Kurz zur Erinnerung, was ist passiert in den drei Jahren bis heute, seit der Verkündung? Die Opposition hat in diesem Landtag immer und immer wieder vor Kürzungen in der frühkindlichen Förderung und damit in den Kindertagesstätten gewarnt und sehr konkrete Vorschläge eingebracht, zuletzt mit dem vorliegenden Entwurf beider Oppositionsfraktionen. Bisher wurden alle Warnungen und Vorschläge einfach ignoriert und es wurde gekürzt. Herr Panse, fragen Sie nicht uns als einbringende Oppositionsfraktionen, woher das Geld kommen soll, welches Sie vorher in Millionenhöhe mit Ihrer parlamentarischen Mehrheit den Kitas gekürzt bzw. geklaut haben.
Ja, die Frage nach dem Geld, Herr Panse. Bundesweit haben die anderen Länder in den letzten Jahren in der frühkindliche Erziehung den höheren Stellenwert erkannt und auch den Ausbau betrieben, währenddessen in Thüringen der Rückwärtsgang eingelegt worden ist. In der frühen Kindheit werden die Fundamente für die späteren Bildungsbiografien jedes Einzelnen gelegt. Das wird auch von der Landesregierung oft so betont, dementsprechend sollten Kinderkrippen und Kindergärten in ihrer Bildungsfunktion wesentlich gestärkt werden. Ich erinnere mich noch an die Podiumsdiskussion der Familienoffensive 2005. Der Direktor der Caritas, Herr Heller, sagte damals auch warnend, er sei sich nicht sicher, ob er in Zukunft den Thüringer Weg der Kinder- und Familienförderung noch loben könne. Spätestens seit Anfang Juni ist die Frage beantwortet, nämlich in Form des Bertelsmann-Länderreports zur frühkindlichen Bildung. Im Gegensatz zu dem eben von Herrn Emde erwähnten Institut der Deutschen Wirtschaft liegen hier die Fakten auf dem Tisch und ich erlaube mir, aus diesem Zusammenhang zwei Passagen daraus zu zitieren. Dort heißt es: „Ein wichtiges Kriterium für die Qualität von Kindertageseinrichtungen ist der Personalschlüssel“. Und weiter: „In der Spitzengruppe mit einem Personalschlüssel von unter 1 : 5 liegen Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland und im Mittelfeld liegen Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein mit einem Personalschlüssel zwischen einer Fachkraft zu fünf bzw. einer Fachkraft zu sechs Personen.“ Und jetzt kommt das, was man nicht oft genug sagen kann: „Die Schlussgruppe bilden Hamburg, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mit einem Personalschlüssel von 1 : 6.“ Und an einer Stelle im spezifischen thüringischen Teil heißt es: „Grundsätzlich ist nach diesen Ergebnissen davon auszugehen, dass Thüringen beim Personalschlüssel sowohl für Kinder unter drei Jahren als auch bei den Nichtschulkindern über drei Jahren in die Gruppe der Bundesländer einzuordnen ist, die in den Kitas die schlechtesten Betreuungsschlüssel haben und bei denen demnach deutlicher Verbesserungsbedarf besteht.“ Und die Bertelsmann Stiftung steht nun wirklich außerhalb des Verdachts, SPD-Politik zu betreiben. Muss man es noch deutlicher sagen? Spätestens jetzt sollte klar sein, dass der 2005 eingeschlagene Weg ein Irrweg war und ist. Der CDU sollte klar sein, dass sie den wenigen Beratern wohl auf den Leim gegangen ist. Sie erinnern sich noch an die eigene Argumentation - Überkapazitäten, Leerlauf, Gewinnmitnahme seitens der Träger, all das ist im Thüringer Landtag mal mehr oder weniger deutlich von der CDU-Vertretung behauptet und auch suggeriert worden. Diese durch nichts begründete Fehlannahme war die Grundlage letztendlich für dieses Kürzungs- und Spargesetz.
Andere Länder haben die Förderung hochgefahren, Thüringen hat die Förderung verändert und damit gleichzeitig gekürzt. Und die Folgen? Die Arbeitsbedingungen für Erzieherinnen haben sich verschlechtert. Stress, Unzufriedenheit, Krankenstände in den Kitas haben sich nachweislich erhöht, die Kommunen wurden belastet, Eltern sind unzufrieden. Die zur Umsetzung frühkindlicher Bildung erforderlichen Strukturen, die dort Beschäftigten, die Familien und die Kinder haben darunter gelitten - und das ist zusammengefasst das Resümee von drei Jahren leider verlorener Zeit im Bereich der frühkindlichen Bildung.
Aber wo viel Schatten ist, gibt es manchmal doch noch einen Lichtblick. Es bleibt ein Lichtblick, der auch von uns positiv bewertet wird, und das ist der Thüringer Bildungsplan. Allerdings sind alle Experten der Auffassung, dass der Bildungsplan sich nicht unter den jetzigen Personalbedingungen umsetzen lässt. Das war auch Ergebnis der Anhörung zum Gesetzentwurf. Das wurde eben auch schon mehrfach erwähnt. Ich möchte noch in dem Zusammenhang aus der Lokalseite des Eichsfeldes zitieren. Am Samstag fand vom Caritas-Verband eine Weiterbildung für Erzieherinnen statt. Dort hat die Expertin am Wochenende über den Thüringer Bildungsplan gesprochen, der ab Herbst in Kraft tritt. Die Idee sei gut, aber es scheitere am Personalmangel. Die Hirnforscher haben festgestellt, bis zum dritten Lebensjahr ist die Hochzeit des Lernens. Im Alter von 0 - 3 Jahren wird im Gehirn das funktionale Gerüst festgelegt. Sollten diese Stellschrauben in dieser Zeit nicht richtig gestellt werden, sind spätere Defizite bei Kindern möglich. Nach Ansicht der Caritas-Fachberaterin gehe der Bildungsplan auf diese Erkenntnis wohl ein, aber die Umsetzung ist nicht möglich, weil das Personal fehlt.
Es gibt noch einen weiteren Lichtblick, den hat die Landesregierung auch nicht erwartet. Die Thüringer Eltern nehmen vermehrt Kindertageseinrichtungen im Anschluss an das Bundeselterngeld in Anspruch. Es ist zum Glück nicht gelungen, die Mehrheit der Thüringer Frauen zurückzudrängen. Das freut mich sehr als Kinder- und auch Frauenpolitikerin, wobei ich nach wie vor auch die Gefahren der Fehlsteuerung bei den armen Familien sehe. Auch ich habe, Herr Panse, eine Anfrage in unserem Kreistag gestellt zum Essverhalten der Kinder. Ich muss Ihnen aber sagen, dass ich dort keinerlei ausreichende Information bekommen habe, genauso wenig wie hier an dieser Stelle vom damaligen Kultusminister Antworten verweigert wurden und es liegen keinerlei aussagefähige Daten bis heute vor. Also in dem Fall muss man noch weiter daran arbeiten.
Fest steht, die vermehrte Nachfrage in Kitas im Anschluss an das Bundeselterngeld ist positiv, aber zu
nehmenden qualitativen Erwartungen der Eltern an die Kitas und einer höheren fachlichen Anforderung durch den Bildungsplan, aber auch höheren Anforderungen beim Kinderschutz stehen schlechtere Bedingungen gegenüber und deswegen ist es nicht mit der Ankündigungspolitik getan. Dass Trostpflaster verteilt werden sollen von einigen wenigen, soweit ich das richtig im Kopf habe, angekündigten 500 Erzieherinnenstellen, Herr Panse, damit ist es auch nicht getan und auch nicht damit, schon einmal vorsorglich den unglaublichen Versuch zu unternehmen, das Fehlen des Personals gegen eine erforderliche kräftige Aufstockung ins Feld zu führen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben ganz allein seit 1999 die Verantwortung für alle Bereiche und für die Entwicklung in der frühkindlichen Förderung und dazu zählt nun einmal auch die Aus- und Fortbildung. Deswegen sind es drei verlorene Jahre oder ich kann auch sagen, es sind drei verschlafene Jahre.
Ich verstehe die älteren Kollegen, die unter den Bedingungen natürlich nicht Vollzeit arbeiten, das ist mehr als eine Phase und ich kann jede Kollegin im Kindergarten verstehen, die daraufhin sagt, dass sie unter diesen Bedingungen gar nicht in der Lage ist, 100 Prozent zu arbeiten. Also es geht um die Bedingungen, die verbessert werden müssen, dann können Sie sich auch mehr Personal erlauben.
Schauen wir uns noch einmal die Personalwerte, die Zielwerte der Bertelsmann Stiftung an. Personalschlüssel: 1 Fachkraft auf 3 Kinder für unter Dreijährige wird für erforderlich gehalten, in Thüringen eine Fachkraft bei 6,5 Kindern. Bei über dreijährigen Kindern wird ein Personalschlüssel von 1 Fachkraft bei 7,5 für erforderlich gehalten und in Thüringen haben wir eine Fachkraft bei 12,1 Kindern.
All diese Zielvorgaben erfolgen unter dem Blickpunkt optimierter frühkindlicher Bildung und diese Vorgaben sind kein Hirngespinst, sondern es geht darum, die Ressourcen in den Köpfen unserer Kinder zu verbessern, zu fördern und zu erschließen. Die Bertelsmann Stiftung bestätigt dem Freistaat Thüringen in diesem Bereich eine Personalunterdeckung bei den unter Dreijährigen von mehr als 50 Prozent - das ist bei aller Betrachtung nichts Neues -, bei den über Dreijährigen von rund einem Drittel. Auch aufgrund der Ergebnisse der Enquetekommission „Erziehung und Bildung“ hätten die Ausbildungskapazitäten im frühkindlichen Bereich qualitativ und quantitativ ausgebaut und die Bedingungen in den Kitas verbessert werden müssen, und zwar schon seit
Jahren. Bei der Ausbildung ist abgesehen von dem lange verzögerten Modellversuch - Herr Panse ging darauf ein - der Fachhochschule nichts geschehen - nichts seit drei Jahren. Und heute stehen Sie hier und beklagen den Mangel an Kindergärtnerinnen. So sieht die Situation aus und deshalb möchte ich der Landesregierung für den zu erstellenden Bericht anraten, dass Sie sich sowohl an den Ergebnissen der damaligen Enquetekommission als auch den EUVorgaben und den Ergebnissen der Bertelsmann Stiftung orientieren und wenn Sie externen Sachverstand benötigen, dann nehmen sie die aktuelle Beschlussempfehlung des Landesbeirates Familie und Frauen.
Ich erinnere, es ist der Beirat, den der Ministerpräsident 2005 u.a. zur Begründung seiner Offensive für Familien argumentativ hinzugezogen hat. Der Landesbeirat hat eine mindestens 25-prozentige Erhöhung der Personalausstattung, die Verbesserung und Ausweitung der Aus- und Fortbildung und eine bessere Entlohnung des pädagogischen Personals in den Kindergärten der Landesregierung und dem Ministerpräsidenten empfohlen. Die 25 Prozent, werte Kolleginnen und Kollegen, sind eine Mindestmehrausstattung. Das sind bei ca. 8.000 Vollbeschäftigten in den Thüringer Kindertagesstätten zusätzlich 2.000. Daran sieht man, dass die Grundlage der Bertelsmann Stiftung, dass unser eingebrachtes Gesetz zum Volksbegehren, dass diese Zahlen auf der Grundlage einer Mindestmehrausstattung liegen und keine Hingespinste sind, wenn unser Gesetzesvorhaben ausweist, man braucht ca. 2.800 Personalstellen mehr. Bevor jetzt noch mehr Zeit verstreicht und ein Trostpflaster aufgeklebt wird, sei noch eines angemerkt. Es wurde auch schon erwähnt, der sogenannte Aufbau West bei der frühkindlichen Förderung ist voll im Gange. Sie wissen, es werden ca. 50.000 zusätzliche pädagogische Fachkräfte nach Angabe der kommunalen Spitzenverbände benötigt. Die Argumentation, wir würden ausgrenzen, wenn wir einen Fachschulabschluss fordern würden, hieße ja im Umkehrschluss, dass alle Berufe, die einen Fachschul-, oder Fachhochschulabschluss haben, alle diejenigen ausgrenzen, die diese Eingangsqualifikation nicht erreichen. In diesem Fall kann ich also dieser Argumentation nicht folgen. Es ist kein Wunder bei diesen Bedingungen, unter denen die Frauen - und es sind fast ausschließlich Frauen, leider - dort arbeiten müssen. Kleiner Hinweis Herr Panse: Wir haben das Thema schon zweimal im Gleichstellungsausschuss behandelt, und zwar hinsichtlich der Personalentwicklung, des geschlechterspezifischen Personals und der Fachkräfte in Bezug auf die Entwicklung der Kinder, insbesondere getrennt nach Jungen und Mädchen. Sie erinnern sich, ich habe im März dieses Jahres auch im Bildungsausschuss diesen Antrag eingebracht und die Zahlen sind Ihnen wohl bekannt. Ich bitte Sie daher - auch Herrn
Bauer-Wabnegg -, dass Sie sofort und umgehend die Bedingungen verbessern für Vorschulpädagogen und das weitertragen - ich habe Sie jetzt hier nur als Ansprechpartner -, dass Sie die Verantwortung tragen, die Sie schon seit 1999 tragen und auch dafür zuständig sind, da ansonsten die Umsetzung des Bildungsplans nicht möglich ist. Deshalb nutzen Sie die Gelegenheit des angeforderten Berichts, dass Sie sich auch über das angerichtete Chaos und über die derzeitige Situation im Klaren werden. Ich denke, die Bevölkerung wird Ihnen diese CDU-Offensive gegen die Kinder,die Familie und die Erzieherinnen, so wie der jetzige Stand ist, nicht vergessen; da bin ich mir ziemlich sicher. Danke schön.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, über die große Bedeutung der frühkindlichen Bildung besteht ja Konsens. Über die verschiedenen Wege und Ansatzpunkte gibt es jedoch erhebliche Meinungsunterschiede, natürlich in der Politik, aber auch schon in der wissenschaftlichen Bewertung. Einigkeit besteht aber darin, dass es in verschiedenen Bereichen der frühkindlichen und schulischen Bildung Handlungs- und Verbesserungsbedarf gibt. Im schulischen Bereich stehen uns in Thüringen in absehbarer Zeit erheblich mehr Personalkapazitäten zur Verfügung, die wir zur Verbesserung der Unterrichtsqualität auch nutzen werden. Nicht erst seit der Auswertung der PISA-Studien stehen die Frühpädagogik und ihr Beitrag zum Bildungserfolg im Blickfeld der öffentlichen Diskussion, schon der OECD-Bericht zur frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung aus dem Jahr 2004 hat das Dreieck Bildung, Betreuung, Erziehung als besondere Stärke des deutschen Modells hervorgehoben und klassifiziert. Empirische Studien belegen, dass die Qualität des gesamten Bildungssystems von der Qualität der frühkindlichen Bildung entscheidend beeinflusst ist. Diese Studien verdeutlichen auch, dass Kinder vom Besuch qualitativ guter Kindertageseinrichtungen für ihre gesamte Bildungsbiografie profitieren. Das zeigen auch Untersuchungen der modernen Lernforschung. Je früher Kinder aus sozial benachteiligten Milieus mit sinnvoller und individueller Betreuung und Bildung in Kontakt geraten, umso wahrscheinlicher ist, dass sie in der Schule und später auch in ihrer Berufsbiografie Erfolg haben werden. Kinder aus bildungsfernen Schichten müssen daher besser und vor allem noch früher erreicht werden, damit wir sie rechtzeitig und gezielt för
dern können. Die ersten Lebensjahre entscheiden über den weiteren Lebensweg. Die frühe Förderung, Bildung und Erziehung dieser Kinder sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die hohe Anforderungen an die Erzieherinnen und Erzieher, an die Lehrerinnen und Lehrer, aber vor allem auch an die Eltern stellt. Dies gilt insbesondere bei der Sprachförderung, bei der Vermittlung musischer Fertigkeiten, für die mathematisch-naturwissenschaftlichen Kenntnisse. Wer getreu dem Motto „Früh investieren statt später reparieren“ rechtzeitig in Wissensvermittlung und Herzensbildung seiner Kinder, unserer Kinder investiert, der schafft die allerbeste Grundlage für deren weiteren Lebensweg. Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder kann zu Hause ohne Inanspruchnahme einer Betreuungseinrichtung durch die Eltern oder durch eine Tagesmutter, aber eben auch in Krippe und Kindergarten geschehen. Im Unterschied zur Schule ist der Besuch einer Kindertageseinrichtung aber freiwillig. Dennoch gilt: Qualifikation und Engagement der pädagogischen Fachkräfte sind bei der Auswahl einer geeigneten Kindertagesstätte elementare Kerngrößen. Elternhaus, Kindertageseinrichtung und Schule haben zusammen nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, zu erziehen. Es gibt keine Bildung ohne Erziehung und keine Erziehung ohne verbindliche Werte. Doch jede Kindertageseinrichtung, jede Schule kann bei der Wissens- und Wertevermittlung nur da anknüpfen, wo die Eltern bereits begonnen haben. Insgesamt soll der vorschulische Bereich in Zukunft noch stärker aufgewertet werden, weil die frühkindliche Phase für die gesamte Lern- und Lebensentwicklung von größter Bedeutung ist. Fest steht, Kinder brauchen eine frühzeitige Förderung auf hohem Niveau. Darum geht es uns ja auch.
Der Freistaat Thüringen leistet mit seiner Familienoffensive einen wichtigen Beitrag zur Neuorientierung in der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung. Diese Thüringer Familienoffensive ist das größte familienpolitische Vorhaben, das derzeit in Deutschland auf Länderebene tatsächlich verwirklicht wird. Mit der Familienoffensive spricht sich die Landesregierung für eine erneuerte Familienpolitik aus, getreu der Aussage „Kinder sind die Zukunft unseres Landes. In sie wollen wir investieren, auch wenn die Zeiten schwierig sind“. Thüringen hat außerdem mit einem Konsortium von Wissenschaftlern den Thüringer Bildungsplan für Kinder bis zehn Jahre als Orientierungsrahmen für die pädagogische Arbeit und die Bildungsqualität konzipiert. Damit liegt in Thüringen ein durchgängiges und kindbezogenes Bildungskonzept vor. Es wird derzeit erprobt und mit Beginn des neuen Schuljahres dann implementiert. Zur Umsetzung dieses Bildungsplans stellt die Landesregierung rund 2,2 Mio. € zur Verfügung. Sie finanziert damit Schulungsangebote für das pädagogische Personal der Kindertageseinrichtungen
Vielleicht noch einige wenige Bemerkungen zum Antrag: Die Personalverantwortung liegt in Thüringen bei den Trägern von Einrichtungen, in denen frühkindliche Bildung vermittelt wird, das heißt also, vor allem bei den Kommunen und bei den freien Trägern. Das Land legt dabei die Mindestpersonalquote vor. Die aufsuchende Elternarbeit ist als eine der möglichen Formen zu begrüßen, vor allem für diejenigen, die den Weg zur Einrichtung nicht finden. Thüringen hat außerdem im Kita-Gesetz die Möglichkeit zur Mitwirkung der Eltern erheblich verstärkt. Auch der Bildungsplan gibt Anregungen zur Elternarbeit. Unterstützung leistet dabei die Elternakademie. Alle Projekte im frühkindlichen Bereich werden immer im Tandem Kindergarten plus Grundschule organisiert - Schlaumäuse, Hörklub, Papilio, usw.
Ich stelle zusammenfassend fest, die Thüringer Landesregierung ist mit ihren zahlreichen Maßnahmen zur Verbesserung frühkindlicher und schulischer Bildung auf einem richtigen und guten Weg. Dabei geht es durchaus nicht um die grundständige Akademisierung von Erzieherinnen und Erziehern. Unsere Leute sind gut an dieser Stelle und auch unsere Regierungserklärung kommt zum guten und gegebenen Zeitpunkt. Darauf können Sie sich verlassen.
Nun noch einige Worte zum Antrag der SPD-Fraktion „Mehr Ganztagsschulen“: Eine Hauptaufgabe der Landesregierung ist die Weiterentwicklung von Bildung und Erziehung mit dem Ziel, Qualität und Effizienz des Unterrichts zu steigern. Diese Aufgabe nehmen wir durchaus sehr ernst. Es steht fest, wir haben ein gutes Schulsystem. Laut ThüringenMonitor 2007 - also ganz aktuell - wird dies von der Mehrheit der Thüringer Bevölkerung auch so gesehen und bestätigt, übrigens auch von Teilen der Opposition. Dabei ist nicht zu vergessen, dass wir die Erfolge unseres Schulsystems bei zahlreichen Tests und Evaluationen wahrnehmen. Dennoch wollen und müssen wir noch besser werden, um diese Erfolge zu halten und weiterzuentwickeln.
Ein wichtiger Teil unseres Schulsystems sind die Ganztagsschulen. Wir haben in den letzten Jahren verstärkt Kraft investiert, um diese zu entwickeln. Alle 1.044 Schulen im Freistaat bieten Ganztagsangebote, 694 von ihnen sind Ganztagsschulen, davon 128 in voll gebundener Form, 28 in teilweise gebundener Form und 538 in offener Form. Ganztagsschulen sind keine ganztägig beschulenden Bildungsinseln. Ganztägige Bildung und Betreuung wird im Austausch mit der gesellschaftlich-sozialräumlichen Entwicklung gestaltet. Auf freiwilliger Basis bieten wir ganztägige Angebote für unsere Schülerinnen und
Schüler an. Durch gezielte Veranstaltungsangebote z.B. von Sportvereinen, kirchlichen Vereinen usw. wird die schulische Betreuung dabei zusätzlich unterstützt.
In unserem differenzierten Schulsystem lernen die Kinder länger zusammen und können eigenen Interessen optimal und besser nachgehen. Ein Bedarf an ganztägiger Bildung und Betreuung besteht besonders in der Primar- und Sekundarstufe I. Genau hier setzen die Programme des Thüringer Kultusministeriums an, ebenso des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit sowie der Kommunen. Seit 2005 liegt die Schuljugendarbeit in kommunaler Trägerschaft und läuft als örtliche Jugendförderung. Ab dem Jahr 2008 läuft das Erprobungsmodell zur Weiterentwicklung der Thüringer Grundschule mit Übergang des Direktionsrechts für die Horterzieher an die kommunalen Schulträger. In der Aktuellen Stunde haben wir über den Erfolg dieses Modells bereits berichtet und miteinander gesprochen. Es ist jedoch unsere feste Überzeugung: Ganztagsschule soll nicht Pflicht sein. Die Schulen machen Betreuungsangebote und die Eltern entscheiden jeweils selbst, welche Betreuungsart für ihre Kinder die beste ist. Durch den Wechsel von verbeamteten in Teilzeit beschäftigten Lehrerinnen und Lehrern in die Vollzeitbeschäftigung stehen in den nächsten zwei Jahren etwa 1.000 Vollzeitstellen zusätzlich zur Verfügung. Mit diesen Kapazitäten werden wir vor allem pädagogische Verbesserungen sicherstellen. Fortbildungen und andere Maßnahmen der Qualitätsentwicklung werden gezielt gestärkt und weiterentwickelt. Die Kapazitäten sollen aber auch als Abminderungsstunden für Lehrerinnen und Lehrer in Projekten nutzbar werden, damit sich diese Kollegen in ihrer originären Aufgabe verstärkt einbringen können. Ich bin sicher, die Landesregierung erwartet hier zu Recht einen deutlichen Entwicklungsschub.
Damit komme ich auch gleich zum Antrag der Fraktion der CDU. Dieser greift das ganz zentrale Schulthema dieser Legislaturperiode auf, nämlich unsere Schulen sollen dauerhaft leistungsfähig sein. PISA hat gezeigt, dass diejenigen Schulen, die Freiräume nutzen und Eigenverantwortung übernehmen, die Schüler am ehesten und am besten zu starken Leistungen motivieren. Daher haben wir unseren Schulleitungen, unseren pädagogischen Führungskräften und unseren Lehrkräften Verantwortung übergeben, um ihr pädagogisches Können punktgenau zu platzieren. Wir bieten unseren Schulen den Rahmen, sich eigenverantwortlich zu entwickeln. Der neue Freiheits- und Verantwortungsraum muss aber auch genutzt werden. Qualitätsentwicklung, Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle bilden den Maßstab für die neue Entwicklung hin zu mehr Eigenverantwortung und Eigenprofilierung. Weiterhin ha
ben wir ein umfassendes Unterstützungssystem eingerichtet. Am Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien entstand in diesem Zusammenhang eine Koordinierungsstelle „eigenverantwortliche Schule“. Das 2004 gestartete gleichnamige Entwicklungsvorhaben wird Fragen zur weiteren Verbesserung von Unterrichts- und Schulqualität beitragen. Und bis heute bewerteten die Expertenteams in der ersten Phase bereits 203 Schulen in Thüringen entsprechend positiv. 72 Schulen haben bereits konkrete Zielvereinbarungen getroffen. Im Herbst 2008 startet die zweite Runde der Begutachtungen durch die Expertenteams. Für das Schuljahr 2008/2009 liegen 86 weitere Anmeldungen zur Beteiligung am Entwicklungsvorhaben bereits jetzt vor. Sie sehen, wir sind hier auf einem sehr guten und sehr akzeptierten Weg, aber das benötigt natürlich auch Ressourcen. Unsere Schulen sind die Schmiede individueller Lebenschancen all unserer Schüler. Sie legen Grundsteine für das zukünftige Entwicklungs- und Forschungspotenzial des Landes. Eine bedarfsgerechte Förderung der Schüler ist also in Abhängigkeit vom Potenzial eines jeden Einzelnen letztlich immer individuelle Förderung. Wir unterstützen daher den Vorschlag, die erwartbaren zusätzlichen personellen Ressourcen vermehrt zur individuellen Förderung auch tatsächlich einzusetzen. Wir wollen jedem Schüler bestmögliche Voraussetzungen für den weiteren Lebens-, Bildungs- und Berufsweg bieten. Nach unserer Auffassung sollen sich Schulen dabei innerhalb gesetzter Entscheidungsspielräume frei entfalten können. Sie sollen so die Herausforderung des schulischen Alltags vor Ort schneller identifizieren und besser bewältigen. Die Teilnahme am Projekt „eigenverantwortliche Schule“ ist aber gleichwohl für die Einrichtungen freiwillig. Wir zwingen niemanden. Schulen sollen Eigenverantwortung wahrnehmen, aber auch Rechenschaft über ihr Handeln ablegen. Ob die Zielvereinbarungen erfüllt und die Kriterien hinsichtlich der Qualitätssicherung berücksichtigt wurden, ist dabei natürlich Teil der moderierenden Begleitung durch das Thüringer Kultusministerium. Dadurch haben wir auch die Möglichkeit, die Schulen miteinander zu vergleichen und Unterschiede zu erkennen und herauszuarbeiten, und wir können Unterstützung genau dort anbieten, wo sie benötigt wird. Daher stimmt die Landesregierung dem Vorschlag zu, die Eigenverantwortlichkeit der Schulen für den Ressourceneinsatz sowie für Inhalt und Organisation des Unterrichts weiter zu stärken und weiterzuentwickeln. Entsprechend dem Vorschlag der CDU-Fraktion werden wir den Landtag bis Mai 2009 über den aktuellen Entwicklungsstand umfassend informieren und in Kenntnis setzen. Vielen Dank.
Herr Staatssekretär, die Kollegin Antje Ehrlich-Strathausen wollte Ihnen eine Frage stellen und Sie aber nicht unterbrechen. Würden Sie die Frage jetzt am Ende Ihrer Rede gestatten?
Es mag sein, dass alles gesagt ist. Seit anderthalb Stunden diskutieren wir drei Anträge aller drei Fraktionen. Der eine für den schulischen Bereich zuständige Staatssekretär ist in Polen - okay. Deswegen durfte der andere den Bericht brav vorlesen. Ich habe mir meine Zwischenfrage gespart, weil er sie hätte nicht beantworten können.
Aber ist das der neue Stil des Kultusministers, dass er in der Kantine zuhört - seit anderthalb Stunden vielleicht? Ich weiß, dass man nicht immer hier im Raum anwesend sein kann. Aber wenn das der neue Stil des Umgangs miteinander ist, dann weiß ich nicht, was das bedeutet. Dann hat er sein Etikett heute wahrscheinlich wirklich wegbekommen.
Mir liegen jetzt keine weiteren Redebeiträge mehr vor. Es ist für keinen der Anträge Ausschussüberweisung beantragt worden, demzufolge stimmen wir direkt über alle drei Anträge ab.
Als Erstes stimmen über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 4/4135 ab. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Es ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen nun über den Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/4145 ab. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen nun ab über den Antrag der Fraktion der CDU in Drucksache 4/4143. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Es gibt keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? Es gibt einige. Mit einer Mehrheit ist dieser Antrag angenommen worden.
Die SPD-Fraktion hat nicht signalisiert, dass sie das Wort zur Begründung nehmen möchte und so rufe ich für die CDU-Fraktion den Abgeordneten Worm auf.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, in den vergangenen Jahren war das Risiko von Altersarmut in Deutschland kein vorrangiges Problem. Auch die derzeitige Rentnergeneration ist glücklicherweise nur zu einem geringen Teil von Armut betroffen. Verschiedene Sozialverbände gehen jedoch davon aus, dass sich dieses in den nächsten Jahrzehnten drastisch ändern werde. Der Paritätische Wohlfahrtsverband zum Beispiel nimmt an, dass der Anteil der Menschen, die im Rentenalter von Grundsicherung leben müssen, von derzeit ca. 2,5 Prozent auf 10 Prozent oder mehr steigen wird.
Auch wenn die Bundesregierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion ausführt, die Entwicklung der Altersarmut sei nicht abschätzbar, weist sie jedoch darauf hin, dass - hier zitiere ich Frau Präsidentin: „ein Anstieg der Bezieherzahlen in Ostdeutschland nicht auszuschließen sei“. Ich persönlich denke, dass wir uns bei der Debatte um die Altersarmut zukünftiger Generationen noch ganz am Anfang befinden. Unterbrochene Erwerbsbiografien, niedrige Löhne gerade in den neuen Bundesländern werden durchaus dazu führen, dass in den nächsten Jahrzehnten ein Anstieg an Rentnern, die auf Grundsicherung angewiesen sind, zu verzeichnen ist.
Die Frage an dieser Stelle ist ganz einfach, wie reagieren Politik und Gesellschaft auf diese Erkenntnis? Wenn insgesamt in der Bevölkerung hinsichtlich der zu erwartenden Altersrenten eine wachsende Unsicherheit zu verzeichnen ist, so ist es Aufgabe der Politik, die gesetzliche Rentenversicherung als zentrale Säule der Alterssicherung zu stärken. Das Dreisäulenmodell, über Betriebsrenten und private Vorsorge gemeinsam mit der gesetzlichen Rente ein auskömmliches Alterseinkommen zu erzielen,