Protocol of the Session on November 11, 2004

Herr Mohring, bei den Globalen Minderausgaben, ich erinnere mich, haben wir im Haushaltsausschuss schon die Debatte gehabt. Ich meine, dass es möglich sein muss, dass diese hier titelbezogen untersetzt werden muss.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU:... Glo- bale Minderausgabe ist aber nicht titelbe- zogen.)

Na sicher ist es dann keine mehr.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Na also, dann sag es doch nicht.)

Ich will Ihnen das erklären, Herr Mohring. Wenn Sie am Jahresanfang mit Globalen Minderausgaben ins Rennen gehen, weil Sie glauben, dass es Haushaltsrisiken gibt, die Sie noch nicht am Jahresanfang konkret untersetzen können, dann gibt es Fristen und dann ist es üblich, dass sie am Jahresende natür

lich untersetzt werden. Wir beschließen im November einen Nachtragshaushalt mit 121 Mio. &  le Minderausgaben und Sie können uns nicht sagen, wie sie untersetzt werden. Ich bleibe dabei, für meine Kollegen hier im Haus, die das wünschen, ich erwarte ganz einfach, dass diese Minderausgaben vernünftig untersetzt werden. Wir haben einen entsprechenden Entschließungsantrag hier eingereicht, zu dem Sie sich verhalten können, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS)

Im Übrigen war das 2003 noch möglich, was jetzt 2004 angeblich nicht mehr möglich sein soll.

Nun zur Ausgabenseite: Beginnen wir bei den Kommunen. Auf dem letzten Jahrestag des Gemeindeund Städtebunds blieb ein Vorschlag eines Bürgermeisters wohl mit CDU-Mitgliedsbuch unwidersprochen im Raum stehen, der vorschlug, einen Bürgermeisterknast in Thüringen zu bauen, in dem sich alle Thüringer Bürgermeister im nächsten Jahr wieder treffen könnten, weil sie die ihnen vorgegebenen Aufgaben mit den vom Land bereitgestellten Mitteln nicht mehr erfüllen können. Das charakterisiert durchaus treffend die Situation in den Kommunen.

(Beifall bei der PDS)

Nichtsdestotrotz wurde nach Einreichung des Nachtragshaushalts, der keinerlei Angaben zu Veränderungen der Finanzsituation der Kommunen enthielt, in Gesprächen und offensichtlich sehr zähen Verhandlungen eine Einigung über eine Kürzung im Haushaltsjahr 2004 in Höhe von 10 Mio.     gesagt, ein halbes Jahr nach der Steuerschätzung und während der laufenden Verhandlungen im Parlament zum Nachtragshaushalt. Und dies, meine Damen und Herren, ist trotz der erreichten Einigung ein Tabubruch aus unserer Sicht. Darüber hinaus zeigt dieses Beispiel deutlich, dass die Landesregierung für einen großen Teil des Vertrauensverlustes im Land die Verantwortung trägt. Die Debatte im Haushalts- und Finanzausschuss führte dazu, dass von der Landesregierungsseite eine Ergänzungsvorlage zum Entwurf des Thüringer Gesetzes zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften vorgelegt werden musste. In ihm wird festgestellt - ich darf zitieren, Frau Präsidentin: "Die Ausgabeermächtigung des Haushaltsplans für den Kommunalen Finanzausgleich stimmt daher nicht mit der finanziellen Leistungsverpflichtung des Landes überein, wodurch der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushalts nach § 11 Abs. 2 Thüringer Landeshaushaltsordnung in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Haushaltsgrundsätzegesetz berührt ist." Ich möchte feststellen, dass dieser Grundsatz nicht berührt ist, sondern verletzt wurde und deshalb die Ergänzungsvorlage not

wendig war.

(Beifall bei der PDS)

Die Streichung dieser Gelder bei den Kommunen ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Lassen Sie mich kurz auf die Rechenkunststücke der Landesregierung beim Thema "Wohngeld" eingehen. Der Wohngeldansatz im Landeshaushalt gemäß erstem Nachtrag wurde bereits ausgeschöpft. Auf Nachfrage wurde festgestellt, dass in Höhe von 20 Mio.    tere Ausgabe im Laufe dieses Haushaltsjahres notwendig ist, die allerdings nicht im Nachtragshaushalt eingestellt wird, sondern als überplanmäßige Ausgabe genehmigt werden soll. Da es sich dabei um eine Ausgabe des IV. Quartals handelt, wäre dies ohne Nachfrage durch den Ausschuss frühestens im I. Quartal 2005 bekannt geworden. Im Übrigen wäre sie auch den Kommunen erst im I. Quartal 2005 bekannt geworden. Diese Haushaltsansätze bei Wohngeld bilden aber die Berechnungsgrundlage für das Landesausführungsgesetz zu Hartz IV, indem man den Kommunen weismachen will, dass der Einspareffekt bei Wohngeld lediglich 20 Mio.  trägt, die man bereit ist dann großzügigerweise den Kommunen durchzureichen. Ich behaupte, man umgeht mit diesem Trick eine objektive Betrachtung und Berechnung der Wohngeldeinsparung für die Kommunen und umgeht damit eine objektive Mittelzuweisung der vollständigen Einsparungen, zu der man sich in Abstimmung mit der Bundesregierung eigentlich verpflichtet hat. Das, finde ich, ist Betrug an den Kommunen.

(Beifall bei der PDS)

Sie können an dieser Stelle auch sagen, was Sie wollen, Thüringen kann nicht nachweisen, dass es wesentlich andere Wohngeldaufwendungen als Mecklenburg-Vorpommern hat, aber Mecklenburg-Vorpommern reicht sein Geld, also 40 Mio.    Kommunen weiter. Das ist das Doppelte vom angeblich in Thüringen zur Verfügung stehenden Betrag.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, gern.

Herr Huster, sind Ihnen denn für das Hartz-IV-Gesetz, das am 01.01.2005 in Kraft tritt, die Einsparungen des Landes aus den Wohngeldersparnissen für das gesamte Haushaltsjahr 2005 bekannt? Ist Ih

nen auch jetzt schon für das am 01.01.2005 in Kraft tretende Gesetz bekannt, welche Aufwendungen das Land für Wohngeldempfänger, die trotzdem auch nach Hartz IV bestehen, erbringen muss? - damit Sie Ihre Behauptung, die Sie eben genannt haben, auch unterlegen können.

Herr Mohring, bekannt ist die Zahl natürlich niemandem. Auch wir gehen davon aus, dass dieser Betrag von 20 Mio.       hen von einem Betrag jenseits von 30 Mio.   Das wird auch von Herrn Gnauck so gesehen und vielen anderen.

(Beifall bei der PDS)

Unsere Forderung bleibt, dass dieses Geld an die Kommunen 1 : 1 durchzureichen ist, diese so genannten Einsparungen,

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Das will Parteifreund Gnauck auch.)

und das ist Ihre Zusicherung gegenüber der Bundesregierung, zu der haben Sie sich öffentlich bekannt, Herr Mohring.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU:... ist doch gar nicht...)

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Sie wollen doch nicht behaupten, dass der Gemeinde- und Städtebund falsch rechnet.)

Wir fordern deshalb, Herr Mohring, die Landesregierung auf, ihre Berechnungsgrundlagen dem Parlament offen zu legen und Klarheit auf allen Seiten darüber zu schaffen, was der tatsächliche Einspareffekt ist, und diese Einsparungen ungekürzt den Kommunen durchzureichen und so einen Wortbruch zu vermeiden.

(Beifall bei der PDS)

Ein zweiter Gesichtspunkt: Auf Landesseite diskutiert man über eine Leihgebühr für Schulbücher, zusätzliche Aufgabenübertragung an Kommunen, Korrektur der Kindertagesstättenausstattung, Kommunalisierung von Horten, das Entfallen eines Rechtsanspruchs auf Förderung von Erwachsenenbildungseinrichtungen, Blindengeldkürzung und vieles andere mehr. Dies wird als notwendig und zwingend erforderlich dargestellt. Auf der anderen Seite, meine Damen und Herren, wurde Geld für die Miete einer Spielbank ausgegeben - über 30.000  #

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Ein Skandal!)

Wenn die heutigen Zeitungsberichte stimmen, dann ist dieses sehr, sehr verwerflich.

(Beifall bei der PDS)

Es wurde Geld für eine Oper ausgegeben am 02.10. in Höhe von 15.000  $ %    lich ebenfalls Geld da. Ebenso steht Geld zur Verfügung, wenn es um die Absenkung einer Straße vor dem Landtag geht, weil offensichtlich die zuschauenden Menschen störten, und so etwas nennt man dann Schwerpunktsetzung à la Landesregierung.

(Zwischenruf Abg. Köckert, CDU: Sie kennen die Planung wohl nicht?)

(Unruhe bei der CDU)

Ein weiterer Aspekt: Uns wird erklärt, die Konjunktur müsse anspringen, es bedarf weiterer starker Förderung im Bereich des verarbeitenden Gewerbes. Auch von Landesregierungsseite wird geäußert, die Arbeitnehmer sollen auf Urlaubstage verzichten, es solle länger gearbeitet werden, weil damit angeblich mehr Leute in Beschäftigung kommen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Am Ende meiner Rede, wenn’s Recht ist, Herr Abgeordneter.

In der Realität ist festzustellen, dass im Jahr 2003 offensichtlich in der Wirtschaftsförderung über 125 Mio.   ausgereicht werden konnten und diese Summen als Haushaltsreste in das Jahr 2004 übernommen werden mussten und auch im Jahr 2004 zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch eine bedeutende Summe nicht ausgereichter Mittel zur Verfügung steht. Gleichzeitig sind keinerlei Initiativen und Aktivitäten von Landesregierungsseite erkennbar, Infrastrukturförderung in Thüringen über das bisher festgelegte Maß von 30 Prozent der GA-Mittel hinaus auszuweiten, um auf diese Art und Weise im kommunalen Investitionsbereich neue Anreize zu setzen und finanzielle Unterstützung zu geben.

(Beifall bei der PDS)

Stattdessen Ideenlosigkeit und ein weiteres Loch in der Wirtschaftsförderung. Statt endlich gemeinsam mit der EU einen revolvierenden Fonds in nennba

rer Größenordnung aufzubauen, z.B. durch Nutzung von EFRE-Mitteln, und damit ein nennenswertes Darlehensprogramm für die Thüringer Wirtschaft aufzulegen und so Mittel für die weitere Förderung der Infrastruktur in Thüringen und damit auch zur Verbesserung der Auftragslage des Handwerks frei zu bekommen, stattdessen Einfallslosigkeit bei den Regierenden und ein Klagen über die vermeintliche oder tatsächliche Untätigkeit und Unfähigkeit in Berlin.

(Beifall bei der PDS)

Doch es kommt noch besser: Man beschneidet sich auch die eigenen Gestaltungsspielräume bewusst. In einer Zeit, als Erläuterungen zu den einzelnen Haushaltstiteln im Haushaltsplan noch verbindlich waren, stand bei den Mitteln der TIB: eine Zweckbindung für den Stiftungszweck. Diese Mittel sind, wie auch die Beantwortung der Anfragen in den letzten Plenarsitzungen gezeigt haben, in den Haushalt teilweise zurückgeflossen; nach unserem Kenntnisstand 38 Mio.  (&    .(/. sind aber nur 0,5 Mio.  '    obwohl der Altministerpräsident 50 Mio.  0 sicht gestellt hatte. Das heißt, das Geld, was man ursprünglich für einen Innovationsfonds zur Stärkung von Forschung und Entwicklung in die Thüringer Wirtschaft eingezahlt hatte und was dort zum Wohle Thüringens unter Weiterentwicklung von Forschung und Entwicklung in kleine und mittelständische Unternehmen wirken sollte, wird nun der Wirtschaft, Forschung und Entwicklung und den Thüringer Unternehmen entzogen, letztlich nur, weil man den Haushalt konsolidieren will - und hier stimmt dann die Aussage auch, die Herr Althaus auf der Jahresversammlung des Gemeinde- und Städtebundes kundgetan hat, dass manchmal schon sehr kontraproduktiv gestrichen wird.

(Beifall bei der PDS)

Für mich sind all diese Beispiele, die ich Ihnen genannt habe, auch Beweis, dass Sie nicht mehr gestalten, sondern die Probleme nur noch verwalten.

Meine Damen und Herren, ich will eine Schlussbemerkung machen. Ein Nachtragshaushalt, in dem die Landesregierung nicht bereit ist, ihr tatsächliches Handeln dem Landtag so zu offenbaren und so zur Beschlussfassung vorzulegen, ein Haushalt, der selbstgerecht durch das Parlament gezogen wird, und ein Haushalt, über dessen tatsächliches Ergebnis erst im Dezember 2005 informiert werden soll, wird niemals die Zustimmung der Opposition finden.

(Beifall bei der PDS)

Dieser Haushalt hat mit Haushaltsklarheit, mit Haushaltswahrheit und mit Transparenz nichts zu tun

(Beifall bei der PDS)