Protocol of the Session on March 30, 2007

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Nein, das ist etwas anderes, Herr Rose.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe Umweltexperten, die ich für so etwas halte, auch außerhalb des Hauses gefragt, was sie zu dem CDU-Antrag sagen. Sie waren überrascht, sie haben das als einen wesentlichen Schritt nach vorn bezeichnet. So weit, so gut. Aber ich frage mich: Warum haben Sie eigentlich nicht die Kraft, klar und eindeutig in Ihrem Antrag zu formulieren „keine zusätzliche Einleitung von Salzlauge in die Werra“? Klar und verständlich einfach nur Nein zu sagen ohne Hintertürchen, ohne sich den Weg offen zu halten für irgendeine Entwicklung. Einfach ein klares und deutliches Nein als ein deutliches politisches Signal in die Region, ein Nein, was endlich mal nicht mehr interpretierbar ist von Ihrer Seite. Auf dieses Nein warte ich bis heute. Für dieses einfache Nein will ich Ihnen zwei ganz klare Gründe geben. Erstens - und das ganz deutlich: Die Geschäftsleitung von Kali + Salz ist kein verlässlicher und kein transparenter Verhandlungspartner, Punkt. Wer noch Diskussionsbedarf hat, möge die Protokolle der letzten Legislaturperioden des Thüringer Landtags lesen.

Zweitens - und das deutlich in Ihre Richtung, Herr Umweltminister - geht es auch zukünftig um die Entlastung der Werra. Es geht nicht um die Frage, wie viel Salz die Werra noch zusätzlich vertragen kann, diese Frage steht definitiv nicht.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Die Rede von Ihrem Staatssekretär Juckenack, der diesen Blödsinn mit diesem Schnapsglas auf so ein Hundertliterfass auch noch mal wiederholt hat - übrigens für die Landesregierung hat er das gemacht -, diese Äußerung von Ihrem Staatssekretär zeigt uns doch zumindest, dass es immer noch Leute in der Thüringer CDU gibt, die ganz anders über die Problematik denken, wie Sie in Ihrem Antrag aufgeschrieben haben.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das ist vollkommener Unsinn!)

Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass das Thema „Pipeline in die Nordsee“ hier endlich auch offensiv vorgetragen wird. Ich weiß, das klingt für viele immer noch ein Stückchen visionär, es ist visionär, aber ich halte es für machbar. Ich halte es bei

allem, was bisher vorgeschlagen worden ist, für mich für die im Augenblick einzige nachvollziehbare Lösung. Wir sollten uns davon lösen, dass es eine Lösung gibt, die hundertprozentig alle Probleme abstellt. Ich bin der Meinung und der festen Überzeugung, wir kommen an dieser Vision nicht vorbei. Wir brauchen diese Pipeline, aber eben nicht nur bis nach Wintershall.

Was die ganze Problematik Wasseraufbereitung oder Entsalzungsanlage betrifft, dazu habe ich mal eine Frage hier in dem Raum: Reden wir - und das als grundsätzliche Frage vorab - über die beste Lösung für die Region oder über die billigste Lösung für Kali + Salz? Diese grundsätzliche Frage will ich erst einmal geklärt haben. Reden wir über das Beste für die Region oder das Billigste für Kali + Salz? Ich halte es für einen Anachronismus in der jetzigen Zeit, über Erderwärmung und Klimadebatte zu diskutieren und gleichzeitig die Verdampfung von Kalilauge ins Spiel zu bringen. Ich halte das für einen Anachronismus dieser Zeit.

Herr Rose, ich will Ihre Rede positiv werten, Sie haben noch einen Optimismus, der durch das reale Handeln von Kali + Salz noch nicht so richtig abgeschliffen ist, aber sich hier hinzustellen und zu sagen, wir warten auf Vorschläge von Kali + Salz, da leben Ihre Enkel nicht mehr, da wird es keine vernünftigen Vorschläge geben. Zu sagen, wir warten auf Vorschläge von Kali + Salz, ist gleichbedeutend mit der Aussage, wir tun nichts. Insofern würde ich Sie bitten, sich da ein Stückchen zurückzunehmen.

Meine Damen und Herren, ich will als Abgeordneter aus der Region noch einen ganz anderen Punkt in die Debatte mit einbringen. Ich glaube, die Kollegen von der CDU und von der SPD sehen die Entwicklung ähnlich. Wir haben dort oben in der Region nicht nur eine umweltpolitische Diskussion, wir haben dort auch eine Diskussion über das Funktionieren des demokratischen Systems in Deutschland und in Thüringen insgesamt. Die Leute, die dort oben leben, haben zum Großteil die DDR-Schulbildung genossen und haben im Geschichts- und Staatsbürgerkundeunterricht etwas über den faulen, parasitären Kapitalismus gelernt. Das haben die Leute damals noch gelernt.

(Zwischenruf Abg. Bärwolff, Die Linkspar- tei.PDS: Das scheint ja auch wahr zu sein.)

Nur für viele von diesen Leuten scheint sich das mittlerweile zu bewahrheiten. So droht in der Region aus einem umweltpolitischen Problem wieder ein Ost-West-Konflikt zu werden. Herr Rose, wenn Sie und die anderen Kollegen dort hingehen, von wegen dort oben die Formulierung „Einheit in Freiheit“ - die konkreten Erfahrungen, die die Menschen dort oben

gemacht haben, sind ganz andere. Das tut weh, gerade wenn es so eine Entwicklung an der hessischthüringischen Landesgrenze gibt. Das tut erst recht weh, wenn man die Umbrüche, die es dort 1989/90 gab, mit diesem ganzen Optimismus live erlebt hat, der insbesondere aus dieser Region hervorgegangen ist.

Meine Damen und Herren, ich bin ein Freund, das hier auch offen anzusprechen. Die Entwicklung dort oben, die ich eben beschrieben habe, hat Ursachen, die hat klare und deutliche Ursachen. Ich will es deutlich benennen. Eine dieser Ursachen ist die unerträgliche Agitation des Abgeordneten Kuschel in dieser Region. Ich will das ganz deutlich sagen. Er kann, auch wenn er sich mit diesem Thema beschäftigt, einfach seine berufliche Herkunft nicht verleugnen. Er nimmt es zumindest billigend in Kauf, dass er mit seinen Auftritten keine Lösung anbietet, sondern spaltet. Meine Damen und Herren, und da geht es nur noch um den politischen Gewinn. Eine Frage nach Verantwortung der Politik wird da nicht mehr gestellt. Aber, ich sage auch, die andere Seite der Medaille ist, irgendjemand muss doch dem Herrn Kuschel das Feld bereitet haben. Es muss doch etwas passieren, dass die Menschen wieder anfangen, solchen Leuten zuerst zuzuhören, dann das nachzureden und dem eventuell dann auch noch zu glauben. Das Feld muss doch bereitet werden. Wer hat ihm denn das Feld bereitet? Da muss man klar und deutlich sagen, das ist auf der einen Seite die Geschäftsführung von Kali + Salz. Auch Kali + Salz hat die deutsche Einheit zuallererst als etwas begriffen, was nützt, um eigene Profite und Aktienanteile nach oben zu treiben. Das merken die Leute dort oben in der Region. Das merken sie am Agieren von Kali + Salz. Zweitens: Für die Leute dort oben hat diese Landesregierung nie glaubhaft gegengehalten und die letzte Rede von Herrn Prof. Dr. Juckenack zu dieser Problematik macht für mich noch mal ganz deutlich, dass hier losgelöst von der Diskussion in der Region hier nur noch nach Aktenlage agiert wird. Was wirklich abgeht, wird eigentlich nicht mehr nachvollzogen. Ich möchte insbesondere Sie, meine meine Damen und Herren von der Landesregierung und Sie von der CDU-Fraktion auffordern, kümmern Sie sich dort oben um diese Ecke! Kümmern Sie sich! So, wie das im Augenblick dort oben funktioniert, kann es nicht weitergehen.

Wir in der Landtagsfraktion haben sehr wohl gemerkt, dass der erste vernünftige Ansatz, welcher die Region umweltpolitisch betrifft, von der CDU-Fraktion und nicht von der Landesregierung kam. Ich gehe mal davon aus, dass es bei Ihnen endlich auch in Ihren Reihen eine Diskussion gibt, dass es nicht nur in diesem Bereich ein stärkeres Regulativ zu dieser Landesregierung geben muss. Wenn Sie diesen Weg weitergehen, auch als Regulativ zu dem, was wir

schon seit Jahren an Unfug aus dem Umweltministerium zu diesem Problem hören, dann bin ich optimistisch, dass wir den Weg auch ein Stückchen zusammen gehen. Aber ich sage Ihnen noch einmal ganz deutlich, Sie haben in der Region nicht nur ein Umweltproblem. Sie, und insbesondere als CDU, haben dort oben in dieser Region noch ganz andere Probleme zu klären. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Doch, Herr Abgeordneter Rose.

Kollege Gentzel, ich möchte kurz noch einmal auf ihre Technologiediskussion eingehen, die Sie hier geführt haben. Wir sprechen nicht von Wasserverdampfung. Das möchte ich noch einmal klar in den Raum stellen. Glauben Sie mir, die Welt dreht sich weiter. Es gibt nicht nur eine Technologie. Wir haben heute in der Entsalzung 16 gängige Verfahren, zu denen vielleicht die Verdampfung noch dazu gehört, aber sicher nicht zu den modernsten Verfahren zählt. Ich habe es Ihnen vorhin dargestellt, eine 600 Jahre alte Technologie ist sicher nicht so gut in die Neuzeit zu transferieren. Ich möchte nach wie vor vor der Technologiediskussion warnen, in einem Parlament sind wir nicht die Fachleute dazu. Diese Vorschläge müssen von der Kali + Salz kommen, denn wir liefern ansonsten den Leuten in der K + S-Zentrale einfach wieder die Argumente, alles auseinanderzunehmen. Wir brauchen eine verfahrensoffene Diskussion, die zukunftsgewandt ist, die nicht in die Vergangenheit schaut. Uns hilft dort keine Brandrede.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort haben der Abgeordnete Primas und dann der Abgeordnete Kummer.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Thema Kali + Salz reizt mich, ganz besonders, wenn man von Anfang an hier im Landtag war und das mitverfolgt hat, gerade Bischofferode, was da abgegangen ist und wie es heute von Herrn Gentzel dargestellt wird. Herr Gentzel, ich bin nur wegen Ihnen jetzt hier ans Pult gegangen, weil ich ganz einfach nicht zulassen kann, dass hier die Geschichte umgeschrieben wird, dass die CDU das alles war.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, Die Linkspartei.PDS: Wer war es denn sonst?)

Sie haben das hier richtig deutlich gesagt. Ich frage Sie ernsthaft: Wie hieß der Ministerpräsident in Hessen? Der hieß Eichel. War der CDU-Mitglied? Ich denke, der war SPD-Mitglied und er hat als Erster diesen Fusionsvertrag mit unterschrieben. Ich will das nur noch mal deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU)

Und sein Pendant bei der Treuhand hieß Schucht und war auch SPD-Mitglied und der hat auch unterschrieben. Das muss man auch wieder deutlich sagen. Das kann einfach nicht sein, dass hier dargestellt wird, es ist nur die CDU gewesen. Dann erinnere ich auch noch mal daran, wie es in Bischofferode abgelaufen ist, als dort der Hungerstreik war, wer hat den Leuten gesagt, macht unbedingt Hungerstreik, das waren die Kollegen von der PDS, die vor Ort waren.

(Zwischenruf Abg. Buse, Die Linkspar- tei.PDS: Das stimmt doch nicht.)

(Beifall bei der CDU)

Ganz deutlich muss ich das mal sagen, prima.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Und das Ergebnis war, dieses Werk Bischofferode ist zu, niemand will dorthin.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das glauben Sie doch selber nicht.)

Das ist kein Witz, Sie müssen es nur noch richtig.... Sie waren nicht dabei, Herr Hausold. Ich war hautnah dabei und wir haben mit den Leuten vor Ort vernünftig diskutiert

(Glocke der Präsidentin)

und dort wären andere Lösungen möglich gewesen, wenn dieses Desaster so nicht angezettelt worden wäre, davon bin ich hundertprozentig überzeugt.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Dann will ich noch eines sagen: Wir haben Ende der 90er-Jahre - 1997/98 - im Norden dieses Freistaats versucht, eventuell mal über eine Unter-Tage-Deponie zu diskutieren. Da sind die Kollegen von Kali + Salz zur SPD-Fraktion in Hessen gegangen

und die dann anschließend zur SPD-Fraktion in Thüringen und man hat das verhindert, weil Kali + Salz gesagt hat, wir können das überhaupt nicht zulassen, dass in Thüringen so etwas noch mal passiert, denn es sind ja unsere Unter-Tage-Deponien gefährdet. So war die Wahrheit und das muss man auch deutlich mal sagen, so geht es einfach nicht.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Die Unter-Tage-Deponie war überflüssig...)

Und dann will ich nur auch noch eines sagen: Unterbreizbach, als es um die Fusion ging und Bischofferode auf dem Spiel stand, sind die Kumpel von Unterbreizbach nicht dagewesen und haben mit denen demonstriert. Nein, nein, das war nicht der Fall, die waren für die Fusion, das muss man deutlich sagen. Als es vor einigen Jahren um das Rollloch ging, was vorher uns erzählt wurde, das geht nie, da waren es wieder die Leute vor Ort, die hier gewesen sind und gesagt haben, ihr müsst dem Rollloch zustimmen, damit unsere Arbeitsplätze erhalten bleiben. Herr Gentzel, das ist auch die Wahrheit. Da müssen wir uns überhaupt nicht schämen, dass wir zugestimmt haben, dass die Leute vor Ort ihren Arbeitsplatz behalten haben. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Abgeordneter Kummer, Die Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich finde es nicht gut, was wir hier im Moment machen;

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

ich finde es einfach nicht gut. Ich meine, wir haben uns in diesem Haus schon heftig gestritten wegen Kali + Salz und sicherlich berechtigt. Die Vorwürfe, die gemacht wurden, die Probleme, die es in der Region gibt, die Heiko Gentzel beschrieben hat - sicherlich alles sehr berechtigt. Ich finde es aber nicht gut, wenn dann der eine dem anderen unterstellt, um politisches Kapital zu schlagen, wird agiert. Ich finde es auch nicht gut, wenn alte Gräben jetzt in diesem Zusammenhang so aufgerissen werden.

Wir haben einen Antrag der CDU-Fraktion vorliegen, der sich relativ deutlich - ich wünschte es mir auch deutlicher - positioniert. Wir hatten eine Anhörung in Kassel, wo wir alle rausgegangen sind und haben uns gesagt, wenn wir so ein Klima im Umweltausschuss im Thüringer Landtag mal gehabt hätten in der letzten Zeit zu diesem Thema, dann wären wir

ein wesentliches Stück vorangekommen. Dort gab es eine Diskussionskultur, dort gab es wirklich den Willen, sich mit den Problemen auseinanderzusetzen, die wir hatten, sich fachlich damit zu beschäftigen und zu einer Wertung zu kommen. Ich wünschte mir so etwas im Thüringer Landtag. Ich wünschte mir weniger Gezänk und ich wünschte mir die Suche nach einer Lösung. Von der Warte her bitte ich hier wirklich darum, dass wir den Weg beschreiten gemeinsam mit den anderen betroffenen Landesparlamenten, wie wir ihn eingeschlagen haben, und wie ich ihn für eine einmalige Chance halte, Kali + Salz wirklich etwas entgegenzusetzen, was den nötigen politischen Druck aufmachen kann, dass wir hier zu einer anderen Lösung kommen, zu einer Lösung, die sich eben gerade nicht an der Maximalgewinnstrategie von Kali + Salz orientiert, sondern an den ökologischen Problemen.