Angesichts der auf dem Tisch liegenden Fakten der Verfahrenspraxis in anderen Ländern und des gemeinsam in diesem Landtag getragenen Beschlusses für Demokratie und Toleranz ist es an der Zeit, dass die Landesregierung ihre Verwaltungsspitzen und eben auch die Kommunen sensibilisiert. Ich sage
mit „sensibilisiert“ eine bewusst vorsichtige Formulierung. Man könnte es in manchen Fällen auch härter und eindeutiger formulieren. Bei der Verfahrenspraxis im Umgang mit Asylanten und bei der Betrachtung dessen, was rundum in anderen europäischen Staaten geschieht, ist statt restriktiver Handhabung eben längst Großzügigkeit angebracht.
Ich sage noch eines deutlich, vielleicht bin ich da auch in meiner eigenen Partei nicht mit allen einer Meinung oder vielleicht sehen das auch einige anders, aber das möchte ich hier an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen: Wir haben mit unseren gesetzlichen Regelungen trotz unserer historischen Erfahrung dafür gesorgt, dass die Bundesrepublik für Flüchtlinge und Asylbewerber ohnehin kaum noch erreichbar ist. Das war damals ein schwieriger politischer Aushandlungsprozess, dem ich damals schon kritisch gegenübergestanden habe. Das Schlimme damals war, es war ein Aushandlungsprozess, der in der Folge des Schürens von Ausländerfeindlichkeit von interessierter Seite, und es gab damals auch einige CDU-Spitzenkandidaten, die das genutzt haben und die diese Ausländerfeindlichkeit für ihre politischen Überlegungen benutzt haben.
Ich kann mich noch entsinnen, dass in Hessen einmal ein Ministerpräsidenten-Kandidat mit derartigen Parolen eine Wahl gewonnen hat. Ich will ausdrücklich diese Stimmungsmache deshalb heute noch einmal in Erinnerung rufen, weil manchmal ist es schon ein bisschen seltsam, wir wundern uns heute, welches Ausmaß an Fremdenfeindlichkeit vorhanden ist und entsinnen uns nicht mehr der Ursachen, die damals auch dazu mit beigetragen haben und die Entwicklung, die sich bis heute fortsetzt. Das, obwohl in Thüringen sehr wenig Ausländer und Flüchtlinge vor Ort sind.
Ich will es auch in Erinnerung rufen, weil der gemeinsame Beschluss der Fraktionen hier in diesem Haus von einer anderen Intention getragen worden ist, so habe ich es jedenfalls damals verstanden. Dieser Beschluss ist überschrieben worden mit dem Begriff „Initiative für Demokratie und Toleranz gegen Extremismus und Gewalt“ und deshalb sollten wir alles tun, damit bestehende Gesetze nicht gegen unsere ausländischen Mitbürger und Flüchtlinge gerichtet werden. Stattdessen ist es erforderlich, sie; soweit es nur irgend geht, bei der Integration und bei der persönlichen Hilfestellung zu unterstützen.
Jetzt lassen Sie mich trotzdem noch zwei Sätze zu Ziffer 3 des Antrags der Kollegen der LINKEN sagen. So sehr ich für Reformen bin und für Diskussionen, die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes hier einzufordern, das ist dann doch schon
wieder ein bisschen schaufensterhaft, weil Sie ganz genau wissen, dass dieses machtpolitisch weder hier noch in Berlin umzusetzen ist. Diese Realität muss man zum Zeitpunkt natürlich auch anerkennen. Ich sage es auch ganz deutlich, weil ich davon insgesamt überzeugt bin: Von welcher Seite auch immer bestimmte Varianten vorgetragen werden, mit einer solchen Forderung und mit einer solchen Zuspitzung wird nicht für die notwendige Sachlichkeit und die pragmatische Lösung gesorgt, die den Asylbewerbern im täglichen Leben helfen soll. Das heißt, die SPD-Fraktion wird getrennte Abstimmung beantragen. Wir werden Teil 1 und Teil 2 Ihres Antrags nicht nur unterstützen, wir begrüßen es ausdrücklich. Wir werden auch den Entschließungsantrag mittragen, aber den Punkt 3 nicht. Herzlichen Dank.
Sehr verehrte Präsidentin, meine Damen und Herren, wieder einmal haben wir hier im Plenum einen Antrag der Fraktion DIE LINKE vorliegen, der wieder populistisch ist und Unruhe stiften will.
Außerdem muss ich sagen, kann ich mir nicht vorstellen, dass der Antrag nur aus der Mitte der Fraktion hier im Landtag gekommen ist, denn auch DIE LINKE-Fraktion im Bundestag hat ja schon so einen ähnlichen Antrag gestellt. Das Asylbewerberleistungsgesetz ist ja ein Bundesgesetz, eigentlich gehört es da auch hin, in den Bundestag.
Nein, jetzt nicht. Dieses Gesetz ist 1998 novelliert worden. Art, Umfang und Form waren damals vorgesehen, um keinen Anreiz zu schaffen, aus wirtschaftlichen Gründen in die Bundesrepublik zu kommen. So schön wie das menschliche Anliegen ist, Wirtschaftsflüchtlinge auch in der Bundesrepublik aufzunehmen, aber ich denke und wir wissen es alle,
unsere Bundes- und Landeskassen sind nur beschränkt leistungsfähig. Wir können dieses Land Deutschland nicht kaputtmachen, indem wir die ganze Welt bei uns aufnehmen. Da sieht es dann nämlich auch so aus wie überall.
Es geht einfach nicht. Das wissen Sie ganz genau. Außerdem, mit diesem Asylbewerberleistungsgesetz schützen wir eigentlich auch die Menschen selber. Das wissen Sie ganz genau. Sie kennen die Praxis von Schlepperbanden damals, die Leute hier in die Bundesrepublik geschafft haben und hinterher die wenigen Leistungen, die diese Flüchtlinge eigentlich für ihren Grundlebensunterhalt bekommen haben, teilweise noch abgezockt haben. Das ist uns allen bekannt. Genauso sind uns Familiensysteme oder Familiengepflogenheiten gewisser Völkergruppen bekannt, dass die Frau dort nur dazu da ist zu dienen. Wenn der Haushaltsvorstand das Geld in Empfang nimmt, ob es dann wirklich in der Familie ankommt? Dort muss man Zweifel haben und wir schützen eigentlich die Menschen. Sie, gerade Sie, unterstellen pauschal unseren Eltern, dass sie nicht mit Landeserziehungsgeld umgehen können. Aber hier - sagt man - darf man das überhaupt nicht machen.
Es sind auch nicht alle pauschalisiert. Es gibt auch andere Möglichkeiten, auf die ich dann noch eingehen werde.
Der Grundbedarf wird laut Gesetz bei notwendigem Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts durch Sachleistungen gedeckt. Das steht im Gesetz. Sachleistungen können außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen - das ist bei uns Eisenberg, also wenn sie dann in die Landkreise kommen - nach den Umständen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder der Geldleistung im gleichen Wert gewährt werden. Nach Auslegung ist der Wortlaut: „Vorrang bei Sachleistungen, Wert der Reihenfolge nach bei Wertgutscheinen und in Ausnahmen in Bargeld“.
Die Anträge der kommunalen Ausländerbeauftragten der Gemeinden haben für mich eigentlich einen Hintergrund. Ich kenne das. Es wurde bis jetzt in verschiedenen Landkreisen per Chipkarte abgerechnet. Diese Systeme waren eingefahren. Sie haben es vorhin gesagt, dieser Vertrag wurde aufgekündigt. Es ist natürlich mit einigem Verwaltungsaufwand verbunden, wenn die Landkreise jetzt Wertgutscheine einführen müssen und teilweise Verträge mit Lebensmittelketten abschließen müssen. Aber,
Frau Berninger, Sie haben das vorhin so schön gebracht, Beispiele aus Thüringen. Ich kann Ihnen jetzt auch ein Beispiel aus Thüringen bringen, denn der Landkreis Saalfeld-Rudolstadt ist in dieses „Geblase“ nicht mit eingesprungen, weil er schon immer Warengutscheine hatte. Und sie haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht.
Die Sachleistung bei Unterkunft und Heizung ist klar. Warengutscheine gibt es dort für den täglichen Bedarf. Es gibt Verträge nicht bloß mit einer teuren Kette. Es gibt dort Verträge mit verschiedenen Lebensmittelketten und auch den preiswertesten. Die Asylbewerber können im gesamten Landkreis einkaufen. Sie haben vorhin wieder gesagt, das Fahrgeld können sie nicht bezahlen. Das stimmt ja nicht. Das Fahrgeld wird ihnen ja ersetzt vom örtlichen Sozialamt.
Aber natürlich. Taschengeld gibt es in bar, das haben Sie vorhin auch schon gesagt. Es gibt Warengutscheine für diese Lebensmittelketten. Sie haben gesagt, am Monatsende verfallen die, das stimmt ja überhaupt nicht.
Ja, aber in diesem Landkreis wird es ordentlich gemacht. Ich denke, da können sich alle Kommunalen ein Beispiel nehmen. Das ist eine Sache, wie es vor Ort gemacht wird. Dort wird es vor Ort gemacht und es geht. Es geht gut. Die Asylbewerber können sich ihre Lebensmittelgutscheine auch mal für einen Feiertag aufsparen, damit sie mal etwas Besseres kaufen können. Die Bekleidungsgutscheine können im gesamten Landkreis in allen Läden eingelöst werden, die sie annehmen. Das geht reibungslos, denn die Läden rufen im Landkreis an, fragen, ob das korrekt ist und jeder kann diesen Gutschein annehmen und einlösen. Sie haben überhaupt keine Probleme und sie können sie auch aufbewahren, die können sie auch sammeln und sie können sie auch einsetzen für das, was sie wollen.
Frau Abgeordnete Stauche, Frau Abgeordnete Reimann möchte Ihnen gern eine Frage stellen. Gestatten Sie das?
Ich kann Ihnen nur die positiven Erfahrungen dieses Landkreises mitteilen und die Mitarbeiterinnen dort in der Sozialbehörde sind sehr zufrieden mit dem System und sie möchten auch gar keine Änderung.
Ja, sie arbeiten aber mit den Menschen und sie sind vor Ort und sehen das und besondere Leistungen werden dort auch in bar ausgezahlt. In Einzelfällen, wenn ein Asylbewerber mit einer deutschen Ehefrau in einer Außenwohnung zusammenlebt, der kriegt seine Leistungen auch in bar. Man weiß, dass es ordentlich eingesetzt wird. Es wird vor Ort gearbeitet, mit den Leuten gesprochen und mit den Leuten gearbeitet,
man ist an der Basis. Ich kann Ihnen auch noch dazu sagen, ich selbst kaufe in einer Lebensmitteleinrichtung ein, in der Gutscheine entgegengenommen werden. Ich persönlich, so oft ich dort bin, und ich bin zwei- oder dreimal in der Woche dort, erlebe ständig, dass mit Lebensmittelgutscheinen eingekauft wird. Ich habe noch keine Anfeindungen von Käufern erlebt, weder auf der einen noch auf der anderen Seite. Es tut mir leid. Ich habe es noch nicht erlebt. Ich weiß nicht, wo Sie wohnen.
Jetzt noch zu Ihrem Entschließungsantrag und Rücknahme des Rundschreibens vom Landesverwaltungsamt zum 01.11.07. Ich kann Ihnen nur dazu sagen, es wurde auf Rechtmäßigkeit noch einmal überprüft und wurde als rechtskonform festgestellt. Wir werden der Rücknahme nicht zustimmen. Danke schön. Ich habe auch keine Lust mehr, jetzt Fragen zu beantworten. Es ist genug gesagt, so.
Die Anfrage wird offensichtlich nicht zugelassen. Frau Abgeordnete Reimann, eine Redemeldung? Bitte.
Frau Stauche, Sie mögen die Sprecherin Ihrer Fraktion sein, Sie sind ja sogar stellvertretende Bundesvorsitzende Ihrer kommunalpolitischen Vereinigung, Sie haben sicherlich viel mehr Wissen über dieses Thema als ich, aber Sie haben nur über Ihren eigenen Wahlkreis geredet. Ich sage Ihnen nur von meinem Wahlkreis, da gibt es eine Kaufhalle, die liegt quer durch die Stadt und die Familien mit den vielen Kindern müssen quer durch die Stadt laufen, um dort einzukaufen. Alle anderen Kaufhallen haben es nicht zugelassen, dass man Verträge mit ihnen schließt. Ich bitte Sie ganz einfach, in Ihrer Sprecherfunktion ein bisschen mehr über den Tellerrand hinauszuschauen, auch einmal die Erfahrungen, die wir gemacht haben, zu nutzen. Mir haben früher auch immer die SED-Genossen gesagt, was gut für mich war, das müssen Sie hier nicht wiederholen. Kommen Sie einfach in meinen Wahlkreis und besuchen Sie uns.
Es gibt jetzt mehrere Wortmeldungen. Als Erstes rufe ich auf den Abgeordneten Hauboldt für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die grundsätzliche Kritik unserer Fraktion am Asylbewerberleistungsgesetz und seiner praktischen Umsetzung in Thüringen hat schon meine Fraktionskollegin Sabine Berninger hier vorgetragen. Aber gestatten Sie mir doch noch einige Bemerkungen zu dem, was hier bisher gesagt worden ist und auch zu den Einlassungen von Staatssekretär Hütte möchte ich die Gelegenheit nehmen, ausführlicher noch etwas zu unserem Entschließungsantrag zu sagen.
Frau Kollegin Stauche von der CDU-Fraktion, Sie sind ja immer noch ganz emotional obenauf. Ich habe Ihrer Rede entnommen, also mir kam es so vor, das Abendland ist in Gefahr. Sie haben eine Art Schwarzmalerei skizziert, Sie haben skizziert bis hin zum Leistungsmissbrauch, was alles in Gefahr steht. Das waren sozusagen Ihre Kerngedanken Ihrer konservativen Weltanschauung. Sie sind nicht annähernd auch anhand der Beispiele, die Kollegin Ber
ninger hier skizziert hat und jetzt auch noch einmal durch meine Kollegin Reimann aus dem Altenburger Landkreis, die die Situation hier beschrieben hat, darauf eingegangen. Sie haben auch nicht den Versuch unternommen, sich annähernd einmal in die Situation hineinzuversetzen. Das ist bedauerlich und da will ich ganz deutlich sagen, Lautstärke hier am Pult ist nicht unmittelbar Ausdruck von Qualität.