Ich lese dann noch einmal im Protokoll nach, ja. Ich wollte noch einmal zur „Neiddebatte“ zurückkommen. Sie haben uns hier eine „Neiddebatte“ vorgeworfen und haben dabei offenbar nicht zugehört bei meinen einleitenden Bemerkungen. Wir haben bewusst gesagt, dass wir Sponsoring durchaus unterstützen, wenn es sich um ein transparentes Verfahren handelt, und wir den Sponsoring-Bericht auch als Würdigung der Leistungen der Sponsoren ansehen. In dem Zusammenhang aber davon zu sprechen, dass wir eine „Neiddebatte“ vom Zaune brechen, ist tatsächlich schon boshaft.
Ich möchte noch auf die Bemerkung, der Sponsoringbericht auf Bundesebene hätte eine andere Dimension, weil es dort um 55 Mio. € im Jahr geht, eingehen. Sie wissen sicherlich, wenn Sie sich damit beschäftigt haben, dass von den 55 Mio. € allein 40 Mio. € für die Aids-Forschung festgeschrieben
sind. Wenn ich dann den Bundeshaushalt insgesamt in Relation zu den verbleibenden 15 Mio. € setze, dann die Sponsoringleistung in Thüringen in das Verhältnis zum Landeshaushalt, dann kommen wir schon in ähnliche Dimensionen. Hinzu kommt, dass es bei diesen Sponsoringfragen zum Schluss nicht um die Dotierung, nicht um die Höhe geht, sondern darum, ein transparentes Verfahren zu wählen. Sie selbst haben darauf verwiesen, dass wir ansonsten Raum für Spekulationen schaffen. Das ist überhaupt nicht angemessen. Das ist weder für die Sponsoren hinnehmbar noch für die Leistungen oder die Veranstaltungen, die damit gesponsert werden sollen. Aber Sie selbst schaffen sonst diesen Raum für diese Spekulationen. Das wollen wir bewusst verhindern. Ich kann mir deshalb nicht vorstellen, dass einer der Sponsoren tatsächlich gegen die Veröffentlichung seiner Sponsorenleistung gesprochen hat. Wir wissen es ja nicht, das ist ja eine Aussage der Landesregierung, dass es angeblich so wäre. Wenn die Sponsoren das schon selbst machen, also ihre Sponsorenleistungen daran koppeln, dass ihr Unternehmen nicht genannt wird, dann braucht sich das Unternehmen nicht zu wundern, dass man dann darüber spekuliert, mit welcher Zielrichtung das Sponsoring erfolgte. Denn Grundsatz des Sponsorings ist die Uneigennützigkeit und die Uneigennützigkeit ist ein hohes Gut in dieser Gesellschaft und das wird in vielfältiger Art und Weise gewürdigt. Nur hier schaffen wir in Thüringen ausgerechnet einen Bereich, der der Öffentlichkeit nicht zugänglich sein soll. Jede Ausschussberatung, egal in welcher Qualität sie stattfindet, ersetzt einen solchen öffentlichen Bericht hier im Thüringer Landtag keinesfalls. Denn die Öffentlichkeit hat zu den Ausschussberatungen - egal, ob normale Ausschuss-Sitzung oder vertrauliche Sitzung - niemals diesen Zugang wie bei einem solchen Bericht, wenn er hier im Thüringer Landtag gegeben werden sollte. Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, der vorliegende Antrag zielt auf die Vorlage eines jährlichen Sponsoringberichts durch die Landesregierung. Ich darf darauf hinweisen, Herr Kuschel, dass die Bundesregierung, das Bundesinnenministerium nicht jährlich berichtet, sondern in zweijährigem Abstand. Ich möchte zunächst einmal den Sponsoren, die sich in der Vergangenheit hier beteiligt haben, herzlich danken. Das Geld ist sehr sinnvoll eingesetzt worden
und hat viele Dinge ermöglicht, die sonst nicht möglich gewesen wären. Ich danke Ihnen auch, Herr Dr. Pidde, Sie haben das in Ihrem Redebeitrag ebenfalls schon getan, Sie haben den Sponsoren auch herzlich gedankt.
Herr Pidde eines noch: Sie sagten, „wer nichts zu verbergen hat, kann die Karten offen auf den Tisch legen“. Das ist Richtig. Beim Skat wäre es aber ein Fehler, wenn man das machen würde. Beim Null Ouvert ist es etwas anders. Wie Sie wissen, hat der Abgeordnete Kuschel bereits in der Kleinen Anfrage Nummer 1153 vom 23. Januar 2007 nach den Sponsorleistungen aus der Wirtschaft für die Landesregierung in den Jahren 2001 bis 2006 gefragt. Die Anfrage wurde mit der Drucksache 4/2986 vom 27. April 2007 beantwortet. Im Schreiben an die Präsidentin des Landtags vom 7. Mai 2007 bat der Abgeordnete Kuschel darum, die Antworten auf die Kleine Anfrage zu konkretisieren. Daraufhin wurde eine Liste erstellt und mit der Bitte um vertrauliche Behandlung mit Schreiben vom 3. Juli 2007 an die Frau Landtagspräsidentin gesandt. Ebenso wurde diese umfangreiche Liste an die Mitglieder des Haushalts- und Finanzausschusses verteilt, als sie sich auf ihrer Sitzung am 5. Juli 2007 ebenfalls auf Antrag der LINKEN mit dem Sponsoring an die Landesregierung befassten. Wer diese Liste einsehen konnte, wird feststellen, dass die Sponsoringleistungen an die Landesregierung alles andere als spektakulär sind. Im Durchschnitt der letzten Jahre waren es weniger als 70.000 € pro Jahr. Einzelleistungen mit einem Wert oberhalb von 5.000 € traten in den letzten sechs Jahren in etwa 20 Fällen auf. Vielfach wurden Leistungen erbracht, bei denen es um ein paar Hundert Euro geht. Deutlich wird damit vor allem auch, dass ein jährlicher Sponsoringbericht schlichtweg übertrieben wäre, selbst dann, wenn das Sponsoringaufkommen in den nächsten Jahren etwas steigen sollte. Man kann letztlich Ihre Initiative, Herr Kuschel, als Initiative bezeichnen, die zu unnötiger Bürokratie, zusätzlicher Bürokratie führen würde oder aber ein Beschäftigungsprogramm für die Verwaltung darstellen würde. Die Landesregierung steht deshalb diesem Antrag ablehnend gegenüber.
Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit beende ich die Aussprache. Wird Ausschussüberweisung beantragt? Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir direkt über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 4/3402 ab.
Wer ist für diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Wer ist gegen diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt.
Für eine Lebensstandard sichernde gesetzliche Ren- tenversicherung - „Nein“ zur Rente mit 67 Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/3407 -
Wünscht die Fraktion DIE LINKE das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Eckardt, SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir uns heute erneut mit dem Thema „Rente mit 67“ beschäftigen zeigt, dass es ein besonders emotionales Thema ist. Das ist auch verständlich, denn in der politischen Diskussion werden immer wieder Schreckensszenarien beschrieben. Es ist jedoch falsch und unverantwortlich, mit den Ängsten der Menschen zu spielen und das Schreckgespenst der Altersarmut an die Wand zu malen.
Lassen Sie mich eines gleich vornweg ganz deutlich klarstellen: Nicht die Rente mit 67 führt zur Altersarmut, sondern lange Zeiten der Arbeitslosigkeit, geringe Löhne und eine Unternehmenskultur, die bestrebt ist, Menschen oberhalb von 50 Jahren auszugrenzen.
Deshalb müssen wir eine aktive Arbeitsmarktpolitik betreiben, um mehr Menschen in Lohn und Brot zu bringen. Wir müssen das Programm „50 Plus“ durch weiterführende Initiativen ergänzen, um den Menschen einen längeren Verbleib im Arbeitsleben zu ermöglichen. Und wir brauchen verbindliche Zusagen der Unternehmer zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer. Warum sollte das, was im Ausbildungspakt immerhin halbwegs gelungen ist, nicht auch in einem Beschäftigungspakt für ältere Arbeitnehmer möglich sein. Last, but not least, zur Vermeidung von Altersarmut muss ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt werden, der es den Menschen ermöglicht, von ihrer Hände Arbeit zu leben. Wir brauchen darüber hinaus eine Lohnentwicklung, die die Binnen
konjunktur stärkt und die es den Menschen ermöglicht, zusätzlich private Vorsorge zu betreiben. Das sind die tatsächlichen Stellschrauben, um Altersarmut zu verhindern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten in der aktuellen Diskussion nicht vergessen, dass das Renteneintrittsalter langsam und schrittweise auf 67 Jahre erhöht wird. Nicht die Rentner jetzt sind betroffen, auch wenn die Kollege von der LINKEN gerne so tun, als sei dies der Fall. Weiterhin findet sich im Gesetz eine Revisionsklausel, die die regelmäßige Evaluation der wirtschaftlichen und sozialen Situation älterer Arbeitnehmer ab dem Jahr 2010 vorsieht. Nur wenn das Ergebnis zufriedenstellend ist, wird die Rente mit 67 tatsächlich eingeführt. Es liegt also jetzt an den Unternehmen zu beweisen, dass sie geheilt sind vom Jugendwahn vergangener Jahre. Was in anderen Ländern unter vergleichbaren Wirtschaftsbedingungen seit langem möglich ist, wie z.B. in Skandinavien, das muss doch auch bei uns zu realisieren sein. Siehe da, für diese wünschenswerte Entwicklung gibt es immerhin deutliche Hinweise. Die Situation älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt hat sich verbessert. Ich verweise auf den aktuellen Bericht der Bundesagentur für Arbeit zur Situation von Älteren am Arbeitsmarkt. Der Bericht beschreibt, dass die Eurostat-Beschäftigungsquote - das ist der Anteil aller erwerbstätigen 50- bzw. 55- bis 64-Jährigen - bei allen Personen dieser Altersgruppe in Deutschland im II. Quartal des Jahres 2007 bei 52 Prozent lag. Dies bedeutet eine Zunahme dieses Werts um mehr als 10 Prozent gegenüber dem Jahr 2000. Damit hat Deutschland das sogenannte Lissabon-Ziel der Europäischen Union von 50 Prozent bereits erreicht. Diese Entwicklung ist äußerst erfreulich und sie sollte weiter gefördert werden.
Die Zunahme der Erwerbstätigkeit der über 55-Jährigen findet auch nicht etwa vorrangig im Bereich der geringfügigen Beschäftigungen statt, sondern überwiegend in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen. Der Bericht der Bundesagentur für Arbeit liefert noch weitere erfreuliche Fakten. So hat die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei älteren Arbeitnehmern über 50 Jahre um fast 5 Prozent und die der über 55-Jährigen sogar um mehr als 6 Prozent zugenommen. Das bedeutet, dass ältere Arbeitnehmer am meisten vom derzeitigen Beschäftigungsaufbau profitieren. Die Möglichkeiten, auch jenseits der 50 einen fair bezahlten Beruf auszuüben, verbessern sich. Das ist schon ein neuer und erfreulicher Trend. Angesichts des zunehmenden Rufs nach Fachkräften lässt die skizzierte Entwicklung auch für die Zukunft hoffen. Ein Mehr in diesem Bereich ist natürlich immer wünschenswert, vor allem aber ist es für die Menschen persönlich wünschenswert. Das Gefühl, auch außerhalb der
eigenen Familie gebraucht zu werden, Wissen weiterzugeben und etwas zu schaffen, ist von unschätzbarem Wert und trägt zu einem positiven Lebensgefühl bei. Nichts ist schlimmer als das Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wer von uns Arbeitsämter und ARGEN besucht, der bekommt zu hören, dass es gerade die Älteren sind, die Angebote unter nahezu allen Bedingungen annehmen. Damit kein falscher Eindruck entsteht, das wollen wir nicht unterstützen, wir wollen faire Arbeit zu fairen Konditionen, aber es verdeutlicht den Willen vieler älterer Menschen nach sinnstiftender Arbeit. Nicht erst seit der Rentendiskussion und der Rente mit 67 ist bekannt, dass die Menschen heute durchschnittlich fitter, leistungsfähiger und gesünder sind als die Generationen zuvor. Der durchschnittliche 60-Jährige des Jahres 2007 hat eine bessere gesundheitliche Konstitution als der durchschnittliche 60-Jährige vor 50 oder 100 Jahren. Diese überaus positive Tendenz hält an und ich wünsche uns allen, dass wir davon profitieren. Auch der Eintritt in das Berufsleben erfolgt aufgrund des seit Generationen zunehmenden Qualifikationsbedarfs heute im Durchschnitt später als früher. Auf den Punkt gebracht: Wir arbeiten kürzer und wir leben länger. All das muss man sich vor Augen führen, wenn die künftige Rente mit 67 kritisiert wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch acht Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses sind älter als 60 Jahre. Drei weitere sind über 65 Jahre alt und eine weitere Handvoll wird die Altersgrenze der 60 Jahre noch in dieser Legislaturperiode erreichen. Es ist doch wohl unbestritten, dass auch diese Kolleginnen und Kollegen leistungsfähig sind und ich bin mir sicher, dass sie überwiegend Freude an ihrer politischen Arbeit haben. Ich ahne, dass auch ein großer Teil meiner älteren Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause im Jahre 2009 ihre Erfahrungen und ihr Wissen weitergeben wollen; warten wir es ab.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mir ist klar, dass nicht alle Arbeitnehmer als Landtagsabgeordnete arbeiten. Für körperlich sehr anstrengende Berufe, wie z.B. Dachdecker, Maurer oder auch Klempner und Fliesenleger, müssen gesonderte Regelungen gefunden werden. Lösungsansätze dafür werden von meiner Partei in der Bundesregierung diskutiert. So wird über Teilverrentungen ebenso nachgedacht wie über Zusatzversicherungen für Beschäftigte in besonders belastenden Berufen. Ziel ist es, dass Arbeitnehmer aus solchen Berufssparten auch vor dem 67. Lebensjahr ohne Abschläge in Rente gehen können. Wesentlich und entscheidend aber ist ein Umdenkprozess in den Unternehmen. Personalentwicklung ist angesagt, die die besonderen Kompetenzen dieser älteren Mitarbeiter berücksichtigt. Hier
können Unternehmen von funktionierenden Großfamilien lernen. Auch dort sind Großeltern doch mitunter jahrzehntelang und mit Freude weiterhin in familiärer Mitverantwortung. Andere Länder, wie zum Beispiel Dänemark, machen uns vor, dass über 60-Jährige auch in körperlich anstrengenden Handwerksberufen nicht zum alten Eisen gehören. Es muss also darum gehen, den Menschen den Verbleib in der Berufstätigkeit zu ermöglichen, und zwar so, dass sie überwiegend mit Freude ihre Kompetenzen einbringen können,
und es muss darum gehen, ihnen den Einstieg in die Rente ohne Abschläge zu ermöglichen, wo die weitere Berufstätigkeit aufgrund der Anforderungen und der persönlichen Verfassung nicht mehr möglich ist. Daran arbeitet die Bundesregierung und daran arbeitet meine Partei in der Berliner Koalition.
Lassen Sie mich abschließend noch darauf hinweisen, dass es auch aufgrund der demographischen Entwicklung erforderlich ist, länger als bisher zu arbeiten. Die derzeitigen Prognosen lassen erkennen, dass im Jahre 2030 auf jeden Beschäftigten ein Rentenempfänger kommt. Gleichzeitig kommt es voraussichtlich zu der eingangs schon geschilderten erfreulicherweise weiter steigenden Lebenserwartung, also steigt auch die durchschnittliche Rentenbezugsdauer. All dies muss für die Sozialsysteme finanzierbar bleiben. Die finanziellen Anforderungen an die nachfolgenden Generationen dürfen nicht aus dem Ruder laufen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb sage ich, lassen Sie uns Voraussetzungen dafür schaffen, dass auch ältere Arbeitnehmer zufriedenstellende und existenzsichernde Arbeitsplätze erhalten, Arbeitsplätze, die sie bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter ausfüllen können und die ihnen sichere und auskömmliche Renten garantieren. Das zu vertreten, ist zwar nicht populistisch, aber es ist angesichts der geschilderten Rahmenbedingungen realistisch. Wir sollten uns deshalb darauf konzentrieren, was im Lande Thüringen zu regeln ist. Das wäre zum Beispiel eine aktive Arbeitsmarkförderung für ältere Arbeitnehmer. Die SPD wird den Antrag der LINKEN in großen Teilen nicht mittragen können. Er wird weder den Bedürfnissen älterer Arbeitnehmer noch den geschilderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gerecht. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, dieses Jahr ist es Gesetz geworden, ab 2012 arbeiten wir schrittweise länger, bis wir dann das Alter von 67 Jahren erreicht haben. Dieses Gesetz nennt sich Rentenversicherungsaltersgrenzenanpassungsgesetz. Schon der Name ist toll, wenn ich hinten angekommen bin, muss ich mir überlegen, wo habe ich vorn angefangen. Was natürlich dann auch wieder das Problem ist, meine Damen und Herren von der SPD - das ist ja klar, dass Sie das Gesetz verteidigen müssen, es ist ja Ihr Gesetz, das würde ich vielleicht genauso machen -, ist es nun die Anpassung des Alters an die Rente oder ist es die Anpassung der Rente an das Alter? Das wäre jetzt schon die Frage, aus der man eine Quizsendung machen könnte. Aber ich muss Ihnen sagen, meine Herren von der SPD, aber es ist ja ein Gesetz der Großen Koalition, Sie hätten sich das mit dem Begriff einfacher machen können, es einfach nennen können: „Rentenkürzungsgesetz“, nämlich genau das ist dieses Gesetz, es ist eine Rentenkürzung.
Nicht umsonst sind Gewerkschaften und Sozialverbände dafür auf die Straße gegangen und fordern nach wie vor, dass dieses Gesetz zurückgenommen wird, weil es Altersarmut fördert, weil eben das nicht sichergestellt ist, was Sie hier gerade geschildert haben, dass genügend Arbeitsplätze für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt werden.
Wenn Sie sich hier im Lande umhören, meine Damen und Herren, wie ist denn die Stimmung zu diesem Gesetz? Die Stimmung geht ja dahin, dass sogar befürchtet wird, es wird zwar noch ironisch gesagt, wir werden einmal bis 70 arbeiten, mal bis 75 und die Jugend sagt heutzutage, was soll ich überhaupt noch in die Rentenkasse einzahlen, ich werde doch sowieso keine Rente bekommen. Mit so einem Gesetz wird die jetzt bestehende Rentenversicherung vor allem in Misskredit gebracht. Man hat das ja auch ganz geschickt gemacht. Man kann das Volk ja noch ein bisschen beruhigen, denn 2012 beginnt das schrittweise. Dann werden die Menschen erst mitbekommen, was dieses Gesetz für Auswirkungen hat. Dann werden sie das nämlich mitbekommen, wenn sie ihre Rentenbescheide bekommen und wenn sie dann weniger Euro im Portemonnaie haben. Da kann man es sich 2012 wieder einfach machen. Dann sagt man: Das wurde ja 2007 beschlossen. Wir können jetzt an dieser Stelle nichts dafür.
Warum glauben die Menschen, dass dieses Gesetz schlecht ist? Weil sie im gegenwärtigen realen Leben sehen, dass die Annahme, dass genügend Arbeits
plätze für ältere Arbeitnehmer zur Verfügung stehen, zum jetzigen Zeitpunkt eine Illusion ist. Das ist doch das Problem. Wenn Sie auch sagen, es gibt jetzt eine Steigerung älterer Arbeitnehmer in Arbeit, dann muss ich Ihnen aber auch sagen, dann hätten Sie die Zahlen nennen müssen, wann denn in manchen Gewerken der Renteneintritt schon jetzt erfolgt. Die Beispiele hatte ich Ihnen schon einmal hier im Landtag genannt, ich muss sie Ihnen aber noch einmal wiederholen, damit sich das vielleicht bei Ihnen setzt. Im Gastgewerbe beträgt das durchschnittliche Renteneintrittsalter 62,3 Lebensjahre, bei der Bahn 59,1 Lebensjahre, bei Eisen und Stahl 57,7 Lebensjahre und im Bauhauptgewerbe sind das 56,8 Lebensjahre. Aber Sie haben in Ihrer Großen Koalition dieses Gesetz mitgetragen. Das hat mich eigentlich gewundert, Herr Eckardt, dass das heute nicht kam, dass Sie sich nicht dieses Rettungsankers bedient haben, der in diesem Gesetz enthalten ist, so wie Sie das immer darstellen. Man hat einen Rettungsanker gefunden und dieses Wort lautet: „Bestandsprüfungsklausel“.
Jetzt sei die Wirtschaft gefragt, wurde das letzte Mal auch argumentiert, Arbeitsplätze für ältere Arbeitnehmer zu schaffen ist Aufgabe der Wirtschaft. Wir müssen an die Wirtschaft appellieren, dass sie solche Arbeitsplätze schafft. Aber glaubt denn jemand hier in diesem Hause, dass die Wirtschaft mit Appellen zu bewegen ist, Arbeitsplätze für ältere Arbeitnehmer zu schaffen? Dann muss ich schon Grundlagen dafür schaffen, dann muss ich die Wirtschaft schon zwingen, dass sie solche Arbeitsplätze schafft oder ich muss das der Wirtschaft schmackhaft machen und Programme auflegen. Aber Sie beziehen sich da auf Appelle und auf Goodwill. Dann sagt man natürlich noch teilweise mit dieser Bestandsprüfungsklausel: Es wird ja nicht so schlimm werden, wir werden ja 2010 überprüfen, wie die Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt ist. Dann werden wir nach 2010 entsprechend der Situation neu entscheiden, ob Korrekturen an der Gesetzeslage vorgenommen werden müssen.
Wie sollen diese Korrekturen aussehen? Gesetz ist Gesetz. Sollen weitere Appelle gemacht werden? Dass an dem Gesetz wahrscheinlich etwas nicht in Ordnung ist, das beweist auch, dass innerhalb Ihrer Bundestagsfraktion an Korrekturen dieses Gesetzes gearbeitet wird, Sie hatten das selbst gesagt. Es gibt eine Arbeitsgruppe - dazu konnte man auch im Handelsblatt etwas nachlesen, dass man versucht, Korrekturen in Form von Teilrente dort einzuführen -, aber andere Schritte, wie z.B. die ganze Problematik Erwerbsminderungsrente, wurden auch in dieser Arbeitsgruppe abgelehnt, dort Korrekturen vorzunehmen. Dann ist diese Bestandsprüfungsklau
sel, meine Damen und Herren, auch ein Rückschritt gegenüber dem Rentenversicherungsnachhaltigkeitsgesetz - das sind tolle Begriffe - von 2003. Dort war nämlich schon eine Berichtspflicht der Bundesregierung vom Jahr 2008 an festgelegt, und das alle vier Jahre. Das hat man zurückgenommen und das beginnt jetzt erst im Jahr 2010. Wenn ich schon von dieser Bestandsprüfungsklausel rede, dann hätte man auch in dem Gesetz eine ganz konkrete Nachweisführung verankern müssen, wie soll überhaupt geprüft werden, anhand welcher Kriterien soll geprüft werden. Dazu hätte man festgeschriebene Kriterien in das Gesetz hineinpacken müssen, an denen man nämlich z.B. Arbeitslosenquote, Erwerbstätigenquote für Ältere und Jüngere und auch den Altersdurchschnitt beurteilt, der in der Wirtschaft vorhanden ist. Das hat man aber nicht gemacht.
Meine Damen und Herren, diese Bestandsprüfungsklausel ist in der jetzigen Form, so wie sie lapidar in dem Gesetz steht, eine Beruhigungsklausel für die Menschen, die demnächst betroffen sein werden von der Rente mit 67. Ich habe auch das Gefühl, es ist eine Beruhigungsklausel für das soziale Gewissen mancher Sozialdemokraten. Die Bestandsprüfungsklausel bleibt somit völlig unverbindlich und hat für die Rechtslage keine Bedeutung. Damit zu operieren, ist einfach falsch und macht den Menschen etwas vor.
Wenn Sie schon so auf der Rente mit 67 beharren, dann verstehe ich nicht - darauf sind Sie nicht eingegangen, auf einen Teil unseres Antrags -, warum Sie dann zulassen, dass die sogenannte 58er-Regelung zum 31.12. ausläuft. Im Sozialgesetzbuch II ist festgelegt, dass die Nachrangigkeit des Arbeitslosengeldes II feststeht gegenüber anderen Sozialleistungen. Dadurch werden Arbeitslosengeld-II-Empfänger und -bezieher gezwungen, zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Rente zu gehen, auch wenn sie das Abschläge von bis zu 18 Prozent ihrer Rente kostet. Nun gab es ab dem Jahr 2005 diese sogenannte 58er-Regelung, die festgelegt hat, dass ein Arbeitslosengeld-I- und Arbeitslosengeld-II-Bezug für Personen ab 58 Jahren erleichtert und verlängert und damit eine Frühverrentung vermieden wird. Nun soll diese Regelung zum 31.12. auslaufen. Das bedeutet für Arbeitslosengeld-II-Bezieher, auch für Arbeitslosengeld-I-Bezieher, den frühestmöglichen Renteneintritt für diese Personengruppe. Das ist, meine Damen und Herren, Zwangsverrentung. Das hat natürlich Vorteile für die Regierung, weil diese Menschen, die in diese Zwangsverrentung gehen, aus der Arbeitslosenstatistik herausfallen und wir natürlich dann ratzfatz die Arbeitslosenstatistik wieder positiv verändert haben. Aber das ist letzten Endes Scheinstatistik. Zwangsverrentung bedeutet dann auch für diese Menschen Abschläge bei ihrer Altersrente. Und da sagen Sie, das ist keine Altersarmut
und das führt nicht zur Altersarmut. Ich weiß nicht, was Sie für ein Verständnis dafür haben. Sie treten bei der Rente mit 67 dafür ein, dass wir dafür sorgen müssen, dass ältere Arbeitnehmer Arbeitsplätze bekommen und wir Programme dafür entwickeln sollten. Gerade mit dem Wegfall der 58er-Regelung fallen diese Personen aus solchen Programmen heraus. Sie fallen heraus und haben keinen Anspruch auf die Wiedereingliederung durch eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Sie fallen auch heraus aus dem extra für diese Gruppe geschaffenen Programm „Initiative 50 Plus“. Da verstehe ich nicht, warum es von Ihrer Seite keine Unterstützung gibt, dass diese 58er-Regelung fortgeführt wird, weil nämlich gerade diese Regelung älteren Arbeitnehmern hilft, noch die Möglichkeit zu haben, einen Arbeitsplatz zu finden. Aber das fällt weg und es gibt keine Initiativen, die dieser Sache entgegnen.
Was die Frage des Rentenzugangs wegen Arbeitslosigkeit betrifft: Wenn Sie behaupten, es gibt mehr Arbeitsplätze, so müssen Sie auch die Zahlen zur Kenntnis nehmen, dass immer mehr Menschen wegen Arbeitslosigkeit früher in Rente gehen. Der Rentenzugang aus Arbeitslosigkeit betrug im Jahr 2005 im Westen 21,8 Prozent bei Männern und 22,6 Prozent bei Frauen und im Osten 50,4 Prozent bei Männern und 41,9 Prozent bei Frauen. Das zeigt doch, wie prekär und unsicher die letzten Arbeitsjahre für ältere Arbeitnehmer sind, die das Alter über 50 erreicht haben. Das kann man dann nicht leugnen: Rente mit 67 und Zwangsverrentung wird die Altersarmut weiter vorantreiben. Das hat nichts mit Angst schüren zu tun, das ist ganz einfach Tatsache. Und glauben Sie mir, die Menschen haben das draußen erkannt. Nicht umsonst laufen die Sozialverbände und die Gewerkschaften gegen diese Gesetzgebung Sturm. Das, was hier in diesem Land passiert, hat auch nichts mit einer Lebensstandard sichernden Altersrente zu tun. Deshalb möchte ich die Landesregierung auffordern, dass alle Maßnahmen auch im Bundesrat unternommen werden, dass diese Gesetzgebung zurückgenommen wird. Sie ist den Menschen nicht vermittelbar.
Noch ein paar letzte Sätze zu unserem Punkt „Anpassung der Rentenwerte Ost-West“: Nach 17 Jahren deutsche Einheit versteht es hier in diesem Land kein Mensch mehr, dass wir noch unterschiedliche Rentenwerte haben, die sich richten nach Ost, die sich richten nach West, vor allem, weil die erworbenen Rentenansprüche auch in der ehemaligen DDR nicht vom Himmel gefallen sind, sondern weil sie durch Arbeit des Einzelnen hier in den neuen Bundesländern erworben wurden.
Deshalb verstehen es die Menschen nicht, warum wir im Rentenwert West einen Betrag von 26,27 € stehen haben und es im Osten für einen Entgeltpunkt nur 23,9 € für die gleiche Arbeit gibt. Nun hatten wir natürlich den großen Schritt in diesem Jahr erstmals seit 2003, dass wir zum 01.07. dieses Jahres eine Rentenerhöhung hatten von sage und schreibe 0,54 Prozent. Das bedeutete bei dem Rentenwert Ost eine Erhöhung um 12 Cent und bei dem Rentenwert West eine Erhöhung um 14 Cent. Aber auch gerade an diesen Zahlen sehe ich, dass man überhaupt nicht daran denkt, dass diese Rentenwerte angepasst werden. Man hat den Eindruck, dass es in der Bundesregierung, aber auch bei uns im Land überhaupt keine Vorstellung gibt, wann diese Rentenangleichung mal erfolgen sollte. Jedem ist ja bekannt - und da will ich einen Kreislauf schließen -, die Rente ist natürlich an das Lohnniveau gekoppelt, könnte mir jetzt an dieser Stelle geantwortet werden, und das Lohnniveau im Osten ist nun mal niedriger als das im Westen, aber gerade aus diesem Grund, meine Damen und Herren, wäre ein gesetzlicher Mindestlohn sehr, sehr wichtig, weil auch ein gesetzlicher Mindestlohn das Rentenniveau in diesem Land ansteigen lässt.