Protocol of the Session on February 28, 2008

Wir haben ein Zweites: Wir haben erreicht, dass die Durchlässigkeit bei der Ausbildung organisiert wird - das ist entscheidend -, nicht dass alles gleichgeschaltet wird, sondern dass Weiterentwicklungen möglich sind. Das heißt, dass ich an bestimmte Ausbildungen jetzt auch weitere Ausbildungen später oder gleich im Anschluss ansetzen kann. Diese Durchlässigkeit ist wichtig und sie entspricht auch internationalen Standards. Insofern zeichnen wir mit diesem Lehrerbildungsgesetz eine sehr gute Perspektive vor, die auch von den Universitäten und Hochschulen in Thüringen so gesehen wird. Im Grundsatz verbinden wir stärker miteinander theoretische Ausbildung und Praxisausbildung schon frühzeitig, weil das wichtig ist, weil junge Menschen frühzeitig konkret erfahren müssen, was es heißt, Schule zu gestalten, also fachliche Kompetenzen, pädagogische Kompetenzen und menschliche Kompetenzen miteinander zu verbinden.

Dann haben Sie wieder PISA und den internationalen Vergleich hier zitiert. Ich hatte einige wenige Punkte aufgeführt. Ob es uns gefällt oder nicht, ob es Ihnen gefällt oder nicht, Deutschland kann man nicht als einheitliches Bildungsland standardisiert vergleichen. Wir haben seit 1949 und wir seit 1990 eigene und ureigene landespolitische Kompetenzen im Bereich der Bildung. Deshalb finden Sie auch in den internationalen Studien - wenn dann die Ländervergleiche vorliegen - immer die Länder Europas und der Welt und integriert die Länder Deutschlands, alle sechzehn. Das ist gut, weil da Thüringen exzellent abschneidet. Darauf sind wir auch stolz.

(Beifall CDU)

Dass sozialdemokratische Länder und auch sozialdemokratische Politiker, die sich der Bildungspolitik verschreiben, gern eine nationale Bewertung heranziehen, das ist selbstredend. Das erklärt sich, ohne dass man Weiteres sagen muss. Denn diese Länder stehen in aller Regel hinten in der Skala. Deshalb nutzt ihnen ein nationaler Vergleich, weil erstens die positiven Länder wie Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen den Gesamtstandard heben, und sie zweitens ihre schlechten politischen Leistungen hinter diesem Gesamtstandard verstecken können. Dazu dient diese Statistik dann.

(Beifall CDU)

Deshalb sprechen wir uns immer dagegen aus, zu einer nationalen Bildungspolitik zu kommen. Es bleibt dabei, es ist föderale Grundordnung in Deutschland, dass wir als Länder zuständig sind. Im Übrigen haben nicht einige SPD-regierte Länder zugestimmt, sondern die Föderalismusreform ist einstimmig verabschiedet worden. Das heißt, auch die anderen Länder wissen, es ist ein hoher Wert im Wettbewerb,

gute Bildungspolitik zu machen vom Kindergarten über die Schule bis in die Universität, weil das die Treiber der Entwicklung in einem Land sind. Dadurch werden Forschung, Technologie und Wirtschaft vorangetrieben. Dadurch sichern wir Arbeitsplätze, schaffen neue. Dadurch sichern wir auch den sozialen Standard in unserer Gesellschaft.

(Beifall CDU)

Das betrifft dann auch die Details. Deshalb kann man bei der Frage soziale Herkunft und Bildungsentwicklung Deutschland nicht vergleichen. Das tun gern die, die als Bildungsideologen uns etwas einreden wollen. Ich habe die PISA-Studie zitiert, ich habe sie nicht ausgelegt. Da werden die genannten Länder in der Sozialauslese als positiv im Blick auf die Bildungsabschlüsse bewertet. Wenn Sie das in der internationalen Statistik sich anschauen, steht Thüringen im Rang bei Schweden und anderen sehr positiv bewerteten Ländern.

(Beifall CDU)

Das macht doch deutlich, dass es richtig ist. Trotzdem gebe ich Ihnen recht - und jeder, der in der Schule gearbeitet hat und der im Leben steht, weiß, dass das so ist -, natürlich schafft Herkunft Voraussetzungen. Wer das ignoriert, ignoriert die Wirklichkeit. Das ist doch gar keine Frage. Die Frage ist, ob es möglich ist, in unserem Bildungssystem unabhängig dieser Herkunft zu den nach den eigenen Talenten, Fähigkeiten und Fertigkeiten möglichen Bildungserfolgen zu kommen. Da sage ich Ihnen, leistet das Thüringer Bildungssystem durch die engagierten Lehrerinnen und Lehrer sehr, sehr gute Arbeit. Dort wird international wie national unser Standard hoch geschätzt.

(Beifall CDU)

Ich habe auch deutlich gemacht, wie wir neue Anstrengungen - gerade vor wenigen Wochen beschlossen - im Blick auf die weitere Exzellenzinvestition in unsere Universitäten und Forschungseinrichtungen und unseren Mittelstand vorbereitet haben. Ich habe deutlich gemacht, welche neuen Handlungsfelder sich dadurch ergeben. Ich habe in dem ersten Teil meiner Rede sehr deutlich gemacht, welche Initiativen und Programme wir im Blick auf den Kampf gegen den Rechtsextremismus, gegen Extremismus, gegen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt verstärkt unterstützen und auch initiieren. Ich habe Beispiele genannt, kommunale und die Zusammenarbeit mit den Feuerwehren, Demokratieerziehung an den Schulen - das alles ist vielfältig benannt worden.

Genau darum geht es, wo sind die Stärkungselemente für die Demokratie und für die Demokratieakzeptanz und die Verwurzelung sowohl innerhalb unserer Präventions- und auch innerhalb unserer gesamten politischen Arbeit und wo sind die Entwicklungsmöglichkeiten für unsere Gesellschaft durch Bildung, durch Forschung und Entwicklung durch Hochschulen. Das greift ineinander und das wird durch den neuen Thüringen-Monitor 2007 auch sehr gut begründet, wie wichtig es ist, an dieser Stelle nachhaltig zu arbeiten.

Das war mein Fazit, und ich finde, das ist kein Fazit, dass wir uns zurückziehen und mit dem Erreichten zufrieden sind, sondern es ist ein Fazit, das geradezu den Auftrag gibt, weiter zu gestalten, aber eben auch den Auftrag gibt, auf dem Fundament weiter zu gestalten, das wir gemeinsam entwickelt haben. Ich habe gesagt, der Thüringen-Monitor 2007 fordert heraus, das ist eine ganz klare Aufgabenstellung, motiviert und akzentuiert. Deshalb bin ich dankbar, dass wir eine Grundlage in Thüringen haben, bei der die Thüringerinnen und Thüringer stolz sein können auf das, was sie erreicht haben, bei der wir aber auch aus der Politik heraus stolz sein können auf das, was sich durch die politischen Rahmenbedingungen in Thüringen entwickelt hat. Das ist Ansporn für die nächsten Jahre, das werden wir nicht gefährden. Da hilft es nicht, Kassandrarufe zu tätigen, sondern da hilft es nur, auf politische Stabilität in Thüringen zu setzen.

(Beifall CDU)

Jetzt hat sich für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Matschie noch einmal zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, ich will auf einige Punkte, Herr Ministerpräsident, die Sie hier angeführt haben, noch einmal eingehen.

Natürlich stellen Wissenschaftler in einem solchen Monitor ihre Fragen, aber die haben einen Auftraggeber. Es ist doch verwunderlich, warum sich bestimmte Fragen, die wir hier heiß diskutieren und die in der Gesellschaft heiß diskutiert werden, nicht in dem Thüringen-Monitor finden. Ich wundere mich jedenfalls. Wir diskutieren hier seit Längerem die Frage von Strukturreformen und die Frage längeres gemeinsames Lernen. Weshalb findet sich eine solche Frage nicht wieder im Thüringen-Monitor, ob Eltern sich das wünschen, dass Kinder länger gemeinsam lernen.

(Beifall SPD)

Oder, Herr Ministerpräsident, die Frage, die ja auch früher mal gestellt worden ist im Thüringen-Monitor: Was ist für die Eltern wichtiger, in Kinderkrippe und Kindergärten zu investieren oder den Eltern das Geld direkt zu geben? Auch diese Frage findet sich nicht mehr. Früher ist die sehr eindeutig beantwortet worden. Eltern haben nämlich gesagt, uns ist es wichtiger, in Kindergärten und Kinderkrippen zu investieren und nicht Eltern mehr Geld an die Hand zu geben. Möglicherweise haben Sie diese Antworten als schwierig empfunden, und deshalb werden die Fragen gar nicht mehr gestellt.

Ich will etwas sagen zu Ihrer Frage: Weshalb sind Sie, wenn Sie gegen das Thüringer Erziehungsgeld sind, nicht gegen das Bundeselterngeld? Das kann ich Ihnen sehr klar sagen, weil das ganz anders konzipiert ist. Das Bundeselterngeld ist nicht damit verbunden, dass es nur dann gezahlt wird, wenn ein Kind nicht in den Kindergarten geht. Das ist der fatale Zusammenhang, den Sie geschaffen haben, Sie zahlen das Geld nur dann, wenn das Kind nicht in den Kindergarten geht. Das führt nun mal, Herr Ministerpräsident, bei armen Familien zu der Überlegung, was ist jetzt dringender, die 150 € in der Familienkasse oder das Kind in den Kindergarten zu schicken. Ich habe Ihnen vorhin die Zahl vom Statistischen Bundesamt vorgetragen. Thüringen ist das einzige Bundesland, in dem die Zahl der Zwei- bis Dreijährigen in den Kindereinrichtungen gesunken ist. Warum ist denn das so? Das ist so, weil es diesen Zusammenhang gibt, weil es diesen finanziellen Anreiz gibt.

(Beifall SPD)

Sie haben gesagt, soziale Herkunft und Bildungserfolg, dieser Zusammenhang ist in Thüringen besser als in anderen Bundesländern. Ja, das ist so, das will ich auch ganz ausdrücklich anerkennen. Es gibt Bundesländer, da ist die Chance für ein Kind aus gutem Hause fünfmal so groß, bei gleicher Leistung ans Gymnasium zu kommen, wie für ein Kind aus einer armen Familie. Bei uns ist sie immerhin nur dreimal so groß, aber selbst das ist eine schwierige Zahl. Sie ist auch deshalb schwierig, weil sich dieser Indikator verschlechtert hat in den letzten Jahren. Wir sind nicht auf dem Weg der Besserung, sondern die früheren Zahlen sahen besser aus - sozialer Zusammenhang und Bildungserfolg -, als sie heute aussehen. Da finde ich, das muss uns doch zu denken geben.

(Beifall SPD)

Die Fehlanreize, die das Thüringer Erziehungsgeld setzt, die werden zu einer weiteren Verschlechterung führen. Man kann es schon voraussagen, nicht nur die statistischen Zahlen, sondern wenn man vor Ort

geht in die Kindergärten und fragt. Es gibt Kindergärten in Wohnregionen, da sagen die, das spielt bei uns überhaupt keine Rolle, die Zahl ist gleich geblieben. Aber es gibt auch Kindergärten in Wohnregionen, da ist es ganz deutlich spürbar, dass weniger Kinder im Alter zwischen zwei und drei Jahren in den Kindergarten gehen - und das sind die, die es eigentlich am dringendsten brauchen.

Sie haben gesagt, Herr Ministerpräsident, die Elternbeiträge sind in Thüringen sehr unterschiedlich. Ja, das war immer so. Aber klar ist auch, seit dem Beschluss Ihrer Familienoffensive steigen die Elternbeiträge und diesen Zusammenhang können Sie doch nicht leugnen, Herr Ministerpräsident.

(Beifall SPD)

Jede Erhöhung der Elternbeiträge ist eine Erhöhung, verursacht durch die Familienoffensive der CDU - das ist die Wahrheit.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Sozia- les, Familie und Gesundheit: Unsinn!)

(Unruhe CDU)

Wenn Sie behaupten, Jena hätte die höchsten Beiträge, Herr Ministerpräsident - ich bin mir nicht ganz sicher, es kann sein - da habe ich die Statistik nicht im Kopf -, dass das am oberen Rand vielleicht der Fall ist, aber Jena hat sozial gestaffelte Beiträge. Kinder aus armen Familien zahlen keine Beiträge. Kinder aus weniger vermögenden Familien zahlen geringe Beiträge. Aber Kinder aus gut verdienenden Familien - und davon gibt es zum Glück in Jena eine ganze Menge -, die bezahlen auch hohe Beiträge und das ist auch gerechtfertigt, ein System sozial gerecht zu staffeln.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Ich denke, Sie wollen gar keine Beiträge!)

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Dass ich nicht lache, erst wollen Sie gar keine…)

Wenn Sie sagen, ich bin auch für die Beitragsfreiheit der Kindergärten... Herr Kollege, da brauchen Sie gar nicht zu lachen. Herr Althaus hat eben gesagt, er ist auch für die Beitragsfreiheit der Kindergärten, dass das sozusagen auf den Weg gebracht werden soll, und die GEW habe dem widersprochen. Ich meine, es ist schon einigermaßen komisch. Sie sagen, ich kürze den Kindergärten Geld, in den letzten beiden Jahren gut 50 Mio. €,

aber gleichzeitig wollen Sie Beitragsfreiheit umsetzen. Ich will Ihnen sagen, wie das aussieht: Während Sie hier das Geld streichen, beantragt Herr Panse in Erfurt, die Kindergärten beitragsfrei zu machen.

(Zwischenruf Abg. Panse, CDU: Herr Bausewein lehnt es ab, das ist der Hammer.)

Das, Herr Panse, ist genau die Politik, die nicht aufgehen kann, wenn Sie sich hier im Thüringer Landtag hinstellen und die Hand heben für Kürzungen bei den Kindergärten und dann im Stadtrat Beitragsfreiheit fordern. Das ist scheinheilig, Herr Kollege Panse.

(Beifall SPD)

Dass Sie in der Lehrerbildung mehr Praxis unterbringen, das begrüße ich ganz ausdrücklich, Herr Althaus. Das ist eine Entwicklung, für die war es höchste Zeit. Auch in anderen Bundesländern geht man in diese Richtung. Es ist klar, wir müssen nicht Mathematiker und Chemiker ausbilden und sie in die Schule schicken und sehen, ob es gut geht, sondern wir brauchen Pädagogen, die Mathe und Chemie gut unterrichten können. Deshalb ist Praxis ganz wichtig. Das hat unsere volle Unterstützung. Aber warum diese unselige Aufteilung in eine Dreiklassengesellschaft der Lehrer? Wenn ein Grundschullehrer nur einen Bachelor-Abschluss hat, dann führt es doch dazu, dass dieser Lehrer weniger gut bezahlt wird als der Lehrer, der einen Master-Abschluss hat. Deshalb sage ich Ihnen noch mal, das ist kein Lehrerbildungsgesetz, das ist ein Lehrerspargesetz, was Sie hier auf den Weg gebracht haben.

(Beifall SPD)

Wie ist das denn eigentlich? Ich weiß nicht, ob Sie die Frage geklärt haben. Wenn in Sachsen die Voraussetzung für einen Grundschullehrer der Masterabschluss ist, kann dann in Zukunft ein in Thüringen ausgebildeter Grundschullehrer mit einem Bachelor-Abschluss auch in Sachsen unterrichten?

(Unruhe CDU)

Das wäre die spannende Frage, ob das dann deutschlandweit immer noch möglich ist mit ganz unterschiedlichen Ausbildungsabschlüssen.

Ich will zum Schluss noch einen Punkt aufgreifen, den Sie, Frau Lieberknecht, genannt haben, weil ich Ihnen da ganz entschieden und energisch widersprechen muss. Sie haben vorhin gesagt, Konservatismus und Liberalismus setzen auf den Einzelnen und seine Freiheit und Sozialismus presst ihn ins Kollektiv. Sie haben etwas gemacht, Frau Kollegin,

das ist diesem Hause nicht angemessen. Sie haben die Idee des Sozialismus mit dem Nationalsozialismus gleichgesetzt. Ich sage Ihnen eins, für diese Idee des demokratischen Sozialismus sind Sozialdemokraten gestorben im Kampf gegen den Nationalsozialismus.

(Beifall SPD)

Deshalb ist es ungehörig, eine solche Gleichsetzung hier zu machen. Die Idee des demokratischen Sozialismus ist immer eine Freiheitsidee gewesen,