2. Wie wäre eine rechtliche Anpassung des § 130 InsO im Sinne des verbesserten Schutzes der finanziellen Interessen von Arbeitnehmern im Insolvenzfall nach Ansicht der Landesregierung möglich?
3. Welche Argumente sprechen nach Ansicht der Landesregierung für bzw. gegen eine solche veränderte Ausgestaltung?
4. Welche Novellierungsvorschläge zur Stärkung des Schutzes der Arbeitnehmerinteressen hat es in der Vergangenheit zu § 130 InsO oder einer etwaigen vergleichbaren Regelung zur Konkursordnung (KO) gegeben?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hausold beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Die Landesregierung wird sich wegen der verfassungsrechtlich garantierten Unabhängigkeit der Gerichte nicht zu anhängigen Verfahren äußern. Vor diesem Hintergrund muss ich die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen auf eine abstrakte Darstellung der geltenden Rechtslage beschränken. Danach unterliegen Zahlungen auch auf solche Arbeitsentgeltansprüche, die aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung stammen, nicht in jedem Fall der Insolvenzanfechtung nach § 129 Abs. 1 und § 130 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung. Dies ist vielmehr an bestimmte Voraussetzungen gebunden:
Erstens müssen sie innerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sein.
drittens - und das ist entscheidend - muss der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit oder gemäß § 130 Abs. 2 Insolvenzordnung wenigstens Umstände gekannt haben, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen ließen.
Aber auch jenseits dieser durchaus strengen Anforderungen sind Arbeitnehmer nicht schutzlos. Insoweit sei lediglich darauf verwiesen, dass § 123 Abs. 2 Insolvenzordnung Verbindlichkeiten aus einem Nachverfahren zur Eröffnung erstellten Sozialplan zu gemäß § 53 Insolvenzordnung vorab aus der Masse zu berichtigenden Masseverbindlichkeiten qualifiziert und dass nach § 183 ff. SGB III für Arbeitsentgeltansprüche aus den letzten drei Monaten vor Insolvenzeröffnung ein Insolvenzgeld gewährt wird.
Die Fragen 2 und 3 beantworte ich zusammenhängend: Unter der alten Konkursordnung haben Arbeitsentgeltansprüche einen weitergehenden Schutz genossen. Sie waren für die letzten sechs Monate vor Eröffnung als sogenannte unechte Masseschulden gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 3 Konkursordnung dem Gesetz nach privilegiert. Diese von der Rechtsprechung ohnehin schon eingeschränkte Privilegierung wurde mit der Insolvenzordnung in einer bewussten rechtspolitischen Entscheidung abgeschafft. Hin
tergrund dessen war das Bestreben, möglichst alle Gläubiger gleich zu behandeln und sofern möglich, zugleich das Unternehmen zu erhalten. Diese Konzeption ist vernünftig und wird von der Landesregierung mitgetragen.
Zu Frage 4: Seit der Neuregelung des Insolvenzrechts zum 01.01.1999 sind keine Novellierungsvorschläge im Sinne einer Rückkehr zu der Privilegierung von Arbeitsentgeltforderungen nach der Konkursordnung Gegenstand eines Gesetzgebungsverfahrens geworden. Im Übrigen darf ich auf die Antworten der Landesregierung auf die Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Hausold und Blechschmidt zu dieser Thematik in der Plenarsitzung am 20.09.2007 und 12.12.2007 verweisen.
Frau Ministerin Walsmann, ich danke zunächst einmal für die abstrakte Darstellung der Antwort. Aber ich hätte folgende Nachfragen: Ihren Bemerkungen entnehme ich jetzt zwei Dinge, und Sie müssten mir bitte sagen, ob ich das denn richtig sehe:
1. Sind Sie eigentlich der Auffassung, dass die eingeschränkten Möglichkeiten der Arbeitnehmer in dieser Frage die Billigung der Landesregierung findet?
2. Daraus resultierend, dass Sie natürlich demzufolge in der aktuellen Problematik für die Landesregierung auch keinerlei Handlungsbedarf sehen - ist dem so?
Es gab eine klare Aussage zu der Beantwortung der Fragen 2 und 3 in diesem Zusammenhang. Es ist kein Grund ersichtlich, warum bestimmte Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern nur deshalb bevorzugt werden sollen, weil der Arbeitgeber ihnen Zahlungen gewährte, die er anderen Arbeitnehmern vorenthielt. Und da habe ich ja auch schon ausgeführt, dass diese Privilegierung ohnehin keinen rechtlichen Bestand hatte.
Gibt es weitere Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich die nächste Mündliche Anfrage auf, Abgeordnete Berninger, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 4/4393.
Asylbewerber und Asylbewerberinnen müssen sich zum Verlassen des Zuständigkeitsbereichs der Ausländerbehörde sogenannte Urlaubsscheine durch die zuständige Behörde ausstellen lassen.
1. Gibt es Richtlinien, Verwaltungsvorschriften, Anweisungen o.Ä., in denen für das Land Thüringen geregelt wird, in welchen Fällen Urlaubsscheine erteilt werden können und wann nicht?
2. Gibt es bei den zuständigen Behörden einheitliche Kriterien bei der Vergabe von Urlaubsscheinen, wenn nein, warum nicht?
3. Inwieweit findet eine Überprüfung der Behördenpraxis bei der Vergabe von Urlaubsscheinen statt, gab es Widerspruchs- oder Gerichtsverfahren bei strittigen Fällen und wenn ja, wie wurden diese entschieden?
4. Wie sieht in Thüringen die Verwaltungspraxis aus, wenn Asylbewerber und Asylbewerberinnen einen Urlaubsschein beantragen, um an politischen Aktivitäten teilzunehmen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Berninger beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Ich kann und muss mich bei den Antworten auf die gestellten Fragen weitgehend auf die Antworten beziehen, die wir bereits in der Kleinen Anfrage Nummer 1966 vom 10. Mai 2007 zur Anwendungspraxis und den Anwendungsrichtlinien zur Umsetzung der §§ 57 und 58 Asylverfahrensgesetz den Landkreisen und kreisfreien Städten gegeben haben. Wegen der Kurzfristigkeit der Mündlichen Anfrage jetzt war uns eine Frage bei den Ausländerbehörden zu aktuellen Ständen leider nicht mehr möglich.
Insofern Antwort zu Frage 1: Das Thüringer Innenministerium hat für den Freistaat Thüringen die Verwaltungsvorschrift „Handakte für die Ausländerbe
hörden“ herausgegeben. In dieser Handakte werden unter anderem Bearbeitungshinweise gegeben, um eine einheitliche Verfahrensweise des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und der Ausländerbehörden bei der Erteilung von Erlaubnissen zum Verlassen des Geltungsbereichs der Aufenthaltsgestattung zu gewährleisten, so weit die gesetzlichen Vorschriften inhaltsgleich sind.
Zu Frage 2: Die Landkreise und kreisfreien Städte richten sich bei der Erlaubniserteilung zum Verlassen des zugewiesenen Aufenthaltsbereichs nach den gesetzlichen Vorgaben des § 58 Asylverfahrensgesetz. Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 2 ist die Erlaubnis zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis im Einzelfall eine unbillige Härte bedeuten würde. In den Fällen des § 58 Abs. 2 soll die Erlaubnis erteilt werden z.B. zur Wahrnehmung von Terminen mit Bevollmächtigten. Darüber hinaus kann gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 einem Ausländer aufgrund einer Ermessensentscheidung auch erlaubt werden, den Geltungsbereich der Aufenthaltsgestattung vorübergehend zu verlassen. Die Ausländerbehörden entscheiden im Wege einer Einzelfallprüfung, ob eine der Voraussetzungen erfüllt ist. Mit Erlass des Thüringer Innenministeriums vom 14. Februar 2008 wurden die Ausländerbehörden über das Thüringer Landesverwaltungsamt noch einmal auf die Schriftform von Bescheinigungen zum vorübergehenden Verlassen des räumlich beschränkten Aufenthaltsbereiches - sogenannte Urlaubsscheine - hingewiesen.
Zu Frage 3: Eine Überprüfung der Behördenpraxis bei der Vergabe von sogenannten Urlaubsscheinen erfolgt nicht gesondert. Sie erfolgt im Rahmen der fachaufsichtlichen Prüfung der Ausländerbehörden durch das Thüringer Landesverwaltungsamt. Im Zusammenhang mit der Beantwortung der Kleinen Anfrage, die ich eben genannt habe, wurde eine Erhebung bei den Landkreisen und kreisfreien Städten hinsichtlich der Widerspruchs- und Gerichtsverfahren bei ablehnenden Entscheidungen über die Erteilung von Urlaubsscheinen für die Jahre 2001 bis 2006 vorgenommen. Diese Abfrage hat ergeben, dass in diesem Zeitraum keine Widerspruchs- und Gerichtsverfahren hierzu durchgeführt wurden. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen der Landesregierung nicht vor.
Zu Frage 4: In der Handakte ist auch die Verfahrensweise in den Fällen der Beantragung von Urlaubsscheinen für die Teilnahme an politischen Aktivitäten geregelt. Die Entscheidung liegt im Ermessen der zuständigen Ausländerbehörde. Es ist hier zwischen dem Artikel 5 des Grundgesetzes und der Gefahr der Schaffung nachträglicher Asylgründe abzuwägen. Ich weise darauf hin, dass nach § 47 Auf
enthaltsgesetz auch die Möglichkeit besteht, die politische Betätigung von Ausländern im Einzelfall zu beschränken oder zu untersagen, wenn zum Beispiel Gesetze nicht beachtet werden. All dies ist bei der Ermessenentscheidung zu berücksichtigen. In der Regel wird eine politische Betätigung auch im Geltungsbereich der Aufenthaltsgestattung aber möglich sein. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Hütte, ich kann lesen, die gesetzlichen Grundlagen sind mir schon bekannt. Die Fragen, die ich stelle, richteten sich nach Erlassen, Anwendungshinweisen etc.
Sie sprachen von einem Erlass vom 14.02.2008, in dem die Ausländerbehörden auf die Schriftform hingewiesen worden sind. Gab es Anlass für diesen Erlass des Innenministeriums? Ich möchte Sie vielleicht noch darauf hinweisen, dass es meines Wissens ein Gerichtsurteil gegeben hat von einem Fall in Gotha im Frühjahr dieses Jahres, also auch die Fälle, die Sie mir in der Antwort auf die Mündliche Anfrage in Drucksache 4/1966 geschildert haben, kann ich lesen. Vielleicht eine Bitte noch: Könnten Sie mir die Verwaltungsvorschrifthandakte zur Verfügung stellen?
Ich will gern prüfen, ob Ihnen die Verwaltungsvorschrift zur Verfügung gestellt werden kann; da sehe ich eigentlich kein Problem. Ansonsten meine ich mich zu erinnern, dass Anlass für diesen Erlass vom Februar im Hinblick auf die Schriftform die Rechtsprechung gewesen ist. Genauer kann ich Ihnen das aber hier nicht sagen.
Weitere Fragen gibt es nicht. Danke. Dann rufe ich die letzte Mündliche Anfrage für heute auf, die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kaschuba, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 4/4403.
Richtlinie zur Förderung von Innovation, technologieorientierten Verbundprojekten, Netzwerken und Clustern (Verbundförderung)
Im Februar 2008 wurde die Richtlinie zur Förderung von Innovation, technologieorientierten Verbundprojekten, Netzwerken und Clustern (Verbundförderung)
veröffentlicht und trat zum 10. März 2008 in Kraft. Gefördert werden Verbundprojekte der FuE-Stufen industrielle Forschung und experimentelle Entwicklung mit technologieorientiertem Inhalt, die der Entwicklung von innovativen Produkten, Verfahren oder technischen Dienstleistungen dienen sowie Koordinierungsstellen von Netzwerken und Clustern.
1. Wie viele Anträge auf Zuwendung nach der oben genannten Richtlinie liegen der Thüringer Aufbaubank gegenwärtig vor (bitte gegliedert nach a) Verbundprojekten und b) Netzwerke und Cluster mit Angabe des Maßnahmezeitraums)?
2. Wie hoch ist der Mittelabfluss nach der o.g. Richtlinie insgesamt und für welche bewilligten Projekte im Einzelnen?
3. Wie gestaltet sich das Auszahlungsverfahren auf Kostenbasis und welche Verpflichtungsermächtigungen für die folgenden Jahre bestehen durch bereits erteilte Zuwendungsbescheide?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, vor Beantwortung der Frage möchte ich darauf hinweisen, dass die Richtlinie Verbundförderung gleichzeitig mit ihrer Veröffentlichung im Staatsanzeiger Nr. 10/2008 vom 10. März 2008 in Kraft gesetzt wurde.