Protocol of the Session on November 11, 2004

II. Die Finanzministerin wird ermächtigt, aufgrund des Ergebnisses der Beratungen des Landtags, Zahlenwerk und Text des zweiten Nachtrags zum Landeshaushaltsplan 2004 zu berichtigen, Folgeänderungen vorzunehmen sowie Schreib-, Rechen- und sonstige Fehler zu bereinigen und Erläuterungen so zu ändern, wie sie sich aus den Haushaltsberatungen ergeben haben.

III. Die Präsidentin des Landtags wird ermächtigt, bei der Ausfertigung und Verkündung des Thüringer Gesetzes zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften Unstimmigkeiten im Wortlaut zu beseitigen und Folgeänderungen vorzunehmen, die sich nach Maßgabe der Ergebnisse der Beratungen des Landtags ergeben."

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Ich danke dem Berichterstatter und eröffne die Diskussion. Herr Mike Huster von der PDS-Fraktion hat sich als Erster gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist November und eigentlich müssten wir zum jetzigen Zeitpunkt über den Haushalt 2005 reden. Stattdessen kämpfen wir mit den Tagesproblemen, die meiner Meinung nach aus dem Ruder gelaufen sind und weiter aus dem Ruder laufen. Die Landesregierung verwaltet die Probleme nur noch; ihr Anspruch, dieses Land durch Sparen und Gestalten zu modernisieren, ist gescheitert.

(Beifall bei der PDS)

Wo der Inhalt nicht vorhanden ist, da leidet auch die Form. Vergewissern wir uns einmal der Zeit, die die Landesregierung brauchte, um auf die aktuellen Ereignisse zu reagieren. Im Mai 2004 kommt die Steuerschätzung. Auf diese Steuerschätzung ist unzweifelhaft zügig zu reagieren und es sind Gegenmaßnahmen einzuleiten. Kurz nach der Wahl am 20.07. wird eine Haushaltssperre verhängt. Man braucht dann drei Monate, um endlich einen Nachtragshaushalt auf den Tisch zu legen. Die Diskussion zum Haushalt 2005 verschiebt man auf später, was heißen kann, Dezember, insofern die Streitereien mit den Betroffenen der beabsichtigten Leistungskürzungen und Förderveränderungen beseitigt sind, also sage und schreibe zwischen Wahltag und Verabschiedung des Haushalts ein halbes Jahr Zeit.

Man könnte annehmen, die Landesregierung hatte die Hoffnung, bis zum Wahltag zu kommen und danach zu hoffen, dass die Sintflut die Probleme, die sie im Land aufgewirbelt hat, löst. Man hat den Eindruck, als wenn es der Landesregierung recht gewesen wäre, sie hätte nicht allein regiert nach der Landtagswahl und hätte das, was heute hier im Haus stattfindet, einer Koalition - oder wie auch immer - jemand anderem in die Schuhe schieben können.

(Beifall bei der PDS)

Denn von Umsetzung eines Konzepts, was man für das Jahr 2004 politisch und haushaltstechnisch hatte, kann bei diesem Nachtragshaushalt keine Rede sein.

Meine Damen und Herren, die Grundsatzaussprache machte deutlich, dass es zwischen den Fraktionen unterschiedliche Auffassungen zu der Frage gibt, welche Ursachen zu den neuerlichen Steuerausfällen

führten. Ebenso gibt es keine Einigkeit in der Frage, wie die Konsolidierung des Landeshaushalts am besten gelingen kann. Demgegenüber wurde und wird deutlich, dass wir den Landeshaushalt konsolidieren müssen, um Spielräume für die nächsten Jahre wieder zu gewinnen. Die Frage ist nur, wie man das am besten hinbekommt. Die PDS-Fraktion bekräftigt ihre Auffassung, dass die Konsolidierung der Haushalte nur gelingen kann, wenn die Einnahmeseite in diesem Land gestärkt wird.

(Beifall bei der PDS)

Ein planloses Streichen auf der Ausgabeseite führt nicht zur Konsolidierung, im Gegenteil, die Probleme verstärken sich.

(Beifall bei der PDS)

Die Kürzungen bei den Investitionen der öffentlichen Hand führen zu weniger Aufträgen für unsere kleine und mittelständische Wirtschaft und damit auch zu weniger Arbeitsplätzen und folglich auch zu weniger Steuereinnahmen. Wenn die PDS eine gerechte Steuerreform fordert, dann geht es auch um die Frage, wie der zweifellos vorhandene Reichtum in diesem Land - dieser Reichtum wächst ja weiter produktiv gemacht werden kann, so dass alle ihrer Leistungsfähigkeit entsprechend an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligt werden.

(Beifall bei der PDS)

Von einem Staat, der in dieser Hinsicht nicht mehr leistungsfähig ist, hat niemand etwas. Das Nachsehen hat das Gemeinwesen insgesamt. Wenn die CDU sich immer auf die Seite der großen Industrieverbände schlägt und eine weitere Entlastung der hohen Einkommen verlangt, dann muss sie auch ehrlicherweise sagen, dass uns das Geld in den nächsten Jahren im Landeshaushalt und auch bei den Kommunen fehlen wird und wir diese Spielräume eigentlich nicht mehr haben.

(Beifall bei der PDS)

Deshalb muss die Frage richtig heißen, ob diese Steuerausfälle der letzten Jahre ein großes Naturereignis sind, gegen das man sich ebenso wenig wehren kann wie gegen die Globalisierung, oder ob sie vor allem oder auch politisch verursacht sind und damit korrigierbar sind. Die PDS-Fraktion meint Letzteres.

(Beifall bei der PDS)

Wenn die Landesregierung im Interesse Thüringens tatsächlich handeln will, dann muss sie sich der Verbesserung der Einnahmen ebenso zuwen

den wie allen anderen. Nur auf ein besseres Wachstum zu verweisen ist der falsche Weg. Die reine Wachstumsideologie ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein ebenso gewaltiger wie folgenschwerer Irrtum.

(Beifall bei der PDS)

Wenn die Thesen der Neoliberalen stimmen würden, dann hätten die Steuerentlastungsgesetze, die beginnend 1999/2000 beschlossen wurden, zu enormen Investitions- und Arbeitsplatzzuwächsen führen müssen. Wenn längere Arbeitszeiten und der Abbau von Rechten der Beschäftigten zu Erfolgen führen würden, dann müssten wir hier in Thüringen schon längst so etwas wie Vollbeschäftigung haben.

(Beifall bei der PDS)

Wenn die besagte Politik über Jahre hinaus die erwarteten Ergebnisse nicht bringt, sondern sich die Lage der Menschen einerseits und die Lage der öffentlichen Haushalte andererseits enorm verschlechtern, dann ist es höchste Zeit sich zu fragen, ob diese Politik erfolgreich ist oder nicht. Wenn sie nicht erfolgreich war, dann ist es höchste Zeit, diese Politik zu ändern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS)

Ich will Ihnen an der Stelle noch ein aktuelles Beispiel nennen. Es geht ja um Steuerentlastung bei den Einkommensstarken. Es geht weiter, es ist ja nicht so, dass dieser Prozess beendet ist. Zum 01.01.2005 soll der Spitzensteuersatz um weitere 3 Prozentpunkte gesenkt werden. Allein diese Entlastung wird dazu führen, dass Thüringen im nächsten Jahr in etwa durch die verschiedenen Ausgleichsmechanismen 100 Mio.   an Einnahmen zu verbuchen hat. 100 Mio.     als der Thüringer Schullastenausgleich kostet.

(Beifall bei der PDS)

Da, meine Damen und Herren, liegt Ihr Problem. Sie müssen bei Schulen streichen, bei den Kommunen, Sie müssen beim Blindengeld streichen, letztlich nur, um damit die Entlastung hoher Einkommen zu finanzieren.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das ist doch ein Nonsens.)

(Beifall bei der CDU)

Wenn man dabei noch bedenkt, dass die Senkung des Spitzensteuersatzes in etwa der Summe entspricht, die durch die letzten Hartz-Gesetze eingespart werden soll, dann wird die soziale Schieflage

der so genannten Reform deutlich.

(Beifall bei der PDS)

Es ist nicht umsonst, dass ein Mann wie Heiner Geißler heute zitiert wird in den Zeitungen, dass er bei den derzeitigen so genannten Reformen das Gefühl hat, er würde sich nicht in einem Sozialstaat befinden, sondern in einem Metzgerladen. Ich glaube, da hat er Recht und das sollten Sie sich wirklich zu Herzen nehmen.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass ein wichtiger Ansatz zur Lösung unserer Probleme, auch unserer Probleme im Landeshaushalt, auf der Einnahmeseite liegt, und die kann die Landesregierung direkt über den Bundesrat beeinflussen. Deshalb haben wir auch einen Entschließungsantrag eingereicht, der die Landesregierung auffordert, sich für die Stärkung der Einnahmen einzusetzen. Wiedererhebung der Vermögensteuer, Veränderung in der Erbschaftsund Schenkungsbesteuerung, keine Senkung des Spitzensteuersatzes und die Wiedereinführung einer Börsenumsatzsteuer sind unsere Forderungen.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, allein die Aussetzung der Vermögensteuer von 1997 bis 2003 kostete die öffentliche Hand 50 Mrd.  & 

(Zwischenruf Abg. Köckert, CDU: Aber nicht in Thüringen.)

natürlich durch die Ausgleichsmechanismen auch Thüringen und sogar in hoher Zahl, Herr Köckert -, das unser Gemeinwesen dringend bräuchte. Die These, dass die Konsolidierung dieses Landeshaushalts ohne die Stärkung der Einnahmen nicht möglich ist, die will ich noch mal unterstreichen. Alles andere wird zum Scheitern führen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS)

Vor dem Hintergrund der angehäuften Schulden und der daraus resultierenden nunmehr deutlich steigenden Zinsbelastung, der demographischen Entwicklung, des späteren Abschmelzens der Mittel Ost im Solidarpakt II gibt es ein originäres Interesse des Landes Thüringen, sich aktiv für die Stärkung der Einnahmen in Deutschland einzusetzen. Geld ist genug da, es muss nur sozial und gerecht verteilt werden.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, mit diesem Nachtragshaushalt geht es auch um Transparenz oder - besser gesagt - die Kritik der Opposition daran, dass es diesem Nachtragshaushalt an Transparenz mangelt. Ebenso was bei Einkommen und Vermögen gilt, dass man von den einen Sparrunden erwartet und damit Reformen begründet, während man sich auf der anderen Seite selbst die Tasche voll haut, so ist es auch bei der Transparenz. Den Menschen wird insbesondere zum 01.01.2005 in zunehmendem und in nicht zumutbarem Maße zugemutet, dass sie ihre Hosen runterlassen. Von der Landesregierung ist genau das Gegenteil zu sehen, nämlich dass sie verschleiert und vertuscht, wo es nur geht, und die wahren Verbindlichkeiten, die dieses Land aufgebaut hat, weiter vernebelt.

(Beifall bei der PDS)

Wie sonst, meine Damen und Herren, ist es zu erklären, dass mit Globalen Minderausgaben versucht wird, die tatsächlichen Streichungen im Haushalt nicht öffentlich werden zu lassen. In den Haushaltsberatungen wurde sichtbar, dass bereits 121 Mio.  Globale Minderausgaben haushaltstechnisch untersetzt sind. Die Landesregierung war nicht bereit, diese Untersetzung titelkonkret der Öffentlichkeit bzw. dem Ausschuss mitzuteilen. Titelkonkret heißt, das will ich noch einmal untermauern, so wie der Landtag jeden einzelnen Titel mit Beschluss über den Haushalt beschließt, so wird jetzt die Globale Minderausgabe ausgebracht, um genau nicht zu sagen, in welchen Titeln nun gestrichen wird.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Dann ist es aber keine Globale Minderausgabe mehr, aber das verstehst du nicht.)

Herr Mohring, bei den Globalen Minderausgaben, ich erinnere mich, haben wir im Haushaltsausschuss schon die Debatte gehabt. Ich meine, dass es möglich sein muss, dass diese hier titelbezogen untersetzt werden muss.