Protocol of the Session on June 20, 2007

Sie haben, Herr Althaus, die Zuweisungen an die Kommunen drastisch gekürzt und haben hinterher den Kommunen empfohlen, doch die Steuern zu erhöhen. Herr Ministerpräsident, das geht für mich nicht zusammen. In Sonntagsreden stellen gerade Sie sich immer wieder hin und fordern „Steuern runter!“, damit die Wirtschaft wachsen kann, und am Montag zwingen Sie die Kommunen, die Gewerbesteuern zu erhöhen. Erklären Sie mir bitte einmal, wie das zusammenpasst.

(Beifall bei der SPD)

Grundsteuern, Gewerbesteuern - die Städte und Gemeinden sollen nach Ihrer Überzeugung an dieser Steuerschraube drehen, sie sollen die Grundsteuern

erhöhen, sie sollen die Gewerbesteuern erhöhen. Das, was Sie den Leuten bei der Rückzahlung der Wasserbeiträge versprochen haben, das holen Sie ihnen jetzt durch die Erhöhung der Grundsteuer aus der anderen Tasche wieder heraus. Herr Althaus, das ist die Wirklichkeit in diesem Land.

(Unruhe bei der CDU)

Auf dem CDU-Parteitag letztes Wochenende haben Sie unverblümt behauptet, dass die Thüringer Kommunen keinen Grund hätten, sich zu beschweren. Über Jahre hätten unsere Kommunen mehr bekommen als der ostdeutsche Durchschnitt. Ich gebe Ihnen gern noch einmal die Zahlen aus dem Thüringer Innenministerium, nämlich Einnahmen in Euro je Einwohner laut Kassenstatistik Thüringer Innenministerium. Ich nehme das Jahr 2000, das erste Jahr der CDU-Alleinregierung. Da lagen die Schlüsselzuweisungen im Durchschnitt der ostdeutschen Länder an die Kommunen bei 536 € pro Kopf, in Thüringen bei 487 €, also deutlich unter dem ostdeutschen Durchschnitt. Die kommunalen Einnahmen pro Einwohner insgesamt im Osten waren im Jahre 2000 bei 1.840 € Kopf, in Thüringen bei 1.660 €. Das sind gut 90 Prozent des ostdeutschen Durchschnitts. Wer sich anschaut, wie sich das weiterentwickelt hat, auch in den Jahren 2001, 2002, 2003 das gleiche Bild. Nie, zu keinem Zeitpunkt, lagen die Thüringer Kommunen pro Kopf bei den Schlüsselzuweisungen, bei den Investitionszuweisungen oder bei den Gesamteinnahmen über dem ostdeutschen Durchschnitt. Sie lagen immer unter dem ostdeutschen Durchschnitt, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie das trotzdem behaupten, Herr Ministerpräsident, dann kennen Sie entweder die Fakten nicht oder Ihr Innenminister liefert falsche Zahlen. Beides gibt kein gutes Bild für diese Regierung ab.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Unter- stellung.)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Oder Sie haben falsche Zahlen.)

Ich habe einfach die Zahlen verwendet, die das Thüringer Innenministerium dazu herausgegeben hat, Herr Mohring. Machen Sie sich vielleicht einmal die Mühe, die nachzusehen.

Bei den Thüringer Kommunen wuchs jedenfalls durch die Winkelzüge in den Verhandlungen das Gefühl, nur noch über den Tisch gezogen zu werden bei den Verhandlungen zum Kommunalen Finanzausgleich. Erst am Wochenende hat der Geschäftsführer des Gemeinde- und Städtebundes, Herr Rusch, noch ein

mal betont, da sei eine Menge Vertrauen zu Bruch gegangen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann es nicht besser formulieren als die stellvertretende CDU-Vorsitzende. Das, was Sie da abgeliefert haben, das ist grottenschlechtes Handwerk. Es geht hier nicht um irgendeine beliebige Kleinigkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren. Am Kommunalen Finanzausgleich hängt die Handlungsfähigkeit der Thüringer Städte, Gemeinden und Kreise. Hier an dieser Stelle, konkret an dieser Stelle entscheidet sich Lebensqualität in Thüringen, denn wenn Sie den Städten und Gemeinden die Zuweisungen so kürzen, wie Sie das vorhaben, an welcher Stelle müssen die denn sparen? Die werden bei den Investitionen sparen. Das bedeutet weniger Arbeitsplätze vor Ort. Die werden bei den freiwilligen Aufgaben sparen. Das bedeutet weniger Geld für Schwimmbäder. Das bedeutet weniger Geld für die Vereine. Das bedeutet weniger Geld für die Unterstützung des Sports. Das bedeutet weniger Möglichkeiten, in der Jugendarbeit etwas zu machen. Das wirkt sich auf die Lebensqualität in diesem Land aus.

(Beifall bei der SPD)

Darum sitzen wir heute zusammen und diskutieren über diese Frage. Herr Ministerpräsident, ich will noch mehr sagen zu Ihrer exzellenten Leistungsbilanz. Die Polizeireform, die Sie hier auch erwähnt haben, die wird von Ihren eigenen Leuten abgelehnt. Ihr innenpolitischer Sprecher hat hier im Landtag gesagt, die Reform wird so nicht durch den Landtag kommen. Jetzt ist sie erst mal auf die lange Bank geschoben. Mal sehen, wann Sie irgendwann zu einem Ergebnis kommen.

Bis heute existiert nicht wirklich ein kulturpolitisches Konzept. Die Theater und Orchester wurden in den letzten Monaten nur als lästige Kostgänger von Ihnen behandelt, Herr Minister Goebel.

(Beifall bei der SPD)

Ihr Ausspruch „die letzten beißen die Hunde“, der ist wirklich kein Ruhmesblatt für die Antworten dieser Regierung in der Kulturpolitik.

(Beifall bei der SPD)

Auch wenn Sie, Herr Althaus, über die Zeitungen heute verkündet haben, alles wird gut - Weimar wird Staatstheater und sogar Gotha soll eine Lösung zur Zufriedenheit aller bekommen -, eines bleibt: Der massive Imageschaden durch die CDU-Kulturpolitik ist kaum wieder gutzumachen.

(Beifall bei der SPD)

Wichtige Strukturreformen lehnen Sie nach wie vor ab. Wir werden weiter darüber zu reden haben. Eine gekoppelte Verwaltungs- und Gebietsreform, wie sie andere Bundesländer machen, wird auch in Thüringen notwendig sein. So sehr Sie sich auch heute noch sträuben. Sie wissen es selbst, Herr Ministerpräsident, wir kommen daran nicht vorbei.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Die Personalentscheidungen, die diese Landesregierung trifft, landen immer öfter vor den Gerichten. Prominente Beispiele sind der Präsident des Landesarbeitsgerichtes oder der Leitende Oberstaatsanwalt in Mühlhausen. Wie kurzatmig Ihre Art von Personalpolitik ist, zeigt sehr anschaulich das Beispiel des Innenstaatssekretärs. Innerhalb von drei Jahren wurde der Mann erst Abteilungsleiter im Innenministerium, dann Landtagsdirektor, dann Justizstaatssekretär und schließlich Innenstaatssekretär. Personalplanung, meine sehr verehrten Damen und Herren, sieht anders aus.

(Beifall bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Na, wenn der Mann das kann.)

Dann ist er wahrscheinlich der Einzige, der was kann, Frau Groß, dass Sie ihn an allen Stellen einsetzen müssen.

(Heiterkeit im Hause)

Ich kann Ihnen nur sagen, Chaos, Chaos, wohin man bei Ihnen schaut.

Das Blindengeld - erst wurde es abgeschafft und uns hier begründet, warum man das nicht mehr braucht -, anschließend wurde es wieder eingeführt. Die Eltern wurden bei den Schulbüchern zur Kasse gebeten, anschließend musste das Geld an die Eltern wieder zurückgezahlt werden. Jetzt werkelt der Kultusminister erneut an einem Büchergeld für die Eltern. Bei der Frage Landesausstellung kamen sich Staatskanzlei und Kultusministerium so ins Gehege, dass in Bezug auf das Bauhausjubiläum enormer Flurschaden entstanden ist, den man dann auch mit Wortspielereien nicht wieder gutmachen kann.

(Beifall bei der SPD)

Bei der Erfurter Flughafengesellschaft, die fast vollständig in der Hand des Landes ist, wurden Passagierzahlen gefälscht, um Millionen Steuergelder für den weiteren Ausbau zu erschleichen. Beim Thema moderne Verwaltung, E-Government, Thüringer Serviceplattform herrscht großes Durcheinander, ein Drunter und Drüber - keine Lösung in Sicht. So sieht

Ihre exzellente Leistungsbilanz aus, Herr Althaus.

(Beifall bei der SPD)

An all diesen Punkten hat sich durch Steuermehreinnahmen nichts geändert. Ich sage Ihnen, es reicht nicht, nur das Geld einzustreichen und das Chaos weiter ausufern zu lassen. Wenn das Dach kaputt ist, Herr Ministerpräsident, dann darf man nicht, wenn die Sonne scheint, einfach den Liegestuhl rausstellen und sich reinsetzen, sondern da muss man das gute Wetter nutzen, um das Dach zu reparieren. Ich hoffe, die Landesregierung macht sich da endlich an die Arbeit.

(Beifall bei der SPD)

Sie dürfen nicht nur auf sprudelnde Steuerquellen setzen, sondern müssen notwendige Reformen anpacken. Wegducken kann sich ein Ministerpräsident vielleicht noch über die nächsten zwei Jahre, aber dem Land wäre damit nicht gedient. Wir erwarten klare Aussagen von dieser Landesregierung in der Haushaltpolitik: Wie ist das Land auf den Rückgang der Solidarpaktmittel ab 2009 vorbereitet? Aktuell verweisen Sie immer nur auf die Behördenstrukturreform, die an vielen Stellen stecken geblieben ist, die aber - selbst wenn sie vollständig umgesetzt würde - längst nicht den Einsparbeitrag bringt, den sie bringen müsste. Mehr haben Sie uns bisher nicht auf den Tisch gelegt. Wir erwarten Ihre Vorschläge dazu.

Fragen stellen sich in der Familienpolitik. Was will die Landesregierung tun gegen steigende Elternbeiträge? Wie soll der in Berlin vereinbarte Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz in Thüringen umgesetzt werden? Wann wird der Betreuungsschlüssel in den Kindergärten so verbessert, dass der Bildungsplan auch vernünftig umgesetzt werden kann?

Es geht weiter in der Bildungspolitik: Wann sorgen Sie endlich dafür, dass Kinder gleiche Chancen haben und nicht nach der 4. Klasse auf unterschiedliche Schulen aufgeteilt werden müssen?

(Beifall bei der SPD)

Was tut die Landesregierung dazu, um einheitliche Bildungsstandards in Deutschland durchzusetzen? Welche Konzepte haben Sie, um mehr Studierende nach Thüringen zu locken? Als ich hier vorgeschlagen habe, Nägel mit Köpfen zu machen, kündigte das Kultusministerium schnell einige Maßnahmen an - das war es, seitdem ist Funkstille an dieser Stelle.

Auch bei der Verwaltung des Landes drängen sich Fragen über Fragen auf. Auf welche Weise wollen Sie dafür sorgen, dass Landesverwaltung und Kommunalverwaltung bei sinkenden Einwohnerzahlen

bezahlbar bleiben? Wie sorgen Sie beim Kommunalen Finanzausgleich für handlungsfähige Kommunen? Immer mehr Mitarbeiter des Landes sind durch das Chaos dieser Regierung verunsichert. Die Frage ist: Wie wollen Sie Vertrauen wieder herstellen? Wie wollen Sie für Motivation sorgen?

Auch in der Sicherheitspolitik liegt vieles im Argen, OPTOPOL habe ich angesprochen. Sie haben immer noch nicht die Frage beantwortet, in welcher Struktur und mit welcher Personalstärke soll die Thüringer Polizei künftig arbeiten? Sie haben die Frage nicht beantwortet, wie weit dürfen Polizei und Verfassungsschutz in die Privatsphäre eingreifen? Wann legen Sie endlich ein Rettungsdienstgesetz vor? Unser Vorschlag dazu liegt seit September letzten Jahres auf dem Tisch. So ließe sich die Liste der unerledigten Aufträge der Baustellen fortsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, all diese Fragen, die ich Ihnen hier gestellt habe, stellen sich viele Menschen in diesem Land und sie erwarten Antworten vom Thüringer Ministerpräsidenten. Heute wäre eine Möglichkeit gewesen, solche Antworten auf den Tisch zu legen. Sie sind ausgewichen, Herr Ministerpräsident, Sie haben keine Regierungserklärung hier abgegeben, allenfalls eine Erklärung der Regierung, aber die war ganz dürftig. Sie wollen erst zur Haushaltseinbringung reden, da sage ich Ihnen, das ist durchschaubar, denn Sie wollen natürlich Ihre Schwächen hinter den Steuermehreinnahmen verstecken. Mehr Geld in unseren Kassen, das kann das Land gut vertragen, aber einen schwachen Ministerpräsidenten nicht, Herr Althaus.

(Beifall bei der SPD)

Wir erwarten von Ihnen, dass Sie Ihre Vorstellungen auf den Tisch legen. Wir erwarten, dass Sie heute sagen, wie die drängenden Probleme des Landes gelöst werden sollen. Eines ist jedenfalls klar: Durch die Utopie vom Bürgergeld und das Absingen der Nationalhymne in den Schulen wird keines der Probleme hier im Land gelöst.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Das Wort hat Abgeordnete Lieberknecht, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, was soll man dazu sagen? Ich hatte so den Eindruck einer Mischung aus Schaulaufen für die Neuwahl des Fraktionsvorstandes bei der Linkspartei. Wenn ich auch den Eindruck hatte, Ihnen war manches