Protocol of the Session on June 6, 2008

(Beifall CDU, SPD)

immer wieder aus sehr, sehr durchsichtigen Gründen dieses Thema hier im Thüringer Landtag aufzuwerfen. Aus diesen von mir genannten Gründen möchte ich hier kundtun, dass die Fraktion der SPD weder einer Ausschussüberweisung noch Ihren beiden Gesetzentwürfen zustimmen wird. Danke schön.

(Beifall CDU, SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Hahnemann, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf zur Änderung des Abgeordnetenrechts und der zur Änderung der Landesverfassung haben eigentlich einen klar alternativen Regelungsgegenstand, vielleicht mit Ausnahme der Laufzeit. Aber abgesehen davon muss man bei der Haltung zu den beiden Gesetzentwürfen eine Frage stellen: Erhöhen sich die Abgeordneten bei all den Problemen im Land ihre Bezüge? Das ist die Frage, die diesen beiden Gesetzentwürfen zugrunde liegt. Das ist die Frage, die sich jeder beantworten muss, der in diesem Haus zu diesen beiden Gesetzentwürfen am Ende durch Abstimmung Stellung nimmt.

Unser Maßstab, Herr Höhn, ist eben nicht die Indexregelung, unser Maßstab ist die freie Entscheidung freier Abgeordneter. Und dass wir diese Bocksprünge machen müssen, nämlich über ein Änderungsgesetz

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Genau das kritisieren Ihre Kollegen regelmäßig im Bundestag.)

und ein verfassungsänderndes Gesetz die automatische Steigerung der Diäten der Abgeordneten außer Kraft setzen zu müssen, das ist eine Thüringer Eigenheit. Die Regelung für uns ist eine einfache, wir wollen keine Diätenerhöhung bis zum Ende dieser Legislatur.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn wir sie gemäß unserer Erfahrung werden hinnehmen müssen, dann werden wir über die Alternative 54 damit umzugehen wissen.

Na klar, meine Damen und Herren, der politischen Klasse sind die Diätendebatten schon immer ein Problem gewesen. Wir haben es im Bund erlebt, die geplante Erhöhung der Diäten führte sofort zu einer Menge von Protesten und selbst Parteiaustritten. Die herrschenden Teile der politischen Klasse belegten ein weiteres Mal die ihnen immer wieder vorgeworfene Arroganz und Ignoranz gegenüber den Problemen der Menschen im Land.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, die Versuche zur Begründung und Verteidigung dieser Diätenanhebung waren nichts weiter als eine Reihe intellektueller und politischer Grausamkeiten und Peinlichkeiten.

(Beifall DIE LINKE)

In einer Zeit, in der die Bevölkerung von Arbeitslosigkeit, Hartz IV, Minijobs, Kinderarmut und faktischer Rentenkürzung geplagt ist, waren die Pläne der Bundestagsabgeordneten eine Unverfrorenheit.

Sogar Ihr Generalsekretär hat das erkannt. Herr Mohring hat in der Leipziger Volkszeitung festgestellt: „... katastrophale Wirkungen für das Ansehen von Parteien und Parlamenten. Das ist ein Riesenthema bei uns vor Ort, die Leute sind echt sauer. Angesichts von 1,1 Prozent Rentenerhöhung unter Bruch der geltenden Rentenformel flippen die Bürger regelrecht aus, wenn sie von 15 Prozent Diätenerhöhung hören.“

(Zwischenruf Abg. Schröter, CDU: Das betrifft den Bundestag.)

Ich rede jetzt über dieses, Herr Schröter. „Der jetzt gewählte Zeitpunkt ist katastrophal.“ Das sagt Herr Mohring und Herr Mohring hat recht. Wenn Herr Mohring von Zeitpunkt redet, dann redet er nicht von Tageszeit oder Nachtzeit oder Jahreszeit, nein, Herr Mohring redet von einer gesellschaftlichen Situation, die geprägt ist neben all den sozialen Problemen von der bekannten „Ackermännerei“, der „Zumwinkelei“ und der Privilegienhascherei der herrschenden Ab

geordneten.

(Beifall DIE LINKE)

Alle diese beschäftigen sich statt mit der Lösung der Probleme dieser Gesellschaft mit der Anhebung ihrer Bezüge.

Aber Herr Mohring wäre nicht Herr Mohring, wenn er nicht auch einen probaten Rat für die herrschenden Teile der politischen Klasse hätte. Er empfiehlt nämlich „die Übernahme des thüringischen Modells der Diätenanpassung. In Thüringen sind die Diäten an einen Lohnindex gekoppelt, entsprechend der Lohnentwicklung steigen oder sinken auch die Abgeordnetenbezüge. Es wäre gut, wenn auch der Bundestag ein solches Modell wählen würde.“

Nun reden wir insofern über etwas anderes, Herr Schröter, als wir über unsere eigene Diätenerhöhung reden. Wenn dieses aber stimmt, dann frage ich mich, warum Herr Höhn z.B. uns die Einführung der Indexregelung in Brandenburg vorhält. Ich kann Ihnen eins versprechen, Herr Höhn, wenn ich einstmals Brandenburger Abgeordneter sein sollte, dann werde ich mich auch in Brandenburg für die Abschaffung der Indexregelung, für die Abschaffung der automatischen Diätenerhöhung einsetzen.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Viel Spaß.)

Ich glaube, es ist politisch und es ist auch moralisch oberflächlich, wenn man eine Position, die davon ausgeht, dass man sich in einer bestimmten Situation diese Diätenerhöhung nicht leisten sollte, automatisch als Populismus bezeichnet. Dass wir allerdings durchsichtige Gründe für unsere Position haben, das ziehe ich überhaupt nicht in Zweifel, denn die Position, die von den herrschenden Mandatsträgern hier in Thüringen bezogen wird, die heißt doch im Grunde genommen: Seid nicht so gierig, seid moderat und macht es nicht offen, sondern macht es besser heimlich.

(Unruhe CDU)

Die Begründung, dass die Indexregelung tatsächlich ein Mechanismus sei, der für einen angemessenen und gerechten Umgang mit den Diäten führen würde, ziehen wir in Zweifel. Die Indexregelung weist deutliche Schwächen auf. Unter demokratischen Gesichtspunkten ist sie die Flucht aus der öffentlichen Debatte über Diäten.

(Beifall DIE LINKE)

(Unruhe SPD)

Unter dem Gesichtspunkt der Gleichheit oder der Gerechtigkeit ist vor allem zu monieren, dass die Datengrundlage für die Indexierung lückenhaft ist und nicht alle Einkommensbereiche mit berücksichtigt, vor allem nicht alle Bereiche der abhängig Beschäftigten.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Heuchelei.)

Wenn Sie glauben, Herr Höhn, dass Sie die demokratische Debatte qualitativ wie quantitativ voranbringen, wenn Sie von Ihren Positionen abweichende Meinungen als Heuchelei bezeichnen, wie eben gerade geschehen, dann muss ich Ihnen sagen, das ist genau die Art und Weise des Umgangs mit Demokratie, mit Abgeordnetenrechten, mit der Selbstbedienungsmentalität der Abgeordneten und mit der Selbstherrlichkeit der Abgeordneten, die die Bürgerinnen und Bürger draußen so aufregt, und dieses zu Recht.

(Beifall DIE LINKE)

Hinzu kommt bei der viel gepriesenen Indexregelung, dass sie die Nominaleinkommen zugrunde legt, Reallohnsenkungen, wie sie über Jahre in der Bundesrepublik zu beobachten waren, bildet dieser Automatismus nicht ab.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Dem un- terliegen wir aber auch oder haben Sie eine eigene Währung?)

Die Fraktion DIE LINKE will langfristig nicht nur die Indexierung abschaffen, sondern wir wollen einen vollständigen Systemwechsel im Abgeordnetenrecht. Wir haben das bereits mit einem Antrag versucht und Sie wissen, wie Sie mit dieser Initiative umgegangen sind.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Sie wol- len die Diäten verdoppeln.)

Andere Länder wie Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein oder Baden-Württemberg haben sich auf diesen Weg begeben. Unsere Gesetzentwürfe für ein Diätenmoratorium sind also nur ein Teil einer notwendigen Diskussion um grundlegende Änderungen des Abgeordnetenrechts. Das von uns beantragte Diätenmoratorium ist zeitlich kürzer gefasst als die, die wir schon hatten. Das ist genau diesem Umstand geschuldet und der Tatsache, dass die Fraktion einem neuen Landtag nicht etwas anbieten will, was eigentlich zu kurz greift, wenn man die ganze Problemlage betrachtet.

Unser Ziel ist eigentlich eine umfassende Reform des Abgeordnetenrechts, z.B. die Abschaffung der Diätenautomatik und die Wiedereinführung der freien öffentlichen Diskussion der Abgeordneten über ihre Bezüge in einer Gesellschaft, von der die Abgeordneten nicht unabhängig existieren, die Einführung von Regelungen, damit die Abgeordneten für ihre Altersvorsorge selbst aufkommen, die Abschaffung undurchschaubarer und teilweise auch unbegründeter Aufwandsentschädigungen und die volle Versteuerung des Einkommens der Mandatsträger.

(Beifall DIE LINKE)

Das werden wir auch in dieser Legislatur noch einmal in Angriff nehmen, auch wenn wir voriges Jahr an Ihnen gescheitert sind. Ob wir es noch diesem Landtag vorschlagen oder es der nächsten Fraktion

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wenn Sie natürlich die Pauschalen als Einkommen bezeichnen, da sind wir nämlich beim Thema.)

ans Herz legen, das wird die Fraktion genauso nach der politischen Situation entscheiden, wie sie sich in der jetzigen politischen Situation dazu entschieden hat, diese beiden Gesetzentwürfe einzubringen.

(Beifall DIE LINKE)

Das Wort hat Abgeordneter Schröter, CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, alle Jahre wieder Populismus pur.

(Zwischenruf aus der Fraktion DIE LINKE: Das ist doch nicht wahr.)

(Unruhe DIE LINKE)