Protocol of the Session on December 14, 2006

wird gesagt, das wird alles in den nächsten fünf Jahren investiert. Da setzt meine Kritik an, dass man einen Plan vorlegt, der keinerlei verbindlichen Charakter hat, er hat keinerlei verbindlichen Charakter und ist wirklich nur eine Wunschliste,

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Das war früher alles ganz anders, Herr Traut- vetter.)

wo dann der Schwarze Peter nach Thüringen geschoben wird, wenn irgendeine Investition in den nächsten fünf Jahren nicht realisiert wird. Man kann sich ja dann hinstellen in der politischen Auseinandersetzung, wir haben ihn doch drin gehabt, der Freistaat Thüringen hatte die Investitionsstrategie anders gewählt und hat euch hinten runterfallen lassen. Ich glaube, das ist kein seriöses Verfahren, was hier gestaltet wird und müsste auch im Sinne eines verbindlichen Investitionsrahmenplans noch einmal deutlich geändert werden. Übrigens wird diese Kritik nicht nur von den Ländern geäußert, diese Kritik wird auch parteiübergreifend im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages geäußert. Auch der Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages erwartet von der Bundesregierung einen verbindlicheren Plan als den, der momentan vorgelegt wird. Ich erwarte auch, dass dort noch deutlich nachgelegt wird und die Investitionen etwas verbindlicher festgelegt werden.

Natürlich sind wir bevorteilt in dem Bereich. Herr Lemke, da haben Sie vollkommen recht, aber da gehe ich nicht in Sack und Asche deswegen, weil die neuen Länder mehr bekommen, als ihnen nach dem Königsteiner Schlüssel zusteht. Ich glaube, wir haben nach wie vor einen infrastrukturellen Nachholbedarf, weil man vor 1990 40 Jahre nichts investiert hat in diesem Teil Deutschlands.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen ist es auch berechtigt, dass momentan die Haushaltsansätze hier höher sind. Da müssen wir nicht jeden Tag Danke sagen, sondern, ich glaube, das ist eine finanzielle Notwendigkeit, den Osten Deutschlands von der Entwicklung der Infrastruktur so zu entwickeln, dass wir auch gleiche Chancen haben, Wirtschaftskraft zu entwickeln wie die alten Länder.

(Beifall bei der CDU)

Dass wir irgendwann einmal wegkommen davon, dass wir immer nur Nehmerländer sind, sondern dass wir uns irgendwann in mittelfristiger Finanzplanung vielleicht doch auch einmal zu Geberländern entwickeln können - das ist jedenfalls unsere Zielstellung.

Was wir machen werden, ist zu versuchen, die Mängel im Rahmenplan über das Bundesfernstraßenausbaugesetz zu heilen. Dort besteht die Möglichkeit, eigene Prioritäten zu setzen. Dort besteht auch die Möglichkeit, in die jährlich aufzustellenden Straßenbaupläne andere als im Investitionsrahmenplan enthaltene Vorhaben aufzunehmen. Auch das werden wir machen. Ich werde nicht draußen im Land herumgehen und werde sagen, eure Umgehungsstraße kommt in den nächsten fünf Jahren. Denn für die 16 Neubauvorhaben, für die 16 Neubeginne, die vorgesehen sind, haben wir definitiv die Aussage, dass vor 2009 keine Neubeginne starten werden. Ich erwarte auch von allen politisch Verantwortlichen, dass sie nicht mit dem Investitionsrahmenplan draußen herumwinken und sagen, die Sundhäuser Berge kommen demnächst, die B 243 kommt demnächst. Das sind alles Themen, die fallen unter das Thema Neubeginne und sind bis 2008 mit null Haushaltsmitteln untersetzt und können erst nach 2009 überhaupt gestartet werden. In dem Sinne werden wir sehen, dass wir die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel in Thüringen so umsetzen, dass wir die größtmöglichste Effektivität bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich den ersten Teil der Aktuellen Stunde und rufe den zweiten Teil auf

b) auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Förderung der Kindertagesstätten und verpflichtende Vorsorgeunter- suchungen - Konsequenzen für Thüringen aufgrund aktueller bun- despolitischer Beschlüsse“ Unterrichtung durch die Präsiden- tin des Landtags - Drucksache 4/2499 -

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Matschie, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, wir haben diese Aktuelle Stunde aus Freude über die Beschlüsse, die der CDU-Bundesparteitag in Dresden verabschiedet hat, beantragt.

(Beifall bei der SPD)

Wir befinden uns ja in der Vorweihnachtszeit und in Fragen der familien- und kinderfreundlichen Politik hat die CDU hier einiges, was auf der Wunschliste

der SPD steht, in ihren Beschlüssen schon umgesetzt. Das freut uns. Wir wollen uns aber auch mit der Frage beschäftigen, wie viel von diesen Beschlüssen eigentlich hier in Thüringen angekommen ist und möglicherweise auch hier umgesetzt wird.

Da heißt es z.B., was am Lebensanfang versäumt oder vernachlässigt wird, lässt sich später nur in Grenzen und mit hohem Aufwand ausgleichen. Auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung muss unsere Gesellschaft so früh wie möglich in Erziehung und Bildung investieren.

(Beifall bei der SPD)

Dann heißt es an anderer Stelle, eine pädagogisch qualifizierte Betreuung kann die Bildungschancen für Kinder entscheidend verbessern. Kinderbetreuungseinrichtungen und Tagespflege tragen dann sowohl zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf als auch zur besseren Bildung der Kinder bei. Kinder, die in ihren Familien nicht genügend Anregung bekommen, benötigen besondere und leicht zugängliche Angebote sowie verstärkte Aufmerksamkeit. Dann wird das noch weiter konkretisiert.

(Beifall bei der CDU)

Da heißt es, die Ausgaben für Einrichtungen und Maßnahmen zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern sollen künftig Priorität bei der Verteilung der Ressourcen einnehmen und wir wollen mittelfristig mindestens das letzte Kindergartenjahr verpflichtend beitragsfrei anbieten. Voraussetzung ist eine nachhaltige und solide Finanzierung, die nicht einseitig zu Lasten der Kommunen geht.

(Beifall bei der SPD)

Schöner hätte es die SPD auch nicht formulieren können. Deshalb sage ich hier ganz deutlich, wir sehen das genauso. Wir erwarten von der Thüringer CDU, dass sie - und da ist die Aktuelle Stunde eine erste gute Gelegenheit dazu - mal deutlich macht, was aus diesen Beschlüssen von Dresden hier in Thüringen Wirklichkeit werden soll, denn im Moment geht die Entwicklung anders herum. Wir haben vor wenigen Tagen eine Konferenz der freien Träger gehabt, die sich mit ersten Auswirkungen der Familienoffensive beschäftigt hat, und da sind die zentralen Aussagen die folgenden: Reduzierung des Personals trotz steigender Kinderzahlen bei steigendem Verwaltungsaufwand, steigende Beiträge für die Eltern. Das sind die Auswirkungen Ihrer bisherigen Familienpolitik. Die stehen im krassen Gegensatz zu dem, was Sie in Dresden beschlossen haben und ich möchte Sie bitten, doch einmal zu erläutern, wie Sie diesen krassen Gegensatz in Zukunft überwinden wollen und wie die zukünftige Familienpolitik vor

dem Hintergrund der Beschlüsse, die die CDU in Dresden gefasst hat, aussehen soll.

Im Übrigen wurde von den Trägern auch noch einmal deutlich gemacht, dass die Befürchtung besteht, und zwar von 20 Prozent der befragten Einrichtungen, dass vor allem Kinder aus sozialen Brennpunkten im Alter zwischen zwei und drei in Zukunft den Kindergarten nicht mehr besuchen werden. Auch das ist ja eine Zielgruppe, die mit den Beschlüssen von Dresden genau im Blick gewesen ist.

Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, der uns wichtig ist und wo ich auch eine ganze Menge Übereinstimmung sehe und wo ich hoffe, dass wir vielleicht auch zu einer gemeinsamen Politik in Thüringen kommen, nämlich die Frage: Wie können wir Kinder besser vor Verwahrlosung schützen, auch vor Misshandlungen? Die Todesfälle, die es in den letzten Monaten gegeben hat, sind ja durch die Presse gegangen. Diese Debatte ist von der Union aufgegriffen worden. Da heißt es in dem Beschluss z.B., „damit die Prävention durch Früherkennungsuntersuchungen verbessert werden kann, setzt sich die CDU dafür ein, dass alle Kinder an diesen Untersuchungen teilnehmen“. Ich weiß, es war nicht ganz der Wunsch der CDU-Spitze, dass ein solcher Beschluss gefasst wird, aber manchmal sind Parteitage auch weiser als die Führung. Wir sollten aus diesem Beschluss gemeinsam etwas machen. Deshalb schlage ich für die SPD-Fraktion vor, dass wir uns im Thüringer Landtag darüber verständigen, wie wir Frühuntersuchungen für Kinder verbindend, verpflichtend machen können, welche Instrumente dafür zur Verfügung stehen, denn auch hier ist die bisherige Politik nicht gerade ein Ruhmesblatt. Im Kinder- und Jugendschutz hat die CDU-Fraktion in den letzten Haushalten deutlich gekürzt. Wir hatten 2004 noch ungefähr 670.000 € für den Kinder- und Jugendschutz und wir haben 2007 noch 460.000 € für den Kinder- und Jugendschutz. Das ist fast ein Drittel weniger. Das ist die falsche Entwicklung. Wir brauchen hier ein gut ausgebautes System des Kinder- und Jugendschutzes, um Kinder schützen zu können.

Ich komme zum Schluss. Wir werden in den nächsten Wochen einen Antrag einbringen, der sich an dem orientiert, was im Saarland diskutiert worden ist zu verpflichtenden, bindenden Vorsorgeuntersuchungen für Kinder. Ich möchte Sie an dieser Stelle einladen, mit uns gemeinsam einen solchen Weg zu gehen, zum Wohle und zum Schutz der Kinder. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat jetzt Abgeordneter Panse, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Matschie, bis zu Ihrer Rede, nein, eigentlich bis zu Ihrem Artikel in der „Südthüringer Zeitung“ am 09.12. war es noch etwas schwierig, zu ahnen, worauf Sie hinaus wollten, denn die von Ihnen in der Überschrift angeführten bundespolitischen Beschlüsse gibt es in der Tat in dieser Form noch nicht. Wir sind dann aber dahinter gekommen, dass Sie den CDU-Bundesparteitag meinen. Ich kann das verstehen und ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie uns hier eine gute Gelegenheit geben, über den CDU-Bundesparteitag zu erklären, was wir dort für Beschlüsse gefasst haben. Ich kann Ihnen auch sagen, angesichts der dürftigen Ausbeute bei so manchen SPD-Bundesparteitagen kämen wir nicht auf die Idee, über diese Beschlüsse hier zu diskutieren, aber gut. Wir nutzen es, weil dieser Beschluss beim Bundesparteitag nicht einmütig gefasst wurde. Ich nutze also gern die Gelegenheit, auch zu den beiden von Ihnen aufgeführten Punkten erklärend zu sagen, warum der Beschluss nicht einmütig gefasst wurde. Wie gesagt, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass die Gelegenheit besteht.

Ich komme hier zunächst zu den Früherkennungsuntersuchungen. Sie haben es angesprochen, dass im Bundesparteitagsbeschluss der CDU gefordert wurde - ich zitiere: „Die CDU fordert die Bundestagsfraktion und die Bundesregierung auf, die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen für Kinder U 1 bis U 9 gemäß § 26 SGB V gesetzlich verpflichtend vorzuschreiben. Dabei soll mit den zuständigen Ländern eine verfassungskonforme Lösung erarbeitet werden, die den öffentlichen Gesundheitsdienst mit einbezieht.“ Gleichzeitig soll die Richtlinie zu den Kindervorsorgeuntersuchungen überarbeitet werden und - es wird Sie nicht überraschen - ich persönlich unterstütze diese Forderung, ich habe das auch in der Vergangenheit mehrfach sehr deutlich hier gesagt. Insofern ist diese Diskussion nicht erst jetzt im Thüringer Landtag angekommen, wir diskutieren seit geraumer Zeit darüber. Herr Kollege Matschie, allein im Mai-Plenum - habe ich mal nachrecherchiert - gab es dazu etliche Wortmeldungen, auch Aussagen dazu, wie wir uns das mit den Vorsorgeuntersuchungen vorstellen. Denn es ist auch in Thüringen so, wir haben laut einer Kleinen Anfrage von mir vom Anfang dieses Jahres die Antwort bekommen, dass die Nutzung der U 3 bei 90 Prozent liegt, es aber bei der U 9 nur noch 74 Prozent der Eltern sind, die das für ihre Kinder in Anspruch nehmen. Obwohl in den letzten paar Jahren eine Steige

rung zu verzeichnen war, ist es zweifellos so, dass wir mehr Steigerung in diesem Bereich brauchen, ein verbindliches System an dieser Stelle brauchen.

Herr Matschie, Sie haben gesagt, Sie wollen eine zentrale Überwachungsstelle für diese Vorsorgeuntersuchungen. Wir haben, als wir damals im Mai darüber diskutiert haben, gesagt, wir möchten, dass die Jugendämter, die Krankenkassen enger zusammenarbeiten, das auch als verbindliches Indiz dafür nehmen, wo vielleicht eine Kindeswohlgefährdung in einer Familie bestehen könnte. Aber wir haben damals auch schon gesagt, es sind Fragen zum Datenschutz zu klären. Wir haben heute oder morgen wahrscheinlich noch die Gelegenheit, beim Tagesordnungspunkt 11 darüber zu diskutieren. Da gibt es einen Antrag Ihrer Fraktion, da gibt es einen Antrag unserer Fraktion. Unsere Fraktion bezieht sich auf die Vorsorgeuntersuchungen, Ihre auf das, was Sie hier skizziert haben - die Kinderschutzdienste, den Kinderschutzbereich. Das hat nun wiederum mit den Vorsorgeuntersuchungen nichts zu tun, ist aber ein Mosaikstein der Diskussion.

Ich muss Ihnen aber auch sagen, Herr Matschie, es gibt rechtliche Unklarheiten und verfassungsrechtliche Bedenken. Ulla Schmidt, die nicht in dem Verdacht steht, der CDU so nahe zu stehen, hat in diesen Tagen erst erklärt, dass sie eine Verankerung der Untersuchungspflicht im SGB V nicht für möglich hält, dass das nicht geht und dass das auch nicht zu machen ist. Ich kann das nicht bewerten, ob das rechtlich geht oder nicht. Ich kann allerdings schon sagen, wir können uns dazu äußern, ob wir den politischen Willen dazu haben, ob wir das politisch wollen. Da können wir gern auch streiten und diskutieren, aber der Streit muss sich dann auf allen Ebenen in der Tat auch fortsetzen. Die familienpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Frau Christel Humme, sagt, ich zitiere: „Wir haben in der Koalition den gemeinsamen Wunsch, dass Untersuchungen verbindlicher gemacht werden, aber eine Verpflichtung mit Sanktionen wird es nicht geben.“ In einer ddp-Meldung vom 28.11. sagt die SPD-Fraktionsvize, Frau Kressl, ich zitiere: „In der SPD stößt der Plan des Koalitionspartners CDU, Vorsorgeuntersuchungen für Kinder zur Pflicht zu machen, auf Ablehnung.“ Sie sehe in ihrer Fraktion keine Mehrheit für verpflichtende Untersuchungen.

Herr Matschie, ich kann Sie nur herzlich bitten, machen Sie an dieser Stelle als Thüringer SPD-Parteivorsitzender Ihre Hausaufgaben, ermutigen Sie Ihre Kollegen, auch die Thüringer Bundestagsabgeordneten, im Bund diese Diskussion gemeinsam mit uns zu führen.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Wir können das im Land regeln.)

Wir können das im Land und im Bund machen, dazu bedarf es eines Antrags, die Aktuelle Stunde ist dazu zu wenig. Da Sie aber vorhin gesagt haben, das hat Ihnen Freude bereitet, der eine oder andere Beschluss des CDU-Bundesparteitags, ich habe Ihnen komplett die Beschlüsse mitgebracht, um vielleicht in der Vorweihnachtszeit Ihre Freude noch etwas zu steigern. Jetzt fehlt leider die Zeit, um das kostenfreie Kindertagesstättenjahr zu diskutieren. Sie kennen meine persönliche Meinung. Wir haben in den letzten paar Tagen erlebt, dass es da durchaus kommunale Diskussionen gibt. In der Stadt Erfurt tun sich einige Ihrer Genossen etwas schwer an dieser Stelle. In Weimar haben sie es gestern Abend alle gemeinsam beschlossen. Ich glaube, das ist eine Diskussion, die muss auch auf kommunaler Ebene stattfinden, denn natürlich müssen die Kommunen entscheiden können, ob sie niedrige, hohe oder gar keine Kindertagesstättengebühren wollen. Diese Diskussion gibt es, die findet statt. Ich hoffe, auch darüber können wir intensiv streiten. Aber dann sage ich Ihnen noch etwas: Für die neuen Bundesländer geht es dann vielleicht weniger um das letzte Kindertagesstättenjahr, sondern um den Einstieg in die Kindertagesstätte. Im letzten Kindertagesstättenjahr haben wir 96 Prozent der Kinder, die in Einrichtungen sind. Lassen Sie uns doch mal diskutieren, wie wir den Einstieg in Kindertagesstätten erleichtern und gestalten können. Da bin ich gern dabei, diese Diskussion können wir führen, aber dazu ist in der Tat eine Aktuelle Stunde etwas zu kurz. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin folgt Abgeordnete Skibbe, Die Linkspartei.PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich bekenne, noch nie habe ich ein Papier der CDU so aufmerksam und intensiv gelesen wie dieses. Der Antrag des Bundesvorstands der CDU Deutschlands an den 20. Parteitag unter dem Titel „Klein und einzigartig - auf den Anfang kommt es an“ macht deutlich, dass auch die CDU das Thema „frühkindliche Bildung“ als bedeutend und wichtig für unsere Zukunft erkannt hat. Eine Bildung, die kein Kind ausgrenzt und ein jedes Kind in seiner Einzigartigkeit begreift, ist zukunftsorientiert und erfordert viele Partner. Ich bin sehr gespannt darauf, wie die Thüringer CDU-Regierung die Forderungen dieses Papiers umsetzen wird. Die Voraussetzungen sind gut und wenn man sich selbst ernst nimmt, gibt es einige Dinge, die dringend in Angriff genommen werden müssten. Wenn sich die CDU dazu bekennt, dass jeder Mensch das Recht hat, entsprechend seinen Begabungen, Wün

schen und Neigungen am Leben der Gesellschaft teilzunehmen, dann unterstützt meine Fraktion genau dieses Anliegen und wir werden dies auch hier in Thüringen einfordern.

Ich möchte nun auf einige Forderungen des CDUAntrags eingehen. Sie wollen sich dafür einsetzen, die Bildungschancen grundlegend und möglichst früh zu verbessern. Brüche im Übergang zwischen den Entwicklungsstufen sollen vermieden werden. So weit, so gut. Die Tatsachen in Thüringen sprechen eine andere Sprache. Entwicklungsbögen, die im Kindergarten für Kinder erstellt werden, liegen in der Grundschule häufig für ein Jahr auf Eis; 4,5 Prozent Pauschalförderung durch das Land sind viel zu wenig und eine integrative Förderung, so wie gewollt und gefordert, kaum möglich, ganz abgesehen davon, dass es bis zu 6 Monaten dauert, ehe der Mobile Sonderpädagogische Dienst ein Kind begutachtet, also häufig eine Lücke von 18 Monaten in der Kindesentwicklung klafft. Wir unterstützen, dass Sie sich dafür einsetzen wollen, den Kindergartenbesuch beitragsfrei anzubieten. Gleichzeitig sagen Sie auch, dass eine nachhaltige und solide Finanzierung Voraussetzung ist. Ich finde, für unsere Kinder ist jeder Euro, der für deren Bildung ausgegeben wird, solide und nachhaltig ausgegeben.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Sie wollen sich weiterhin dafür einsetzen, dass neue Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie in die Lehrpläne und berufsbegleitenden Fortbildungen einfließen, um Beratungsprozesse zu verbessern. Das ist sicher richtig. Folgerichtig wäre aber auch, die Ausbildung der Erzieherinnen mindestens auf Fachhochschulniveau anzuheben und weg von der Breitbandausbildung hin zu einer Ausbildung in den einzelnen Entwicklungsphasen zu führen. Ich frage mich jedoch: Wie ernst sind diese Parteitagsbeschlüsse zu nehmen? Wurde nicht vor gerade einem Jahr das Familienfördergesetz als großer Wurf gefeiert - ein Gesetz, das die Kindergärten und ihre Träger schlechter stellt als vorher? Oder weiter: Wie können die Grundwerte der CDU „Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit“ weitervermittelt werden, wenn wir eine schier unglaubliche Entsolidarisierung in dieser Gesellschaft erleben? Ich nenne als Beispiele nur die Stichworte „Hartz“ und „Gesundheitsreform“. Mit Stolz stellt die Landesregierung ihr Familienfördergesetz im gesamten Bundesgebiet als die Thüringer Errungenschaft vor. Die Reduzierungen bei den Landeszuschüssen, die veränderten Betreuungsschlüssel, das alles wird weiterhin ignoriert. Dabei ist Thüringen nach einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft, die im Auftrag der arbeitgebernahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft erstellt wurde, gerade einmal mittelmäßig. Diese Untersuchung berücksichtigte 12 Kategorien im Bereich

Bildung und Betreuung in der frühen Kindheit, unter anderem Sprachtests, Fortbildungspflicht der Erzieherinnen und Gebührenfreiheit. Noch konnte der Umfang des Platzangebots in Kitas und die Regelung der Wahlfreiheit positiv benannt werden. Die Gestaltung des Bildungsplans erhielt auch viel Lob. Auf die Überführung dieses Bildungsplans in die Praxis darf man allerdings sehr gespannt sein. Die Reduzierung der Arbeitszeit der Erzieherinnen, wie in den letzten Monaten erfolgt, führt wohl kaum zu Motivationsschüben.

Zum Schluss möchte ich noch eines anführen: Abschließend möchte ich Sie auffordern, Ihren Parteitagsbeschluss ernst zu nehmen. Ein erstes Zeichen könnte gesetzt werden, indem Sie das Gesetz des Volksbegehrens für eine bessere Familienpolitik in das Parlament einbringen. Die Unterstützung der Oppositionsfraktionen wäre Ihnen gewiss.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Emde, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Frau Skibbe, natürlich nehmen wir unsere Parteitagsbeschlüsse sehr ernst, das ist doch gar keine Frage. Ich kann das auch nachvollziehen, dass es diebische Freude auslöst bei Herrn Matschie, wenn in Dresden so etwas beschlossen wurde, aber wir fragen natürlich auch: Was stecken da für Gründe dahinter und welche Ziele hat man mit solchen Vorstellungen? Die Frage muss man sich natürlich im Thüringer Landtag, der ja verantwortlich zeichnet, auch stellen. Stellen Sie sich solche Ziele doch einmal vor. Ein Ziel könnte sein, wir bringen mehr Kinder in den Kindergarten oder ein Ziel könnte sein, wir wollen Familien finanziell entlasten. Da muss man aber die Frage stellen, warum gerade nur in diesem letzten Kindergartenjahr, wo in Thüringen ja schon fast alle Kinder den Kindergarten besuchen. Von 100 Kindern sind es 96, die den Kindergarten in dem Alter besuchen und vier nicht. Es hat noch keiner nachgewiesen, ob die vier, die nicht den Kindergarten besuchen, ob das gerade an den Elternbeiträgen liegt oder ob sich nicht ganz andere inhaltliche Gründe dahinter verbergen. Oder ist es das Ziel nach mehr Qualität in den Kindergärten oder ist es das Ziel nach einer besseren Verzahnung von Kindergarten und Grundschule, um einmal vier Ziele zu nennen - dazu keine Aussage. Man lässt auch völlig außen vor, dass sich die Bedingungen zwischen alten Bundesländern und Thüringen völlig unterschiedlich darstellen. Wir haben das flächendeckende Angebot, das ja

auch genutzt wird, wie ich ausführte. Darüber hinaus ist es auch so, dass die Kinder nicht nur zwei oder drei Stunden den Kindergarten besuchen, sondern in der Regel in dem Alter den ganzen Tag und sie dort sehr wohl eine frühkindliche Bildung erfahren. Dazu muss natürlich auch gesagt werden, dass die Elternbeiträge in Thüringen mit die niedrigsten in Deutschland sind und dass diejenigen Familien, die finanziell wenig leistungsfähig sind, diese Kindergartenplätze natürlich zu reduzierten Preisen oder für völlig umsonst erhalten, so dass hier wirklich jedes Kind dieses Bildungsangebot wahrnehmen kann.