verantwortlichen gespielt werden. Es geht nur in einem Miteinander. Deswegen finde ich den Dialog, den Sie führen, gut und richtig, Frau Ministerin. Dieser Dialog mit den Betroffenen muss die Grundlage dafür legen, dass wir dann die Maßnahmebündel auch verantwortungsbewusst miteinander umsetzen. Es ist richtig und notwendig - ich wünsche Ihnen da alles Gute auf diesem Weg.
bänden als Vertreter der CDU-Fraktion in der Vergangenheit schon hören, dass die Verbände sagen, sie wissen sehr wohl, was geht und was nicht geht. Da ist manchmal ein deutlich höheres Maß an Realismus zu verspüren, als uns hier zwei Fraktionen im Thüringer Landtag präsentieren, die ja irgendwann politische Verantwortung tragen wollen - warten wir es erst einmal ab.
Ich will, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch ein paar Sätze zu dem sagen, was Sie an Vorwürfen vorgebracht haben. Es gehört ja zu einer parlamentarischen Debatte, dass man sich darüber austauscht und auch das sagt, womit man vielleicht einverstanden ist und womit nicht.
Herr Hausold, Sie haben an der Regierungserklärung kritisiert, dass Ihnen das alles sehr kleinteilig wäre und das hat Ihnen alles nicht gefallen. Ich muss Ihnen sagen, ich weiß nicht, wer Ihnen das so aufgeschrieben hat. Ich fand die Regierungserklärung sehr, sehr umfänglich. Ich fand die Regierungserklärung in einer Art und Weise, auch die soziale Situation, die soziale Wirklichkeit in Thüringen beschreibend, über die Sie als Opposition durchaus eine andere Auffassung haben können. Aber sich dann hier hinzustellen und zu sagen, eine Regierungserklärung in diesem Umfang, in dieser Gänze, wie wir sie heute auch zum ersten Mal für den Bereich der Sozialpolitik erlebt haben, wäre kleinteilig, das ist nicht redlich, Herr Hausold, schlichtweg nicht redlich.
Sie haben als Nächstes dann die ganze Arbeitsmarktsituation dargestellt. Das ist legitim, das hat was mit Sozialpolitik zu tun, selbstverständlich. Aber der Vorwurf, dass Sie sagen, die CDU hätte sich nicht positioniert zu den Berechnungen eines Chemnitzer Professors, ist schlichtweg falsch. Die Bundesparteivorsitzende und Bundeskanzlerin, Frau Merkel, hat sehr eindeutig gesagt, was sie davon hält.
Dieter Althaus hat auch ganz eindeutig gesagt, was er davon hält. Man muss einmal hinhören, wenn man sich nicht die Ohren davor verschließen will. Und ich sage es für die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, das ist selbstverständlich jenseits von irgendwelchen Vorstellungen, was dieser Chemnitzer Professor da berechnet hat. Das geht nicht. Er versucht selber jetzt, ein bisschen zurückzurudern, das wäre nur unter Abkehr von allen und ohne Alkohol und ohne Zigaretten und sonst was. Sie wissen, damit kann man noch mitgehen. Aber es gibt ein paar andere Sachen, die einfach schlichtweg nicht passen. Für die CDUFraktion noch mal: Wir setzen darauf, dass die Regel
sätze entsprechend dem Existenzminimumsbericht der Bundesregierung gestaltet werden. Es wird selbstverständlich nicht auf eine Senkung in diesem Bereich auf 130/140/150 € hinauslaufen.
Herr Hausold, Sie haben zur Kommunalisierung noch einmal groß ausgeholt und gesagt, wie die ganzen Probleme wären. Das ist nicht so, das stimmt nicht. Die Probleme sind damals dramatisch herbeigeredet worden. Wenn man sich genauer einmal anschaut, was teilweise tatsächlich los war, auch da, wo die Medienkritik am heftigsten war. Ich habe es erlebt, als uns Kollegen aus dem Kyffhäuserkreis Zeitungsartikel vor die Nase gehalten haben, wie schwierig das mit der Kommunalisierung dort gelaufen wäre. Ich empfehle Ihnen, schauen Sie sich einmal die Beantwortung meiner Kleinen Anfrage 2472 an. Da ist sehr genau beschrieben, wie das dort mit der Kommunalisierung tatsächlich gelaufen ist. Das ist exemplarisch dafür, wie es im Land war. Es ist mitnichten so, dass die Kommunalisierung nicht funktionieren würde.
Ich sage aber auch noch einmal, auch hier im Parlament, warum wir diese Kommunalisierung wollten. Wir wollten näher am Menschen sein, wir wollten den Menschen auch bedarfsgerecht Hilfe anbieten können. Selbstverständlich ist ein Umstellungsprozess dazu notwendig, aber letztendlich wird es von den Menschen akzeptiert und angenommen. Wir haben es in anderen Bereichen vor einigen Jahren auch gehabt. Auch da haben wir kommunalisiert und am Ende festgestellt, es ist näher bei den Menschen angekommen.
Sie haben, genauso wie Herr Matschie, den ganzen Bereich Kindertagesstätten gestriffen. Zu den Kindertagesstätten, wissen Sie, würde mir allein ausreichend einfallen, dass wir jetzt die Diskussionen endlos verlängern könnten. Es passt aber nicht an dieser Stelle, weil die Kindertagesstätten in der Tat momentan mit der Bildungsverantwortung, das wissen wir, dem Kultusministerium zugeordnet sind. Wir wollten die Stärkung der Bildungsverantwortung. Der Bildungsplan, Herr Matschie, Sie haben ihn gerade gelobt, ist in Verantwortung des Kultusministeriums entwickelt worden. Er ist sehr gut, das haben Sie gesagt. Wir werden uns jetzt über die qualitative Umsetzung unterhalten. Es ist aber heute nicht der Tagesordnungspunkt. Wir reden zwar heute in Gänze und, Herr Matschie, Sie können auch gerne den Strauß dann aufmachen, Sie haben sehr lange über Ihr Lieblingsthema Bildung gesprochen. Heben Sie sich das noch einen Moment auf, bis wir zur der Regierungserklärung zur Bildungspolitik kommen, da kommt das alles auch noch mal.
Ja einiges hat damit zu tun, da gebe ich Ihnen ja recht, wenn Sie über Essenversorgung in Kindertagesstätten und Horten reden, Herr Matschie, da hat es damit zu tun, das stimmt. Dazu haben wir hier diskutiert im Thüringer Landtag. Wir haben den Antrag, der sich im Sozialausschuss befindet. Wir haben im Sozialausschuss gesagt, wir werden sehr wohl erst schauen müssen, was mit dem Regelsatz auf Bundesebene geschieht, Sie wissen das. Wenn der Regelsatz so beschlossen wird, dass die Mehraufwendungen für Essenversorgung dort enthalten sind, wird es selbstverständlich nicht gehen, dass man parallel dazu sagt, wir erstatten die Kosten trotzdem noch mal. Das wäre ordnungspolitisch falsch. Das wissen Sie. Deswegen bitte ich Sie aber herzlich, unterstellen Sie uns nicht, dass wir uns um dieses Thema nicht kümmern würden, oder dass uns das egal wäre. Das ist mitnichten so.
Herr Hausold, Sie haben dann auch die Kita-Diskussion aufgemacht. Selbstverständlich, die Erziehungsgelddiskussion, das ist Ihr beider Lieblingsthema. Das ist eine Diskussion, wo wir uns auch nicht annähern werden. Ich will aber zu Ihnen und zu Herrn Matschie auch noch mal sagen, wie das mit dem Erziehungsgeld tatsächlich ist. Offensichtlich wird ja da an Legenden heftig gestrickt. Das Erziehungsgeld in der Form, das Landeserziehungsgeld, wie wir es hatten, war eingeführt worden, um den Brückenschlag zwischen dem Bundeserziehungsgeld und dem Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz zu schließen. Das war der Hintergrund Anfang der 90er-Jahre. Herr Matschie, da haben wir beide noch nicht Verantwortung für Landespolitik mitgetragen, aber man kann es noch nachlesen, warum das damals so entstanden ist. Dass zwischenzeitlich einige Kommunen und einige Städte sagten, wir senken den Rechtsanspruch weiter ab, das war damals nicht vorauszusehen. Wir haben damals bewusst den Zeitpunkt zweieinhalb Jahre gesetzt, um zu sagen, wir haben genau eine Anschlussfinanzierung: Bundeserziehungsgeld, Landeserziehungsgeld, Rechtsanspruch Kindertagesstättenplatz. Das ist so, Frau Taubert, und es ist auch nachlesbar.
Dass das parallel lief, dass es Eltern gab, die Landeserziehungsgeld bekommen haben und einen Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz in Anspruch genommen haben, ging im Übrigen nur in den Städten. In vielen anderen Regionen war dieser Rechtsanspruch nicht ab zwei Jahre. Wir haben ihn jetzt ab zwei Jahre - vorbildlich! Insofern hat sich da einiges geändert, aber ich sage auch noch mal deutlich, wir werden uns dann, wenn an Legenden gestrickt wird, wie das mit dem alten Landeserziehungsgeld war, wehren. So war es nicht.
Herr Hausold, Sie haben die zusätzlichen Fachkräfte in den Regel-Kitas angesprochen. Das ist falsch. Wir haben für die Kindertagesstätten eine Finanzierungsmöglichkeit gefunden, wo wir sagen, wir wollen die individuellen Bedarfe von Menschen, von Kindern mit Beeinträchtigungen auch fördern. Wir haben ein umfängliches System an Fördereinrichtungen, an Fördersystemen. Wir geben auch zusätzlich Geld den Kreisen und den kreisfreien Städten, um Kinder mit zusätzlichem Förderbedarf zu unterstützen. Es gibt da sehr individuelle Vereinbarungen mit den Einrichtungen, in einzelnen Fällen auch tatsächlich umfänglich zusätzliche Personalbedarfe, und es gibt ein sehr gut funktionierendes System in den integrativen Kindertagesstätten. Auch davon kann man sich überzeugen, wenn man durchs Land geht. Da muss man immer die Frage stellen, wo wird Kindern am besten geholfen, wo kann man Kindern auch optimal helfen. Da bin ich dann wieder nahe dabei zu sagen, das müssen wir immer wieder kritisch hinterfragen und auch verbessern, aber wir sollten aufpassen, dass wir nicht alles hier in eine Tüte schmeißen.
Bei der Abwanderung der jungen Menschen, Herr Hausold, da haben Sie die Reduzierung bei Jugendeinrichtungen dafür verantwortlich gemacht. Das ist schlichtweg Unfug. Sie wissen, dass wir mit der Jugendpauschale von 10 Mio. € die Einzigen sind, die ein solches Instrument haben, wo wir die örtliche Jugendförderung in einer Art und Weise unterstützen, wie Sie es in keinem anderen Bundesland finden. Es wird dort komplementär finanziert. Aber ich sage es auch noch mal: Diese 10 Mio. €, das ist eine freiwillige Leistung des Landes im Sozialetat des Sozialministeriums. Diese 10 Mio. € sind es uns wert und das wollen wir auch, dass junge Menschen diese Förderung erhalten. Das halten wir seit vielen Jahren kontinuierlich durch. Jetzt kann man darüber streiten, Herr Matschie, ob diese Zahl mal höher war, ob die eine Zeit lang nicht von den Kommunen abgerufen wurden. Ich stelle aber fest, das ist eine Leistung, die jungen Menschen enorm hilft. Ich glaube nicht, Herr Hausold, dass die Existenz eines Jugendclubs oder nicht dafür ursächlich ist, ob junge Menschen abwandern. Da geht es um ganz andere Dinge, das haben wir mehrfach diskutiert, da geht es um Zukunftsperspektiven, da geht es um Jobangebote. Wenn wir Job- und Ausbildungsangebote in Thüringen haben - momentan glücklicherweise in zunehmendem Maße -, kommen junge Menschen hierher, dann wollen sie auch ihren Lebensmittelpunkt in Thüringen behalten. Dann fragen sie selbstverständlich nach einer sozialen Infrastruktur, die wir haben, die wir vorbildlich haben, auch dank der Sozialpolitik, die wir in den letzten 18 Jahren geleistet haben. Also insofern bitte ich Sie herzlich, versuchen Sie da nicht bei der Ursachenforschung Sachen herbeizureden, die so nicht sind.
Zwei weitere Beispiele noch aus dem, was Sie gesagt haben: Renten - Sie wissen, dass die CDU-Fraktion, insbesondere auch der Kollege Worm, sich in diesem Bereich deutlich positioniert und gesagt hat, was wir über die Rentenangleichung denken. Wir sind da guter Hoffnung, dass wir gemeinsam mit den Ostländern - das war nicht ganz so einfach, da entsprechend auch dieses Bündnis zu schmieden - auch einen Weg beschreiten können, der am Ende das Ziel hat, dass wir zu einer Angleichung kommen, die wir alle hier - das stelle ich fest - im Parlament wollen. Über den Weg müssen wir uns unterhalten, das Ziel ist klar.
Ihre Forderung, zu sagen, da möge man einfach mal einen Gesetzentwurf im Bundestag auf den Tisch legen und sehen, wie sich die Mehrheiten organisieren, das ist blauäugig. So funktioniert Politik nicht. Ich bin der Sozialministerin dankbar, dass sie versucht, Mehrheiten zu organisieren. Das ist eine wichtige Aufgabe, dass man diese Mehrheiten auch organisiert. Auch darum müssen wir kämpfen und „dicke Bretter“ - wie es dieser Tage in einer Zeitung stand - „bohren“.
Ein zweiter Punkt - das ist nicht neu -, der Ärztemangel: Stimmt nicht, Herr Hausold, wir haben uns über Ärztemangel sehr, sehr intensiv sowohl im Sozialausschuss als auch hier im Plenum, als auch in ganz verschiedenen Foren unterhalten. Die CDU-Fraktion hat sehr früh dieses Thema aufgegriffen.
Doch, Frau Fuchs, lange bevor Sie die erste Kleine Anfrage dazu gestellt haben, gab es die ersten Gesprächsforen, wo wir mit Betroffenen diskutiert haben.
Frau Fuchs, es hat ein bisschen was damit zu tun, wie man mit Ärzten umgeht. Es hat ein bisschen etwas damit zu tun, was Ärzte empfinden, wie sie in der Gesellschaft angenommen sind. Es hat natürlich ein bisschen etwas mit Ärztevergütung zu tun. Wir haben das alles im Fachausschuss diskutiert. Nur wenn sich Ihr Fraktionsvorsitzender hier vorn hinstellt und Sie es ihm vorher offensichtlich nicht gesagt haben, dass wir über Ärztemangel im Sozialausschuss sehr intensiv diskutieren, dann bleibt mir nur zu sagen: Ich weise das zurück, so ist es nicht, Herr Hausold.
Herr Hausold, ich habe bei Ihrer Rede einmal versucht mitzuzählen, ich habe dann irgendwann aufgehört, Sie waren bei Ihrer Rede so 30- bis 40-mal bei der Formulierung: „Die LINKE fordert...“, ohne einen Satz dazu zu sagen, DIE LINKE würde vorschlagen, wie man das bezahlt. Das habe ich in der ganzen Rede nicht gehört. Da ich aber 30- bis 40-mal gehört habe „DIE LINKE fordert“, sage ich Ihnen schon etwas, was zu diesem Forder- und Wunschkatalog der LINKEN passt: Konfuzius. Konfuzius - ich zitiere: „Der Edle verlangt alles von sich selbst, der Primitive stellt nur Forderungen an andere.“