ist allerdings noch kein Indiz dafür, wie es tatsächlich um den Schutz und die Hilfemöglichkeiten für Familien steht. Ich habe es gesagt, die Sorgerechtsentzugsverfahren das ist immer die Ultima Ratio am Ende einer Kette. Vorher steht im Idealfall ein dichtes System an helfenden Maßnahmen für Familien, an familienergänzenden Hilfen, die wir ihnen anbieten wollen und nicht an familienersetzenden Hilfen, die wir ihnen anbieten wollen. Erst wenn diese Mittel alle versagt haben, haben die Familiengerichte und die Jugendämter die Möglichkeit und auch das Recht, per Gesetz einzugreifen und zu intervenieren und tatsächlich den Eltern die Sorge zu entziehen. Ich habe das deshalb angesprochen, weil es durchaus einen aktuellen Bezug hat und deutlich macht, wo das hinführen kann, wenn Eltern nicht bereitwillig mitarbeiten.
An einem Punkt möchte ich meinen beiden Vorrednern oder einem meiner Vorredner, Herrn Bärwolff, widersprechen. Herr Bärwolff, wir müssen sehr aufpassen, dass wir aus der sozialen Situation der Eltern heraus nicht per se ableiten, dass sie ein höheres Gefährdungspotenzial hätten. Sie haben zu leicht den Bogen geschlagen hin zu Harz IV und zur sozialen Situation der Eltern. Da muss ich ganz deutlich sagen, Kindesvernachlässigung und Kindesmisshandlung ist nicht entschuldbar. Es ist in keinem Fall entschuldbar, auch nicht mit der materiellen Situation der Eltern. Selbst wenn es in manchen Fällen erklärbar ist, ist es trotzdem nicht entschuldbar. Und darüber muss hier im Hohen Haus auch Einigkeit sein.
Wir haben von Herrn Bärwolff gehört, er wünscht sich eine Risikoeinschätzungsmöglichkeit für die örtlichen Jugendämter. Dazu muss ich sagen, Herr Bärwolff, Sie wissen, dass es so etwas gibt. Wir haben gerade im Jugendhilfeausschuss der Stadt Erfurt sehr intensiv über so ein Ampelmodell diskutiert, wo die Jugendämter sehr wohl wissen, wie verschiedene Risikostufen abzuschätzen sind, wann das rote Licht bei den Jugendämtern angeht, wann sie handeln müssen. Das gibt es. Ich teile aber Ihren Wunsch, dass wir das durchaus im Land verstetigen können, dass wir durchaus auch genau hinschauen können, wie das in anderen Jugendämtern gehandhabt wird. Das ist eines der Instrumente, das ist genauso eines der Instrumente wie die Thüringer Ambulanz für Kinderschutz in Jena, die Sie angesprochen haben. Wir haben sowohl bei der Anhörung voriges Jahr im Landtag als auch bei Besuchen vor Ort feststellen können, dass die Thüringer Ambulanz für Kinderschutz einen wichtigen Beitrag leistet, nämlich dann Ärzten und Jugendämtern zu helfen, wenn sie sich unsicher sind in der Beurteilung von Fällen, wenn es darum geht, liegt da eine Misshandlung, eine Vernachlässigung vor. Wenn das die Ärzte vor Ort nicht einwandfrei ent
scheiden können, wenn sich die Jugendämter in der Beurteilung unsicher darin zeigen, können sie die Thüringer Kinderschutzambulanz einschalten. Das wird häufig glücklicherweise getan. Ich möchte an der Stelle auch einen Dank an die Ärzte und die Mitarbeiter in der Ambulanz für Kinderschutz in Jena aussprechen. Sie leisten damit einen ganz gewichtigen Beitrag.
Herr Bärwolff, Sie hatten angesprochen, dass wir voriges Jahr in der Anhörung gehört haben, 50 Prozent der Kinder, die von Misshandlung und Vernachlässigung betroffen sind, hatten eine lückenlose Vita, was die Vorsorgeuntersuchung angeht. Das stimmt schon, das war so, das haben wir gehört. Das macht aber auch deutlich, dass eben 50 Prozent der Kinder keine lückenlose Bilanz hatten, zumindest die Kinder, die dann mit diesen schrecklichen Folgen zu kämpfen hatten und sehr wohl müssen wir genau dafür Hilfemöglichkeiten anbieten. Dafür hatten wir den Antrag im vergangenen Jahr schon an die Landesregierung formuliert, die klare Aufforderung an die Landesregierung, uns einen Gesetzentwurf vorzulegen, der auch den Weg beschreibt, wie wir mit den Vorsorgeuntersuchungen umgehen wollen. Da war neben dem höheren Maß an Verbindlichkeit, was wir eingefordert haben, auch gleichzeitig die Forderung nach mehr Qualität der Vorsorgeuntersuchung beinhaltet. Es war auch eine weitere Aufforderung beinhaltet, nämlich an den Bundesausschuss, sich mit der Frage von zusätzlichen Vorsorgeuntersuchungen auseinanderzusetzten. Sie haben die Lücke zwischen der U 6 und U 7 angesprochen, das ist richtig. Das ist aber inzwischen glücklicherweise gelöst. Der Bundesausschuss hat sich auf die Einführung der Vorsorgeuntersuchung 7 A verständigt, so dass genau auch diese 7 A auch diese Lücke schließen kann. Ich glaube, das können wir alle begrüßen und bekräftigen, dass wir das im vergangenen Jahr zu Recht hier als Thüringer Landtag auch schon eingefordert haben.
Frau Taubert, ich bin Ihnen sehr dankbar für den Hinweis auf den Artikel 6 - die Rechte und Pflichten der Eltern. Das muss zuallererst stehen, der Staat kann und soll immer dann intervenieren, wenn Eltern diese Rechte und Pflichten nicht wahrnehmen. Ich bin Ihnen auch sehr dankbar für den zweiten Hinweis, und das findet sich auch in Ihrem Gesetz wieder, die Berichtspflicht in den örtlichen Jugendhilfeausschüssen, im Landesjugendhilfeausschuss oder hier im Thüringer Landtag - auch das kann dazu beitragen, ein höheres Maß an Sensibilität für dieses Thema herbeizuführen und das wünschen wir uns. Über die Einrichtung der Servicestelle beim Land werden wir noch diskutieren können, ob das in dieser Form geschehen soll, wie es der Gesetzentwurf
der Landesregierung und auch Ihr Gesetzentwurf vorsieht, oder ob es so, wie es uns die Linkspartei vorschlägt, bei einer Universität oder bei einer ausgelagerten Stelle ist. Das ist mir an dieser Stelle zunächst, sage ich, auch egal. Es geht um die Qualität und es geht darum, wie wir die Eltern erreichen und wie wir sie auch beraten können.
Zu den Familienhebammen: Dazu muss ich sagen, entgegen dem, was in dem Gesetzentwurf suggeriert wird, das Land kümmert sich um diesen Bereich nur eingeschränkt, muss ich widersprechen, das ist nicht so. Wir haben zurzeit die Regelung, dass sowohl die Ausbildung der Familienhebammen als auch der Einsatz der Familienhebammen vom Land getragen und unterstützt wird, die Ausbildung komplett. Der Einsatz der Familienhebammen wird mit einem Zuschuss von 300 € monatlich unterstützt. Die Kommunen erhalten das Geld, um damit den Einsatz der örtlichen Familienhebammen zu unterstützen. Ich wünsche mir da wie Sie mehr. Wir werden Schritt für Schritt auch schauen, wie wir das ausbauen können, aber das setzt zunächst auch die Akzeptanz und die Umsetzung vor Ort voraus. Ich muss auch deutlich sagen, das setzt auch die Kooperation vor Ort voraus. In Erfurt - Herr Bärwolff, Sie wissen - erleben wir zurzeit, dass sich das schwierig gestaltet, um es mal vorsichtig zu sagen. Herzlich die Bitte, unsere Sozialdezernentin in der Stadt Erfurt könnte da ihren Beitrag leisten, die drei ausgebildeten Familienhebammen, die wir in Erfurt haben, tatsächlich auch zum Einsatz zu bringen. Da streitet man sich über Geld und über Einsatzzeiten hin und her. Fakt ist aber, dass die Hebammen, die wir ausgebildet haben, noch nicht zum Einsatz kommen. Da bitte ich Sie sehr herzlich, lassen Sie uns gemeinsam vor Ort darauf hinwirken, dass dieses wichtige Instrument auch genutzt werden kann.
Jetzt zu etwas, was auch im Gesetzentwurf mit der Beratungspflicht der Gesundheitsämter von Ihnen umschrieben wurde. Sie stellten auch in Ihrem Beitrag eben gerade die Pflicht der Gesundheitsämter in den Vordergrund oder die Aufgabe für die Gesundheitsämter in den Vordergrund. Da bin ich anderer Auffassung. Da bin ich deswegen anderer Auffassung, weil ich sage, wir müssen aufpassen, dass wir die Stellung des Jugendamtes nicht weiter schwächen. Ich weiß, dass die Jugendämter manchmal nicht hoch angesehen sind, wenn es um diese Themen geht. Gleichwohl haben die Jugendämter selbstverständlich den fachlichen Auftrag immer wieder. Wir haben im SGB VIII zu Recht die Zuordnung vorgenommen. Sie haben auch darauf hingewiesen, es ist auch bei mir angekommen; der Schutzauftrag gemäß VIII a, alles Aufträge, die sich an die örtlichen Jugendämter richten. Ich sage auch, die örtlichen Jugendämter haben die Hintergrundinformationen. Sie wissen um die soziale Situation in manchen Fa
milien, in manchen Problemfamilien, wo sie teilweise schon mit Geschwisterkindern zu tun hatten. Sie haben gleichzeitig auch die Instrumente an der Hand, Hilfen zur Erziehung zu vermitteln, auch zu finanzieren - selbstverständlich - und sie haben darüber hinaus auch mit dem allgemeinen sozialen Dienst Instrumente, erfahrene Mitarbeiter, die in diesem Bereich lange tätig sind. Deswegen setzen wir sehr stark auf die Verantwortung der Jugendämter. Aber ich weise auch darauf hin, im Gesetzentwurf der Landesregierung findet sich eine Formulierung, dass selbstverständlich die Gesundheitsämter in diesen Bereich einzubinden sind. Auch das deuten Sie in Ihrem Gesetzentwurf an, ohne allerdings konkret zu benennen, welches der beiden Ämter nun die abschließende Zuständigkeit haben soll. Herr Bärwolff hat zu Recht darauf hingewiesen, das ist eine Schwäche, wenn man es allein bei der kommunalen Zuständigkeit belässt, zu sagen, ob nun das Gesundheitsamt federführend ist oder das Jugendamt. In beiden Fällen sagen Sie, sollen beide Ämter die kompletten Datensätze bekommen. Das wird es in der praktischen Arbeit vor Ort nicht erleichtern. Deswegen plädiere ich sehr deutlich für die örtlichen Jugendämter.
Wir haben mit dem, was wir voriges Jahr im September als Beschlusse gefasst haben, die Landesregierung um einen konkreten Weg gebeten, sie dazu aufgefordert, die Vorsorgeuntersuchungen, den Ablauf der höheren Verbindlichkeit der Vorsorgeuntersuchungen nach einem konkreten Verfahren auf den Weg zu bringen. Das ist geschehen. Der Gesetzentwurf befindet sich in der Anhörung. Ich weiß, dass wir damals lange darüber diskutiert haben, wie das mit der Verbindlichkeit aussieht, das ist offensichtlich bis heute ein Problem. Ich höre bei der Linkspartei immer wieder heraus, wir wünschen uns eine solche Verbindlichkeit, dass die Vorsorgeuntersuchung tatsächlich zu 100 Prozent auch im schlimmsten Fall erzwungen werden kann. Ich lese im Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, dass Sie auch die Verbindlichkeit wollen, allerdings fehlen die Sanktionsmöglichkeiten. Der Gesetzentwurf der Landesregierung beschreitet an dieser Stelle einen Zwischenweg. Er sagt, die Sanktionsmöglichkeiten setzen dann an, wo wir die Eltern auch greifen können, wenn sie mehrmals ermahnt und auch beraten wurden durch die zentrale Stelle, wenn sie dann immer noch nicht reagieren, gibt es als Ultima Ratio auch die Möglichkeit, sie spätestens beim Bezug des Landeserziehungsgelds sehr nachdrücklich an ihre Pflicht zu erinnern. Herr Bärwolff, Sie wissen, wir haben, als wir im Ausschuss darüber gesprochen haben, festgestellt, Untersuchungen zur Pflicht zu machen, das geht aus verfassungsrechtlichen Bedenken nicht. Sie wissen aber auch, wir hatten immer viel Sympathie dafür, am Ende zu sagen, wir wollen eine nahezu 100-prozentige Quote. Ich bleibe aber dabei, was ich eingangs gesagt habe: Zunächst geht
es darum, die Zahl der Eltern, die momentan an den Vorsorgeuntersuchungen nicht teilnehmen, zu minimieren.
Zum Gesetzentwurf noch ein paar einzelne Anmerkungen; zu den Sanktionen hatte ich etwas gesagt. Frau Taubert, es ist mir schon aufgefallen, wenn man den Gesetzentwurf liest, dass er sich in vielen Punkten an den Gesetzentwurf der Landesregierung anlehnt, in vielen anderen Punkten dann aber an den Gesetzentwurf des Landes Rheinland-Pfalz. Da sind ganze Passagen aus dem Gesetzentwurf RheinlandPfalz wortgleich übernommen. An einigen Stellen muss man dann in der Tat auch genauer hinschauen, denn beim wortgleichen Übernehmen passt es manchmal nicht so ganz, nämlich dann, wenn Sie schreiben, dass die örtlichen Jugendämter in ihren Bezirken lokale Netzwerke einrichten sollen. Da habe ich mir schon die Frage gestellt, wo die Bezirke in Thüringen in den örtlichen Jugendämtern zu finden sind. Aber das werden wir im Ausschuss miteinander diskutieren können.
Nein, ich weiß schon, worauf es hinausläuft. Ich weiß auch, dass wir in dem Thüringer Ausführungsgesetz zum SGB VIII auch die Formulierung „Bezirke“ finden, aber das war, als wir 1990 das Ausführungsgesetz gestaltet haben. Das müssen wir ändern, weil es Bezirke nicht gibt. Wir haben keine Bezirke; auch nach der Gebietsreform, die DIE LINKE vielleicht anstrebt, werden wir keine Bezirke in Thüringen wiederfinden.
Ich hatte etwas zu der Frage der Datenübermittlung gesagt, was Sie auch in Ihrem Gesetzentwurf beschreiben. Da muss ich schon sagen, die Beratung soll früher ansetzen, früher ansetzen als dann, wenn Eltern zweimal nicht zur Vorsorgeuntersuchung gegangen sind. Unser Auftrag an die Landesregierung war, dass die Beratung schon durch die zentrale Landesstelle vorgenommen wird, also sie den Eltern schon die Notwendigkeit, den Sinn und auch die Hilfe für ihre Kinder erklärt, wenn sie die Vorsorgeuntersuchung wahrnehmen. Deswegen halte ich das für zu spät, zu sagen, das sollen dann erst nach Ihrem Gesetzentwurf die Gesundheitsämter tun.
Ein zweiter Punkt ist folgender: Ich hatte gesagt, wir setzen sehr stark auf die Freiwilligkeit. Ich gehe davon aus, dass durch die Erinnerung der zentralen Stelle des Landes viele Eltern motiviert werden, die Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen, so dass sich die Zahl der Problemfälle, mit denen sich dann die Jugendämter intensiver beschäftigen müssen, in der Tat sehr stark minimieren wird. Das hat dann Auswirkungen, Frau Taubert, was Sie skizziert ha
ben, auf die Kosten, wo die Jugendämter selbstverständlich sagen, wir wollen von euch als Land eine Kostenbeteiligung, eine Kostenerstattung. Da müssen wir erst mal sehr genau wissen, um wie viele Fälle es tatsächlich geht. Wir hatten im Ausschuss gehört in Bezug auf das Saarland, um wie viele Fälle die sich dann tatsächlich vor Ort noch kümmern mussten. Da, glaube ich, haben wir Zeit bei der Ausschussberatung, dieses auch noch mal konkreter zu beleuchten.
Ich möchte vielleicht zum Abschluss eines anmerken und das soll im Zentrum auch der Bemühungen aller drei Fraktionen stehen: Ziel muss es sein, die aufsuchenden Hilfen zu stärken - das haben Sie völlig richtig gesagt - und jungen Eltern Hilfeangebote zu unterbreiten. Wir haben ein dichtes Netz, wir haben ein hervorragendes Netz, was die Kinderschutzdienste im Freistaat Thüringen angeht. Entgegen dem, was wir hin und wieder auch hier von diesem Pult aus schon mal diskutiert haben, ist dieses Netz so dicht, dass es Hilfeangebote vorhält, ausreichend vorhält. Allerdings leben auch die Kinderschutzdienste davon, dass tatsächlich die Problemfälle ihnen rechtzeitig bekannt werden, die Eltern auf die Hilfemöglichkeiten aufmerksam gemacht werden. Vor diesem Hintergrund bekräftigen wir das, was wir der Landesregierung im letzten Jahr auf den Weg gegeben haben. Wir wollen, dass das Maßnahmebündel der Landesregierung verstetigt wird. Wir wollen eine gesetzliche Regelung für die höhere Verbindlichkeit der Vorsorgeuntersuchungen. Wir haben gehört, dass wir im Juni den Gesetzentwurf der Landesregierung hier im Hohen Haus auf den Tisch bekommen werden. Wir werden ihn gemeinsam mit dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion sicherlich im Sozialausschuss diskutieren können. Ich möchte deswegen für die CDU-Fraktion erklären, selbstverständlich stimmen wir der Beratung im Sozialausschuss als federführendem Ausschuss fortführend zu. Danach werden wir erst darüber entscheiden können, ob wir dem Gesetzentwurf zustimmen, Frau Taubert. Darüber hinaus, da es sich aber um den Gesetzentwurf einer Fraktion handelt und ich eben auch auf zwei, drei Lücken in den Formulierungen aufmerksam gemacht habe, schlage ich auch vor, dass er an den Justizausschuss des Thüringer Landtags überwiesen wird. Ich sehe interessiert dem Fortgang der Beratung entgegen. Vielen Dank.
Vielen Dank. Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, es ist vieles gesagt, woran ich nahtlos anknüpfen kann, insbesondere von meinen beiden Vorrednern, Frau Kollegin Taubert und Herrn Kollegen Panse. Aber Sie haben natürlich auch das Recht, darauf die Position der Landesregierung noch einmal eigens zu hören. Deswegen beginne auch ich mit dem Bekenntnis für die Landesregierung, dass der Schutz der Kinder und Jugendlichen eines der wichtigsten Aufgaben von Politik und Gesellschaft und von daher auch ein ganz wichtiger Schwerpunkt der Thüringer Landesregierung ist. Ich danke Frau Kollegin Taubert und auch Herrn Kollegen Panse ausdrücklich für die auch abgewogenen und sehr angemessenen Worte, mit denen von Ihnen, Frau Taubert, der Gesetzentwurf hier auch vorgestellt worden ist. Und den Dank auch an all diejenigen, die sich auch jetzt und in der vergangenen Zeit sehr, sehr intensiv eingesetzt haben zum Wohle und Schutz der Kinder vor Ort, ob in den Jugend- und Gesundheitsämtern, ob durch Institutionen und Verbände, ob als Einzelpersonen, als Nachbarn, Freunde, Bekannte, aber eben auch von den Stiftungen. Ich erinnere an die Hilfe für Schwangere in Not oder auch unsere Stiftung „FamilienSinn“, diesem Dank kann ich mich nur anschließen.
Auch die Landesregierung hat seit den letzten Debatten, die wir darüber geführt haben, inzwischen einige Akzente sehr deutlich verstärkt. Wir haben die Haushaltsmittel für den Kinderschutz erhöht. Es wurden Kinderschutzdienste eingerichtet und Familienhebammen ausgebildet. Wir haben die Öffentlichkeit unter dem Motto „Thüringen sagt Ja zu Kindern“ erfolgreich aufmerksam machen können und es ist ein 19-Punkte-Kinderschutzprogramm umgesetzt. Jetzt geht es darum, nach alldem, was auch ganz praktisch und ganz empirisch läuft, die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Kinderschutz in der Tat in Thüringen zu stärken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, Kinder sind unser wertvollstes Gut. Wir müssen alles dafür tun, ihre Entwicklung zu fördern, sie umfassend zu schützen und ihre Position in der Gesellschaft zu stärken. Die Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern hängen letztlich entscheidend davon ab, wie sie heranwachsen, ob in liebevoller oder eben - leider, auch das kommt ja immer wieder vor - in gewalttätiger Umgebung. Deshalb müssen wir den Blick noch schärfer auf die Bedingungen richten, unter denen Kinder aufwachsen. Die weit überwiegende Zahl der Kinder wächst zum Glück in einer liebevollen Obhut ihres Elternhauses und in einer liebevoll gepflegten Umgebung auf. Die meisten Eltern sind sich dabei auch ihrer Verantwortung
bewusst und wollen das Beste für die Zukunft ihrer Kinder. Aber es gibt auch - darauf haben die Vorredner schon hingewiesen - leider auch bei uns in Thüringen - immer wieder Fälle, in denen Eltern ihrem Erziehungsauftrag nicht nachkommen, dem nicht gewachsen sind und trotz aller guten Vorsätze vielleicht manchmal dann doch überfordert sind und Gewalt anwenden. Die furchtbaren Fälle der letzten Jahre, nicht zuletzt auch tragischerweise ganz in der Nähe dieses Landtagsgebäudes - auch daran muss ich erinnern in diesem Zusammenhang -, machen uns alle tief betroffen. Sie haben schmerzlich vor Augen geführt, dass unser staatlicher Jugendschutz nicht lückenlos ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, wenn ich mir den Antrag der SPD-Fraktion und den in Arbeit befindlichen Gesetzentwurf der Landesregierung ansehe - wir sind ja jetzt zwischen 1. und 2. Kabinettsdurchgang und wollen in der Tat im Juli dann auch mit unserem, wie das bei der Landesregierung üblich ist, bereits angehörten Gesetzentwurf ins Plenum kommen -, wenn ich mir also beide Gesetzentwürfe ansehen, dann stelle ich fest, dass wir gerade in diesen Fragen weitestgehend Konsens, nicht nur in den Zielen, sondern auch in den Wegen haben, also beides: Ziele und Wege. Deswegen glaube ich schon, dass wir uns gut aufeinanderzu bewegen können, weil es um die Kinder geht, weil es darum geht, die Kinder zu schützen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, eine besonders wichtige Frage im Zusammenhang - und auch darauf ist schon hingewiesen worden in der Debatte - ist der verbesserte Kinderschutz im Blick auf die Teilnahme an den Vorsorgeuntersuchungen.
Seit vielen Jahren fordern die Gesundheitsminister der Länder eine stärkere Verbindlichkeit dieser Untersuchungen. In diesem Zusammenhang begrüße ich auch die jüngsten Entscheidungen der Bundesregierung ausdrücklich. Die meisten Eltern, auch bei uns in Thüringen, nehmen die Vorsorgeangebote für ihre Kinder ja auch in Anspruch. Nach aktuellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts nehmen zwischen 92 und 95 Prozent aller Kinder an den Früherkennungsuntersuchungen teil. Die Nichtteilnahme an diesen Untersuchungen, wenn sie vorkommt, ist zumeist in der Tat, auch das wurde gesagt, auf Vergesslichkeit oder auch andere Faktoren zurückzuführen, kann aber eben auch im schlimmsten Fall ein Indiz für Vernachlässigung oder Misshandlung sein. Deshalb wollen wir, dass jedes Kind an den Vorsorgeuntersuchungen teilnimmt. Es darf uns kein Kind verloren gehen. Wir wollen deshalb möglichst schnell ein verbindliches Einladungswesen mit kontrollierenden Rückmeldungen in Thüringen einführen. Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion stellt von
daher, so betrachtet, ja auch eine Bestätigung der Bemühungen der Landesregierung auf diesem Feld dar. Der Gesetzentwurf der Landesregierung, ich sagte es bereits, befindet sich derzeit in der Anhörungsphase zwischen 1. und 2. Kabinettsdurchgang, in dem es ja auch diese sogenannte Rechtsförmlichkeitsprüfung gibt.
Gestatten Sie mir einige Worte jetzt noch einmal zu einzelnen Regelungen im Gesetzentwurf der SPD-Fraktion aus Sicht der Landesregierung. Eine Detailfrage besteht in der Tat darin, wer nach einer versäumten Untersuchung vor Ort in der Kommune zuständig für weitere Maßnahmen ist, das Jugendamt oder das Gesundheitsamt oder eben beide. Im Gesetzentwurf der SPD-Fraktion werden Jugendamt und Gesundheitsamt als gleichwertige Alternativen nebeneinandergestellt und die Entscheidung der kreisfreien Stadt bzw. dem Landkreis überlassen. Aber auch nach dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion werden alle Daten an die Jugendämter weitergeleitet, egal, wer intern als zuständige Stelle bestimmt wird und das ja auch aus guten Gründen, da gebe ich Ihnen ausdrücklich Recht. Die Landesregierung geht an dieser Stelle aber dann doch noch einen Schritt weiter - und darüber werden wir zu diskutieren haben - und benennt das Jugendamt als unmittelbaren Ansprechpartner für das geplante Vorsorgezentrum für Kinder. Im Jugendamt laufen alle Hinweise auf soziale Belastungen zusammen. Das Jugendamt kennt, wenn Sie so wollen, seine Problemfamilien. Im Gesundheitsamt hingegen ist die soziale Anamnese eines Kindes bzw. die soziale Problemlage einer Familie in der Regel nicht bekannt, so dass der derzeitige Gesetzentwurf der SPD dazu führen könnte - darüber müssen wir eben diskutieren -, dass Zeit für ein rechtzeitiges Eingreifen vielleicht verloren gehen könnte. Zudem kann das Gesundheitsamt die für die Durchführung der Früherkennungsuntersuchungen gemäß den Kinderrichtlinien definierten Voraussetzungen so nicht vorhalten. Ich will an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass das Jugendamt bei Bedarf seinerseits die ärztliche Kompetenz des Gesundheitsamtes ohnehin jederzeit einholen kann. Der Gesetzentwurf der Landesregierung zielt ausdrücklich auf die Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Gesundheitshilfe ab.
Meine sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, ein weiterer wichtiger Punkt, in dem die Gesetzentwürfe der SPD-Fraktion und der Landesregierung übereinstimmen, sind die vorgesehenen Regelungen zu den frühen Hilfen. Das gilt z.B. auch für die Höhe der vorgesehenen Landesförderung in Höhe von insgesamt 690.000 € und dies gilt auch für den Einsatz von Familienhebammen, auch wenn Artikel 3 des Gesetzentwurfs der Landesregierung nicht ausdrücklich Bezug auf die Familienhebammen nimmt, ist natürlich auch nach Artikel 3 die Finan
zierung von Familienhebammen im Rahmen ihres Einsatzes durch das Jugendamt möglich. Die gesetzliche Verankerung der Tätigkeit der Familienhebammen und die Bezuschussung ihres Einsatzes begrüße ich ausdrücklich. Eine Regelung in der darüber hinausgehenden Form sollten wir in der Tat sorgfältig diskutieren. Auf jeden Fall aber sollten wir uns für die konkrete Regelung des entsprechenden Weiterbildungsbedarfes der Familienhebammen einsetzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, neben einer breiten Übereinstimmung beider Gesetzentwürfe gibt es aber auch einige Unterschiede im Detail. Ablehnen muss ich z.B. die gemäß § 4 des Gesetzentwurfs der SPD-Fraktion geregelte Institutionalisierung der regionalen Zusammenarbeit durch Einrichtung regionaler Netzwerke, die regionalen Netzwerke, aber deren Vorschrift per Gesetz, also diese Institutionalisierung. Denn ich bin der Auffassung, dass diese Regelung der Zusammenarbeit in der Region vielleicht zu bürokratisch werden könnte und auch von der kommunalen Selbstverwaltung kritisch gesehen werden dürfte. Die Zusammenarbeit vor Ort kann meines Erachtens auch durch flexible Kooperationsvereinbarungen geschehen, die die örtlichen Gegebenheiten bestmöglich berücksichtigen können. Aber ich denke, auch das ist eine Frage, bei der man im Ausschuss einfach auf die konkreten Erfahrungen vor Ort noch einmal eingehen sollte und auch die kommunalen Erfahrungsträger dann natürlich auch zu Wort kommen lassen muss. Wir sollten - aus meiner Sicht jedenfalls - den Entscheidungsspielraum hier in den Kommunen belassen, denn auch dort ist es Ziel, natürlich bestmöglich nach den jeweiligen Gegebenheiten den Kindern zu helfen. Für das zweite Halbjahr 2008 ist der Abschluss einer Empfehlung zwischen der Landesregierung, den kommunalen Spitzenverbänden und der Landesärztekammer in Thüringen zur Verbesserung beim Kinderschutz ohnehin geplant. Ich denke, auch da können noch einmal Überlegungen, die dafür wichtig sind, einfließen. Die konkrete Umsetzung derartiger Empfehlungen muss immer bedarfsgerecht erfolgen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich denke, diese jetzt wenigen im Detail angesprochenen Dinge belegen aber, dass es bei der grundsätzlichen Übereinstimmung in den Zielen und Wegen bleibt, wir dann auf dieser Basis über einige Details nochmals in aller Sachlichkeit reden und auch wirklich diesem Ziel, was uns alle leitet, nämlich mit Blick auf den Kinderschutz das Bestmögliche gemeinsam zu erreichen, insgesamt nachgehen. Denn es ist entscheidend, die funktionierenden Angebote im Blick auf die Hilfe tatsächlich noch besser aufeinander abzustimmen, Eltern die frühe Hilfe zu geben, die sie brauchen, am besten schon in der
Schwangerschaft, damit Überforderung gar nicht erst entstehen kann und dann natürlich auch die Erziehungskompetenzen zu stärken. All das muss zusammenkommen, all das wollen wir tun und darüber sollten wir auch gemeinsam beraten. Ich denke, die empfohlene Ausschussüberweisung ist das, was auch von der Landesregierung an dieser Stelle zum weiteren Fortgang der Gesetzesberatung empfohlen werden sollte. In diesem Sinne vielen Dank und dann alles Weitere im Ausschuss.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit beende ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden, einmal die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Wer für die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit? Keine Gegenstimme. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung, keine Gegenstimme, damit ist der Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit einstimmig zugestimmt worden.
Es ist beantragt worden die Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diese Überweisung, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung, keine Gegenstimme, damit ist auch der Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europangelegenheiten einstimmig zugestimmt worden. Wir stimmen jetzt ab über die Federführung. Ich schlage vor, dass der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit die Federführung übernimmt. Wer ist für die Federführung, den bitte ich um das Handzeichen. Wer ist gegen die Federführung? Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung, keine Gegenstimme, damit behandelt der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit dieses Gesetz federführend.
a) Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/4151 - ERSTE BERATUNG
b) Neuntes Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetenge- gesetzes Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/4152 - ERSTE BERATUNG
Wünscht die Fraktion DIE LINKE das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die gemeinsame Aussprache und erteile das Wort Abgeordneten Höhn, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein immer wiederkehrendes Ereignis im Thüringer Landtag - genauso wie das immer wiederkehrende Ereignis der Jahreszeiten - ereilt uns die Debatte um die Entschädigung der Abgeordneten des Thüringer Landtags auf Antrag der Fraktion der Linkspartei, so natürlich auch in diesem Jahr. Ausgelöst wurde es ganz offensichtlich - es ist jedenfalls meine Interpretation, weil es ja sogar an einer Begründung für diese beiden Gesetzentwürfe seitens der Linkspartei mangelte -, zumindest glauben wir, dass man die Debatte im Deutschen Bundestag zum Anlass genommen haben könnte, als dort über die Diätenerhöhung für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages diskutiert worden ist.
Zur Erinnerung: Was hat das Ganze ausgelöst? Im Herbst letzten Jahres hat der Deutsche Bundestag Überlegungen angestellt, wie die Entschädigung der Abgeordneten einem Maßstab zu unterziehen sei. Man hat nach langen Verhandlungen zwischen den Fraktionen einen Maßstab gefunden und hat beschlossen, die Diäten des Deutschen Bundestages an die Richterbesoldung R 1 anzukoppeln, das heißt, wie die sogenannten einfachen Bundesrichter sollten nun auch die Abgeordneten des Bundestages entschädigt werden. Die Debatte, die uns nun vor wenigen Tagen oder vor wenigen Wochen begleitet hat, die hatte zur Folge, dass im Bereich des öffentlichen Dienstes - Richter unterliegen dem öffentlichen Dienst, der Besoldung des öffentlichen Dienstes - nun eine Erhöhung anstand. So war es fast - möge man meinen, ich betone ausdrücklich fast - eine logische Folge, dass natürlich auch, wenn man den Maßstab öffentlicher Dienst nimmt, eine Erhöhung anstand. Dass dies von den Fraktionen des Deutschen Bundestages wieder zurückgenommen worden ist, begrüße ich ausdrücklich, weil es in der Tat nicht zu vermitteln gewesen ist, innerhalb eines halben Jahres zweimal dieses Thema so zu diskutieren, dass bei der Bevölkerung der Eindruck entstehen musste, dass es den Abgeordneten wirklich im wahrsten Sinne des Wortes um sie selbst ging. Das nun zum Anlass zu nehmen, eine Regelung, die
der Thüringer Landtag seit 1994 in der Verfassung - ich darf erinnern, die Verfassung wurde durch Volksentscheid 1994 in Kraft gesetzt - zu kritisieren, und zwar fortwährend zu kritisieren, möchte ich an dieser Stelle namens meiner Fraktion ausdrücklich zurückweisen und will das auch gern begründen.
Ich habe vorhin davon gesprochen, dass der Bundestag nach vielen Jahren Debatte sich bemüht hat, einen Maßstab für die Entschädigung der Abgeordneten zu finden. Dieser Maßstab steht, wie gesagt, seit 1994 in der Thüringer Verfassung. Es ist der Einkommensindex oder Einkommensdurchschnitt aller abhängig Beschäftigten des Freistaats Thüringen. Dieser Index wird vom Statistischen Landesamt festgestellt; er beträgt beispielsweise für das letzte Jahr als Grundlage für eine Veränderung der Abgeordnetenentschädigung 1,2 Prozent. Wie gesagt, das ist der Durchschnitt aller abhängig Beschäftigten in Thüringen. Der Wille des Gesetzgebers und offensichtlich auch der Thüringerinnen und Thüringer 1994 war, genau diese Entwicklung auch der Entwicklung der Entschädigung der Abgeordneten anzugleichen. Das ist eine ausdrücklich aus unserer Sicht gute Regelung, die wirklich einen adäquaten Querschnitt bietet, um auch die Arbeit der Abgeordneten entsprechend zu vergüten.
Und nun haben in den letzten Jahren - und das ist das Interessante an dieser Entwicklung - einige Bundesländer ihr System zum Anlass genommen, um ihre Entschädigungen der Abgeordneten Veränderungen zu unterziehen. Das ist auf durchaus unterschiedliche Weise geschehen. In den Ländern Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein hat man ein völlig neues System der Abgeordnetenentschädigung gefunden, frei von sogenannten pauschalisierten Leistungen zur Erfüllung des Mandats. Zu diesem Thema hatten wir hier im Thüringer Landtag im letzten Jahr eine Anhörung, die ganz deutlich zu Tage gebracht hat, dass das System, wie wir es hier im Thüringer Landtag praktizieren, mit einer Grundentschädigung für die Abgeordneten und für die mandatsbedingten Aufwendungen mit pauschalierten Leistungen ausdrücklich als angemessen bezeichnet worden ist von - ich betone das ausdrücklich - fast allen Experten, die damals angehört worden sind. Ich habe, und das möchte ich den Kolleginnen und Kollegen der Linkspartei durchaus einmal auch ans Herz legen, es ist noch gar nicht lange her, vielleicht vor einer knappen halben Stunde mit meinem Kollegen Parlamentarischen Geschäftsführer aus dem Land Brandenburg gesprochen. Brandenburg hat im letzten Jahr etwas gemacht, was in Thüringen seit 1994 Gesetzeskraft hat; sie haben ebenfalls die sogenannte Indexregelung als Grundlage für ihre Abge
ordnetenentschädigung beschlossen, und zwar auf folgende Weise: Dort hat es Gespräche zwischen den drei Fraktionen SPD, CDU und Linkspartei gegeben und die drei Parteien haben sich auf dieses Modell verständigt. Sie haben einen gemeinsamen Gesetzentwurf eingebracht, sie haben das gemeinsam der Öffentlichkeit vorgestellt, sie haben es gemeinsam gegenüber der Öffentlichkeit gerechtfertigt und letztendlich auch gemeinsam in Kraft gesetzt. Seitdem gilt in Brandenburg exakt die gleiche Regelung für die Abgeordnetenentschädigung wie in Thüringen. Ebenfalls könnten Sie den Blick nach Mecklenburg-Vorpommern wenden, wo auch Ihre Kollegen, meine Damen und Herren von der Linkspartei, sich einem solchen System nicht verschlossen haben. Deswegen verstehe ich Ihren Populismus an dieser Stelle wirklich nicht,