Protocol of the Session on April 11, 2008

Ich bin jetzt nicht auf die Ärzte gekommen. Wir haben jetzt vom Thüringer Krankenhausplan gesprochen. Und da müssten Sie wissen, hier geht es um die...

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Wer sind da die Haifische?)

Die Haifische, das ist einfach die Lobby. Das können die Pharmaunternehmen sein, das können die Krankenhausträger, die Privaten sein, das können auch da und dort die Ärzte sein, das können auch bei bestimmten Anschauungen die Krankenkassen sein, das kann dann auch wieder irgendwo ein politisches Interesse sein. Ich fühle mich auch als Lobby für den Kampf des Erhalts der solidarischen gemeinschaftlichen Krankenversicherung.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist immer eine Frage, es muss nicht immer negativ sein. Aber bezüglich des 6. Krankenhausplans versteht, glaube ich, der Minister Zeh diesen Vergleich. Sie können mir ruhig mal zunicken.

Abschließend ein paar Sätze zur Nachwuchsgewinnung von Ärzten generell. Da sage ich Ihnen ehrlich, ich sehe keine positive Entwicklung für unsere Zukunft. Da, meine sehr geehrten Damen und Herren, beziehe ich mich mit meinen letzten Aussagen auf einen Allgemeinmediziner mit einer gut gehenden Hausarztpraxis, und zwar aus Oberbayern. Außerdem ist er Kreisrat der CSU und wie er schreibt, pflegt er weder linkspolitische noch revolutionäre Gedanken. Er fragt sich besorgt, ich zitiere: „Warum niedergelassene Ärzte, Hausärzte und Fachärzte aussterben sollen“. Die Antwort gibt er selbst: „In den letzten Jahren entstanden große Klinikketten, die 2007 zusammen“ - hören Sie bitte hin, weil Sie heute früh von Geld geredet haben - „mehrere Milliarden Euro Gewinn erzielt haben“. Wenn wir die in unserem System hätten, dann würden wir über manches nicht streiten. Die Schuldenlast der Kommunen zwingt diese, ihre sowieso nur noch wenig besitzenden Krankenhäuser zu verkaufen. Über Personalreduzierung, Ausstieg aus dem Tarifvertrag und zentralisierten Einkauf für Verbrauchsmaterialien - Labor etc. - lassen sich erste Gewinne erzielen. „Doch was geschieht mit den niedergelassenen Ärzten bis 2020?“, fragt der Arzt. Seine Antwort: „Die werden einfach aussterben.“ Die Ursache ist leicht erklärt. Auch im ambulanten Sektor ist die Honorierung so schlecht geworden, dass sich für einen jungen Arzt das Risiko in die Selbstständigkeit einfach nicht mehr lohnt. Er schlussfolgert: „Anlie

gen der Gesundheitsreform der letzten Jahre war, die Bevölkerung auf komplette Privatisierung der gesamten Gesundheitsversorgung vorzubereiten. Da Arztsitze nicht mehr oder kaum besetzt werden, kaufen Krankenhauskonzerne sie inzwischen auf.“ So eine Entwicklung haben wir auch schon hier in Thüringen. „Somit wird das Monopol der Gesundheitsversorgung einer ganzen Region in den Händen eines einzelnen Privatunternehmens liegen.“ Diesen Äußerungen eines jungen Arztes - ich betone, Mitglied der CSU - ist nichts mehr hinzuzufügen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Das Wort hat Abgeordnete Taubert, SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, alle reden darüber und viele machen mit. Noch immer aber sind die Aktivitäten nur teilweise koordiniert und helfen nur partiell. Deshalb hält es die SPD-Fraktion für dringend nötig, dass die Landesregierung über helfende Gespräche hinaus ein tragfähiges Konzept erarbeitet mit Aktivitäten zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung und damit Kräfte gebündelt werden. Wir benötigen genaue Auskunft über den Zeitpunkt des Ausscheidens von Ärzten in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten. Die kommunalen Gebietskörperschaften müssen in die Strategien zur Arztgewinnung ebenso einbezogen werden, wie die Krankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung. Denn die guten Beispiele auch in Thüringen belegen, dass dort, wo Kommunen ganz engagiert mitarbeiten, die Arztsuche gelingen und der Aufenthalt von Dauer sein kann. Das TMSFG hat mit seinen Kenntnissen die Möglichkeit, Akteure rechtzeitig zusammenzubringen. Diese Entwicklung dem Selbstlauf zu überlassen, halten wir für fatal. Ich will klarstellen, dass es der SPD-Fraktion nicht um das Hineinreden in die Angelegenheiten der Kassenärztlichen Vereinigung in Thüringen geht, die ja für die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung verantwortlich zeichnet.

(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Sozia- les, Familie und Gesundheit: Sie wissen es ja doch richtig!)

Natürlich. Es geht uns vielmehr um die Vernetzung aller Unternehmungen der ambulanten und der stationären ebenso wie um eine für die Patienten wohnortnahe Versorgung. Entgegen der Meinung von Frau Dr. Fuchs denken wir, dass die Bundesregierung mit ihren gesetzlichen Initiativen zur Ver

besserung der Vergütung von Arztstellen im ländlichen Raum bereits einen ersten Schritt gemacht hat. Ebenso sind MVZ eine weitere Möglichkeit, von der zunehmend Gebrauch gemacht wird. Wir sehen wie die KVT die Notwendigkeit, endlich eine Ost-WestGehaltsangleichung bei der Ärzteschaft zu erreichen. Die so viel bemühte Solidarität kann es nicht nur zwischen den Beitragszahlern geben müssen, auch die Ärzteschaft ist bundesweit selbst gefordert. Darüber hinaus soll das von uns geforderte Konzept auch auf Möglichkeiten der Ausschöpfung von Effizienzreserven im bestehenden System eingehen. Es ist ebenso die Frage zu erörtern, ob Prozesse in Arztpraxen nicht anders gestaltet werden können. Der Arzt muss sich unseres Erachtens verstärkt auf seine ureigenen Aufgaben konzentrieren können und sollte sich ähnlich, wie es Krankenhäuser bereits praktizieren, von Fachleuten bei der Abrechnung helfen lassen. Frau Dr. Fuchs, ich will da gar nicht so weit gehen wie nach Oberbayern. Wir haben auch in Thüringen, denke ich, gute Ärzte, die uns an der Stelle auch mit beraten können, wie man die Prozessabläufe in Praxen so gestalten kann, dass sich der Arzt tatsächlich konzentrieren kann. Da wird ja auch bereits Hilfe angeboten.

Die Gesundheitslandschaft kann sich in Thüringen nur weiterentwickeln, wenn die medizinische Versorgung flächendeckend qualitativ hochwertig und dauerhaft gesichert wird. Deshalb müssen die Bedingungen für die Gewinnung ärztlichen Nachwuchses möglichst attraktiv gestaltet werden. Es gibt keine Patentlösung, aber eine Vielzahl von Handlungsoptionen. In den nächsten Jahren werden etwa 30 Prozent auch der Thüringer Hausärztinnen und Hausärzte altersbedingt aus der Versorgung ausscheiden. In den letzten Wochen haben die Zeitungen davon berichtet. Wann immer man Gespräche mit Fachkundigen dazu führt, wird sehr deutlich, dass es immer schwieriger wird, Hausarztpraxen im ländlichen Raum zu besetzen.

Wir denken bei dem von uns geforderten Konzept an verschiedene Schwerpunkte. Zuerst einmal: Es ist ja nicht mehr möglich, wie das vor 1990 war, dass man Ärzte verpflichten kann, eine gewisse Zeit an einem gewissen Ort auch den Beruf auszuüben. Deswegen muss man versuchen, auf anderen Wegen, mit allen Möglichkeiten schon Studierende einzuladen, nach dem Abschluss des Studiums bei uns den Beruf des Mediziners auszuüben. Wir können angehende Mediziner frühzeitig binden, indem wir Ihnen die Möglichkeiten eröffnen, bereits noch im Studium praktische Erfahrungen sowohl in Krankenhäusern als auch in Arztpraxen zu sammeln. Zu überlegen ist z.B., Ihnen zumindest in den letzten Semestern dazu auch finanzielle Anreize zu geben. Gerade für die ländlichen Regionen ist dies besonders interessant. Die so entstehende Bindung an den

Freistaat, an die Region und auch an den Arztberuf selbst wird helfen, sich schnell in einer Region heimisch zu fühlen.

Ein Weiteres: Wir wissen, dass die Facharztausbildung einige Jahre dauert. Auch hier sollte für angehende Allgemeinmediziner mit finanzieller Unterstützung jährlich in bestimmtem Maße die Möglichkeit eröffnet werden, sich diesem Studium in Ruhe zu widmen. An dieser Stelle ist die Landesregierung gefragt, sich zu beteiligen.

Der Lehrstuhl Allgemeinmedizin ist in Thüringen nun endlich angelaufen. Trotzdem muss man im Zusammenhang mit einer Gesamtkonzeption prüfen, ob der Lehrstuhl auch in der Lage ist, für Thüringen zeitnah die notwendige Anzahl von Medizinern auszubilden oder ob Unterstützung nottut.

Die Bundesregierung hat mit dem Vertragsarztänderungsgesetz seit Januar 2007 gute Grundlagen gelegt, drohendem Facharztmangel zu begegnen. Ich möchte nur die Themen Teilzulassung, Zweigpraxen, Vereinbarkeit Krankenhaustätigkeit und vertragsärztliche Tätigkeit und Anstellungsmöglichkeiten in Praxen nennen. Aber Ärztinnen und Ärzte von heute haben darüber hinaus ein berechtigtes Interesse, ihre Familie und ihren Beruf, der auch oft Berufung ist, in Einklang bringen zu können. Ebenso wollen sie sich in ihrem Wohnumfeld wohlfühlen. An dieser Stelle sehen wir die kommunalen Gebietskörperschaften als wichtigen Partner. Es gibt in Thüringen bereits eine Reihe guter Beispiele, wie Kommunen, die oft leider zu spät über den nahenden Ärztemangel informiert werden, mit außerordentlichem Engagement und gemeindlichem Geld die Situation für neue, junge Ärzte verbesserten; das konnten Sie letztlich auch in der Presse lesen. Angebotene Hilfen sollten ergänzt und gezielt abgestimmt werden. Neben Kindereinrichtungsplätzen werden Räume oder Immobilien zur Verfügung gestellt. Dies motiviert auch den Ort und trägt zu einem offenen Klima für Neubürger bei. Thüringen hat gute Standortvorteile, die es gilt, auch in den westlichen Bundesländern zu propagieren. Aber all die Anreize werden in einzelnen Facharztbereichen nicht ausreichen, den Facharztmangel zu decken. Deswegen ist die Koordinierung zwischen ambulanten und stationären Angeboten unerlässlich. Auch hier sind unglückliche Entwicklungen der Vergangenheit sensibel im Sinne der Patienten zu verbessern. Ich meine damit, dass es an einer Reihe von Stellen persönliche Befindlichkeiten zwischen Krankenhaus und niedergelassenen Ärzten gibt, die man einfach auch nur über die Zeit beseitigen kann. Dazu kann man Unterstützung vor allen Dingen aus kommunalen Bereichen geben.

Ich will auch ein Wort zu den Versorgungszentren sagen. Ich sehe es nicht ganz so destruktiv wie Sie, Frau Dr. Fuchs, es jetzt hier im schlimmsten Fall dargestellt haben, das will ich einmal so verstanden wissen. Ich selber habe in der DDR in einem sogenannten Gesundheitszentrum gearbeitet, da war genau das Tatsache, was heute im MVZ passiert, nämlich, dass ich ambulant und stationär in einer guten Symbiose verknüpfe und zumindest die Erfahrungen, die ich kenne aus meiner Region und meinem Wahlkreis, die sind ausnahmslos positiv und die sind aber auch, weil es kommunale Krankenhäuser sind, nicht auf die Gewinnerzielung ausgerichtet, die Sie jetzt bei Privatkliniken vor allen Dingen angesprochen haben. Ich denke, auch darauf muss man sein Augenmerk lenken. In diesem Zusammenhang, das kann ich auch aus eigener Erfahrung sagen, halten wir es besonders für notwendig, einen intensiven Dialog zwischen ambulant niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern flächendeckend von der Landesregierung zu fördern. Hier sind noch genügend subjektive Barrieren, die bei den am Gesundheitswesen Beteiligten zu Frust führen und damit wertvolle Energie binden.

Ich denke, dass wir mit diesen Vorschlägen als SPD-Fraktion zeigen konnten, dass ein umfassendes Konzept zur ärztlichen Versorgung Thüringens möglich, aber auch dringend notwendig ist und wir bitten um die Unterstützung unseres Antrags. Danke.

(Beifall SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Gumprecht, CDUFraktion.

Frau Präsidenten, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch ich habe mich gefragt, als ich den Antrag las, was wollen die Kollegen der SPD-Fraktion mit diesem Antrag bezwecken? Das Thema "Ärztliche Versorgung in Thüringen" ist uns allen im Landtag nicht neu, wir haben bereits mehrfach darüber diskutiert. Vordergründig geht es Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD, ja um die Problematik "Ärztemangel in Thüringen". Im zweiten Teil Ihres Antrags offenbart sich aber etwas anderes. Es geht Ihnen offensichtlich um eine Systemveränderung, auch wenn Sie jetzt mit dem Wort "Vernetzen" dies abschwächen wollen. Sie unterstellen, dass das bisherige System, konkret die KV Thüringen, nicht in der Lage ist, das Problem Ärztemangel zu lösen und entsprechend auf die Herausforderungen zu reagieren. Anstelle der Planung und des Vorgehens der KV fordern Sie hier eine staatliche Planung ein, kurzum, Sie verlangen die Einflussnahme

des Freistaats auf die Versorgungsplanung, das nicht auf Bundes-, sondern auf Landesebene. Ein derartiges Vorgehen wäre ein Verstoß gegen die Vorgaben des SGB V. Nun frage ich mich, wie soll man das noch verstehen? War Ihnen dieses nicht bewusst in seinem Ausmaß oder gedenken Sie, Frau Bundesministerin Ulla Schmidt, die derzeitig bei der Krankenhausplanung diese von den Ländern weg auf Bundesebene ziehen will, sogar zu ärgern? Oder testen Sie dies im Auftrag von Frau Schmidt sogar in Thüringen? Wir wissen jetzt aber nach Ihren Worten, Frau Taubert, die sehr markant waren, und das war der erste Satz: Alle reden mit.

(Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Alle re- den darüber und viele machen mit, habe ich gesagt.)

Ich denke, das unterscheidet uns. Wir sind nicht für „alle mitreden“, sondern wir sind für klare Zuständigkeiten im Handeln.

Meine Damen und Herren, ich möchte es gleich zu Beginn sagen, wir werden den vorliegenden Antrag ablehnen. Die CDU-Fraktion und auch die Landesregierung stehen in regelmäßigen Gesprächen mit den Ärzten und der KV Thüringen. Wir wissen um die Ernsthaftigkeit der Thematik. Deshalb suchen wir gemeinsam mit Verantwortlichen nach praktikablen Lösungen.

Nun einige Anmerkungen zum Antrag: Frau Fuchs hat es schon gesagt, die Daten zur ärztlichen Versorgung sind öffentlich zugänglich. Sie sind mit einer kleinen Mühe leicht zusammenzutragen und bald auch zu erfragen, bspw. - es wurde bereits darauf hingewiesen - im jährlichen Versorgungsbericht der KV über den Stand in der ambulanten Versorgung. Ebenso hat das Wissenschaftliche Institut der AOK - das WIdO - mit dem Ärzteatlas eine sehr umfangreiche Datensammlung am Ende des vergangenen Jahres herausgegeben. Wie bewertet das WIdO die Situation? Das Fazit der Autoren heißt, „nach den Richtlinien der Bedarfsplanung gibt es in Deutschland eher zu viele als zu wenige Ärzte“. Ich setze voraus, Sie schreiben nach den Richtlinien der derzeitigen Bedarfsplanung. Die Ärztedichte liegt in Deutschland weit über der anderer europäischer Länder. Zu beachten sind jedoch die starken regionalen Unterschiede. Grundsätzlich ist eine höhere Dichte in Ballungszentren und eine niedrigere Dichte im ländlichen Raum zu verzeichnen. So lag der Versorgungsgrad selbst bei Hausärzten in Deutschland bei 107,6 Prozent und in Thüringen bei 103,8 Prozent. Ein Versorgungsengpass wird aber von der Bevölkerung völlig anders empfunden; sie befinden schon und bedauern dies, wenn eine Einzelpraxis längere Zeit unbesetzt bleibt.

Der Thüringer Versorgungsbericht der KV geht detailliert auf die Alterssituation der Ärzte ein. Er analysiert für 2009 eine regional unterschiedlich drohende Unterversorgung für einzelne Landkreise. Bei der Pressekonferenz anlässlich der Thüringer Ärztewoche am vergangenen Freitag in Weimar haben der Vorsitzende der Landesärztekammer, Herr Dr. Wesser, Herr Prof. Fünfstück vom Verband der leitenden Krankenhausärzte und Frau Dr. Feldmann von der KV aktuell auf diese Entwicklung hingewiesen. Die OTZ titelt dazu „Bedenklicher Befund - Ärztemangel in Thüringen wird sich verschärfen wie überall in Ostdeutschland“.

Ich möchte im Folgenden auf die bereits existierenden Maßnahmen eingehen. Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Thüringen hat bereits vor einigen Jahren die sogenannte KVEigeneinrichtung sowie den finanziell geförderten Sicherstellungsassistenten als Maßnahmen gegen Ärztemangel in drohend unterversorgten Gebieten etabliert. Mit Beginn des Jahres 2008 wurde ein weiteres umfangreiches finanzielles Förderpaket gegen den drohenden oder auch bestehenden Ärztemangel ins Leben gerufen. Der Landesausschuss sieht bei der Beurteilung der Versorgungssituation eine neue Strukturierung vor. Innerhalb der Planungsbereiche werden nun kleinere Räume noch genauer betrachtet. So wurden bereits regionale Verwaltungsstrukturen auf der Grundlage einer angemessenen Größe mit einem Radius von ca. 10 km zusammengefasst. Im Zusammenspiel mit schon früher genannten und gefassten Kriterien zur Versorgungsberechtigung konnte somit eine prospektive 4-Jahres-Betrachtung im hausärztlichen Bereich für Thüringen vorgenommen werden. Hierbei fanden eine Reihe Kriterien Berücksichtigung. Das sind Lebensalter der praktizierenden Ärzte, das voraussichtliche Alter, in dem Thüringer Ärzte ihre Praxis durchschnittlich aufgeben, die zu erwartenden Neuzulassungen in den jeweiligen Bereichen, die perspektivische Einwohnerentwicklung sowie auch die Fallzahlenentwicklung im jeweiligen Bereich. Mit Hilfe dieser Daten wurde für 19 Bereiche in Thüringen eine drohende Unterversorgung im hausärztlichen Bereich festgestellt. Angesichts dieser zu erwartenden Situation hat natürlich die KV gemeinsam mit den Thüringern Krankenkassenverbänden gehandelt und einen weiteren Maßnahmekatalog aufgebaut. Seit Januar dieses Jahres gilt nämlich folgender Maßnahmekatalog, ich darf die Schwerpunkte vortragen:

1. Ärzte erhalten von der Patientenzahl abhängige Zuschläge;

2. Praxisneugründungen werden durch eine Investitionspauschale mit einem Betrag von 30.000 € gefördert;

3. Zusätzlich können Ärzte für Praxisneugründungen zinslose Sicherstellungszuschläge beantragen;

Zudem ist 4. vorgesehen, dass 30.000 € auch für die Förderung von Praxisübernahmen bereitgestellt werden;

5. Eben gleicher Betrag ist zur Unterstützung des Betriebs von Zweitpraxen vorgesehen;

6. Im Einzelfall fördert der Landesausschuss auch vertragsärztlich tätige Mediziner, die über 65 Jahre alt sind.

Diese sechs Punkte stellen wirklich eine konkrete Lösung dar.

Doch nun zum entscheidenden Problem; das ist nach meiner Auffassung die unterschiedliche Honorierung der Leistungen zwischen Ost und West. Der Freistaat hat dazu bereits mehrere Anläufe unternommen - leider ohne Erfolg. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie die Landesregierung stärker bei den Verhandlungen gegenüber dem Bund im Vorfeld der Gesundheitsreform unterstützt hätten. Unterstützt in dem Ziel, eine Verbesserung der Einkommenssituation für unsere Thüringer Ärzte zu erreichen.

Für die angestellten Krankenhausärzte ist diese Ungerechtigkeit seit dieser Woche mit der Pressemeldung über eine Vereinbarung eines neuen Tarifvertrags und der Angleichung der Löhne nun endlich vom Tisch. Wir sind uns aber im Klaren, dass eine solch gravierende kurzfristige Erhöhung zu einer großen finanziellen Belastung auch der Krankenhäuser führen wird. Eine Untersuchung von Ramboll Management zeigt, dass in Deutschland genügend Mediziner ausgebildet werden. Viele dieser jungen Leute und gut ausgebildeten Ärzte kehren aber den medizinischen Berufen den Rücken und steigen in artfremde Berufe ein. Ein weiterer Trend ist zu erkennen, dass zahlreiche junge Ärzte in die alten Bundesländer ziehen nach dem Studium oder aufgrund der deutlich besseren Verdienstsituation gar ins Ausland wechseln. Ich denke, hier gilt es, gezielt anzusetzen. Da hilft ein Alleingang Thüringens wenig.

Die vorhandenen gesetzlichen Regelungen eröffnen weitere zahlreiche Möglichkeiten. Diese sollten weiter ausgestaltet werden. Sie sind ja bereits darauf eingegangen, Eigeneinrichtungen der KV und die medizinischen Versorgungszentren; die Zahl der MVZ nimmt jährlich zu. Den aktuellen Stand kann man auf der KV-Internetseite nachvollziehen. Die MVZ arbeiten vielerorts wahrlich erfolgreich, was auch in den zahlreichen Zeitungsberichten zu verfolgen ist. Mein Kollege Grund konnte mir vorhin von seinem MVZ begeistert berichten. Auch die positiven Mel

dungen in der letzten Zeit, wie die Besetzung des Lehrstuhls für Allgemeinmedizin oder die gemeinsamen Werbemaßnahmen in Österreich, dienen dem Ziel, Ärzte in Thüringen auszubilden oder für Thüringen zu gewinnen.

Meine Damen und Herren, die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen stehen im Mittelpunkt des Arztberufs. Aufgabe der Gesundheitspolitik ist es, die notwendigen Strukturen der medizinischen Versorgung zu schaffen und auch auf die aktuellen Gegebenheiten zu reagieren. Die Patienten in Thüringen müssen sich auch in Zukunft auf ein leistungsstarkes, regional verfügbares Gesundheitssystem verlassen können. Wir können feststellen, dass zahlreiche Unterstützungsmaßnahmen bestehen, um dem Ärztemangel in Thüringen zu begegnen. Ich denke, das Problem kann effektiv nur bundesweit gelöst werden. Wir müssen vor allen Dingen auf die Beseitigung der Benachteiligung der Ärzte in den neuen Ländern drängen; darin sehe ich den besten Weg. Darum lehnen wir den Antrag ab.

Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Herr Minister Zeh.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, erst einmal, Frau Dr. Fuchs, Sie haben mir einige Pointen schon weggenommen. Macht nichts, aber ich kann es nur unterstützen, ich hatte bei dem Lesen der Lektüre die gleichen Erinnerungen bzw. die gleichen Eingebungen wie Sie. Ich habe gedacht, die Daten liegen noch vor. Warum also noch einmal so einen Antrag? Ich gebe aber auch zu, es hat mich selten ein Antrag der Opposition so erzürnt, wie dieser vorliegende Antrag der SPD. Ich will das auch sagen, denn wenn ich mir diesen Antrag so vornehme, dann heißt das doch übersetzt, Sie wollen den Bürgern in Thüringen wider besseres Wissen - Frau Taubert, Sie wissen es ja besser - glauben machen, die Landesregierung hätte die Kompetenz und die Zuständigkeit, den Ärztemangel hier in Thüringen beheben zu können. Diese Aussage, die dieser Antrag ja mit sich bringt, ist grundsätzlich falsch. Natürlich gibt es eine Verantwortung für die allgemeinen Rahmenbedingungen, wenn Sie an die Kommunen erinnern oder Sie haben an die Kinderbetreuung erinnert. Die sind ja im Übrigen da, da brauchen wir uns überhaupt nicht gegenseitig zu agitieren. Diese Bedingungen sind positiv vorhanden in Thüringen. Da haben wir überhaupt keinen Nachholbedarf. Aber eine direkte Einflussnahme des Landes, die gibt es doch nicht. Ich denke, Sie hätten diesen Antrag meines Erachtens komplett nach Ber

lin schicken können.

(Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Nein, das muss schon hier passieren.)

Sie hätten dies Ulla Schmidt sagen müssen, denn dort ist die Kompetenz, das regeln zu müssen, was wir hier brauchen. Sie glauben doch nicht wirklich, dass wir mit besseren Netzwerken dieses Problem lösen können. Reden Sie mal mit der Kassenärztlichen Vereinigung in Thüringen. Wenn Sie denen zur Lösung dieses Problems Netzwerke, wie Sie es gesagt haben, und Dialoge zwischen ambulanten und stationären Einrichtungen anbieten, wissen Sie, da lachen die Sie wirklich aus. Das ist meines Erachtens keine seriöse Politik und so sollten wir auch überhaupt nicht auftreten.

Noch einmal zur rechtlichen Seite, Frau Taubert: Im SGB V ist klar festgelegt, wer die Zuständigkeiten zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung hat. In § 72 nämlich steht drin, dass die Sicherstellung der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung bei den Kassenärztlichen Vereinigungen liegt. Diese klare Regelung zum Versorgungsauftrag sollte Ihnen eigentlich, bevor sie den Antrag gestellt haben, ja schon klar gewesen sein.

(Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Das war es mir auch.)