Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen, der Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE und der SPD „Thüringer Bibliotheksgesetz“ in Drucksache 4/3503 wurde durch Beschluss des Landtags am 15. November 2007 an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien federführend sowie an den Bildungsausschuss, den Innenausschuss und den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten begleitend überwiesen. Unter Berücksichtigung sowie Ankündigung der CDU-Fraktion, eine eigenständige parlamentarische Initiative zu einem Bibliotheksgesetz vorzunehmen, wurde der Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE und der SPD in den Ausschüssen geparkt.
Durch Beschluss des Landtags am 9. April 2008 ist der Gesetzentwurf der CDU-Fraktion „Thüringer Gesetz zum Erlass und zur Änderung bibliotheksrechtlicher Vorschriften“ in Drucksache 4/3956 federführend an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien sowie an den Innenausschuss, den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten begleitend überwiesen worden.
Der federführende Ausschuss hat sich in seiner 33. Sitzung am 17. April 2008, in der 34. Sitzung am 30. April 2008, in der 35. Sitzung am 29. Mai 2008, in der 36. Sitzung am 26. Juni 2008 sowie in der 37. Sitzung am 3. Juli 2008 mit diesen Gesetzentwürfen befasst.
Mit Blick auf die Bedeutung der Gesetzentwürfe führte der Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien am 29. Mai 2008 in seiner 35. Sitzung zu beiden Gesetzentwürfen eine Anhörung durch. Hier wur
de sich durch die anzuhörenden Bibliotheksverbände, Vereine, Kulturinitiativen bis hin zur Thüringer Landesrektorenkonferenz geäußert und entsprechende Änderungsvorschläge zu beiden Gesetzentwürfen vorgetragen und vorgeschlagen.
Die fachliche, aber auch bundespolitische Bedeutung widerspiegelnd wurde wiederholt auf den Pilotcharakter der Gesetzentwürfe und die damit verbundene gesellschaftspolitische Verantwortung des Thüringer Landtags hingewiesen. Exemplarisch dafür war die Aussage von Herrn Zimmermann, Deutscher Kulturrat e.V., ehemaliges Mitglied der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ des Deutschen Bundestags. Ich zitiere: „Man hat in fast allen Parlamenten den Fall, dass die Kulturpolitiker in den Fraktionen nicht unbedingt automatisch die Mehrheit stellen.“ Er könnte sich aber vorstellen, dass es auch in den Fraktionen und dem Landtag eine Veränderung erzeugen könnte, wenn man sehe, dass es sich hier nicht nur um ein Thüringer Gesetz handelt, was seine Wirkung angeht, sondern sich hier um praktische bundesweite Kulturpolitik handelt, die die wirkliche Übernahme gesamtstaatlicher kulturpolitischer Verantwortung... Es würde auch die Debattenlage gerade zwischen den Ländern und dem Bund in diesen kulturpolitischen Fragen verändern, wenn zum Beispiel ein Land wie Thüringen ganz offensiv so ein Thema aufgreift und quasi stellvertretend für die Bundesrepublik diskutieren würde, um die Finanzverantwortlichen zu überzeugen, auch in diesem Bereich etwas weiter zu springen, als sie sonst bereit seien.
Meine Damen und Herren, in seiner 36. Sitzung am 26. Juni 2008 entschied der federführende Ausschuss, den CDU-Gesetzentwurf „Thüringer Gesetz zum Erlass und zur Änderung bibliotheksrechtlicher Vorschriften“ zur Grundlage weiterer Beratungen zu machen. Gleichzeitig wurde mehrheitlich entschieden, den Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE und der SPD abzulehnen. In dieser Beratung wurden zahlreiche Änderungsvorschläge seitens der Fraktionen DIE LINKE und SPD gestellt. Diese betrafen insbesondere die Frage der Freiwilligkeit der Aufgaben in den Kommunen sowie die Bereitstellung bzw. Beteiligung des Landes bei den finanziellen Mitteln. Der Innenausschuss hat auf Antrag der CDU gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung den Gesetzentwurf der LINKEN und der SPD in seiner 58. Sitzung am 27. Juni beraten und empfohlen, den Gesetzentwurf abzulehnen. Der mitberatende Bildungsausschuss befasste sich mit dem Gesetzentwurf entsprechend Antrag der CDU § 81 Abs. 4 Satz 1 in seiner 39. Sitzung am 3. Juli 2008 und empfahl ebenfalls die Ablehnung. Der Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten beriet in seiner 48. Sitzung entsprechend Antrag der CDU gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung den Gesetzentwurf und empfahl die Ablehnung.
Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der CDU „Thüringer Gesetz zum Erlass und zur Änderung bibliotheksrechtlicher Vorschriften“ wurde im Innenausschuss in seiner 58. Sitzung am 27. Juni 2008 beraten und empfohlen, den Gesetzentwurf mit den durch den federführenden Ausschuss empfohlenen Änderung gemäß Vorlage 4/2229 anzunehmen. Der Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten hat den Gesetzentwurf in seiner 48. Sitzung am 1. Juli 2008 beraten und empfohlen, den Gesetzentwurf mit den vom federführenden Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien in Nr. I, 1 bis 3, Nr. II 1 und Nr. III der Vorlage 4/2229 anzunehmen. Gleichzeitig empfahl der Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten, die Änderungsempfehlung des federführenden Ausschusses in Nr. II, 2 der Vorlage 4/2229 zu streichen. Begründung:
Erstens: Es liegt ein Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Thüringer Gesetz zur Änderung des Hochschulzulassungs- und Zugangsrechts vom 25. Juni 2008 in Drucksache 4/4244 vor, der in Artikel 2 Nr. 7 eine Änderungsregelung zum Thüringer Hochschulgesetz enthält, die der Nr. II, 2 der Vorlage 4/2229 entspricht.
Zweitens: Der Gesetzentwurf in Drucksache 4/3956 wird durch die Änderungsempfehlung des federführenden Ausschusses für Wissenschaft, Kunst und Medien in Nr. II, 2 der Vorlage 4/2229 um ein Regelungsthema erweitert (Exmatrikulation), das keine Verbindung zum ursprünglichen Gesetzentwurf hat. Insoweit bedarf es einer eigenständigen Gesetzesinitiative. Dies ergibt sich aus der nachfolgenden Auslegungsentscheidung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages aus dem Jahre 1984 zum Umgang der Befugnisse von Ausschüssen zu Gesetzesberatungen: „Ausschussmitglieder dürfen bei den Beratungen eines Gesetzentwurfs Anträge zu seiner Änderung oder Ergänzung einbringen, die in einem unmittelbaren Sachzusammenhang zu der Vorlage stehen. Ein unmittelbarer Sachzusammenhang ist zu erkennen, wenn die Ergänzung am Gesetzgebungsgrund oder an den Gesetzgebungszielen der ursprünglichen Vorlage anknüpfen. Damit ist dem Ausschuss keineswegs ein eigenes Initiativrecht bei der Beratung von Gesetzesvorlagen zugestanden. Das Gesetzesinitiativrecht wird in Artikel 76 Abs. 1 Grundgesetz vorbehalten. Wie die Gesetzesinitiaten einen Anspruch darauf besitzen, dass ihre Vorlagen im Bundestag beraten werden, haben alle Mitglieder des Bundestages einen Anspruch darauf, dass sie von einer Gesetzesvorlage grundsätzlich in einer ersten Beratung Kenntnis nehmen können. Es wäre insbesondere ein Umgang dieser Rechtslage, wenn gesetzgeberisch zu lösende Probleme in einem Antrag zur Änderung oder Ergänzung
einer Gesetzvorlage aufgegriffen würden, die weder vom ursprünglichen Gesetzgebungsgrund noch von dem ursprünglichen Gesetzgebungsziel erfasst werden, also auch wenn lediglich die gleiche Gesetzgebungsmaterie berührt wäre. In diesen Fällen bedarf es vielmehr einer ordnungsgemäßen Gesetzesinitiative, ihrer Einbringung und Beratung im Bundestag sowie ihrer Überweisung an einen Ausschuss, bevor dieser sich mit diesem Gesetzesvorhaben befassen kann.“ Aufgrund des Einspruchs des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zur Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses beriet der federführende Ausschuss in seiner 37. Sitzung am 03.07.2008 nochmals den Gesetzentwurf und die Beschlussempfehlung und schloss sich der Empfehlung bzw. Änderung der Beschlussvorlage des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten mehrheitlich an, der die Annahme des Gesetzentwurfs empfiehlt. Danke.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der Abgeordneten Dr. Birgit Klaubert, Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte am Anfang aus der heutigen „Thüringer Allgemeinen“ zitieren, und zwar können wir dort lesen: „Gestern beschloss der Thüringer Landtag das erste deutsche Bibliotheksgesetz. Das besagt ungefähr dieses: Es gibt Bibliotheken und das ist sehr schön.“ Etwas weiter: „Gewiss, Jörg Schwäblein (CDU) hatte eine feine Nase, als er die Forderung des Bundespräsidenten in Weimar sofort aufnahm. Nun darf er sagen, er habe das erste deutsche Bibliotheksgesetz auf den Weg gebracht, darf dies einen ‚Meilenstein der deutschen Bibliotheksgeschichte’ nennen. Irgendwie ist das auch nicht wirklich falsch,
nur dass es nichts bedeutet. Denn der wirkende Kern eines solchen Gesetzes wäre die Sicherung, also Finanzierung der Bibliotheken. Für eine absolute parlamentarische Mehrheit gilt der bewährte Satz: ‚Was die Partei beschloss, wird sein’. Und gestern beschloss sie: nichts.“
Als wir heute morgen diesen Artikel zur Kenntnis nahmen, haben wir überlegt: Waren der Journalist und Herr Schwäblein und übrigens der in diesem Artikel zitierte Kulturpolitiker Herr Emde zusammen in Delphi und welche Erkenntnisse haben sie in Delphi gewonnen? Sie haben die Erkenntnis gewon
nen, dass der Thüringer Landtag ein Bibliotheksgesetz nach dem Modell der CDU beschließen wird. Und so ist es mit den Orakeln. Im Kern haben sie natürlich recht, darum ist vieles interpretierbar. Aber die Reise nach Delphi wäre nicht nötig gewesen, man hätte das auch so vorweg sagen können nach all den Beratungen, die Herr Blechschmidt jetzt aus dem Ausschuss vortrug, bis zur gestrigen Morgenberatung, als der Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien sich zusammensetzen und wenigstens die größte Peinlichkeit aus der Beschlussempfehlung wieder entfernen musste, nämlich die Einführung von Gebührentatbeständen für Studierende in Thüringen über die Regelungen des Thüringer Hochschulgesetzes. Das ist etwas, wo wir gesagt haben, das ist richtig und wir haben dieser Empfehlung des Justizausschusses zugestimmt. Der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Kunst und Medien stimmen wir nicht zu. Wir haben ein eigenes Gesetz auf den Weg gebracht. Wir wissen, dass dieses eigene Gesetz in Zusammenarbeit mit dem Thüringer Bibliotheksverband seine weitere Bearbeitung erfahren hat. Wir haben eine intensive, etwa dreivierteljährliche Arbeitsphase an diesem Gesetz hinter uns und wir waren der Meinung, dass heute ein guter Tag sein könnte für Thüringen, dass vor Abschluss des Parlamentsjahres 2007/2008 Thüringen tatsächlich ein modernes Bibliotheksgesetz auf den Weg bringt. Aber da schließt sich der Kreis; ein modernes Bibliotheksgesetz wird es nicht sein.
Lassen Sie mich ganz kurz noch einmal auf den Ausgangspunkt zurückkommen. In der Anhörung hat das eine der Anzuhörenden sehr deutlich gesagt in Richtung der Abgeordneten aller Fraktionen: Denken Sie daran, Bibliotheken sind nicht nur abschließbare Räume mit Büchern; Bibliotheken erfüllen einen wichtigen Bildungsauftrag; Bibliotheken sind gerade in Thüringen vor dem Hintergrund der Kulturlandschaft in Thüringen etwas, was fest zur Bildungs- und Kulturlandschaft dazugehört. Sie dienen der Bildung, der Weiterbildung, der Information und Kultur. Nach der Anhörung konnten wir, ich glaube, in der „Ostthüringer Zeitung“ lesen, es ist doch eigentlich gut angelegtes Geld, welches man in Bibliotheken investiert, in denen sich die Leute auch noch freiwillig bilden. Aber all das nützte nichts, es wurde zur Kenntnis genommen, dass es in Thüringen 1990 noch 1.212 öffentliche Bibliotheken gab, dass die Zahl um fast 1.000 zusammengeschmolzen ist auf inzwischen 272 Bibliotheken.
Es wurde zur Kenntnis genommen, dass es am Anfang der 90er-Jahre noch 938 Beschäftigte in den Bibliotheken gab und heute 351. Es wurde auch zur Kenntnis genommen, dass es in Finnland ganz andere Standards für die Kultur- und Bildungseinrich
tung Bibliothek gibt, auf die wir in Deutschland lange nicht kommen werden. Dort gibt es pro 1.000 Einwohner eine Fachkraft im Bibliothekswesen und den gesetzlich gesicherten öffentlichen Zugang zu Bibliotheken, auch in den dünn besiedelten Bereichen des Landes.
Wir haben zur Kenntnis genommen, dass in Thüringen inzwischen 22,4 Prozent, also fast ein Viertel der Einwohner, in Kommunen ohne Bibliotheken leben. Vor diesem Hintergrund waren wir lange Zeit der Auffassung, dass es uns gelingen möge, ein Bibliotheksgesetz in Thüringen so zu verabschieden, dass sich Kommunen und Land an der Erfüllung dieser Aufgabe beteiligen werden. Vor diesem Hintergrund waren wir auch bereit, nicht an unserem Gesetzentwurf weiterzuarbeiten, sondern den CDU-Gesetzentwurf zur Grundlage zu nehmen. Das, was dort positiv zur Bildungsverantwortung, zur Informationsfreiheit genannt ist, auch zu akzeptieren, aber mit unseren Vorschlägen dieses Gesetz inhaltlich anzureichern. Noch in der Pressekonferenz vor der abschließenden Ausschuss-Sitzung habe ich gesagt, dass die Hoffnung zuletzt stirbt. Das wurde berechtigt von den Journalisten belächelt. Im Ausschuss sind alle Vorschläge, die wir eingereicht haben zum CDU-Gesetzentwurf, abgeschmettert worden. Es ist nicht ein einziger inhaltlicher Vorschlag, den wir gemeinsam mit den Betroffenen außerhalb des Landtags erarbeitet haben, den wir gemeinsam abgeglichen haben, auch mit den bundespolitischen Ebenen, angenommen worden. Nicht einen einzigen Vorschlag konnten wir in der Ausschuss-Sitzung durchsetzen. Es ist ausschließlich das angenommen worden, was die Mehrheitsfraktion wollte.
Demzufolge will ich nur noch auf zwei Dinge eingehen. Wir haben die Änderungsanträge dazu noch einmal eingereicht. Dringend ist darauf hingewiesen worden von nahezu allen in der Ausschussberatung und in der Ausschussanhörung, dass, wenn man die Bibliotheken tatsächlich dauerhaft sichern möchte, es heißt, dass man sie mit Personal ausstatten muss, dass man sie mit einem Fonds für Ankäufe ausstatten muss und dass man sie in der modernen Zeit natürlich auch ausstatten muss mit modernen Medien. Wenn man das will, dann kann man diese Last nicht allein den Kommunen übertragen. Wir haben inständig darum gerungen, dass die CDU aus ihrem Gesetzentwurf wenigstens den Satz streicht, dass die Bibliotheken freiwillige Aufgaben sind. Das steht übrigens nicht einmal in der Kommunalordnung so stringent. Wir haben jetzt im Gesetz zum ersten Mal aufgeschrieben: Die Bibliotheken sind freiwillige Aufgaben. Jede Kommune, die unter Finanznot leidet, das sind viele, wird künftig natürlich nicht nur den inneren Zwang, sondern auch den äußeren Zwang von der Aufsichtsbehörde bekommen, diese freiwilligen Leistungen auf den Prüf
stand zu stellen und ggf. zu streichen. In diesem Zusammenhang, weil mein Kollege Gerstenberger aus Gera jetzt gerade nickt, in Gera geht im Moment die Debatte, glaube ich, um die Bibliothek Lusan. Da ist mir gesagt worden, ja, Frau Klaubert, was haben sie denn dagegen, wenn sich die Zentralbibliothek in der Innenstadt befindet und alle mit der Straßenbahn dahin fahren? Und da habe ich im Gegenzug gefragt: Und was ist dann mit dem Bildungsauftrag? Wenn in einer in der Nähe liegenden Grundschule oder in einer anderen Bildungseinrichtung diese Bibliothek aufgesucht werden möchte, fahren dann diese Schulkinder in die Innenstadt und wieder zurück und dann ist der Vormittag vorbei. Bibliotheksarbeit soll aber unmittelbar in die Bildungsarbeit der Schulen integriert werden. Damit muss man die räumliche Nähe dazu haben. Und da haben es die Geraer noch gut, die haben eine Straßenbahn. In den dünn besiedelten Teilen ist es wesentlich schwerer, eine Bibliothek zu erreichen.
Ich wiederhole noch einmal: Fast ein Viertel der Thüringer Kommunen hat überhaupt keine Bibliothek mehr.
Dies zu streichen, dass die Bibliotheken freiwillige Aufgaben sind, konnten wir im Ausschuss nicht erreichen. Und ich mahne es an der Stelle noch einmal an, Sie können unserem Änderungsantrag an dieser Stelle zustimmen, um einen der schlimmsten Geburtsfehler Ihres Gesetzentwurfs zu korrigieren.
Und dieses steht in engem Zusammenhang mit einem weiteren perfiden Satz aus Ihrem Gesetzentwurf, dass nämlich diese freiwillige Aufgabenstellung abgegolten ist im Rahmen der Zuweisungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich. Das heißt, dieses Bibliotheksgesetz ist am Ende eigentlich nur Prosa. Sie wollten sich tatsächlich auf die Schultern klopfen und sagen, wir haben ein Bibliotheksgesetz gemacht.
Welche Wirkung dieses Bibliotheksgesetz tatsächlich auf die Thüringer Bibliotheken hat, das haben Sie entweder ausgeblendet oder Sie wollten bewusst die Zustände so halten, wie sie im Moment sind. Da sage ich wieder, das Bibliothekssterben von über 1.000 auf knapp 300 ist nicht etwas, was die Kommunen aus Jux und Tollerei veranlasst haben. Das ist ein Prozess, der daraus resultiert, dass sich das Land aus seiner Mitverantwortung für diese Kultur- und Bildungseinrichtungen verabschiedet hat. Und
Nun sage ich Ihnen, wir sind es ja inzwischen gewöhnt, dass unsere Vorschläge abgebügelt werden, dass die Opposition entweder nicht gebraucht wird, weil Sie alles selber machen, oder Vorschläge hat, die nicht finanzierbar wären oder natürlich von den Menschen im Land überhaupt nicht gewollt sind. An der Stelle liegen Sie aber voll daneben.
Sie liegen voll daneben. Dieses Gesetz wird von zahlreichen Thüringer kommunalen Abgeordneten, von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren, vom Verband und von bundespolitisch bedeutsamen Beobachtern dieses Gesetzes gefordert. Sie lehnen mit unseren Vorschlägen nicht nur die Vorschläge der Opposition ab, sondern diejenigen der Fachleute, die wahrscheinlich noch bis jetzt daran glauben, dass in einer Plenardebatte mit vernünftigen Argumenten das machtpolitische Kalkül der CDU-Fraktion gebrochen werden kann. Vielleicht haben Sie recht, aber vielleicht müssen diese erwartungsfrohen Menschen darauf warten, dass Sie nächstes Jahr endlich abgewählt werden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, bei näherer Betrachtung schrumpft so mancher wilde Stier auf ein harmloses Öchslein zusammen.
Kollege Schwäblein, Sie und der Gesetzentwurf der CDU passen hier hervorragend ins Bild. Anstatt wirklich ein solides Fundament für die nachhaltige Entwicklung der Bibliotheken in Thüringen zu legen, haben wir es hier mit einem „modernen, aber zahnlosen Tiger“ zu tun, wie auch die Vorsitzende des Deutschen Bibliotheksverbandes, Frau Gabriele Beger, feststellte.
Meine Damen und Herren der CDU, Sie setzen zu einem Sprung an, aber Sie springen nicht wirklich, so der Geschäftsführer des deutschen Kulturrates Olaf Zimmermann in der Anhörung. Anders gesagt, Kollege Schwäblein, Sie sind als Bettvorleger losgesprungen und als Bettvorleger gelandet.
Von dem Ziel, die öffentlichen Bibliotheken zu stärken, ist nicht viel geblieben, kritisierte zu Recht der Vorsitzende des Thüringer Bibliotheksverbands Dr. Frank Simon-Ritz. Die Chance zu einem tragfähigen Thüringer Bibliotheksgesetz, das zudem auch eine Signalwirkung für andere Bundesländer hätte, wurde wirklich schnöde vertan. Kollege Schwäblein, auch wenn Sie sich nachher noch so sehr beweihräuchern, Sie haben es schlicht und einfach vermasselt.
Meine Damen und Herren, vorbildliche Bibliotheksgesetze wie in Finnland oder Dänemark regeln in erster Linie die Finanzierung und das Recht auf Zugang zu Informationen und Wissen, also die Standortfrage von Bibliotheken. Hier, meine Damen und Herren von der CDU, haben Sie sich bewusst zurückgehalten, hier bleiben Sie ganz bewusst unverbindlich. Mehr noch, Sie betonen ja mit Nachdruck den Aspekt der Freiwilligkeit und das ist - darauf wurde in der Anhörung mehrfach verwiesen und die Kollegin Klaubert hat das auch nochmals betont - eindeutig ein falsches Signal. Eine eigens formulierte Freiwilligkeit ist ebenso wenig erforderlich wie der Ausschluss jeder Pflichtigkeit. Auch das ist Ihnen in der Anhörung ins Stammbuch geschrieben worden, und zwar von Prof. Dr. Thomas Sternberg, kulturpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag von Nordrein-Westfalen. Aber das hat Sie wenig interessiert.
Mehr noch, viele Verbände forderten in der Anhörung, gesetzlich den Anspruch eines jeden Thüringers auf Zugang zu einer sachgemäß ausgestalteten allgemeinen Bibliothek in erreichbarer Nähe seines Wohnorts zu verankern. Diese aus der Perspektive des Nutzers zu treffende Regelung würde zwar die Erhaltung der Bibliotheken nicht zur Pflichtaufgaben sämtlicher Kommunen machen, aber es würde durchaus eine, wenn auch niedrigschwelligere, kommunale Verpflichtung festgeschrieben. Das wäre eine Möglichkeit gewesen, hier wirklich ein modernes Gesetz zu beschreiben, auch aus der Perspektive der Nutzer. Sie haben unsere Anträge alle abgelehnt, die in dieser Richtung von uns gestellt wurden.
Wir haben ja deutlich gemacht, wie dieser Zugang dann im Einzelfall realisiert werden kann, sollte Gegenstand der Bibliotheksentwicklungsplanung sein. Hier wären auch die kommunalen Spitzenverbände genauso mit im Boot und könnten sich mit einbringen. Das wäre sicher ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gewesen, aber dazu konnten Sie sich nicht durchringen.
Meine Damen und Herren, alle Anzuhörenden waren sich darin einig, dass eine positive Entwicklung des Thüringer Bibliothekswesens ohne das finanzielle Engagement des Freistaats außerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs unmöglich ist. Wenn ein Landesgesetz aus Sicht der Thüringer Bibliotheksvertreter Sinn machen soll, muss es einen erkennbaren Landesanteil an der Finanzierung der öffentlichen Bibliotheken festschreiben, so der Vorsitzende des Thüringer Bibliotheksverbands. Es ist sehr wohl wichtig, dass die Träger der öffentlichen Bibliotheken deren Finanzierung zu leisten haben, aber gleichzeitig auch das Land, und zwar außerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs zusätzlich finanzielle Mittel zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der Thüringer Bibliotheken zur Verfügung stellen muss. Eine solche Feststellung nimmt das Land in die Pflicht zur Mitfinanzierung, ohne die Kommunen aus der Verantwortung zu entlassen. Nur so werden die Bibliotheken wirklich zu einer Gemeinschaftsaufgabe der Kommunen und des Landes.
Ihr pauschaler Hinweis, Kollege Schwäblein, auf den Kommunalen Finanzausgleich ist insbesondere nach der Aufhebung der Zweckbindung - das wissen Sie genau - wenig zielführend. Damit fixieren Sie nichts weiter als den derzeitigen, wirklich niemanden zufriedenstellenden finanziellen Status quo. Auf diese Weise soll die mit dem aktuellen Haushaltsplan vorgenommene faktische Streichung der Landeszuschüsse im Nachhinein quasi zum Normalzustand erhoben werden, Kollege Schwäblein. Ich denke, gerade in strukturell schwachen Regionen hat auch das Land die Pflicht zum Ausgleich und dieser Pflicht kommt das Land mit diesem Gesetz nicht nach. Die Kommunen werden hier alleingelassen und deswegen haben wir ja gesagt, wir sehen die Mitfinanzierung des Landes in zwei Säulen. Neben den projektbezogenen Finanzmitteln, die sicher vernünftig und richtig sind - gar keine Frage -, aber auch zusätzlich das Bereitstellen eines verlässlichen jährlichen Zuschusses zum Neuerwerb von Medien und das von den kommunalen Spitzenverbänden vorgestellte sogenannte Kompensationsmodell, das eine Kostenteilung zwischen Land und Kommunen für die notwendige Aktualisierung der Bibliotheksbestände vorsieht, ich denke, das wäre eine gute Diskussionsgrundlage gewesen. Sie haben die Diskussion gar nicht erst zugelassen.