Protocol of the Session on June 22, 2007

Herr Minister Trautvetter, in der Aktuellen Stunde damals im März 2006 haben Sie hier verkündet, das Land hat darauf gedrängt, dass Maßnahmen nicht wie geplant umgesetzt werden. Auch in Zukunft soll es in Weimar, Gera, Saalfeld und Eisenach einen mobilen Service geben. Dann bitte ich Sie doch einfach, tun Sie jetzt das Gleiche, so, wie Sie damals gegenüber der DB-Station und Service gedrängt haben, tun Sie es jetzt gegenüber der DB-Fernverkehr. Damals waren es auch Tarifverhandlungen; es war die gleiche Situation.

(Beifall bei der SPD)

Letztendlich ist ja von diesen Einsparungen nicht nur der Fernverkehr betroffen, sondern auch der SPNV. Hier ist das Land zumindest der Bestellter für den SPNV. Auch diese Fahrgäste holen ihre Fahrkarten zum Teil an den Fahrkartenschaltern und sind auf Service in Bahnhöfen angewiesen. Sie haben damals verkündet, dass für Nordhausen ein Ausbau vorgesehen ist. Ja gut, wenn ich auf der einen Sei

te ausbaue und jetzt wieder 47 Prozent abbaue, dann habe ich letztendlich gar nichts gekonnt. Die Aufgaben für die geschlossene 3-S-Zentrale in Eisenach sollten in Erfurt und Gera wahrgenommen werden. Dazu soll die 3-S-Zentrale in Erfurt ausgebaut werden und das Servicepersonal rund um die Uhr erreichbar sein. Jetzt spart man auf der anderen Seite wieder 35 Prozent ein. Damit sind letztendlich auch diese Dinge wieder alle in Frage gestellt und die Aussagen von damals haben eine recht geringe Haltwertszeit. Deswegen fordern wir, dass das Land auf die Einhaltung der Zusagen dringt und nicht tatenlos zusieht, wie ein weiterer Serviceabbau bei der Bahn stattfindet. Ich hatte es schon erwähnt, das Land hat in die Bahnhofsgebäude mit investiert. Es gab nicht geringe Zuschüsse für Gera, für Erfurt, für Jena-Paradies. Aber es kann doch nicht unser Ziel sein, dass wir dann dort glanzvolle Bahnhöfe stehen haben, wo nur noch Automaten stehen, wo kein Mensch mehr als Ansprechpartner da ist für die Leute. Geisterbahnhöfe können nun wirklich nicht das Ziel sein. Deswegen sage ich es noch einmal, es sollte hier von diesem Plenum, aber auch von der Landesregierung ein Signal ausgehen an die Bahn, in den Tarifverhandlungen diesen massiven Personalabbau so nicht durchzusetzen und da sind Sie als Verkehrsminister, da ist die Landesregierung gefordert, da ist z.B. auch die Verkehrsministerkonferenz gefordert, das wurde hier schon erwähnt, mit der Bahn zu reden. Die Nutzer sind letztendlich wir alle, die Bahnkunden, die davon betroffen sind. Insofern können wir uns nicht dahinter zurückziehen, das sind alles nur Tarifverhandlungen und wir wollen in die Tarifautonomie nicht eingreifen. Deswegen bitte ich Sie hier um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Für die Landesregierung möchte Minister Trautvetter noch einmal das Wort ergreifen.

Sehr geehrte Frau Doht, es ist richtig, wenn man so etwas in einer Aktuellen Stunde debattiert, weil es ein politisches Thema ist, was durchaus in den Thüringer Landtag an die richtige Stelle hineingehört. Aber Sie müssen sich einmal Ihr Berichtsersuchen verinnerlichen, was Sie von der Landesregierung für Informationen verlangen, die Ihnen die Landesregierung gar nicht geben kann.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das ist unverschämt.)

Das ist der Unterschied. Sie überschreiben Ihren Antrag selbst „Servicestellenabbau beim DB-Fern

verkehr“ und kommen dann immer mit dem Vergleich BUGA. Entschuldigung, der BUGA-Vertrag betrifft nun gerade nicht den Fernverkehr. Der BUGA-Vertrag ist ausschließlich auf die Regionalzüge ausgerichtet. Ich darf keinen Fernverkehr mit dem Kombi-Ticket nutzen.

(Unruhe bei der SPD)

Ich darf die Regionalbahn nutzen, ich darf einen Regionalexpress nutzen, das betrifft nun gerade den Regionalverkehr und nicht den Fernverkehr der BUGA.

(Zwischenruf Abg. Doht, SPD: Wir holen doch die Fahrkarten am gleichen Schal- ter.)

Natürlich kann der Bürger in einem Bahnhof nicht unterscheiden bei dem dortigen Servicepersonal, was gehört Station und Service und was gehört Fernverkehr. Für den Bürger, der in einen Bahnhof hineingeht, ist das ein Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG und eigentlich muss deswegen auch die Konzernentscheidung für diesen Service getroffen werden. Es ist ja doch genug Personal da. Voriges Jahr hat man über mehrere Monate zwischen Dachwig und Döllstedt einen Container hingestellt und hat für die Baumaßnahmen durch Personal die Straßensperrungen organisiert - wer sich daran erinnert. Also scheint doch in der Konzernstruktur immer genug Personal da zu sein.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Dies ist auch an der B 80 so!)

Ich sage es ja auch, wenn die Bahn sich nach außen in Thüringen verkauft, dass sie über 4.500 Mitarbeiter in Thüringen hat in allen Konzernbereichen, da wird es doch möglich sein, an den paar Bahnhöfen, die wir in den entsprechenden Kategorien haben und die für den Fernverkehr eigentlich notwendig sind, einen entsprechenden Service vorzuhalten. Man kann es übrigens auch anders machen. Auch in Thüringen ist es teilweise anders organisiert. In Bad Salzungen bekommt man im Bistro im Bahnhof sämtliche Serviceleistungen für die Bahn. Es ist kein Fernverkehrsbahnhof, es ist ein Nahverkehrsbahnhof, da bekommt man sämtliche Serviceleistungen im Bistro bei dem Mieter des Bistros im Bahnhofsgebäude. Auch darüber muss man nachdenken und deswegen werden wir auch diesbezüglich weitere Gespräche führen.

Herr Lemke lässt ja keine Minute unversucht, irgendwo auf die Rolle des Aufsichtsrats eines Unternehmens hinzuweisen. Bei der Personalstruktur der einzelnen Konzernbetriebe der Deutschen Bahn AG müssen doch alle einen mitbestimmungspflichtigen Aufsichtsrat haben. Das heißt, die Mitwirkung in sol

chen Entscheidungen, da ist doch die Gewerkschaft Transnet bei allen Entscheidungen mit beteiligt. Bei allen Entscheidungen, wo der Aufsichtsrat zumindest ein Informationsrecht hat, vielleicht sogar ein Entscheidungsrecht bei Unternehmensentscheidungen, ist Transnet mit beteiligt. Deswegen gehören auch diese Entscheidungen dorthin. Und, Herr Lemke, die Regeln für den Börsengang sind noch nicht aufgestellt.

(Zwischenruf Abg. Lemke, Die Linkspar- tei.PDS: Für die Bahn schon.)

Nein, die Regeln für den Börsengang werden durch ein Gesetz aufgestellt, das meines Wissens bis jetzt noch nicht einmal durch die Bundesregierung durch ist und liegt noch nicht einmal im Entwurf vor. Dort ist dann wirklich die Mitbestimmungs- und Mitwirkungspflicht der Thüringer Landesregierung gefordert. Wie gestalten wir dieses Gesetz „Börsengang der Deutschen Bahn AG“, weil das nämlich nicht nur Auswirkungen auf den Fernverkehr hat. Es hat Auswirkungen auf die Qualität des regionalen Netzes, es hat Auswirkungen auf die Regionalisierungsmittel, es hat Auswirkungen auf Station und Service, auf die entsprechenden Leistungsverträge und - das darf ich Ihnen versprechen - wenn das vorliegt, werden wir uns auch ganz aktiv in diese Entscheidungsvorschläge einbringen.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen jetzt keine weiteren Redeanmeldungen mehr vor, so dass ich die Aussprache zum Bericht und zur Nummer 2 des Antrags schließen kann. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu Nummer 1 des Antrags erfüllt ist?

(Zwischenruf Abg. Doht, SPD: Nein, der Minister hat selber gesagt, er kann nicht berichten.)

Sie erheben Widerspruch für Ihre Fraktion, Frau Abgeordnete Doht? Ja. Dann lassen wir darüber abstimmen. Wer der Auffassung ist, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen bitte. Danke schön. Gibt es Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Es ist eine Mehrheit von Stimmen, die sagt, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist.

Wir kommen nun zu Nummer 2 des Antrags. Wird hier Ausschussüberweisung beantragt? Sie können sich gerne setzen.

(Zwischenruf Abg. Doht, SPD: Ja.)

Ausschussüberweisung wird nicht beantragt. So stimmen wir direkt über diesen Punkt 2 aus dem Antrag der SPD-Fraktion in Drucksache 4/3083 ab.

Ich habe das jetzt ernst gemeint, denn wenn wir abstimmen, möchte ich schon sehen, wie die Mehrheitsverhältnisse aussehen.

(Unruhe bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das nützt auch nichts.)

Es ist mir trotzdem wichtig, das zu sehen.

(Zwischenruf Abg. Buse, Die Linkspar- tei.PDS: Es wird nicht schöner dadurch.)

Wer der Nummer 2 des Antrags der SPD-Fraktion zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Es ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? Die gibt es nicht. Damit ist die Nummer 2 des Antrags abgelehnt und ich schließe den Tagesordnungspunkt.

Wir kommen jetzt im veränderten Ablauf der Reihenfolge der Tagesordnung zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 11 in seinen Teilen

a) Beabsichtigte Änderungen des Kommunalen Finanzaus- gleichs Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS - Drucksache 4/2961 - dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/3121 - Neu- fassung -

b) Haushaltslage und Haushalts- entwicklung des Landes Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der Linkspartei.PDS und der Antwort der Landesregierung - Drucksachen 4/2336/2384/2694 - auf Verlangen der Fraktion der Linkspartei.PDS dazu: Unterrichtung durch die Präsi- dentin des Landtags - Drucksache 4/2818 -

Die Fraktion der LINKEN hat nicht beantragt, das Wort zur Begründung ihres Antrags zu nehmen. Die SPD-Fraktion hat das auch nicht zur Begründung ihres Entschließungsantrags. Aber die Landesregierung hat angekündigt, dass sie den Sofortbericht gibt und ich nehme an, da Minister Dr. Gasser nicht da

ist, dass Herr Staatssekretär Hütte diesen Bericht gibt.

Vielen Dank. Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, bevor ich auf die Anträge der Fraktionen der SPD und der Linkspartei.PDS zum Kommunalen Finanzausgleich und dessen Änderungen im Einzelnen eingehe, möchte ich noch einmal betonen, dass es um einen Paradigmenwechsel bei der Neuordnung der kommunalen Finanzbeziehungen geht, und zwar von der Verbundabhängigkeit zur Bedarfsorientierung. Wir nehmen die kommunale Finanzsituation ganzheitlich in den Blick einschließlich der Situation der tatsächlichen und zumutbaren Eigeneinnahmen und sonstiger Finanzleistungen des Landes. Wir orientieren uns an der Best Practice; wir gehen vom Grundsatz der Subsidiarität der Landesfinanzierung aus und gehen von den Kernpunkten des Urteils des Verfassungsgerichts vom Juni 2005 aus, nämlich Sicherstellung einer von der Finanzlage des Landes unabhängigen finanziellen Mindestausstattung der Kommunen, Sicherstellung einer darüber hinausgehenden, von der Finanzlage des Landes abhängigen, angemessenen Finanzausstattung innerhalb und außerhalb des Finanzausgleichsgesetzes, Trennung des Mehrbelastungsausgleichs von der Schlüsselmasse und Erstattung der vollen angemessenen Kosten im übertragenen Wirkungskreis sowie Stärkung der kommunalen Entscheidungs- und Prioritätensetzung durch besondere Ergänzungszuweisungen, die grundsätzlich wie Schlüsselzuweisungen verwendet werden können.

Herr Staatssekretär, ich muss jetzt den Präzedenzfall von vorhin wiederholen. Wenngleich es erst in der Beratung möglich ist, eine Anfrage an den Vortragenden zu stellen, steht hier der Abgeordnete Schwäblein und möchte Ihnen eine Frage stellen. Es steht Ihnen natürlich frei, Ihre eigene Entscheidung zu treffen, ob Sie diese Anfrage beantworten wollen.

Herr Schwäblein, bitte sehr.

Herr Schwäblein, Sie können die Frage stellen.

Die hat sich aber mittlerweile erledigt, weil der Staatssekretär selbst das Pult hochgefahren hat. Ich wollte

nämlich fragen, ob er in der Lage ist, das hochzufahren, damit wir ihn besser verstehen, weil der Abstand zum Mikro etwas zu groß war.

(Heiterkeit im Hause)

Vielen Dank für den Hinweis.

Mit dem Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS wird die Landesregierung aufgefordert, den Landtag über die beabsichtigten Änderungen des Kommunalen Finanzausgleichs zu unterrichten. Zu dem dem Landtag zur Kenntnisnahme zugeleiteten Referentenentwurf des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes habe ich im Innenausschuss am 1. Juni 2007 bereits vortragen dürfen. Im Ergebnis der Haushaltsklausur der Landesregierung am 12. Juni 2007 haben sich gegenüber diesem ersten Entwurf wichtige Änderungen ergeben, über die der Ministerpräsident in einer Pressekonferenz am 13. Juni die Öffentlichkeit in Kenntnis gesetzt hat. Vereinbarungsgemäß wurden die kommunalen Spitzenverbände in einem Gespräch am 19. Juni in der Staatskanzlei über die Beschlüsse der Haushaltsklausur informiert. Die Positionen der kommunalen Spitzenverbände und der Landesregierung wurden dabei durchaus offen und kontrovers diskutiert, ohne - das muss man sagen - dass es zu einer Einigung in der Sache gekommen ist bislang.

Die Landesregierung ist im Moment dabei, die Argumente der kommunalen Familie vor der Entscheidung über die Gesetzesinitiative im zweiten Kabinettdurchgang, der für die kommende Woche vorgesehen ist, noch einmal eingehend zu würdigen. Wir befinden uns also nach wie vor in der Situation, dass wir die Argumente und Gesichtspunkte noch einmal würdigen.

Die Eckdaten des Kommunalen Finanzausgleichs bzw. des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes nach den Entscheidungen der Haushaltsklausur möchte ich Ihnen nachfolgend noch einmal im Zusammenhang erläutern.

Erstens: Bei der Ermittlung des angemessenen Finanzbedarfs werden die Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform ab dem Jahr 2008 berücksichtigt. Das bedeutet, dass die auf die Unternehmenssteuerreform zurückzuführenden Steuermindereinnahmen der Kommunen in Höhe von voraussichtlich 21,7 Mio. € im Jahre 2008 und 14,3 Mio. € im Jahre 2009 durch eine entsprechende Erhöhung der Landeszuweisungen kompensiert werden. Dies ergibt sich aus der Systematik der Herleitung des Finanzbedarfs der Kommunen. Der angemessene Finanzbedarf, den die Kommunen nicht aus eigenen

Einnahmen sicherstellen können - man könnte auch sagen, der Zuschussbedarf der Kommunen - beträgt nach dem Ergebnis der Bedarfsermittlung unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform im Jahr 2008 rund 2,464 Mrd. € und im Jahr 2009 rd. 2,457 Mrd. €.