Einiges zu den internen Problemen bei der Thüringer Polizei: Eine ernsthafte Polizeistrukturreform hätte sich dieser Thematik zuwenden müssen und nicht die Augen davor verschließen dürfen. Das Argument, es gäbe überall schwarze Schafe, das zieht in diesem Zusammenhang nicht. Vielleicht, Herr Minister, hören Sie nicht die Hinweise aus der Polizei. Aber es gibt erhebliche Unzufriedenheiten, Unzufriedenheiten mit Benachteiligungen in Beförderungsfragen, mit ungleicher technischer Ausstattung, mit baulichen Zuständen in Polizeidienststellen, mit Protektionismus und mit Mobbing. Es gibt diese Missstände. Zuletzt musste ein Beamter gehen, weil er Informationen über Razzien an Bordellbesitzer weitergereicht hat und dafür den Dienst der Damen kostenlos in Anspruch nehmen durfte. Wir glauben nicht, dass ein Inspekteur der Polizei dieser Probleme wirklich Herr werden wird. Was benötigt würde, wäre ein unabhängiger, vertraulicher und kompetenter Obmann für die Polizei, der mit entsprechenden Befugnissen ausgestattet, den Anliegen, Problemen und Fehlentwicklungen abhelfen könnte, ein Polizeibeauftragter, wie wir ihn schon oft in die Debatte gebracht haben.
Die Crux an dieser Parlamentsberatung, meine Damen und Herren, ist, dass wir einen kargen Gesetzentwurf beraten, aber eigentlich über eine umfängliche Polizeireform reden. Die ist aber nicht Gegenstand des Gesetzentwurfs. Diese Reform macht die Landesregierung dann, nach Verabschiedung des Gesetzes wohl ohne uns. Und Sie, meine Damen und Herren, haben es in der Hand dafür zu sorgen, dass es so nicht kommt.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Innenminister, losgelöst von der inhaltlichen Auseinandersetzung zu diesem
Thema hätte ich mich gern bei Ihnen für eine engagierte, leidenschaftliche Rede bedankt. Nur, dieses Prädikat hat Ihre Rede nun wirklich nicht verdient, obwohl nicht nur ich im Hause glaube, nach diesem Vorgeplänkel von OPTOPOL wäre dies einmal an der Zeit gewesen. So bleibt es
meine Aufgabe, etwas zu diesen Dingen zu sagen, die Sie hier bewusst falsch dargestellt haben und über die Sie überhaupt nicht geredet haben. Bevor ich dazu komme, seien mir ein paar grundsätzliche Anmerkungen gestattet. Jeder sieht es, jeder merkt es, die Sicherheitslage hat sich in Deutschland in den letzten Jahren grundsätzlich verändert, sie hat sich dramatisch verschärft. Die immer wieder richtig genannten Gründe Terrorismus, damit die steigende Anschlagsgefahr, die Entwicklung der organisierten Kriminalität und insbesondere auch das Ansteigen von rechtsextremistischen Gefahren sind dafür verantwortlich.
Diese Entwicklung zwingt die Sicherheitsorgane im Bund und in den Ländern zu einer Sicherheitsstruktur auf hohem Niveau. Die zentrale Lage des Freistaats Thüringen verschärft die Situation für uns noch zusätzlich. Wir brauchen also eine moderne Organisation der Sicherheitsbehörden, und dazu sage ich: die haben wir. Für mich ist das schon kurios, dass bei der Novelle zum PAG Herr Kölbel hier eine Lobrede auf die Thüringer Polizei hält und die Grundlage dieser Lobrede ist die vorhandene Polizeistruktur in Thüringen. Ich verstehe das einfach nicht.
Meine Damen und Herren, wir brauchen außer dieser Struktur eine ausreichende Anzahl von Polizisten, besonders im Vollzug. Wir brauchen eine modern ausgebildete Polizei und - das sage ich gern, da habe ich gar keine Probleme - wir brauchen auch eine Debatte über die deutschen Sicherheitsgesetze, aber eben nicht nur nach der Prämisse, wie können wir möglichst viele Daten bei den Behörden ansammeln. Es gibt ein Grundgesetz, es gilt die Pressefreiheit und es gibt Bürgerrechte - und daran wird nicht gedeutelt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf die von mir beschriebene Situation geben die Innenminister in den Ländern unterschiedliche Antworten. Ich habe - und Kollegen der CDU-Fraktion waren auch dabei - den Europäischen Sicherheitskongress in Berlin besucht, wo ein Teil der Innenminister Auskunft gegeben haben über ihre Strategien. Ein Ausschnitt - Innenminister Beckstein: Ich stelle 900 Polizisten ein. Ich bekomme zusätzlich 200 Mio. €, davon gehen allein 70 Mio. € in eine modernere tech
nische Ausrüstung für die bayerische Polizei. Der hessische Innenminister Bouvier hat einen leidenschaftlichen Beitrag gegen den wirklichen Unsinn der Zentralisierung bei der Polizei gehalten. Er streitet es rundweg ab, dass die Zusammenlegung von Behörden zu mehr Sicherheit führt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, und welches ist der Thüringer Weg? Es ist ein ganz anderer Weg - wir bauen Polizeistellen ab. Bei Innenminister Trautvetter 2003 300 Stellen; mit OPTOPOL verschwinden über 400 Stellen; bis 2010 werden noch mal 895 Stellen bei der Thüringer Polizei gestrichen - und das bei dieser Sicherheitslage. Ich sage Ihnen: Was Sie da machen, das ist der reine nackte Wahnsinn. Auch legen Sie Polizeibehörden zusammen; Sie behaupten, das bringt Sicherheit. Den Beweis haben Sie bis heute nicht angetreten, weil Sie ihn einfach auch nicht antreten können. Es ist einfach unbegreiflich. Das alles packen Sie in eine Kiste, reden von Innovation und nennen es OPTOPOL.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer die Strukturen der Thüringer Sicherheitsbehörden ändern, verbessern will, braucht im Wesentlichen erst mal zwei Dinge; zunächst ein belastbares Personalentwicklungskonzept. Thüringen, meine Damen und Herren, hat ein Stellenabbaukonzept. Und was für ein Durcheinander mit OPTOPOL im Innenministerium herrscht, möchte ich Ihnen an einer zeitlichen Abfolge gern darstellen. Am 20.04. bringt der Innenminister diese große Polizeireform - am 20.04. - OPTOPOL im Thüringer Landtag ein. Am 25.04. spricht der Innenminister - fünf Tage später - zum Polizeiabbau bei der Thüringer Polizei und zu den Folgen von OPTOPOL, seiner großen Polizeireform. Ich zitiere: „OPTOPOL und die Betreuung durch die Polizei funktioniert ohne Probleme bis 2012.“ Dann fügt er an - ich zitiere: „Spätestens 2010 muss der neue Landtag zwingend entscheiden, wie die Situation ist.“ Wir machen hier nicht die große Polizeireform, die auf Dauer anhält. Der Innenminister schreibt selbst - es waren Zitate in der „STZ“ - maximal drei Jahre. Alle, die hier länger im Landtag sitzen und sich mit Innenpolitik beschäftigen, wissen, eines der wichtigsten Dinge, die wir bei der Thüringer Polizei in den Organisationsstrukturen brauchen, ist Ruhe. Polizisten, die ständig ihren Dienstort verlassen müssen, die heute dem einen Gesetz folgen müssen und morgen dem nächsten Organisationsgesetz, haben keine Zeit für das, was sie eigentlich tun sollen.
Wenn der Innenminister - und das verstehe ich eigentlich gar nicht mehr und dann frage ich mich auch, ich muss das mal so deutlich sagen, wie er im Kopf sortiert ist - ein Interview in der Zeitung gibt und er sagt: „OPTOPOL hält bis 2012“, ich füge an maxi
(Zwischenruf Dr. Gasser, Innenminister: Da ist eine neue Legislaturperiode, ha- ben Sie das nicht gemerkt?)
Der innenpolitische Sprecher der CDU sagt Folgendes: „Wenn wir das verabschieden, hält es nicht länger als drei oder vier Jahre.“ Er sagt genau das Gleiche wie der Innenminister. Was sagt der Innenminister dazu? „Der Abgeordnete Fiedler will das Ganze nicht durchschauen und kann es nicht durchschauen.“ Nein, die Aussagen in der Sache sind genau dasselbe: OPTOPOL hält nicht, es ist keine große Polizeireform. Der Abgeordnete Fiedler hat sich nur etwas anderes getraut, er hat nicht nur die Frage gestellt, wie lange es dauert, sondern er hat auch gefragt, müssen wir, wenn wir wissen, dass das maximal drei Jahre hält, dass sich in drei Jahren das Karussell hier wieder neu drehen muss, darauf nicht reagieren? Diese Antwort geben Sie nicht, an dieser Stelle verweigern Sie sich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum zweiten Punkt: Was wir benötigen, um eine vernünftige moderne Struktur zu bekommen, wäre endlich der Beginn einer Debatte, wo und wie wir die Thüringer Polizei in mindestens zehn Jahren sehen. Die brauchen wir zunächst unter einem sicherheitspolitischen Aspekt. Das wissen wir alle hier im Haus, dass es natürlich dann auch eine Diskussion über die finanzpolitischen Folgen und Möglichkeiten geben muss. Aber die Debatte über die Zukunft der Thüringer Polizei muss zunächst unter einem sicherheitspolitischen Aspekt stattfinden,
sonst bleibt alles Stückwerk, sonst ist alles Pfusch. Was stellen Sie dem Stellenabbau und dem fehlenden Konzept für die Thüringer Polizei gegenüber? Sie loben sich selbst, dass Sie von 2006 - Sie haben es ja noch mal wiederholt - bis 2009 im Gegenzug zum Stellenabbau 120 Polizisten jährlich ausbilden. Sie sprechen nicht darüber, dass Ihnen alle Experten sagen, wir brauchen aber jährlich 180. Genau das ist die Wahrheit, über die Sie nicht reden. Sie reden auch nicht darüber, dass die Thüringer Polizei überaltert ist. Dazu gibt es kein Wort von Ihnen und keine Initiative. Sie reden auch nicht darüber, dass die Thüringer Polizei die schlechtbezahlteste Polizei in ganz Deutschland ist - mit allen Motivationsproblemen, die daran hängen - auch dazu kein Wort, keine Initiative. Sie reden auch nicht über das Ausbildungsproblem, was wir bei der Thüringer Polizei haben. Ich sage Ihnen noch mal: Alles, was mit OPTOPOL zusammenhängt, alles, was aus Ihrem Haus kommt an dieser Stelle, ist nur Stückwerk, alles ist Pfusch. Ich sage Ihnen, meine Damen
und Herren von der CDU-Landtagsfraktion, halten Sie ein! Wissen Sie eigentlich, was dieser Innenminister auch mit Ihnen macht? Es sind auch Ihre Wahlkreise, die von diesem Unfug betroffen sein werden.
Meine Damen und Herren, der Innenminister will eine Reform der Thüringer Polizei ohne Personalentwicklungskonzept, ohne Zukunftsvision für die Thüringer Polizei und aufgrund von verwegenen Zahlen. Der Innenminister gibt öffentlich zu, OPTOPOL und Personalentwicklung aus seinem Haus passen nicht zusammen. Er gesteht ein, 2010 muss der Landtag zwingend neu entscheiden - und das nennt er die große Polizeireform. Jetzt frage ich Sie: Wenn das so ist, warum machen wir das? Es gibt an dieser Stelle klar das Diktat des Finanzministeriums.
Meine Damen und Herren, auch von dort wird öffentlich immer wieder falsch z.B. mit der Polizeidichte argumentiert und es werden Argumente weggelassen. Ich kann mich daran erinnern, dass die Finanzministerin Diezel viel Lob für die Seitz-Studie übrig hatte, viel Lob in diesem Haus. Frau Diezel, wissen Sie, was Seitz zur Thüringer Polizei sagt? Kein Einsparpotenzial, weil die billigste Polizei in Deutschland. Wir haben in Thüringen die billigste Polizei in Deutschland und wir sparen und bauen Personal ab. Nun ist der Einspardruck groß. Der stärkste Druck geht dann auf den schwächsten Minister, um die Einsparpotenziale für den Landeshaushalt zu sichern - alles auf Kosten der inneren Sicherheit in Thüringen.
Frau Finanzministerin, ich bin gern bereit, über die Einsparpotenziale von OPTOPOL zu reden, und zwar auf Grundlage des Gesetzentwurfs, welcher uns vorliegt. Der Innenminister spricht von einer Einsparung von 25 Mio. € plus X durch den Abbau von 433 Stellen. Die 25 Mio. € werden nicht untersetzt, was Sie sonst generell verlangen. Man kann es nicht nach angeblich zwei Jahren Debatte im Innenministerium. Ist das glaubhaft? Kann und muss man nach zwei Jahren Debatte und Vorbereitung dieser angeblich so großen Reform vom Innenminister nicht mehr verlangen?
Jetzt kommen wir zu dem X für die 433 Stellen. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere, die haben wir schon im letzten Haushalt gestrichen. Die Einsparung für die 433 Stellen haben wir im letzten Haushalt vollzogen und können jetzt mit OPTOPOL nicht in Verbindung gebracht werden. Vielleicht erinnert sich übrigens der eine oder andere noch daran, dass der Innenminister damals argumentiert hat: Das mit den Streichungen der Stellen ist nicht so schlimm, die sind nicht besetzt. Jetzt erklären Sie mir einmal, wie man, wenn man nicht besetzte Stel
len einspart, Geld sparen kann? Auch das ist nicht glaubhaft, meine Damen und Herren, genau wie versucht wird, die Ausgaben, OPTOPOL kostet auch Geld, zu verschleiern. Im Gesetzentwurf heißt es, eine Präzisierung des Mittelbedarfs ist jedoch erst mit der Umsetzung des Konzepts möglich. Ich übersetze das mal im Klartext. Gebt mir die Reform und ich sage euch dann, was sie kostet. Das ist ein Witz nach angeblich zweijähriger Planung.
Herr Innenminister, wie viele Polizisten müssen ihren Dienstort wechseln? Was kostet das an Trennungsgeld? Was kostet das an Umzugskosten? Was für Kosten entstehen an den PDs durch Baumaßnahmen, die es dort zweifellos geben muss, durch den Ausbau der Technik, den es zweifellos geben muss? Fallen denn Kosten an den alten PDs an, wofür, wie hoch und welche? Wir machen eine Reform wegen ungesicherten Einnahmen mit unbekannten Ausgaben - für mich einfach unfassbar. Aber weil es unsere Aufgabe ist, der Sache auf den Grund zu gehen, habe ich dem Innenminister am 3. April dieses Jahres eine Kleine Anfrage zugeschickt mit all diesen detaillierten Anfragen, mit Fragen, die ich ihm eben gestellt habe. Ich habe gestern die Antwort bekommen. Der Innenminister ist im Augenblick nicht in der Lage, diese Fragen zu beantworten. Er bittet mich, bis zum 16. Juni zu warten.
Meine Damen und Herren, er macht eine Reform, von der er immer erzählt, auf der Grundlage von festen Zahlen und Daten und wenn man diese abfragt, ist er nicht in der Lage, innerhalb von zwei Monaten diese Daten zu ziehen. Da zweifle doch nicht nur ich, ob es da mit rechten Dingen zugeht.
Meine Damen und Herren, die Behandlung der Kleinen Anfrage zu OPTOPOL ist die endgültige Bankrotterklärung des Thüringer Innenministers.
Das sieht im Übrigen nicht nur die SPD so. Polizisten, die sich äußern, bekommen einen Maulkorb oder werden versetzt. Finanzexperten wie Herr Seitz, sonst gelobt, werden verschwiegen. Kritikern wird jede Kompetenz abgesprochen, die eigene hat man nie bewiesen. Ihre Experten, sehr geehrter Herr Innenminister, die Sie in OPTOPOL berufen haben, weil sie Experten sind, sagen in der Zeitung: Wozu OPTOPOL, wenn es keine Leute dafür gibt? Die sind nicht abgesprungen aufgrund der Diskussion, die sind abgesprungen, weil sie mitbekommen haben, dass Sie parallel zu OPTOPOL Personal abbauen und dass das Personal für OPTOPOL schon in drei
Meine Damen und Herren, aber es reicht ja nicht mit den Kritikern von außerhalb, die gibt es ja auch in den eigenen Reihen. Da will ich auch nicht immer ausdrücklich auf Abgeordneten Fiedler rumreiten, ich hatte das große Glück, mit dem Abgeordneten Günther eine Besuchergruppe der Polizei aus Rudolstadt/Saalfeld zu betreuen. Er hat dort deutlich gesagt: Nicht mit mir! Er hat es auch begründet. Das ist die gleiche Begründung, die ich hier vorn angebe. Er hat gesagt, ich bekomme seit anderthalb Jahren keine Antwort auf meine Fragen und das lasse ich mir nicht gefallen. Das ist eben nicht nur der Abgeordnete Fiedler, darauf will ich gar nicht eingehen, das ist in den Medien weit genug gelaufen. Eine Bemerkung will ich mir erlauben. Wenn wir schon so weit sind, dass verdiente Kollegen bei der Polizei versetzt werden, weil ihnen eine inhaltliche Nähe zum innenpolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion nachgesagt wird; ich will nicht mehr sagen, als dass das für mich zeigt, welcher Kleingeist mittlerweile im Innenministerium regiert, und von diesem Kleingeist wollen Sie doch wohl nicht im Ernst eine große Polizeireform verlangen. Meine Damen und Herren, das geht nicht. Was macht man, wenn man die Probleme hat? Man konkretisiert die Verfassung über das Polizeiaufgabengesetz oder, wie der Innenminister gern formuliert, man stellt klar, und zwar den Artikel 90 der Verfassung. Bei einer wesentlichen Frage der Polizeireform - und der Innenminister hat bei der Einbringung über ein Drittel seiner Redezeit auf diesen Punkt verwandt, welche PD schließen wir, welche PD schließen wir nicht - wird der Landtag nicht gefragt. Ich wiederhole es hier: Der Thüringer Innenminister möchte die Ermächtigung, über die Strukturen der Polizei allein entscheiden zu können. Das ist für mich ein politischer Skandal. Weil Herrn Gasser die Argumente fehlen, wird der Landtag in seiner Kompetenz beschnitten. In dieser innenpolitischen Bananenrepublik Thüringen scheint mittlerweile alles möglich zu sein.
Ich will das ganz klar sagen, ob die Innenminister Böck, Schuster, Dewes oder Köckert hießen, alle haben ihre Polizeireform, alle haben ihre Strukturreformen, haben hier im Haus dafür gestritten, dafür argumentiert, dafür gekämpft und Mehrheiten geholt und der Innenminister ist dazu zu feige. Das muss man mal klar und deutlich an dieser Stelle sagen.
Aber kommen wir jetzt - und ich halte diesen Exkurs für hochinteressant, weil ich nicht glaube, Herr Gasser, dass Sie Ihre Rolle bei der Entstehung des Artikels 90 vergessen haben, Sie haben da eine ganz aktive Rolle gespielt - mal auf die Verfassungsge
schichte hin und ich will mal erklären, was wir hier eigentlich wollten in diesem Haus. Das ist dem einen oder anderen noch klar oder er weiß es noch. Es gab fünf Gesetzentwürfe, fünf Entwürfe zur Verfassung und Artikel 90 war niemals unstrittig, weil er im Entwurf von allen Fraktionen sehr identisch war. Ich will Ihnen mal den Entwurf der CDU-Fraktion vorlesen: „Die Zuständigkeit, Aufgaben und räumliche Gliederung der Landesverwaltung und die Art der Bestellung der staatlichen Organe werden durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt.“ Mehr wollte die CDU nicht. Das wurde einvernehmlich verhandelt, das wurde durchverhandelt und war fast beschlossen. Dann kam in der 26. Sitzung des damaligen Verfassungsausschusses, und zwar am 17.09.1993 - für alle, die noch mal in die Protokolle schauen wollen - ein Emissär des damaligen Ministerpräsidenten und er trug eine Bitte im Verfassungsausschuss vor. Er trug die Bitte vor, Artikel 90 so zu ergänzen, wie er jetzt drinsteht, und er begründete dies. Er begründete dies im Namen des Ministerpräsidenten Vogel, insbesondere im Hinblick auf die Aufbauphase im Freistaat Thüringen. Diese Ergänzung ist gekommen, um die Schwierigkeiten der Aufbauphase im Freistaat Thüringen zu reflektieren. Der Emissär des Ministerpräsidenten war der damalige Staatssekretär Gasser. Und es hat eine Diskussion im Verfassungsausschuss gegeben und natürlich hat auch die Kollegen der CDU interessiert, was denn mit ihrer Intention zur Verfassung jetzt wird. Da bekamen sie die Antwort, an ihrer Intention geschieht im Grunde nichts, es ist nur eine Ergänzung ihres Willens und es geht hier um die Aufbauphase. Die Unterlagen dazu liegen in der Landtagsverwaltung, Sie können jederzeit nachlesen, was sich damals im Verfassungsausschuss abgespielt hat. Herr Gasser, das einfach zu vergessen, wenn Sie Sinn und Ausrichtung des Artikels 90 hier beschreiben, ist - gelinde gesagt - schlicht und einfach unredlich. Ministerpräsident Vogel bat im Hinblick auf die Aufbauphase, das Organisationsrecht der Landesregierung zu übertragen. Herr Lotholz übernahm nach dieser Argumentation diesen Antrag. Es wurde abgestimmt und er bekam eine Mehrheit und es ist eigentlich auch nichts passiert danach, weil genau in diesem Sinne, genau mit dieser Intention haben wir zum Beispiel die Polizeistrukturen in Thüringen aufgebaut so lange, wie der Ministerpräsident Vogel und der Innenminister nicht Gasser hieß. Heute will Herr Gasser von dieser Intention nichts mehr wissen.
Meine Damen und Herren von der CDU, ich sage es Ihnen sehr deutlich: Wenn Sie eine andere Vorstellung von der Polizeistruktur in Thüringen haben, stimmen Sie ab. Wenn Sie eine andere Intention zur Polizeistärke in Thüringen haben, stimmen Sie ab. Wenn Sie dem Innenminister folgen wollen mit OPTOPOL, stimmen Sie hier in diesem Hause ab. Aber um Himmels willen, stimmen Sie ab und legen
Meine Damen und Herren, lassen Sie nicht zu, dass an den Grundfesten unseres Rechtsstaats, nämlich an unserer Verfassung, herumgegassert wird. Im Übrigen, der Abgeordnete Hahnemann hat das schon gesagt, was ist denn das für ein Verständnis? Die Landesregierung entscheidet über die Strukturen und wir ziehen es dann im Haushalt glatt über die Personalstärke. Das kann doch nicht Ihr ausgewiesener Wille in diesem Zusammenhang sein.
Nein, nein, nein, wir machen es nicht noch einmal von vorn. Weil ich mir ab und zu mal die Mühe gebe, auch frei zu reden und die eine oder andere Unterlage dann auch mit vor nehme und mir das eben nicht aufschreibe, passiert das dann ab und zu einmal.