Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Innenstaatssekretär hat gesagt, ich soll noch einmal erläutern, wie die Entlastung der Mehrpersonenhaushalte durch unseren Vorschlag der zweiten Grundgebühr erfolgen soll. Das mache ich gern. Gegenwärtig ist es so, dass, wenn sich ein Aufgabenträger für eine reine Gebührenfinanzierung entscheidet, im Regelfall die Refinanzierung der Investition über die Einleitungsgebühr erfolgt. Das belastet natürlich Mehrpersonenhaushalte in stärkerem Maße als andere. Dieses Spannungsfeld haben wir versucht aufzugreifen. Ich betone noch mal: als Kannbestimmung, keinerlei Zwang für die Zweckverbände, sondern sie können das entsprechend machen.
Sie haben auch angemerkt, Herr Staatssekretär, wir hätten uns nicht geäußert zu den Kapitalausfällen, wenn auf die Verzinsung des Eigenkapitals verzichtet wird. Ich sage es noch einmal: Das, was wir aufgenommen haben, ist jetzt bei Ihnen in einer Verordnung geregelt. Das heißt, Sie sind mit dem gleichen Problem konfrontiert, dass Sie den Aufgabenträgern erklären müssen, wenn sie auf die Verzinsung des Anlagevermögens im Zusammenhang mit Finanzhilfen verzichten, wie dann die Kapitallücke geschlossen wird. Sie haben selbst erkannt, dass diese Kapitallücke frühestens in 10, 15, 20 Jahren auftritt. Dann müssen wir uns damit beschäftigen. Dann wissen wir aber auch, wie sich Einkommens- und Vermögensverhältnisse entwickelt haben, wie die Strukturen bei den Gebühren sind und dann kann man nachjustieren. Das heißt, wir machen doch nichts anderes als Sie, nur dass wir sagen, der Gesetzgeber ist gefordert. Sie möchten das im nicht demokratisierten, nicht öffentlichen Raum eigenverantwortlich im Einzelfall entscheiden, willkürlich; wir wollen einen Rechtsanspruch schaffen, indem wir es ins Gesetz schreiben. Das unterscheidet uns.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine letzte Anmerkung macht sich aus meiner Sicht erforderlich. Sie haben formuliert, wir selbst hätten es eingestanden und alles sei stark interpretierbar und das Kostendeckungsgebot wäre verletzt. Deswegen haben wir den Änderungsantrag gemacht. Es gab Hinweise der Aufgabenträger, die wir nicht alle geteilt haben, aber wir haben gesagt, wenn die Aufgabenträger der Auffassung sind, dass die jetzige Formulierung zielgenauer ist, dann greifen wir solche Hinweise natürlich dankbar auf. Bei Anhörungen zu Gesetzentwürfen der Landesregierung wird das bedauerlicherweise nicht in dem Maße gemacht. Wenn dort die Anzuhörenden derartige Vorschläge machen, werden die im Regelfall von der Mehrheitsfraktion nicht zur Kenntnis genommen. Insofern sind wir lernfähiger und Sie können sich daran ein Beispiel nehmen. Danke.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden, und zwar einmal die Überweisung an den Innenausschuss. Ich stelle diesen Antrag zur Abstimmung. Wer für die Überweisung an den Innenausschuss ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Überweisung an den Innenausschuss, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung. Damit ist mit großer Mehrheit die Ausschussüberweisung abgelehnt.
Es ist beantragt worden die Überweisung an den Ausschuss für Naturschutz und Umwelt. Wer für die Überweisung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Überweisung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung. Damit ist mit Mehrheit die Überweisung an den Ausschuss für Naturschutz und Umwelt abgelehnt.
Es ist ferner beantragt worden die Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. Wer für diese Überweisung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Überweisung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung. Damit ist mit großer Mehrheit die Ausschussüberweisung abgelehnt worden.
Wir kommen zur Abstimmung über die Anträge, die vorliegen. Wir stimmen zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 4/3989 ab. Wer ist für diesen Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Änderungsantrag, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung. Damit ist mit großer Mehrheit der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.
Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 4/3811 in zweiter Beratung. Wer ist für diesen Gesetzentwurf, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Gesetzentwurf, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer enthält sich der Stimme? Es ist keine Stimmenthaltung. Damit ist mit großer Mehrheit dieser Gesetzentwurf in zweiter Beratung abgelehnt.
Thüringer Gesetz zur Neure- gelung des Stiftungswesens Gesetzentwurf der Landes- regierung - Drucksache 4/3949 - ERSTE BERATUNG
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, es gibt auch noch gute Nachrichten aus dem Thüringer Innenministerium.
Thüringen fördert und stärkt das Engagement von Bürgern, die sich finanziell und ideell dauerhaft für Zwecke der Allgemeinheit betätigen wollen. Dem dient der vorliegende Gesetzentwurf, mit dem zeitgemäße und stiftungsfreundliche Rahmenbedingungen in Thüringen geschaffen werden sollen. In Thüringen gilt - wie auch in Sachsen-Anhalt - bislang noch das im September 1990 erlassene Stiftungsgesetz der ehemaligen DDR als Landesrecht fort. Die Fortentwicklung des Rechts ist über dieses Gesetz hinweggegangen. Im Jahre 2002 nämlich wurde das Stiftungsprivatrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch durch den Bundesgesetzgeber wesentlich geändert. Die Voraussetzungen für die Anerkennung der Rechtsfähigkeit einer Stiftung des bürgerlichen Rechts sind nunmehr abschließend und bundeseinheitlich im BGB geregelt. Der Bundesgesetzgeber hat zum einen das Recht des Stifters auf Errichtung der Stiftung betont und zum anderen die Rechtssprache von obrigkeitlichem Denken entschlackt. So ist zum Beispiel an die Stelle der alten Genehmigung nunmehr die Anerkennung getreten. Zunehmend interessiert sich auch die breite Öffentlichkeit zu Recht für das Stiftungswesen. Zwar fehlt in Thüringen - wie in den übrigen neuen Ländern auch - wegen der besonderen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen noch das Potenzial bzw. das angesammelte Privatvermögen für eine Gründungswelle wie in den alten Ländern, umso mehr aber soll der vorliegende Gesetzentwurf die Stiftungsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger fördern und erleichtern. In die Erarbeitung dieses Gesetzentwurfs eingeflossen sind die Ergebnisse des Berichts der Landesregierung zur Situation des Stiftungswesens in Thüringen, den wir auf Bitte des Landtags erstellt haben und der im vergangenen September dem Hohen Haus vorgelegt werden konnte. Danach hat das Stiftungswesen in Thüringen noch erhebliches Potenzial. Die Jahresstatistiken lassen einen stetigen Zuwachs an Stiftungen
Dieser Entwicklung wird die Landesregierung mit der grundlegenden Überarbeitung des Stiftungsrechts und im Übrigen mit Transparenz und auch Beratung für Stiftungsinteressierte weiter fördern. Im Gesetzentwurf werden daher die für rechtsfähige Stiftungen geltenden gesetzlichen Regelungen vereinfacht und gestrafft. Überflüssige Bestimmungen werden gestrichen und das Gesetz wird neu gegliedert. Unschärfen in tragenden Begriffsbestimmungen werden beseitigt.
Inhaltlich will der Gesetzentwurf die Interessen der Stifter in der Sicherung ihres Stiftungswillens für eine längerfristige Zukunft ebenso festschreiben wie den Anspruch der Stiftungsorgane, eigenverantwortlich in Erfüllung des Stiftungszwecks zu handeln. Der Entwurf ist auch darauf ausgerichtet worden, dass die staatliche Aufsicht effizienter arbeiten kann. Daneben findet der Grundsatz, dass das Stiftungsvermögen in seinem wirtschaftlichen Wert zu erhalten ist, in den Bestimmungen zur Verwaltung und Beaufsichtigung besondere Beachtung.
Nun zu einigen wesentlichen Änderungen im Einzelnen: Das Gesetz wurde zunächst in vier Abschnitte übersichtlicher gegliedert. Im ersten Abschnitt finden sich allgemeine, alle Arten von Stiftungen betreffende Regelungen. Im Interesse der Transparenz des Stiftungswesens ist das Stiftungsverzeichnis künftig öffentlich für jedermann einsehbar, und es gibt eine Verordnungsermächtigung für die Einführung des Stiftungsverzeichnisses in elektronischer Form.
Für die Anerkennung von Stiftungen und bestimmte aufsichtliche Maßnahmen ist bislang das Innenministerium zuständig. Diese Zuständigkeit einer obersten Landesbehörde für Aufgaben des Vollzugs entspricht nicht den Grundsätzen der Verwaltungsmodernisierung und -deregulierung von Aufgaben. Künftig ist deswegen vorgesehen, alle Aufgaben im Zusammenhang mit den Stiftungen durch das Thüringer Landesverwaltungsamt erledigen zu lassen.
Der zweite Abschnitt des Gesetzes beschäftigt sich mit den rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts. Sie sind die Hauptadressaten des Thüringer Stiftungsgesetzes. Durch die Aufnahme der für sie geltenden Regelungen in einem eigenen Abschnitt werden alle Betroffenen in die Lage versetzt, sich schnell einen Überblick über die wesentlichen stiftungsrechtlichen Bestimmungen für privatrechtliche Stiftungen zu verschaffen. So wird die Stiftung verpflichtet, der Stiftungsbehörde auch innerhalb einer bestimmten Frist einen Jahresbericht vorzulegen, aus dem der Bestand und etwaige Veränderungen des Stiftungsvermögens sowie die Verwendung der Stiftungsmittel ersichtlich sind. Die rechtsaufsichtlichen Befugnisse der Stiftungsbehörde werden in ei
Die Sondervorschriften für Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie für kommunale und kirchliche Stiftungen werden im dritten Abschnitt des Gesetzes ebenfalls in jeweils einer Regelung konzentriert. Neu in das Gesetz aufgenommen wurde auch eine Bestimmung über Ordnungswidrigkeiten, nach der Verstöße gegen die einzelnen Verpflichtungen des Gesetzes mit einer Geldbuße geahndet werden können.
Die Thüringer Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Innenministeriums wird in Artikel 2 des Entwurfs an die Änderungen im Stiftungsgesetz angepasst. Hier möchte ich besonders darauf hinweisen, dass die Gebührenfreiheit für Stiftungen und Stifter im gemeinnützigen Bereich eingeführt wird. Thüringen folgt damit einer in fast allen anderen Ländern auch zu beobachtenden Entwicklung und setzt so - wie ich meine - ein weiteres Signal für Stiftungsfreundlichkeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem modernen und attraktiven Stiftungswesen im Freistaat Thüringen, in dem die Stifterfreiheit und die Eigenverantwortlichkeit von Stiftungen gestärkt und gleichzeitig der Grundsatz der Erhaltung des Stiftungsvermögens untersetzt wird. Der Gesetzentwurf schafft damit die passenden rechtlichen Rahmenbedingungen, damit sich die Stiftungskultur in unserem Land weiter positiv entwickeln kann. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nach der Durchsicht des Gesetzentwurfs ergibt sich für uns zunächst erst einmal nichts Spektakuläres. Es ist sinnvoll, ein neues Stiftungsrecht für Thüringen zu schaffen, das in aktualisierter Form vor allem die Bestimmungen der §§ 80 bis 88 des BGB durch Landesregelungen konkretisiert und dabei auch die Stiftungen öffentlichen Rechts und die durch öffentliche Körperschaften verwalteten Stiftungen umfasst.
Stiftungen dürfen - so sehen es die Regelungen vor - das Gemeinwohl nicht gefährden. Doch über diese juristische Bewertung hinaus sind Stiftungen in der allergrößten Zahl der Fälle darauf angelegt, einen am Gemeinwohl orientierten Zweck zu erfüllen. Das wird besonders deutlich, wenn Bürger Stiftungen
mit sozialer Zielsetzung, zum Beispiel zur Unterhaltung von Pflegeeinrichtungen oder zur Förderung von Bildung und Kultur - z.B. Stipendienvergabe - oder zur Einrichtung eines Museums ins Leben rufen. Solches gesellschaftliches Engagement kann man nicht hoch genug schätzen und es sollte auch gefördert und gesichert werden, selbst wenn vielleicht einige Superreiche mit ihrer Stiftung nicht nur das Gemeinwohl im Auge haben, sondern hintergründig auch an mögliche Steuerersparnisse denken. Das aber sollte nicht von einer Stiftungsförderung abhalten. Vielmehr sind hier sinnvolle und wirksame Kontrollmechanismen gefragt. In diesem Sinne ist auch die Vorlagepflicht für den Jahresbericht sinnvoll ebenso wie das Beanstandungsrecht - beides in § 12.
Zu prüfen bleibt, ob es hier noch weiterer Maßnahmen bedarf. Vor allem Transparenz ist ein wichtiges Mittel, um die Arbeit von Stiftungen soweit wie nötig nachvollziehen zu können. Das Stiftungsverzeichnis ist hierzu ein wichtiger Schritt. Wir meinen jedoch, dass Daten und Fakten von Stiftungen noch transparenter zugänglich sein sollten. So sollten auch Informationen zum Stifter und zur Höhe und Zusammensetzung des Stiftungskapitals zugänglich sein. Der Stiftungszweck sollte möglichst präzise im Stiftungsverzeichnis niedergelegt sein. Da Stiftungen, wie schon gesagt, nicht dem Gemeinwohl widersprechen dürfen, ja mehr noch, grundsätzlich auf die Förderung gemeinwohlorientierter Zwecke angelegt sind, ergibt sich nach Ansicht unserer Fraktion daraus ein Anspruch der Allgemeinheit auf größtmögliche Transparenz. Es ist deshalb fraglich, ob Informationen zu den Stiftungsorganen oder auch die Satzung der Stiftung nur eingeschränkt zugänglich sein sollen. Die Stiftungssatzung ist ein öffentliches Dokument, das auch notwendige Voraussetzung für die wirksame Gründung ist. Unserer Meinung nach gehen hier der öffentliche Charakter und öffentliche Belange vor. Dass durch den allgemeinen Satzungstext schon Persönlichkeitsrechte betroffen sein könnten, ist nach unserer Auffassung nicht ersichtlich.
Das könnte man bei öffentlicher Zugänglichkeit am Namen von Personen in Funktion zum Beispiel in den Stiftungsorganen und -gremien anders sehen, jedoch ist es auch an anderer Stelle in der geltenden Rechtsordnung üblich, dass Personen in Funktion mit ihrem Namen öffentlich zugänglich sind, und zwar auch ohne Hürde eines sogenannten berechtigten Interesses.
Und da Stiftungen in den meisten Fällen gemeinwohlorientierte Zwecke verfolgen, dürfen in diesen Fällen daraus im Gegenzug auch steuerliche Vorteile entstehen. Auch das zieht nach Ansicht unserer Fraktion eine erhöhte Transparenzpflicht nach sich. Allerdings muss auch dann der Datenschutz in hoher Qualität gesichert sein, wenn es wirklich um den
Schutz der persönlichen Sphäre geht. Also ist nach Ansicht unserer Fraktion zu prüfen, ob die Rechtsverordnungsermächtigung, insbesondere hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots, genügt. Stiftungen können tatsächlich dazu dienen, gesellschaftliches Bürgerengagement zu verstetigen und das sogar hinsichtlich ziemlich umfangreicher Projekte. Das kann vor allem auch dort zu sehr lebhaften Aktivitäten von Bürgerinnen oder Bürgern führen, wo viele kleine Stifter sich zusammentun, sozusagen das Alternativmodell zum klassischen generösen Mäzen. In diesem Sinne ist es sinnvoll, das Landesverwaltungsamt zur Stiftungsbehörde und damit zur zentralen Anlaufstelle für Stiftungswillige zu machen. Allerdings muss das Ministerium immer noch eine wirksame Aufsichtsfunktion über das Stiftungswesen behalten.
Dies alles, meine Damen und Herren, erlaubt aber nicht den Schluss, der Staat könne in Bereichen wie zum Beispiel Soziales, Bildung, Kultur oder auch auf anderen Gebieten wegen seiner finanziellen Situation die Förderung stiftungsbereiten Bürgern allein überlassen. An dieser Stelle drängt sich nämlich eine grundsätzliche Debatte darüber auf, welche Aufgaben staatliche bzw. öffentliche Strukturen haben und wie weit hier die Aufgabenprivatisierung auch in Form von Stiftungen gehen darf.
Nach Ansicht der LINKEN sind Aufgaben im Bereich Soziales, Bildung, aber auch Kultur vor allem Aufgaben öffentlicher Daseinsvorsorge, die der Staat zu sichern hat. Vor allem mit Blick auf die Gewährleistung gleicher Teilhabe aller an diesen Leistungen und Angeboten ist das unseres Erachtens geboten. Stiftungsrecht darf nicht dazu missbraucht werden, dass sich der Staat immer weiter aus der öffentlichen Daseinsvorsorge zurückzieht. Das betrifft sowohl die Gestaltung der gesetzlichen Ebene als auch die Ebene der praktischen Durchführung. Nehmen Sie private Stiftungen wie zum Beispiel die, die Stipendien vergibt: Eine lobenswerte Sache, aber eigentlich sollten die gesetzlichen, die tatsächlichen gesellschaftlichen Bedingungen so gestaltet sein, dass alle, die Begabung und Fähigkeit dazu haben, ein Studium absolvieren können, unabhängig von der Hürde irgendeines Geldbeutels oder dem Zwang, ein Stipendium oder einen Nebenjob haben zu müssen. Der Staat sollte also nicht darauf spekulieren dürfen, dass er mit einem möglichst deregulierten Stiftungsrecht, wenn vielleicht auch nur mittelbar, von Aufgaben entlastet wird oder sich selbst entlastet, weil Bürger durch Stiftungsgründungen helfen werden, die Lücken zu schließen.
Diese Gefahr der unmittelbaren Flucht aus Staatsaufgaben, nicht nur weil der Gesetzentwurf neben privaten Stiftungen auch öffentliche Stiftungen erfasst, besteht. In Thüringen gibt es unseres Erachtens schon konkrete Beispiele für diese Flucht des Staates
in Stiftungen, z.B. die Stiftung „FamilienSinn“ oder die Stiftung „Hilfe für blinde und sehbehinderte Menschen“. Beide Stiftungen haben noch nicht bewiesen, dass sie die eigentlich staatlichen Aufgaben wirklich genauso gut oder gar besser erfüllen können. Gerade der Blinden- und Sehbehindertenstiftung droht eine völlige Überforderung, wenn sie Beratungs- und Unterstützungsleistungen an Blinde und Sehbehinderte absichern und gleichzeitig noch finanzielle Härten ausgleichen soll. Zwar bekommen diese Stiftungen das Stiftungskapital vom Staat, aber dann ist das Land die leidigen Aufgaben los und die Stiftung ist wegen der rechtlichen Selbstständigkeit im Grunde genommen mit einer großen Aufgabe der Daseinsvorsorge auf sich allein gestellt. Die Fraktion DIE LINKE wird dieses Problem, diese Seite des Stiftungswesens in der weiteren Diskussion immer wieder in die Debatte werfen. Wir werden immer wieder auf diese Gefahr hinweisen.
Förderung von gesellschaftlicher Eigeninitiative der Bürgerinnen und Bürger ist willkommen, sie ist wichtig und sie ist notwendig, auch davon lebt ein Gemeinwesen. Aber es darf nicht verbunden sein mit der Nebenwirkung, dass das Land sich eine weitere direkte oder indirekte Hintertür schafft, um sich aus Aufgaben der Daseinsvorsorge zu verabschieden.
Die Sonderrolle kirchlicher Stiftungen wundert nicht bei der Art, wie die Trennung von Kirche und Staat in Deutschland verstanden und gehandhabt wird. Weitere Detailfragen, wie zum Beispiel die Möglichkeit der Satzungsänderung bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse in § 9 - der unbestimmte Rechtsbegriff lädt hier regelrecht zu Auslegungsstreitigkeiten ein - oder auch die Frage, was der eigentlich systematische Fremdkörper der Änderung des Melderechts in dem Artikelgesetz soll, werden wir in der weiteren Ausschussberatung thematisieren. Eine öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf wäre nach Meinung unserer Fraktion sehr sinnvoll. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, vorab sei mir eine Bemerkung erlaubt. Stiftungswesen und Stiftungsgesetz hat nichts mit stiften gehen zu tun. Wenn ich hier mal auf die Regierungsbank schaue, ein Minister, drei Staatssekretäre, da müssten wir das eventuell noch mal im Kabinett glattziehen, um was es in diesem Gesetz geht.
Meine Damen und Herren, dass wir heute die Neuregelung des Stiftungswesens diskutieren, hat einen Hintergrund. Im Juli 2006 hat die CDU-Landtagsfraktion von der Landesregierung einen Bericht über die Situation des Stiftungswesens in Thüringen eingefordert. Damals wurde auf die geringe Zahl von bestehenden Stiftungen und die geringe Zahl von Neugründungen in Thüringen hingewiesen. Während es bundesweit durchschnittlich 16 Stiftungen pro 100.000 Einwohner gibt, liegt Thüringen mit sieben Stiftungen pro 100.000 Einwohner weit unter dem Bundesdurchschnitt. Damals wurde deutlich, dass in Thüringen die erheblichen Chancen und Möglichkeiten des Stiftungswesens mit seinen Fragen der gemeinwohlfördernden Wirkungen zum großen Teil ungenutzt blieb.
Während 2002 auf Bundesebene durch ein Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts die Bestimmungen für rechtmäßige Stiftungen des bürgerlichen Rechts neu gefasst wurden und dies in der Folge auch die anderen Bundesländer tun, blieb in Sachsen-Anhalt und auch in Thüringen die Landesregierung untätig. So hat auch Thüringen von dem Stiftungsboom, den Deutschland in den vergangenen Jahren erlebte, kaum profitieren können. Während in vielen anderen Bundesländern die Zahl der Stiftungsneugründungen deutlich stieg und es gelang, dem Stiftungsgedanken einen neuen Auftrieb zu geben, veränderte sich die Zahl der Stiftungen in Thüringen nur unmerklich. Höchste Zeit also, dass etwas passiert. In Thüringen gilt - der Staatssekretär hat darauf hingewiesen - derzeit noch das Stiftungsgesetz vom September 1990. Damals haben wir dieses Recht sehr kurzfristig geschaffen. Wir wollten keinen rechtsfreien Raum in den neuen Bundesländern. Dieser rechtsfreie Raum war vorhanden, weil seit der Einführung des Zivilgesetzbuches der DDR 1975 die aktive Errichtung von Stiftungen des bürgerlichen Rechts nicht mehr möglich war.
Ich will es so zusammenfassen: Das vorhandene Landesrecht genügt nun den Ansprüchen nicht mehr und es ist gut, dass jetzt, wenn auch sehr spät, gehandelt wird. Mit dem vorliegenden Entwurf soll erreicht werden, dass die rechtlichen Anforderungen für das Entstehen einer Stiftung transparenter und einfacher werden. Die Rahmenbedingungen für die Arbeit von rechtsfähigen Stiftungen sollen verbessert werden. Wir halten die gemachten Vorschläge grundsätzlich für geeignet, den Stiftungsgedanken insgesamt zu stärken und die Entwicklung des Stiftungswesens in Thüringen zu befördern. Die im Entwurf vorgeschlagenen Anpassungen wie die Regelung einer größeren Handlungs- und Entscheidungsfreiheit für die Stiftungen und ihre Organe, die Bündelung
des Stiftungsrechts im Landesverwaltungsamt, die öffentliche Zugänglichkeit für das Stiftungsverzeichnis für jedermann, die Einführung eines Jahresabschlusses bzw. Jahresberichts zum Schutz vor Vermögenseinbußen werden wir in den anstehenden Ausschussberatungen intensiv prüfen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.