Protocol of the Session on April 11, 2008

Im Übrigen, seit 80 Jahren ist das so, Frau Taubert, das ist nichts Neues. Ich will an dieser Stelle den Kassenärztlichen Vereinigungen ausdrücklich attestieren, dass sie dieser Verantwortung in hohem Maße und in vielfältiger Weise auch gerecht werden. Ich will nur ein herausragendes Beispiel hier zitieren, das ist ein bundesweit viel beachtetes Modell Ohrdruf. Dort hat die Kassenärztliche Vereinigung beispielsweise eine eigene Einrichtung eröffnet. Das hat zwar eine Weile gedauert, bis das angenommen worden ist, aber sie ist jetzt belegt. Es ist eine weitere Mietpraxis in Gotha geplant. Sie soll am 5. Mai 2008 eröffnet werden.

Ich will auch noch einmal etwas zum Ärztehonorar sagen. Das hat ja auch Kollegin Dr. Fuchs, glaube ich, richtigerweise hier angesprochen. Es ist völlig klar, dass auch hier die Regelungskompetenz eindeutig beim Bund liegt. Und Sie wissen auch, dass die Ärztehonorare hier im Durchschnitt bei ca. 78 Prozent des Westniveaus liegen. Eine Anfrage im Bund hat zwar ergeben, dass der Staatssekretär Schröder, der Ihnen ja allen noch bekannt ist, gesagt hat, dass die Honorare im Durchschnitt bei 96 Prozent zum Westkollegen liegen würden, aber in der Antwort war nicht gesagt worden, dass sie mindestens 130 Prozent dafür arbeiten müssen, um auf so etwas in einer solchen Größe zu kommen. Also, die Ärztehonorare

können nur durch bundesrechtliche Regelungen geändert werden. Hier hat Thüringen überhaupt keine Steuerungsmöglichkeiten. Wir haben uns natürlich in der Vergangenheit erheblich auch mit Bundesratsinitiativen für eine Angleichung der Ärztehonorare Ost und West eingesetzt, leider nur mit begrenztem Erfolg. Genau hier, Frau Taubert, da habe ich mich auch wirklich geärgert, hätte ich mir Unterstützung von Ihnen gewünscht, dass Sie auch in Richtung Bundesministerin ein deutliches Wort gefunden hätten, aber hier habe ich von Ihnen zumindest öffentlich nichts gehört.

Ich denke, ich sage es noch mal an Sie, Herr Matschie - Sie sind nicht da, aber es kann Ihnen ja gesagt werden -, gerade jetzt, wo es um die Diskussion um den Gesundheitsfonds geht, wenn das stimmt, was in den letzten Tagen bekannt geworden ist, dass nämlich unsere Beitragszahler 229 Mio. € mehr in diesen Fonds einzahlen müssen, aber die Begrenzungsregelung dann leider dazu führt, dass wir 129 Mio. € Miese dabei machen, dann kann das nicht gerade dazu führen, dass wir unseren Ärzten ein höheres Honorar geben können. Dann ist natürlich ein Riesenloch in unseren Kassen vorhanden. Da, denke ich, ist es unbedingt notwendig, dass endlich valide Zahlen auf den Tisch kommen, damit wir wissen, mit welchen Zahlen wir rechnen können. Das ist bis jetzt leider nicht geschehen, vielleicht haben Sie Verbindungen und können diese Zahlen auch für Thüringen zur Verfügung stellen.

Es ist doch völlig klar, dass das Ärztehonorar ein deutlicher Standortnachteil ist. Wenn Sie als Arzt sich 50 km weiter westlich - sagen wir mal - von Eisenach aus niederlassen und dort erwarten können, dass Sie Ihre Verbindlichkeiten gegenüber den Banken doppelt so schnell los sind, dann ist doch völlig klar, wie die Entscheidung ist. Dann entsteht das, was wir erleben können, dass in grenznahen Bereichen die frei werdenden Praxen von ostdeutschen Ärzten belegt werden und hier die Praxen leider nicht nachbesetzt werden können.

Wir haben uns über mehrere Schreiben, auch gemeinsam mit allen jungen Ländern - denn es ist kein Thüringer Problem -, am 25. und 26. Januar bzw. auch mit direkten Gesprächen an Ulla Schmidt gewandt. Ich bin zumindest froh, dass Ulla Schmidt sagt: Ja, es gibt einen Ärztemangel. Vor einigen Jahren, als ich angefangen habe hier im Ressort, hat Frau Schmidt das immer noch bestritten. Jetzt hat sie wenigstens gesagt, ja, es gibt einen Ärztemangel und sie wollen auch dagegen angehen, aber ich habe bisher noch keine Instrumente gefunden. Gerade das Wichtigste, nämlich auch über die Honorarsituation, ist uns immer abgelehnt worden. Deshalb ärgere ich mich über diesen Antrag, wo Sie einfach eine Menge von Berichten fordern. Über dieses Stadium sind wir

doch längst hinaus. Wir brauchen die Daten nicht mehr zu sammeln. Wir wissen, was auf uns zukommt, und deswegen müssen wir endlich handeln, dort wo wir handeln können. Die Landesregierung unternimmt ja alles das, was in unserer Situation auch möglich ist, um uns entsprechend einzubringen.

Ich will nur auf einiges hinweisen. Wir sind z.B., so wie Sie vorhin gefordert haben, im regelmäßigen Dialog mit der Kassenärztlichen Vereinigung. Das findet bereits statt. Außerdem, das freut mich ja besonders, sind uns in der jüngsten Vergangenheit auch einige Erfolge in der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung über Bundesratsinitiativen gelungen. Wir haben ermöglicht, dass die Sicherstellungszuschläge nunmehr nicht von den Kassenärztlichen Vereinigungen zu 50 Prozent mitgetragen werden müssen, sondern wenn Sicherstellungszuschläge bezahlt werden, dass das nicht aus dem Budget der Ärzte abgezwackt wird, sondern dass das auch eindeutig von den Kassen bezahlt wird und damit den Ärzten nicht verloren geht. Das war eine Initiative von Thüringen gemeinsam mit Sachsen und wir haben dort auch Mehrheiten erreicht. Es freut mich besonders, dass wir die Einrichtung eines Lehrstuhls für Allgemeinmedizin am Uniklinikum Jena erreichen konnten. Ich denke, damit haben wir auch eine langjährige Forderung der Experten erfüllen können.

Ein weiteres Stichwort sind die sogenannten Jobbörsen in Österreich, an denen sich Thüringen zur Werbung ärztlichen Nachwuchses seit mehreren Jahren beteiligt. Am 12. März dieses Jahres konnte ich in Wien eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen der österreichischen Ärztekammer und dem Thüringer Sozialministerium unterzeichnen. Ich denke, dieses Abkommen ist ein weiterer wesentlicher Umsetzungsschritt in der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in Thüringen. Ich will hier ein paar Zahlen nennen, Frau Taubert. Hatten wir im Jahr 2006 erst zwei Berufserlaubnisse und drei Approbationen aus Österreich, so waren es 2007 schon 24 Berufserlaubnisse und vier Approbationen, also in der Summe liegen wir bei 43 österreichischen Ärztinnen und Ärzten, die jetzt in Thüringen arbeiten. Ich bin sehr optimistisch, dass sich das in den nächsten Jahren auch noch steigern lässt, denn in Österreich ist die umgekehrte Situation wie bei uns, dort gibt es zu viele ausgebildete Ärzte und warum sollen wir uns da nicht austauschen können?

Ich will also das Gleiche noch einmal empfehlen, was mein Kollege Gumprecht hier gesagt hat, ich denke, dieser Antrag sollte abgelehnt werden, er ist nicht fachgerecht. Danke schön.

(Beifall CDU)

Das Wort hat Abgeordnete Taubert, SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich will nur auf ganz wenige Punkte nochmals eingehen. Ich denke, was das Thema „Ärztemangel“ betrifft, müssen Sie sich einig werden mit Herrn Gumprecht. Er hat von keinem Ärztemangel gesprochen, Sie sprechen von Ärztemangel. Ich denke auch, Sie haben recht. Wir haben in Thüringen Ärztemangel -

(Zwischenruf Abg. Gumprecht, CDU: In 19 Bereichen in Thüringen.)

natürlich, wir haben in vielen Bereichen Ärztemangel, ich denke, das ist schon richtig.

Das Zweite, die Honorarsituation: Also, Herr Dr. Zeh, Sie wissen so gut wie ich und Sie praktizieren das in der Landesregierung auch so, dass man mit dem Bundesministerium nicht in der Öffentlichkeit kommuniziert, sondern auf anderem Wege, um das zu erreichen. Sie können sicher sein, dass auch die Thüringer SPD schon immer darauf gedrungen hat, dass die Honorarsituation in den neuen Bundesländern sich schneller angleicht, als das der Fall gewesen ist. Es sind ja die Kollegen Ihrer Fraktion, auch Ihrer Bundestagsfraktion und Ihrer befreundeten Bundestagsfraktion, der CSU, die das erfolgreich in den vergangenen Jahren verhindert haben.

(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Soziales, Familie und Gesundheit: Nein, nein, das ist Frau Schmidt gewesen, ganz persönlich. Ich habe einen Brief von ihr persönlich.)

Ja, ja, glauben Sie es, müssen Sie nicht. Ich glaube es nicht, also, ich habe es anders erlebt.

(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Sozia- les, Familie und Gesundheit: 700 Mio. € würden fehlen in dem Bereich.)

Ein Wort noch zum Gesundheitsfonds: Auch Thüringen hat dem Gesundheitsfonds zugestimmt. Jetzt Krokodilstränen darüber zu weinen und zu sagen, die anderen sind schuld, ich denke, das trifft nicht den Kern. Wir sollten gemeinsam versuchen, denn wir sitzen in einem Boot, dass wir für Thüringen endlich eine Finanzierung im Gesundheitswesen bekommen, die vergleichbar ist mit der der alten Bundesländer, um gerade Abwanderungen zu vermeiden. Da ist es nicht hilfreich, jetzt so zu tun, als ob man da nicht mitgewirkt hätte. Danke.

(Beifall SPD)

Bitte, Herr Minister Zeh.

Also, Frau Kollegin Taubert, ich sage Nein, das ist falsch, Frau Schmidt persönlich hat sich in dieser Frage uns gegenüber klar und deutlich positioniert, bevor wir überhaupt, unsere Kollegen der CSU, wie Sie eben gesagt haben, oder der CDU dazu eine Meinung haben konnten. Sie hat gesagt, dies ist aus jetziger und ihrer Sicht noch nicht zu schultern und hat uns vertröstet auf den Gesundheitsfonds.

Jetzt komme ich auf den Gesundheitsfonds: Wir haben „einem“ Gesundheitsfonds zugestimmt, aber nicht „dem“ Gesundheitsfonds, denn der Gesundheitsfonds im SGB V steht unter dem Vorbehalt einer Zustimmung im Bundesrat, die erst noch erfolgen muss. Wenn dieser Gesundheitsfonds, so wie er jetzt dasteht, realisiert werden soll, dann bekommt er keine Zustimmung von uns im Bundesrat,

(Beifall CDU)

denn dann gibt es eine deutliche Verschlechterung der Situation. Vielen Dank.

Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich beende die Aussprache. Es ist keine Ausschussüberweisung beantragt, damit kommen wir direkt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/3810.

Wer ist für diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 18

Verpflichtende Früherken- nungsuntersuchungen in Thüringen - Mütter- und Fa- milienberatung stärken, Ge- sundheitsschutz ausbauen Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/3812 -

Die Abgeordnete Dr. Fuchs möchte diesen Antrag einbringen, ich erteile ihr das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, seit 1990 haben sich die ordnungspolitischen und damit die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen erheblich verändert. Besonders einschneidende Veränderungen hat die Agenda 2010 gebracht. Mit ihr wurde das Sozialrecht insgesamt verändert. Mit der zunehmenden Individualisierung des Einzelnen verändern sich gesellschaftliche Wertorientierungen. Soziale Kompetenz geht zurück. So bedarf es zur Verbesserung des Schutzes von Kindern vor Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch verschiedener Lösungsansätze.

Während die Landesregierung bei der Förderung der Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen bei der U3 schwerpunktsetzend über die Jugendämter geht, wollen wir die Gesundheitsämter stärker in den Prozess des Frühwarnsystems einbeziehen, und das aus ihrer Bedeutung heraus mit ihrem qualifizierten Personal. Dazu ist es notwendig, die Verordnung über den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Aufgaben der Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten vom August 1990 in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Oktober 1998 zu ergänzen.

Meine Damen und Herren, warum sehen wir bei den Gesundheitsämtern einen guten Ansatz, um Mütter- und Familienberatung zu stärken und den Gesundheitsschutz für Mutter und Kind auszubauen? Es gibt sie noch flächendeckend, die Gesundheitsämter in Thüringen. Sie sind lokal und regional fest verankert. Es geht um aufsuchende Hilfe, um frühzeitige Hilfe für werdende Mütter, die risikobelastet sind. Ein aufsuchender Dienst wird laut Gebührenordnung für Familienhebammen nicht entsprechend vergütet.

Meine Damen und Herren, es geht letztlich auch um die Frage: Basiert der Schutz der gesunden Entwicklung der Kinder auf dem Prinzip der Freiwilligkeit oder auf dem Prinzip der Fürsorgepflicht des Staates? Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Abgeordnete Taubert, SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, liebe Kollegen von der Linksfraktion, ich verstehe ja durchaus die Botschaft Ihres Antrags. Er ist ja nun schon vom Februar,

leider ist er immer wieder verschoben worden - da können weder Sie noch wir was dafür, zumindest nicht mittelbar -, aber den Zeitpunkt, auch zum damaligen Zeitpunkt, das will ich also auf den Februar beziehen, den verstehe ich so ganz nicht. Wenn mehrfache Wiederholung den Lern- und Arbeitsprozess der Landesregierung beschleunigt, dann erkenne ich den Sinn und Zeitpunkt Ihres Antrags. Es freut mich auch, dass Sie im Februar 2008 die wesentlichen Inhalte des SPD-Antrags vom Januar 2007 - der war ja auch lange unterwegs - erneut aufgegriffen haben. Die Deckungsgleichheit ist auch durchaus beachtlich, also inhaltlich sind wir in gar keiner Weise auseinander. Allerdings ist dazwischen einiges geschehen und, ich denke, das sollte unsere Diskussion heute auch beeinflussen.

Ich will daran erinnern: Im vergangenen Jahr fand infolge unseres Antrags eine sehr differenzierte öffentliche Anhörung im Sozialausschuss statt, die war auch sehr kompetent besetzt. Im Ergebnis dieses Beratungsprozesses waren wir uns einig, zumindest hatten wir das so verstanden, dass es darum gehen muss, nicht nur die Verordnung der Gesundheitsämter zu verändern, sondern dass wir ein Kinderschutzgesetz brauchen. Seit Kurzem liegt uns ein Referentenentwurf der Landesregierung vor. Spätestens zu dem Zeitpunkt hätte ich jetzt gedacht, dass Sie Ihren Antrag zurückziehen und diese inhaltlichen Themen, die Sie ja auch zum Teil im Sozialausschuss schon in der Diskussion vorgebracht haben, in diese Gesetzesdiskussion mit einbringen.

Früherkennungsuntersuchungen sind in diesem Fall im Gesetzentwurf geregelt. Es ist eine Zusammenarbeitsverpflichtung von Gesundheitshilfe und Jugendhilfe formuliert. Uns ist das Gesetz, so wie es jetzt vorliegt, noch nicht ausreichend. Wir werden uns aber in der Diskussion dazu noch mal melden. Wenn Sie nun erneut dieses Thema aufgreifen von unserem Antrag im Januar 2007, dann führt das dazu, dass wir parallel nebeneinander diese Diskussion führen. Ich denke, das ist im Sinne des Kinderschutzes, im Sinne der Eltern, der werdenden Eltern nicht zielführend. Die Landesregierung - ich will kurz darauf eingehen, wo wir Veränderungen sehen - hat sich um eine Aufgabenkonkretisierung der Gesundheitsämter ein Stück weit herumgemogelt. Wir wissen auch, alles, was man den örtlichen Gesundheitsämtern aufgibt, muss man in irgendeiner Weise bezahlen. Das strikte Konnexitätsprinzip gilt auch hier. Die Jugendämter verfügen - das wissen Sie alle - nicht über Ärzte. Sie werden insbesondere bei der Gefährdung von Säuglingen und Kleinkindern genau diese ärztliche Kompetenz benötigen, um die Situation beurteilen zu können. Aus Kostengründen, denke ich mal, hatte die Landesregierung darauf verzichtet und sich mehr auf die Jugendämter gestützt. Aber der alleinige Rückgriff auf die Jugendämter - das

ist also eine Haushaltslogik - reicht überhaupt nicht aus. Ich hätte angenommen, dass wir nach den vielen Fällen - zu vielen Fällen - der Kindestötungen in Thüringen und auch aufgrund der parlamentarischen Beratung die Landesregierung ein für alle Mal in diese Richtung auch ein Stück weit aufgeklärt haben. Kinderschutz muss tabu sein für Jonglierereien im Haushalt.

(Beifall SPD)

Beim Kinderschutz kann es immer nur um mehr, aber nie um weniger Schutz gehen. Es setzt aber voraus, dass man die Kommunen und deren Jugend- und Gesundheitsämter sich nicht selbst überlässt, weder bei der Formulierung von Standards noch erst recht bei der Landesförderung. Nur dann sind Standards zu erfüllen und nur dann sind die immer wieder beschworenen Netzwerke auch funktionsfähig. Wer den Kindertagesstätten Jahr für Jahr 28 Mio. € Landesförderung entzieht, der baut Standards ab und schadet auch diesen Netzwerken, denn gerade die Kindereinrichtungen sind ein Kulminationspunkt, wo sehr früh erkannt wird, ob Kinder in irgendeiner Form geschlagen, misshandelt werden oder der Kinderschutz in anderer Weise verletzt wird.

Ich kann mich gut erinnern, warum und zu welchem Zeitpunkt die Standardabsenkung bei den Kinderschutzdiensten rückgängig gemacht wurde. Auch das hat uns in Thüringen nicht geholfen, den Kinderschutz zu verbessern.

Aber, um auf den Antrag zurückzukommen, ich bitte ganz einfach darum, dass wir diese Diskussion, die Sie mit Ihrem Antrag parallel zu den laufenden Diskussionen versuchen anzuschieben, mit im Sozialausschuss beraten, wenn wir nämlich den Referentenentwurf der Landesregierung und einen Gesetzentwurf von uns zum Thema „Kinderschutz“ gemeinsam beraten, denn dann sind bestimmte Themen, die Sie angesprochen haben, die wir ja inhaltlich teilen, auch in einer anderen Art und Weise einzubringen als im ÖGD. Wir hatten über das ÖGD schon einige Male hier im Plenum gesprochen. Keiner will diese Verordnung, die die sogenannte de-MaizièreVerordnung ist und als Gesetz bei uns in Thüringen gilt, in irgendeiner Form angehen, weder die Kommunen noch die Landesregierung. Das war damals schon klar gewesen und deswegen wäre es hilfreicher, wenn wir in einem Kinderschutzgesetz diese Themen aufgreifen und dann auch mit großer Mehrheit hier beschließen können. Danke.

(Beifall SPD)

Das Wort hat Abgeordneter Bärwolff, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Antrag „Verpflichtende Früherkennungsuntersuchungen in Thüringen - Mütter- und Familienberatung stärken, Gesundheitsschutz ausbauen“ der Fraktion DIE LINKE versteht sich nicht als allein selig machender Antrag, sondern, wie Sie das auch schon erkannt haben, wir wollen in die Diskussion um den Kinderschutz eingreifen. Wir wollen die Diskussion um den Kinderschutz auch mit den Ergebnissen, die wir aus Gesprächen mit Fachexperten usw. gehabt haben, bereichern und auf ein paar Lücken aufmerksam machen, die wir durchaus in der Diskussion um den Kinderschutz gefunden haben. Die Kritik, beispielsweise der Landesärztekammer, dort stellvertretend auch Dr. Eulitz, der den Arbeitskreis „Gewalt gegen Kinder“ leitet, richtet sich dagegen, dass die Maßnahmen des 19-Punkte-Katalogs zwar gut und schön sind, auch sehr wichtig sind, dass aber eine strukturelle Vernetzung zwischen dem, was durch das Jugendamt stattfindet und dem, was im Gesundheitsamt und in anderen Ämtern stattfindet, weitgehend fehlt. Wir als LINKE sind überzeugt, dass verbindliche Regelungen zu den Vorsorgeuntersuchungen dringend geboten sind, auch wenn man sich trefflich über die Art und Weise streiten kann.

(Beifall DIE LINKE)

Und genau hier gilt es anzusetzen. Mit dem Antrag, den DIE LINKE vorlegt, wollen wir die Zusammenarbeit verfestigen und so versuchen, die durchaus vorhandenen Lücken im Kinderschutz zu schließen. Auch das von Ihnen vorgelegte Kinderschutzgesetz wird diesem Anspruch leider nicht gerecht, weshalb wir diesen Antrag hier aufrechterhalten. Ich erinnere daran, dass sich Ihr Gesetz ausschließlich auf das SGB VIII und SGB V konzentriert, die ÖGD-Verordnung allerdings Landesrecht ist, was uns eigentlich eigene Regelungskompetenzen ermöglicht. Als Anknüpfungspunkt nehmen wir - wie besprochen - hierbei den öffentlichen Gesundheitsdienst, an den eine Mütter- und Familienberatung angesiedelt wird oder, soweit sie vorhanden ist, ausgebaut werden soll. Dort soll niedrigschwellige Hilfe sowie aufsuchende Arbeit geleistet werden, die gemeinsam mit den Familienhebammen und in Kooperation mit dem Jugendamt den Kinderschutz auch gerade für die unter dreijährigen Kinder ausbauen sollen. Daneben wollen wir mit unserem Antrag erreichen, dass eine verbindliche Zusammenarbeit zwischen den jeweiligen Ämtern geregelt wird. Damit eine umfassende Kooperation gewährleistet werden kann, müssen