Protocol of the Session on September 11, 2008

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, es ist ureigenste Angelegenheit der kommunalen Ebene, diese Dinge zu regeln. Die sozialen Wohnungen sind bereits 1991 in Thüringen gebaut worden. Sie mögen sich bitte einmal erinnern, mit welchem Aufwand das Land Unterstützung gegeben hat. Diese, auch von Ihnen, Kollegin Doht, an die Wand gemalten Gespenster, dass doch einige Leute nicht versorgt seien, die sind

weit, weit entschwebt. Da gab es noch so ein anderes Gespenst, das hieß Kommunismus. Auch das ist entschwebt. Das stellte allerdings einer aus dem ZK der KPdSU fest. Sie wissen das noch, meine Damen und Herren der LINKEN?

Wir haben, meine Damen und Herren, Programme, die sind familiengerecht - nicht zuletzt das, was die CDU mit der Aufbaubank auf den Weg gebracht hat in letzter Zeit. Sie fordern das und es existiert lange. Wir haben in Thüringen Barrierefreiheit unterstützt und altengerecht. Sie können das sehen in unseren neuen Platten, die umgebaut wurden. Sie können das sehen in den Innenstädten an Altbausubstanz, Sie können das sehen bei Wohnungseinheiten von freien Trägern. Sie sind sozial, sie sind sicher, sie sind altersgerecht; sie sind einfach das, was Sie fordern. Und natürlich wünschen wir uns, dass die Landesregierung mit uns gemeinschaftlich konzeptionell weiterarbeitet, damit wir die Bedürfnisse auch nach 2013 befriedigen können. Die Bedürfnisse liegen nicht nur darin, dass wir kleinere Wohnungseinheiten brauchen und für die Älteren, wir brauchen vor allem den Zuschnitt, der in der Innenstadt das Leben möglich macht. Da sind wir auf dem besten Weg, meine Damen und Herren. Deshalb kann ich nur sagen, Ihr Antrag ist völlig fehl am Platze.

(Beifall CDU)

Ich erteile das Wort Herrn Abgeordneten Wetzel.

Danke, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Kollegin Doht, es gibt natürlich einen Antrag von uns, der die Landesregierung auffordert, in dem Haushaltsjahr 2008/2009 ein Wohnungsbauförderprogramm einzurichten. Es sind acht Schwerpunkte darin enthalten, und wenn Sie jetzt im Ministerium einmal richtig nachschauen, werden Sie merken, dass diese acht Schwerpunkte bei jeder Stadtentwicklungskonzeption im Einzelnen enthalten sind und Maßstab dieser Stadtentwicklungskonzeption sogar darstellen. Danke.

(Zwischenruf Abg. Buse, DIE LINKE: Das haben Sie selber eben erst erfahren durch die Ministerialen.)

Herr Buse, Sie können hier vorn das Wort ergreifen. Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich erteile das Wort Herrn Staatssekretär

Richwien.

Vielen Dank. Frau Präsidentin, der Abgeordnete Wetzel hat mir den Aspekt des Antrags vorweggenommen.

Sehr geehrte Frau Doht, wir haben am 12.07.2007 zur Aussprache über dieses Thema gesprochen. Es gab einen SPD-Antrag, es gab einen CDU-Antrag. Der CDU-Antrag ist angenommen worden. Das wissen Sie auch und es ist nicht redlich - ich sage das mal etwas salopp -, hier etwas anderes zu behaupten. Es ging darum, dieses Wohnungsbauprogramm finanziell zu untersetzen und dafür auch die Voraussetzungen zu schaffen. Das haben wir in dem Haushalt 2008 und 2009 auch getan an dieser Stelle, sehr geehrte Frau Doht, will ich noch einmal daran erinnern. Einige Aspekte haben Sie ja genannt, aber auch die Stadtumlandinitiative, die wir hier gefahren haben. Wir haben die Haushaltsvoraussetzungen geschaffen und ich habe versucht, in meiner Rede darzulegen, dass die Ansätze in den einzelnen Regionen viel zu vielschichtig sind, als dass wir mit einem Konzept auf jede Stadt zugeschnitten dort die entsprechenden Maßnahmen ergreifen können. Ich habe versucht, mit der Flexibilität unserer Programme darzustellen, dass wir damit wesentlich besser aufgestellt sind als mit dem, was nun die linke und die rechte Seite hier im Hohen Hause verlangt.

(Beifall CDU)

Noch eine Bemerkung kann ich mir nicht ganz verkneifen. Höchstwahrscheinlich müssen Sie noch den einen oder anderen Presseartikel lesen, denn Sie haben ja von Leerstand und Ähnlichem gesprochen. Ich will kurz aus einer Zeitung von heute, der Ostthüringer Zeitung, zitieren. Darin teilt immerhin der Bürgermeister, Ihr Parteifreund Blumentritt, mit, dass eine traumhaft niedrige Leerstandsquote von 2 Prozent in Neulobeda existiert. Jetzt will ich mal schauen, wie Sie mit einem Konzept genauso in Leinefelde, in Arnstadt, in Jena agieren wollen. Ich kann es mir nicht vorstellen. Deswegen plädiere ich einfach für die Flexibilität und deswegen habe ich auch hier versucht, Ihnen auch mit Beispielen darzulegen, dass wir hier durchaus richtig aufgestellt sind.

Wir haben mit den Beteiligten, mit den Fachleuten Gespräche durchgeführt und uns ist sehr schnell aufgefallen, dass es für die vielfältigen Probleme, die in der Region existieren und an den unterschiedlichen Orten, keine einheitliche Lösung oder kein Patentrezept, so könnte man es auch sagen, hier geben kann. Ich konnte andererseits aber auch feststellen, dass die Bund-Länder-Programme und die landeseigenen Programme greifen und den Kom

munen wirksam helfen. Natürlich kann man immer mehr Flexibilität da mit reinbringen, aber ich bin bei den entsprechenden Beratungen dabei und ich kann Ihnen sagen, Stadtumbau wird ein ständiger Prozess sein und deswegen muss diese Förderung auch ständig hier zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall CDU)

Das gilt nicht nur für die neuen Bundesländer, sondern das gilt für ganz Deutschland und wird auch weiterhin von unserem Haus so gesehen. Deshalb, sehr geehrte Frau Doht, bin ich persönlich nach intensiver Diskussion mit den Fachleuten zu dem Ergebnis gekommen, dass ein umfassendes Konzept nur schädlich wäre und dass wir mit diesen flexiblen Programmen wesentlich besser darauf eingehen können. Das zeigen uns auch die Beispiele der Vergangenheit, denn ohne Grund hat ja nun Leinefelde nicht nur national, sondern auch international eine Auszeichnung bekommen und spiegelt ja dadurch wider, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind. Deswegen möchte ich Ihnen nur noch mal sagen, dass die Themen, die Sie hier angesprochen haben, demographischer Wandel, Ihnen als Vorsitzende des Ausschusses auch bekannt sein müssten, dass wir ja in unserem Bericht darauf hingewiesen haben, dass wir in diesem demographischen Wandel in Thüringen auch unterschiedliche Ergebnisse vorliegen haben. Jetzt stelle ich mir lebhaft vor, wie Sie mit einem einheitlichen Konzept auf die einzelnen Städte dann hinwirken. Ich denke, ich habe deutlich gemacht, dass Ihr Konzept nicht der richtige Weg sein kann.

(Beifall CDU)

Eine Frage der Abgeordneten Doht.

Ist Ihnen der Unterschied zwischen „einheitlich“ und „umfassend“ bekannt?

Ich glaube, Frau Doht, da brauche ich keinen Nachhilfeunterricht von Ihnen.

(Beifall CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu Nummer 1 des Antrags erfüllt ist, oder erhebt sich Widerspruch? Es erhebt sich kein Widerspruch. Da

mit ist das Berichtsersuchen erfüllt.

Es liegt mir kein Antrag auf Ausschussüberweisung vor. Damit kommen wir direkt zur Abstimmung über Nummer 2 des Antrags der Fraktion der SPD in Drucksache 4/4192 - Neufassung -. Wer für diesen Antrag Nummer 2 des Antrags der Fraktion der SPD ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Es gibt keine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9

Tariffähigkeit der Tarifgemein- schaften Christlicher Gewerk- schaften für Zeitarbeit und Per- sonalserviceagenturen Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/4219 -

Wünscht die Fraktion DIE LINKE das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Pilger, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich nehme es gleich vorweg, meine Fraktion wird den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf gerichtliche Überprüfung der Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen, kurz CGZP, unterstützen. Der wichtigste Grund für die Unterstützung dieses Antrags ist für meine Fraktion offensichtlich, die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften (CGZP) ist keine Gewerkschaft, sondern eine Pseudoarbeitnehmerorganisation.

(Beifall DIE LINKE)

Das hat die Anhörung zu unserem Antrag „Gesetzliche Mindeststandards für Leiharbeitnehmer verbessern“ im Wirtschaftsausschuss deutlich gezeigt. Ich erinnere da an die Stellungnahme von Prof. Dr. Schüren, der uns als geschäftsführender Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsrecht der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster auch gleich auf die gesetzlich bereits vorhandenen Möglichkeiten hinwies. Deshalb, weil die CGZP nicht die Eigenschaften einer Gewerkschaft besitzt, weil sie gar nicht in der Lage ist, Arbeitnehmerinteressen wirksam zu vertreten, und weil die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, haben wir die Pflicht, der Gesetzgebung und Rechtsprechung Geltung zu verschaffen. Wir können schon aus Gründen der sozialen Hygiene nicht tatenlos zusehen, wenn ein we

sentliches Element des sozialen Friedens zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern einseitig zulasten der Arbeitnehmer ausgehöhlt wird. Es gibt in Thüringen eine Vielzahl von Arbeitnehmern, und dazu zähle ich die durch die CGZP vertretenen ebenfalls, die ihre Arbeitskraft weit unter Wert hergeben. Sie tun dies, weil sie nicht über eine entsprechende Marktmacht verfügen, also eine schlechte Verhandlungsposition haben. An dieser Stelle kommen nach unserer Verfassungsordnung die Gewerkschaften ins Spiel. Sie aggregieren die Interessen der Arbeitnehmer und erhöhen die Macht ihrer Mitglieder durch Bündelung wesentlich, so zumindest die Theorie. In der Praxis zeigt sich leider etwas anderes. Die sogenannten gelben Arbeitnehmerorganisationen sind eben gerade nicht in der Lage, die Macht ihrer Arbeitnehmer zu bündeln und sich damit zum sozialen Gegenspieler der Arbeitgeber aufzuschwingen. Sie verfügen nicht über die entsprechende Durchsetzungskraft schon mangels Mitgliederschaft. Eine Arbeitnehmervereinigung muss nach der vom Bundesverfassungsgericht bestätigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen, um tariffähig und mithin Gewerkschaft sein. Schon heute erfüllt die CGZP verschiedene dieser Voraussetzungen nicht, bei anderen ist die Erfüllung zumindest zweifelhaft. Tariffähig kann nämlich nur eine Arbeitnehmervereinigung, eine Koalition im Sinne von Artikel 9 Abs. 3 unseres Grundgesetzes sein, deren satzungsmäßige Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder als Arbeitnehmer ist, wohlgemerkt als Arbeitnehmer, nicht die der Arbeitgeber. Die Rechtsprechung fordert von Arbeitnehmervereinigungen, die tariffähig und Gewerkschaft sein wollen, weiterhin Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler, die sogenannte Mächtigkeit. Die Durchsetzungskraft ist zunächst an der Mitgliederstärke und ihrer Streuung im satzungsgemäßen Organisationsbereich zu messen. Alles, was ich über den Mitgliederbestand und die Art der Mitgliederwerbung der CGZP bisher vernommen habe, taugt nicht dazu, ausreichende Mächtigkeit zu bescheinigen, denn es kommt auf die tatsächliche Durchsetzung an. Diese kann aber eine Arbeitnehmervereinigung mit nur wenigen Mitgliedern regelmäßig nicht gewährleisten.

Ist die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften als Organisation überhaupt ausreichend leistungsfähig? Verfügt sie über hinreichend Fachpersonal zur Analyse und Bewertung wirtschaftlicher Zusammenhänge? Gibt es genug Fachkräfte zur Durchführung und Überwachung der Anwendung von Tarifverträgen? Wie viele hauptamtliche Funktionäre hat sie? Ist sie in der Lage, Streikaktionen zu organisieren? Kann sie Arbeitgeber überhaupt unter Druck setzen? Das sind einige der Fragen, die vor Gericht erörtert und beantwortet werden müssen. Da das Arbeitsgericht die Entscheidung über die Gewerk

schaftseigenschaft im Beschlussverfahren trifft, in dem von Amts wegen die relevanten Sachverhalte ermittelt werden müssen, trifft die CGZP eine umfangreiche Mitwirkungs- und Darlegungspflicht. In der mutmaßlich wichtigen Frage, wie viele Mitglieder die CGZP in welchen Organisationsbereichen hat, wird der Verband endlich belastbare Angaben machen müssen - zumindest, wenn er dazu selbst in der Lage ist. In einer Verhandlung vor dem Arbeitsgericht in Berlin im Jahre 2006 hat die CGZP Angaben über ihre Mitgliederstärke verweigert. Die Kammer hat zwar die Klage aus formalen Gründen abgewiesen, Richter Thorsten Spatz habe aber erhebliche Zweifel an der Tariffähigkeit der CGZP, wie er bei der Verkündung des Urteils ausführte. Auch der Nachweis, dass die Tarifverträge tatsächlich eingehalten werden, wäre von der CGZP zu führen, um die Mitwirkungspflichten nicht zu verletzen. Das wird schwerlich gelingen. Die Tatsache, dass die CGZP Tarifverträge abschließt, ist für sich genommen noch kein Indiz für Mächtigkeit. Sie kann es auch gar nicht sein. Denn ich erinnere an die Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Betriebsangehöriger AUB. Diese hatte unter Herrn Schelsky, dem langjährigen Vorsitzenden der AUB, seit Anfang der 70er-Jahre unzählige Tarifverträge geschlossen. Und wie erst jüngst, also fast 30 Jahre nach ihrer Gründung, zutage kam, war diese Vereinigung wohl eher eine Arbeitnehmerorganisation von Arbeitgebers Gnaden. Es sind zweistellige Millionenbeträge für Beratungen an Herrn Schelsky geflossen, aus denen sich die AUB finanzierte. Schelsky selbst räumte ein, ich war verdeckt als Lobbyist für Siemens tätig. Ich halte Ähnliches, wenn auch vielleicht nicht in diesem Ausmaß, auch bei anderen vorgeblichen Arbeitnehmerorganisationen für möglich. Und ich möchte nicht, dass wir dies auch erst nach 30 Jahren feststellen und die betroffenen Arbeitnehmer 30 Jahre lang Löhne gezahlt bekommen, die die Arbeitgeber mehr oder weniger mit sich selbst aushandeln. Dies sollten wir unseren Arbeitnehmern ersparen. Deshalb halte ich eine gerichtliche Überprüfung der CGZP für dringend geboten. Die sogenannte Gegnerfreiheit war hier nicht gegeben. Die AUB besaß demzufolge lange Zeit nicht die Tariffähigkeit und sie hat trotzdem Tarifverträge geschlossen - Tarifverträge, die Grundlage für viele Arbeitnehmer waren. Gegnerfreiheit bedeutet aber nicht nur finanzielle, sondern auch personelle Unabhängigkeit vom sozialen Gegenspieler, also z.B. von Unternehmen bzw. Arbeitgebern. Unter den Gewerkschaftsmitgliedern dürfen folglich nicht solche sein, die gegenläufige soziale Interessen haben. Auch hier habe ich bei der CGZP Zweifel. Sie, meine Damen und Herren von der CDU, kommen mir jetzt sicher mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts, das seinen Sitz hier in Erfurt hat, aus dem Jahre 2006. Das BAG gelangte, das will und kann ich gar nicht verschweigen, zu dem Ergebnis, die Christliche Ge

werkschaft Metall CGM sei als tariffähige Gewerkschaft anzuerkennen. Dies bedeutet allerdings noch nicht, dass auch die Dachorganisation, die CGZP, diese Eigenschaft besitzt. Und das BAG hat aus meiner Sicht gerade den Punkt der Mächtigkeit nicht genügend gewürdigt. Es stellt sich für mich an dieser Stelle die Frage, wie das Gericht überhaupt zu dieser Ansicht gelangen konnte, denn die CGM hat meines Erachtens eben gerade mangels Mitglieder nicht die Mächtigkeit, ebenbürtig mit Arbeitgebern zu verhandeln, ihre Forderungen im Ernstfall auch im Arbeitskampf durchzusetzen und über die Einhaltung der Vereinbarungen zu wachen. Es gab in der Vergangenheit auch durchaus schon andere Einschätzungen der Gerichte zu dieser Frage. So hat das Arbeitsgericht Stuttgart am 12. September 2003, also morgen vor fünf Jahren, durch Beschluss festgestellt, dass die CGM eben keine tariffähige Gewerkschaft im arbeitsrechtlichen Sinne ist. Auch andere Arbeitsgerichte haben zuvor schon Christlichen Arbeitnehmervereinigungen den Gewerkschaftsstatus abgesprochen. Und noch ist nahezu jedes Klageverfahren auf equal pay zugunsten des Arbeitnehmers oder aber per Vergleich beendet worden. Es kann ja auch kein Argument sein, dass noch kein Bundesland oder der Bund selbst von dem in § 97 Abs. 1 Arbeitsgerichtgesetz vorgesehenen Recht Gebrauch gemacht hat. Dort heißt es, in den Fällen des § 2 a Abs. 1 Nr. 4, also in Fällen über die Entscheidung eines Gerichts für Arbeitssachen über die Tariffähigkeit und die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung wird das Verfahren auf Antrag einer räumlich und sachlich zuständigen Vereinigung von Arbeitnehmern oder Arbeitgebern oder der obersten Arbeitsbehörde des Bundes oder der obersten Arbeitsbehörde eines Landes, auf dessen Gebiet sich die Tätigkeit der Vereinigung erstreckt, eingeleitet. Warum steht dies im Gesetz, wenn es keiner anwenden soll? Wie ist es denn dort hineingekommen? Ich sage, es steht wohlweislich dort drin. Es ist Usus, Verfahren per Vergleich zu beenden und dann ergehen eben keine Urteile. Dies hilft aber nur den Klägern im Einzelfall und nicht allen Betroffenen. Dieses Dilemma wird mit § 97 nun eben ausgeschaltet. Und irgendjemand muss immer den Anfang machen, warum nicht Thüringen?

Meine Damen und Herren, die Leiharbeitsbranche befindet sich in einem tarifpolitischen Abwärtssog. Zwar gilt seit 2003 das Prinzip des IFP, Zeitarbeitnehmer in einem Betrieb müssen so gestellt werden wie die Beschäftigten, die dort fest angestellt sind. Dies gilt jedoch nicht, wenn für Leiharbeiter ein eigener Tarifvertrag existiert. Eine Vereinbarung zwischen der DGB-Tarifgemeinschaft und dem Bundesverband Zeitarbeit von Februar 2003 sah einen Stundenlohn von rund 11 € für einfache Facharbeit vor. Damit gab es eine Übereinkunft mit den großen Unternehmen der Branche. Die sonst weitge

hend bedeutungslose sogenannte Christliche Gewerkschaftsbewegung vereinbarte jedoch parallel Tarifverträge. Diese lagen weit unter dem DGB-Niveau. Weitere Verbands- und eine Vielzahl von Haustarifverträgen haben die Mindeststundensätze für die unterste Lohngruppe auf zwischen 5 und 6 € sinken lassen. Auch das spezielle Schutzkonzept des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ist nicht nur meines Erachtens durch sachwidrigen Unterbietungswettbewerb angeblicher Arbeitnehmerorganisationen weitgehend außer Kraft gesetzt. Abweichungen vom gesetzlichen Lohngleichheitsgebot können auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber nutzen, wenn sie im Arbeitsvertrag auf einen einschlägigen Tarifvertrag Bezug nehmen. Die Folge ist, Zeitarbeitsunternehmen können sich so den billigsten Verbandstarifvertrag aussuchen. In Tarifverhandlungen kann die Arbeitgeberseite dann darauf verweisen, dass die Konkurrenz alle Verhandlungsergebnisse mühelos unterbieten kann. Das zeigt aus meiner Sicht, dass die Interessen der Arbeitnehmer in dieser Branche momentan nicht wirksam vertreten werden können. Wir müssen im eigenen Interesse die Abwärtsspirale des Lohnniveaus vieler Arbeitnehmer unterbrechen. Die geltenden Gesetze lassen dieses zu. Der Alltag zeigt uns den Handlungsbedarf. Zweifel am Ausgang eines solchen Verfahrens bestehen kaum, da Tariffähigkeit und damit die Gewerkschaftseigenschaft der CGZP daran scheitern, dass der Verband und ein Großteil seiner angeschlossenen Mitglieder mächtig im Sinne der Rechtsprechung wären.

Meine Fraktion wird dem Antrag der Fraktion DIE LINKE zustimmen. Und auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion der CDU, täten gut daran, dem Antrag zuzustimmen. Wenn Sie unsere Rechtsordnung schützen und für Klarheit sorgen wollen, wenn Sie das hohe Gut des sozialen Friedens für bewahrenswert halten, wenn Sie die Sorgen und Nöte der Beschäftigten der Leiharbeitsbranche ernst nehmen, wenn Sie es ehrlich meinen mit der nunmehr häufiger von der Landesregierung vertretenen Auffassung, dass die Löhne in Thüringen steigen müssen, dann sollten, ja, dann müssen Sie diesen Antrag unterstützen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter Carius zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Antrag der LINKEN setzt eine Diskussion, darauf hat mein Kollege Pilger ja hingewiesen, aus dem Frühjahr fort. Hier hatte damals die SPD

mit einem Antrag einen Angriff auf die Zeitarbeitsbranche unternommen, indem sie zwar auf wohlfeile, aber keineswegs sinnvolle Vorschläge zur angeblichen Anhebung von Standards für Leiharbeitnehmer abzielte. Nun kann man darüber ja noch mit Fug und Recht streiten, weil es hier auch um eine Wahrnehmung von Missständen geht, etwa um die empirisch widerlegte Behauptung, dass Stammbelegschaften durch Leiharbeitnehmer gezielt und dauerhaft ersetzt würden.

Heute nun finden wir uns im zweiten Teil dieser Debatte. Die LINKE erweist sich dabei als konsequent im sozialistischen Lager stehend, indem sie versucht, jede Konkurrenz für den DGB mit allen möglichen Mitteln zu beseitigen. Meine Damen und Herren, das ist, glaube ich, der Kern der gesamten Debatte, er ist nämlich nicht rechtlich, sondern er ist hochpolitisch.

(Beifall CDU)

Deswegen, glaube ich, um das vorwegzunehmen, nicht, dass diese Landesregierung gut beraten ist oder wäre, die Tarifautonomie gerichtlich einschränken zu lassen. Denn erstens, wir haben Tarifautonomie und keinen Lizenzzwang. Das heißt, Gewerkschaften können sich frei gründen sowie Verträge mit Arbeitgebern abschließen. Eine gerichtliche Überprüfung, wie hier verlangt, würde eine Rezensierung der Koalitionsfreiheit qua Gerichtsweg dazu führen. Deswegen, selbst wenn man diesen Weg ginge, müsste man ja auch noch hohe Hürden überwinden, beispielsweise ein nachweisbares Rechtsschutzinteresse der Landesregierung. Dazu würde meines Erachtens eine politische Interessenbekundung dieses Landtags wohl kaum ausreichen. Ich gehe zwar davon aus, meine Damen und Herren von der Linkspartei, dass Ihnen das bekannt ist, Sie aber bewusst wegen der politischen Schau dies geflissentlich übersehen haben. Deswegen, meine Damen und Herren, ist die Landesregierung gut beraten, selbst zu entscheiden, wann sie klagt und wann nicht, denn wir wissen alle, dass dieser Landtag ein gesetzgebendes Organ ist, aber keines, wo letztlich rechtliche Konflikte ausgebadet würden.

Auch das Argument, dass der durch die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften abgeschlossene Tarifvertrag letztlich nur Dumpingentgelte regeln würde, läuft meines Erachtens ins Leere, denn, meine Damen und Herren, wenn die DGB-Gewerkschaften einen Vertrag geschlossen haben über 6,33 €, dann führt das zu einem monatlichen Einkommen von einem Alleinverdiener von rund 1.012 €. Bei 5,77 €, das ist das, was Sie Dumpingentgelt nennen, kommen wir bei 923 € heraus. Wir alle wissen, dass man von solchen Löhnen nicht wohlhabend werden kann, aber wir alle sollten auch wissen, dass

bei einem Alleinverdiener - unterstellt mit einer vierköpfigen Familie - immer auch bei beiden Löhnen der Sozialhilfeträger mit im Boot sitzt. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass jüngst ver.di einen Tarifvertrag in NRW abgeschlossen hat, mit dem sie die Entgelte der Christlichen Gewerkschaften noch unterschritten haben, und dass wir auch eine ganze Reihe von anderen Tarifverträgen haben, die deutlich unter dem auch von Ihnen immer wieder angestrebten Mindestlohn liegen, zwischen 30 und 40 Prozent darunter.

Meine Damen und Herren, es geht also gar nicht so sehr um diese Dumpingentgelt-Debatte, wie sie hier moralisch überhöht geführt wird. Berücksichtigt ist bei dieser Engführung aus meiner Sicht auch nicht, dass Tarifverträge wesentlich mehr regeln als nur ein Mindestentgelt. Ich denke, wir wären gut beraten, auch im Interesse der Gewerkschaften, auf eine solche Engführung zu verzichten.

Im Kern geht es um die Frage, wer hat die Deutungshoheit, was denn Dumpingentgelte sind. In dieser Frage sehen sich die DGB-Gewerkschaften einer ernsthaften Konkurrenz in den Christlichen Gewerkschaften ausgesetzt. An dieser Stelle will ich sagen, zweifellos würde jeder von uns sich natürlich mehr Geld für die Arbeitnehmer wünschen, aber wir alle wissen, dass wir als Kunden natürlich auch wieder vor der Frage stehen, ob wir denn dann tatsächlich auch mehr bezahlen. Insoweit sollten wir auch ein Stück ehrlich sein. Deswegen ist aus meiner Sicht festzuhalten: Die DGB-Gewerkschaften haben aus einer zunächst einmal ideologisch begründeten Abneigung heraus in Bezug auf die Zeitarbeit, die Sie als modernen Sklavenhandel in verschiedenen Schriften beschrieben haben, sich geweigert, die Interessen der Arbeitnehmer in dieser Branche ernst zu nehmen und zu vertreten. Die Christlichen Gewerkschaften haben das mit Erfolg getan und erfassen ja mittlerweile fast die Hälfte aller Beschäftigten dieser Branche. Auch insofern stellt sich das von Ihnen, Herr Pilger, angedeutete Argument der Frage der sozialen Mächtigkeit schon, denn meinen Sie ernsthaft, dass die DGB-Gewerkschaften in der Zeitarbeitsbranche sozial mächtig genug wären, einen Streik durchzuführen? Ich glaube, aus meiner Sicht führt das nicht weit genug, wenn man 50 Prozent bereits in dieser Branche erfasst hat durch die Tarifverträge der Christlichen Gewerkschaften.

Aus dieser Konkurrenzsituation scheint für mich deutlich zu werden, dass der DGB zwei Handlungsstrategien verfolgt. Die eine ist, sie streben die Allgemeinverbindlichkeit ihrer Verträge an durch die Aufnahme in das Entsendegesetz, werden dabei natürlich auch von Arbeitgebern unterstützt, die nicht nur uneigennützige Interessen verfolgen. Auf der anderen Seite verfolgt man die Strategie der Diffamierung der