Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, vorbehaltlich des Ergebnisses der aktuellen Prüfung zur Umsetzung der Polizeireform nach der Entscheidung des Thüringer Landtags am 27. Februar 2008 - dazu kommen wir ja nachher noch etwas genauer - beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Blechschmidt für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Ja, das Liegenschaftskonzept der Polizei für die Landeshauptstadt Erfurt sieht zum gegenwärtigen Zeitpunkt vor, die neu zu errichtende Kriminalpolizeistation Erfurt in der Liegenschaft Mühlweg 18 unterzubringen. Es ist aber nicht vorgesehen, die gesamte Kriminalpolizei dort unterzubringen. Sowohl die künftige Kriminalpolizeiinspektion Erfurt als auch der rund um die Uhr zuständige Kriminaldauerdienst verbleiben am bisherigen Standort Andreasstraße 38. Zukünftig wird es in Erfurt also zwei Standorte der Kriminalpolizei geben. Aus fachlicher Sicht stellt dies kein Problem dar. Da es sich um zwei verschiedene Dienststellen mit unterschiedlichen Aufgabenzuweisungen handelt, ist eine getrennte Unterbringung aus polizeifachlicher Sicht unproblematisch. Ich möchte aber noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Prüfung von Alternativen zum Standort Mühlweg 18 derzeit noch nicht abgeschlossen ist.
Zu Frage 2: Die Anzahl der Beschäftigten am Standort Erfurt wird sich nach dem bisherigen Planungsstand im Zuge der geplanten Reformmaßnahmen voraussichtlich erhöhen. Das zusätzliche Personal muss dann entsprechend untergebracht werden. Bezüglich der Kriminalpolizei ist das allein am bisherigen Sitz in der Andreasstraße 38 nicht möglich. Andere landeseigene Polizeiliegenschaften am Standort Erfurt stehen nicht zur Verfügung. Unter Abwägung aller Gesichtspunkte ist daher die Weiternutzung des bereits seit ca. 10 Jahren angemieteten und für polizeiliche Zwecke genutzten Objekts am Mühlweg 18 eine sinnvolle Lösung.
Zu Frage 3: Vor dem Hintergrund der beabsichtigten weiteren Nutzung des Objekts Mühlweg 18 wurden mit dessen Vermieter bereits Verhandlungen über eine Weiternutzung und Sanierung geführt. Nach gegenwärtigem Verhandlungsstand ist der Vermieter bereit, die notwendigen Umbauten und Sanierungsarbeiten auf seine Kosten durchzuführen. Insofern trifft es nicht zu, dass zusätzliche enorme Landesmittel nötig wären, um die Liegenschaft zu sanieren. Mit einer solchen Sanierung, die gegebenenfalls zeitnah durchgeführt werden kann und ca. 12 Wochen beanspruchen wird, werden für die dort Dienst leistenden Beschäftigten der Thüringer Polizei dann auch geeignete Arbeitsbedingungen vorhanden sein. Im Übrigen verweise ich auf die Antwort zu Frage 1. Vielen Dank.
Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Damit kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Hauboldt, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 4/3961*, vorgetragen durch Abgeordneten Blechschmidt.
Möglichkeiten im Rahmen der örtlichen und überörtlichen kommunalen Rechnungsprüfung zur Kostenkontrolle hinsichtlich der Führung von Gerichtsverfahren durch Thüringer Kommunen
In mehreren Artikeln der „Thüringer Allgemeinen“, so z.B. am 13. Februar 2008 unter dem Titel „Ein Dutzend Jahre vor Gericht“, wird regelmäßig über den Rechtsstreit zwischen einer Thüringer Gemeinde und deren (früherem) Ordnungsamtsleiter über ausstehende Gehaltszahlungen berichtet. Das Gerichtsverfahren läuft seit mehr als zwölf Jahren und soll mittlerweile Gesamtkosten (Gehaltsforderungen, Prozesskosten sowie Kosten für Vollstreckungsmaßnahmen) in Höhe von mehreren 100.000 € verursacht haben. Die Thüringer Gemeinde hat (bisher) das Verfahren verloren und ist zur Zahlung entsprechender Gehalts(nach)zahlungen verurteilt worden, da die Gerichte die von der Gemeinde ausgesprochene(n) Kündigung(en) als rechtswidrig bewerteten. Mittlerweile ist auch die Kommunalaufsicht tätig geworden. Zu klären bleibt, welche Möglichkeiten es gibt, um unangebrachte Geldausgaben für Prozesse im Interesse der Bürger und einer wirtschaftlichen Haushaltsführung der Kommune zu rügen und zukünftige Verstöße gegen Gebote der kommunalen Haushaltsführung zu verhindern. Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Möglichkeiten gibt es, im Rahmen der örtlichen und überörtlichen kommunalen Rechnungsprüfung das Finanzgebaren von Gemeinden und Landkreisen im Zusammenhang mit der Führung von Gerichtsverfahren hinsichtlich der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls zu beanstanden?
2. Ist der Landesregierung bekannt, wie mit dem o.g. Rechtsstreit zwischen der Thüringer Gemeinde und ihrem (früheren) Ordnungsamtsleiter verbundene Fragen der Beachtung der (rechtlichen) Vorgaben zur korrekten kommunalen Haushaltsführung im Rahmen der örtlichen und überörtlichen kommunalen Rechnungsprüfung geprüft wurden und gab es nach Kenntnis der Landesregierung dabei diesbezüglich Beanstandungen?
3. Ist der Landesregierung bekannt, in welchen Thüringer Kommunen im Rahmen der örtlichen und überörtlichen kommunalen Rechnungsprüfung deren Finanzgebaren im Zusammenhang mit der Führung von Gerichtsverfahren seit dem Jahr 2000 beanstandet wurden (bitte betreffende Kommunen einzeln benennen)?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hauboldt beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Gegenstand der örtlichen und der überörtlichen Rechnungsprüfung ist die Einhaltung der für die Wirtschaftsführung geltenden Bestimmungen und Grundsätze. Die Rechnungsprüfung erstreckt sich dabei insbesondere auf die in § 84 der Thüringer Kommunalordnung geregelten Prüfungsgegenstände, zu denen auch die sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung gehört. Die hierzu in den Prüfberichten getroffenen Feststellungen beziehen sich regelmäßig auf die Wirtschaftlichkeit baulicher Maßnahmen oder kreditähnlicher Rechtsgeschäfte und eine sparsame Mittelbewirtschaftung, nicht jedoch auf eine Abschätzung von Prozessrisiken, die die Gemeinde dann führt. Etwas anderes könnte sich allenfalls bei ganz offensichtlich evident rechtsmissbräuchlich geführten Prozessen ergeben. Grundsätzlich kann es aber den Kommunen im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung nicht verwehrt werden, ihre vertretbaren Rechtsauffassungen auch gerichtlich durchzusetzen. Es entspricht gerade dem Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung, wenn Kommunen begründete Ansprüche gerichtlich durchsetzen bzw. sich gegen unbegründete Rechtsansprüche auch gerichtlich zur Wehr setzen.
Zu Frage 2: Die örtliche Rechnungsprüfung ist eine Angelegenheit der Kommunen im eigenen Wirkungskreis. Der Landesregierung ist nicht bekannt, ob die mit dem in der Frage genannten Rechtsstreit verbundenen Fragen im Rahmen der örtlichen Rechnungsprüfung geprüft und gegebenenfalls beanstandet wurden. Die Erkenntnisse zu einer Prüfung oder Beanstandung durch die überörtliche Rechnungsprüfung liegen der Landesregierung ebenfalls nicht vor.
Zu Frage 3: Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor, wobei ich einschränkend sagen muss, dass es in der Kürze der zur Beantwortung der Mündlichen Anfrage zur Verfügung stehenden Vorbereitungszeit nicht möglich war, die seit dem Jahr 2000 im Rahmen der überörtlichen Rechnungsprüfung verfassten über 100 Prüfberichte auf diesbezügliche Beanstandungen durchzusehen. Entsprechende Fälle sind weder dem Thüringer Innenministerium noch dem Thüringer Landesverwaltungsamt bekannt.
Ergänzend noch ein Hinweis, dass der Abgeordnete Hauboldt in seiner Kleinen Anfrage Nr. 2328 den Sachverhalt auch unter kommunalaufsichtlichen Gesichtspunkten speziell noch einmal abfragt. Die diesbezügliche Antwort ist zum 15. April 2008 „fällig“ und wird pünktlich an den Landtag übersandt werden. Vielen Dank.
Danke. Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Ich rufe die nächste Mündliche Anfrage auf, Abgeordnete Wolf, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 4/3962.
Im Rahmen des aktuell laufenden Volksbegehrens „Mehr Demokratie in Thüringer Kommunen“ stellt sich die Frage, wie es speziell Thüringer Bürgerinnen und Bürgern im Strafvollzug möglich ist, sich über das Volksbegehren zu informieren und mit ihrer Unterschrift zu beteiligen.
1. Wie viele Thüringerinnen und Thüringer sind derzeit im geschlossenen Strafvollzug (bitte getrennt nach Geschlecht)?
2. Wie viele davon haben rechtlich die Möglichkeit, sich mit ihrer Unterschrift am Volksbegehren zu beteiligen?
3. Wie wird ihnen ermöglicht, sich über das Volksbegehren zu informieren und mit ihrer Unterschrift das Volksbegehren zu unterstützen?
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Wolf beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Vorab darf ich darauf hinweisen, dass sich die folgenden Angaben auf männliche Straf- bzw. Jugendstrafgefangene, die nach meinen Erkenntnissen ihren Wohnsitz in Thüringen haben und in Strafvollzugseinrichtungen des Freistaats Thüringen untergebracht sind, sowie auf weibliche Thüringer Straf- und Jugendstrafgefangene, die gemäß einer Verwal
tungsvereinbarung zwischen dem Freistaat Sachsen, dem Freistaat Thüringen und dem Land Sachsen-Anhalt im Freistaat Sachsen inhaftiert sind, beziehen. Mir liegen keine Informationen darüber vor, wie viele Thüringerinnen und Thüringer in anderen Bundesländern inhaftiert sind.
Zu Frage 1: Am Stichtag 7. April 2008 sind im geschlossenen Vollzug in Vollzugseinrichtungen des Freistaats Sachsen 36 weibliche Strafgefangene und 5 weibliche Jugendstrafgefangene aus Thüringen untergebracht. In geschlossenen Strafvollzugseinrichtungen des Freistaats Thüringen sind derzeit 1.472 männliche Strafgefangene und 208 männliche, davon 188 volljährige Jugendstrafgefangene aus Thüringen inhaftiert.
Zu Frage 2: Zum Stichtag 7. April 2008 hätten nach derzeitiger Rechtslage 36 weibliche Straf- und fünf weibliche Jugendstrafgefangene sowie 1.472 männliche Straf- und 188 männliche Jugendstrafgefangene die Möglichkeit, sich mit ihrer Unterschrift am Volksbegehren zu beteiligen, wenn sie ihr Stimmrecht nach § 2 Abs. 2 des Thüringer Gesetzes über das Verfahren bei Bürgerantrag, Volksbegehren und Volksentscheid noch nicht ausgeübt haben. Letzteres kann ich nicht beurteilen.
Zu Frage 3: Die Gefangenen haben jederzeit die Gelegenheit, sich über das Volksbegehren mittels der allgemeinen Medien - Rundfunk, Fernsehen, Presse - zu informieren. Darüber hinaus können sie oder die Gefangenenmitverantwortung bei den Initiatoren des Volksbegehrens schriftlich Informationsmaterial und Unterschriftsbögen anfordern. Soweit die Gefangenen das Volksbegehren unterstützen wollen, können sie einen unterzeichneten Unterschriftsbogen per Post an die Vertrauensperson übersenden.
Meine Nachfrage bezieht sich darauf, wie gelangen sie denn an den Unterschriftsbogen? Also, ist es unkompliziert möglich, dass von Besuchern Unterschriftsbögen in die JVAs oder Strafvollzugsanstalten mitgebracht und dann dort unterschrieben werden oder muss das über die Anstaltsleitung laufen? Ich weiß, es gibt bestimmte Restriktionen, Material mit in die Einrichtungen zu bringen.
Das Mitbringen von Gegenständen, dazu zählen auch derartige Schriftstücke oder Formulare, richtet sich nach den allgemeinen Regeln des Strafvollzugs. Jeder Gefangene kann sich derartiges Material selbstverständlich zuschicken lassen.
Gibt es weitere Nachfragen? Das ist nicht der Fall, dann kommen wir zur letzten Mündlichen Anfrage für heute, die Anfrage der Abgeordneten Döllstedt, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 4/3966.
Verfahrensstand der überörtlichen Kommunalprüfungen des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Gotha und Landkreisgemeinden
Die Landesregierung hat im September 2005 auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Kuschel mitgeteilt, dass sie zu den Ergebnissen der überörtlichen Kommunalprüfungen des Zweckverbandes Gotha und Landkreisgemeinden keine Aussagen treffen könne, da bei der zuständigen Staatsanwaltschaft vier Strafanzeigen vorliegen würden und laufenden Ermittlungsverfahren nicht vorgegriffen werden könne (siehe Drucksache 4/1235).
Zwischenzeitlich hatte die Kommunalaufsichtsbehörde des Landkreises gegenüber den Mitgliedern des Stadtrats Tambach-Dietharz als betroffenes Mitglied des Zweckverbands eine Auskunft über den gegenwärtigen Verfahrensstand verweigert.
1. Welchen Stand haben die Ermittlungen zu den eingelegten vier Strafanzeigen nach Kenntnisstand der Landesregierung gegenwärtig erreicht und welche Ergebnisse liegen dabei gegenwärtig vor?
2. Welche weiteren strafrechtlichen Maßnahmen hat die zuständige Staatsanwaltschaft im Ergebnis der bisher durchgeführten Ermittlungsverfahren nach Kenntnisstand der Landesregierung bisher ergriffen?
3. Welche aufsichtlichen Maßnahmen hat die Landesregierung als zuständige oberste Rechtsaufsichtsbehörde im Zusammenhang mit den vier Strafanzeigen gegen Verantwortliche des Zweckverbandes Gotha und Landkreisgemeinden bisher ergriffen und mit welcher Begründung wurde gegebenenfalls auf diese aufsichtlichen Maßnahmen bisher verzichtet?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Frau Abgeordneten Döllstedt beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Die Fragen 1 und 2 im Zusammenhang: Das aufgrund einer Strafanzeige vom 3. Februar 2005 eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche des Wasser- und Abwasserzweckverbands Gotha und Landkreisgemeinden sowie der Stadtwirtschaft Gotha GmbH (Buchstabe a der Antwort auf die Klei- ne Anfrage Nr. 481, Drucksache 4/1235) wurde mit Bescheid der Staatsanwaltschaft Erfurt vom 19. November 2007 teilweise mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung eingestellt. Dies betrifft Vorwürfe im Zusammenhang mit der angeblichen Nichtnutzung von Skonti, der Durchführung einer Sondervereinbarung mit einer Brauerei, der Vergabe von Darlehen an Dritte und die Umschuldung bestehender Kreditverträge, weiterhin den Abschluss von Verträgen zu sogenannten Forward Zinsswaps sowie der schuldhaften Verursachung der Rückforderung einer Finanzhilfezuwendung durch den Freistaat Thüringen. Hinsichtlich des Vorwurfs der Berechnung und Zahlung überhöhter Geschäftsbesorgerentgelte an die Stadtwirtschaft Gotha GmbH werden die strafrechtlichen Ermittlungen fortgesetzt.
Die Ermittlungen aufgrund der Strafanzeigen vom 9. November 2004, 24. November 2003 sowie vom 18. November 2003 - schon erwähnt auch in der Kleinen Anfrage Nr. 481 Buchstaben b bis d dauern noch an. Im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen bzw. auf die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen bitte ich um Verständnis, dass ich von weiteren Angaben zu den noch laufenden Strafverfahren absehe.