Protocol of the Session on June 22, 2007

Bitte, Abgeordnete Becker.

Herr Schwäblein, Sie wollen uns mit Ihrem Beitrag wieder vermitteln, wie wichtig Hochschulpolitik in Thüringen ist. Könnten Sie mir mal sagen, ob Sie wissen, ob gleichzeitig eine Kabinettssitzung stattfindet, weil keine weiteren Minister und Staatssekretäre anwesend sind?

Ich bin nicht die Regierung, das ist offenkundig so und damit bin ich auch nicht Regierungssprecher und kann nicht sagen, ob jetzt gleichzeitig eine Kabinettssitzung stattfindet. Das ist nicht mein Thema. Der zuständige Minister ist da. Wenn ich gelegentlich mal zurückfrage, weshalb die Reihen in Ihren Ecken plötzlich gelichtet sind bei manchem Thema, da weiß ich nicht, was Sie mir dann antworten.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Es sind Abgeordnete.)

(Unruhe bei der CDU)

Ja, ein Minister ist ausreichend, die Regierung zu repräsentieren. Er ist nicht nur der wichtigste für dieses Thema, sondern der gewichtigste. Es wird wohl niemand bestreiten. Damit sind wir hier gut vertreten.

(Beifall bei der CDU)

Ich wünsche mir eine höhere Präsenz des Kabinetts wie Sie, aber ich habe jetzt keinen Anlass, da Klage zu führen.

Zurück zum Thema: Ich habe Stärken und Schwächen herausgearbeitet, um natürlich daraus Schlüsse zu ziehen für unser Hochschulthema. Gerade die Arbeitsproduktivität sollte uns berühren. So sehr ich mich freue wie alle anderen, dass wir in letzter Zeit bei den Wirtschaftsansiedlungen gut vorangekommen sind, sind es doch in der Mehrzahl Unternehmen, die vor allem im rein produzierenden Bereich tätig sind, wo mittlerweile auch das Qualifikationsniveau höher geworden ist, das Anspruchsniveau. Aber uns fehlen nach wie vor Entwicklungszentralen hier mit ganz hervorragenden hochinteressanten Arbeitsplätzen in Forschung und Entwicklung. Das Defizit müssen wir aufgreifen und dort einfach mehr tun.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, Die Linkspartei.PDS: Das sagt doch al- les, was Sie gerade gesagt haben!)

Wir sind im Aufholen von Disproportionen, die Ihre Vorgängertruppe verursacht hat. Die Forschungsverteilung in der DDR war sehr diskontinuierlich. Es gab eine Konzentration auf Berlin und den Raum Dresden.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

In den letzten 15 Jahren ist davon schon sehr viel korrigiert worden. Wir sind aber noch nicht am Ende. Da können Sie doch nicht so tun, Frau ScheringerWrong, als sei das alles schon längst zu korrigieren gewesen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Sie verlangen jetzt die heile Welt, haben aber an den Disproportionen, unter denen wir immer noch leiden, nach wie vor Ihren Anteil, vor dem Sie sich drücken.

(Zwischenruf Abg. Hennig, Die Links- partei.PDS: Nach 17 Jahren noch.)

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Da können Sie sich noch fünfmal häuten und verschiedene Namen wählen, Sie bleiben die alte SED und dabei bleiben wir auch.

(Beifall bei der CDU)

Nach 15 Jahren noch - Sie haben doch nichts dazugelernt. Man muss sich doch nur mal Ihr Programm anschauen.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Jawohl, Herr Parlamentsunwürdiger, Sie sind genau das Beispiel dafür, dass Ihre Truppe null und nichts dazugelernt hat.

(Heiterkeit bei der CDU)

Mit einem plumpen Populismus Leute aufhetzen...

Herr Abgeordneter Schwäblein, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Scheringer-Wright?

Aber herzlich gerne.

Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Scheringer-Wright.

Kann ich davon ausgehen, da ich annehme, dass Sie des Englischen mächtig sind, dass das eine gezielte bösartige falsche Darstellung meines Namens war, Wright-und-Wrong-Wortspiel, erste Frage.

Vielleicht hat bei mir Herr Freud einfach mal zugeschlagen, vielleicht habe ich Sie einfach anders kennengelernt, als Ihr offizieller Name das verspricht, und da ist das halt mit mir durchgegangen. Ich bitte um Vergebung.

Eine weitere Zwischenfrage, Herr Abgeordneter Schwäblein?

Nach der politischen Wende wurde in Ostdeutschland die gesamte Hochschul- und Forschungslandschaft völlig umgedreht, es wurde sehr viel abgewickelt. Denken Sie nicht, dass auch da ein Nachholbedarf begründet liegt?

Die Forschungslandschaft hat sich tatsächlich verändert. Es war sehr viel, weniger Forschungs-, aber Entwicklungspotenzial an den großen Betrieben angekoppelt. Mit dem Zusammenbruch dieser großen ineffektiven Einheiten sind dann auch die Entwicklungspotenziale weggebrochen. Mein eigener Bereich - ich stamme aus der Forschung und Entwicklung der Mikroelektronik - hatte 2.000 Beschäftigte und war in der Größenordnung nicht mehr zu halten. Bitte, was haben Sie zu sagen?

(Zwischenruf Abg. Kuschel, Die Links- partei.PDS: Sie haben dafür eine hohe staatliche Auszeichnung bekommen und saßen zudem im Bezirkstag Erfurt und haben hier aktiven Widerstand geleistet.)

Ich habe eine hohe staatliche Auszeichnung bekommen?

(Zwischenruf Abg. Kuschel, Die Links- partei.PDS: Ja.)

Ja, ich war im Bezirkstag auf der Reservebank und habe auch dort offen und ehrlich meine Meinung gesagt, was Sie bis heute nicht hinbekommen.

(Heiterkeit und Beifall bei der Linkspar- tei.PDS, SPD)

Da brauche ich Ihren Beifall überhaupt nicht. Da können Sie gerne die Leute, die das erlebt haben, selber befragen. Vielleicht haben Sie die Protokolle noch liegen, denn die CDU-Protokolle sind ja auch bei Ihrer Partei gelandet und haben mich durchaus zu dem einen oder anderen Vier-Augen-Gespräch geführt.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Märtyrer!)

Na, was heißt hier Märtyrer? Wo waren Sie denn im Frühjahr 1989? Ich habe mir erlaubt, Anzeige gegen den Wahlbetrug zu erstatten. Ich habe Sie nicht in den Reihen der ersten Kämpfer erlebt. Im Oktober waren Sie dann heftig mit dabei.

(Unruhe bei der SPD)

Ich war nicht der Allererste, aber ich war vorne dabei. Wir können das mal bei einem Bier ausmachen, das ist jetzt nicht das Thema.

Wir haben festzustellen, dass die Universitätsforschung in Thüringen im Jahre 1990 eine marginale Rolle gespielt hat, weil das in DDR-Zeiten nicht vorgesehen war, in diesem Teil der Republik besonders viel Forschung zu haben. Die Forschungsinstitute,

die Akademieinstitute waren in Thüringen fast überhaupt nicht vertreten. Ich wiederhole das gerne noch mal, das war eine Konzentration im Raum Berlin/Potsdam und im Raum Dresden. Da ist in den letzten Jahren viel geschehen, insbesondere in Jena. Wir sind da am Aufholen, aber ich sage bewusst, wir sind noch längst nicht am Ziel; uns fehlt insbesondere eine starke Forschung der Wirtschaft. Nun ist das Thema „Forschung“ für die Zukunftsfähigkeit der Länder mittlerweile in einem breiten Konsens anerkannt. Wir haben in dieser Sache wenig Streit, was ich gut finde. Das ist auch international anerkannt. Ich verweise auf das Protokoll zu Lissabon, wo die Länder der Europäischen Union sich verpflichten, in den nächsten Jahren dort mindestens 3 Prozent ihres Bruttoinlandprodukts für Forschung aufzuwenden. Da darf am heutigen Tag mal eine Bestandsaufnahme möglich sein: Wo sind wir da jetzt zurzeit? Wir können feststellen, dass die ganze Bundesrepublik zurzeit dort bei 2,5 Prozent liegt und die Länder unterscheiden sich da sehr. Baden-Württemberg geht da einsam voran mit knapp 3,9 Prozent und Thüringen ist da bei 1,84 Prozent. Das zeigt, welche Aufgabe da noch vor uns liegt. Um gleich klarzustellen, dass das nicht allein eine staatliche Aufgabe ist: Zu der Lissabon-Vereinbarung gehört auch, dass die staatliche Seite ein Drittel beitragen soll und aus der Wirtschaft zwei Drittel dieses Beitrags kommen sollen. Dort sind wir mit 30 Prozent staatlichen Aufwendungen schon ziemlich nahe dran. Die BadenWürttemberger profitieren von ihrer sehr starken Wirtschaft. Dort betragen die staatlichen Aufwendungen an diesem sehr starken Ergebnis nämlich nur 8,5 Prozent. Das soll nur deutlich machen, was noch vor uns steht und dass wir jetzt die Forschung wieder verstärken müssen. Da bin ich durchaus bei Herrn Eckardt und der Kritik der SPD, der ich mich in den letzten Jahren immer angeschlossen habe. Ich habe die Kürzungen, die im Forschungsbereich getätigt wurden, nie gutgeheißen, ich habe sie öffentlich kritisiert. Ich musste aber anerkennen - ich habe dem Haushalt zugestimmt -, dass durch die verfehlte Wirtschafts- und Steuerpolitik von Rot-grün unsere Steuereinnahmen so dramatisch eingebrochen waren, dass wir das nicht an jedem Punkt kompensieren konnten. Es ist mit dem Hochschulpakt im Wesentlichen gelungen, für die Hochschulen als Ganzes diese verheerenden Kürzungen aufzuhalten. Sie erkennen mittlerweile an, dass der Pakt durchaus positive Wirkungen hat. Als der damals geschlossen wurde, war das der Ausbund des Übels. Insbesondere eine Universität haben Sie immer wieder zitiert, die mittlerweile ihre Meinung geändert hat und auch froh ist, dass man die Hochschulen von den Kürzungen ausgenommen hat. Jetzt gehen die Verhandlungen weiter. Erfreulicherweise kommen die Signale aus den Reihen der Beteiligten von Regierung bis zu den Forschungseinrichtungen, dass man jetzt den Pakt größer fasst. Ich bin der Regierung dankbar,

dass auch die Ressorteitelkeiten zwischen Wirtschaft und Wissenschaft offensichtlich überwunden werden können, dass man das jetzt wieder zusammen betrachtet, dass man also auch die Verbundforschung wieder in den Blick nimmt und nicht sagt, mein Vorgärtchen, dein Vorgärtchen. Insoweit gibt es da auch einen Erkenntnisprozess, den ich nur gutheißen kann. Es ist ein wesentliches Zeichen der Hoffnung, dass sich selbst unsere Finanzministerin mittlerweile des Themas „Hochschulen und Forschung“ annimmt und betont, dass da etwas getan werden muss. Sie, die sonst von Amts wegen regelmäßig auf der Bremse steht und stehen muss, betont jetzt im Vorfeld der Verhandlungen, dass man...

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Die Finanzministerin steht auf der Bremse?)

Die Finanzministerin steht bei den Ausgabenwünschen der Ministerien regelmäßig auf der Bremse.

(Heiterkeit bei der SPD)

Das ist das Los aller Finanzminister. Fragen Sie mal Herrn Steinbrück. Vielleicht haben Sie ja noch ein paar Erfahrungen aus Ihrer Mitgliedschaft in der Bundesregierung. Vielleicht war es da auch so. Ich bin mir da ziemlich sicher. Da hat Herr Eichel eine ähnliche Rolle gespielt.