Es gibt jetzt keine weiteren Redemeldungen, demzufolge schließe ich die Aussprache zum Sofortbericht. Es ist der Antrag auf Fortsetzung der Beratung
des Berichts im Gleichstellungsausschuss gestellt worden und ich lasse jetzt darüber abstimmen. Wer diesem Antrag folgt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist die Fortsetzung der Beratung im Gleichstellungsausschuss einstimmig beschlossen worden. Ich stelle zum Abschluss fest, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist. Es wird dem auch nicht widersprochen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 19.
Einrichtung einer Härtefallkommission nach dem neuen Zuwanderungsgesetz Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/184
Es hat zuerst um das Wort gebeten der Staatssekretär Baldus, denn mir liegt kein Antrag auf Begründung vor. Das ist richtig, dann bitte, Herr Staatssekretär Baldus.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, zum Antrag der SPD-Fraktion, wie er uns hier in der Drucksache 4/184 vorliegt, möchte ich namens der Landesregierung Folgendes ausführen:
Der Ministerpräsident hat bereits unmittelbar nach Verabschiedung des Aufenthaltsgesetzes das Innenministerium als das federführende Ministerium beauftragt, eine Rechtsverordnung zur Einrichtung einer Härtefallkommission zu erarbeiten. § 23 a des neuen Aufenthaltsgesetzes ermächtigt die Landesregierung durch Rechtsverordnung, eine Härtefallkommission einzurichten, das Verfahren, Ausschlussgründe und weitere Details zu regeln. § 23 a des Aufenthaltsgesetzes wird zum 1. Januar 2005 in Kraft treten. Es ist beabsichtigt, die Rechtsverordnung ebenfalls zu diesem Termin in Kraft zu setzen. Erste Gespräche über die inhaltliche Gestaltung der Verordnung habe ich bereits mit Vertretern verschiedener gesellschaftlicher Gruppen geführt. Der Antrag der SPD-Fraktion zielt darauf ab, der Landesregierung Vorgaben zu den wesentlichen Punkten der künftigen Rechtsverordnung zu machen. Der Antrag mag aus Sicht einer Oppositionsfraktion verständlich sein, er setzt sich aber darüber hinweg, dass das Aufenthaltsgesetz der Landesregierung die Ermächtigung zum Erlass der Rechtsverordnung übertragen hat. Diese Verantwortung aufzuweichen, ist verfassungsrechtlich bedenklich. Die Richtschnur, wie es in der Begründung zum Antrag der SPD-Frak
tion heißt, muss die Landesregierung als Verordnungsgeber schon selbst festlegen. Sie kann nicht durch eine Entschließung des Landtags ersetzt werden. Ich bin aber selbstverständlich gern bereit, den Innenausschuss vor dem Erlass der Rechtsverordnung über die Überlegungen der Landesregierung zu unterrichten. Die Landesregierung empfiehlt daher, den Antrag der SPD-Fraktion an den Innenausschuss zur Beratung zu überweisen.
Für die SPD-Fraktion hat sich Abgeordneter Gentzel zu Wort gemeldet. Ich nehme erst mal zur Kenntnis, dass die Landesregierung eine Überweisung an den Innenausschuss vorgeschlagen hat.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Staatssekretär, wir wollen Ihnen nicht unbedingt Vorgaben machen und wir wollen auch nicht Ihre Verantwortung aufweichen. Uns ist das Thema wichtig genug und wir glauben auch, dass es der Landesregierung wichtig genug ist, dass es nicht schaden kann, die Meinung des Thüringer Landtags dazu zu hören. Sie haben ja - es ist ja schon ein Lichtstrahl heute - um Ausschussüberweisung gebeten, insofern gehe ich davon aus, dass wir zu einer gedeihlichen Zusammenarbeit kommen, insofern ist diese Aussprache und die angekündigte Debatte anschließend im Ausschuss sicherlich nicht das verkehrteste. Es geht nämlich nicht nur um ein Verfahren, was man anwendet, um im Bereich der Abschiebung ein Stückchen humanitärer zu sein, es geht nämlich um Härtefälle und die haben auch Namen und Gesichter. Ich erinnere da an die Familie Leda aus Bleicherode; ich erinnere an den Fall der
Tschetschenin Lisa Temerosajewa. Ich verstehe dieses Raunen nicht, nein, ich verstehe dieses Raunen an dieser Stelle einfach nicht, das muss ich Ihnen ganz offen sagen. Es geht einfach darum, dass wir das gut finden, dass es zukünftig eine Härtefallkommission gibt, die sich um solche Fälle kümmert, und ich sage noch einmal, das sind keine reinen Verwaltungsdinge, da stehen immer Menschen dahinter, da stehen immer Schicksale dahinter. Deshalb sind wir der Meinung, dass es richtig ist, dass die Gesetzlichkeiten so geändert worden sind, wie der Staatssekretär das schon erwähnt hat. Ich will das nicht noch einmal wiederholen.
Meine Damen und Herren, im Verlaufe der letzten Jahre hat sich bei meiner Fraktion die Meinung verfestigt, dass die Einrichtung einer Härtefallkommission in Thüringen notwendig ist. Durch das neue Zuwanderungsgesetz, ich sagte es schon, wird es erstmal möglich, weil ein rechtlicher Rahmen dafür vorgegeben ist. Wir wollen, dass in der Härtefallkommission auch Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Flüchtlingsverbände vertreten sind. Ich fand das heute früh hervorragend, wie Herr Fiedler im Innenausschuss darum gekämpft hat, dass die Kirchen bei der Anhörung zur Problematik Wasser/Abwasser gehört werden. Aber ich glaube, gerade bei solchen Dingen, die Ihnen ein Stückchen näher liegen, sollten wir die Kirchen nicht vergessen. Wir wollen, dass die Härtefallkommission ein unabhängiges Gremium wird und dazu gehört nach unserer Meinung nicht nur die Besetzung der Personen, sondern es gehört eine angemessene Ausstattung und es gehört eine Geschäftsstelle dazu. Wir wollen, dass die Behörden verpflichtet werden, mit der Härtefallkommisssion zusammenzuarbeiten. Eine Härtefallkommission soll bei der Informationsgewinnung nicht darauf angewiesen sein, dass eine Behörde gutwillig ist, es muss einen Anspruch haben, dass mit ihr zusammengearbeitet wird. Wir wollen viertens, dass solange eine Härtefallkommission einen Fall bearbeitet, ein Abschiebestopp, ein Abschiebeschutz besteht und wir wollen abschließend mit unserem Antrag, dass die Landesregierung uns diese Rechtsverordnung vor In-Kraft-Treten vorlegt. Das halte ich so einigermaßen mit Ihrer Ankündigung, auch im Innenausschuss mit uns darüber zu sprechen, schon mal für gegeben, aber auch, dass einmal im Jahr Bericht erstattet wird hier im Thüringer Landtag, wie die Härtefallkommission arbeitet und wie sich ihre Arbeit bewährt hat. Ich bitte das hohe Haus um Zustimmung zum Antrag der SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, der Antrag der SPD-Fraktion hat schon etwas überrascht, denn es gab ja in der Drucksache 4/145 schon eine Kleine Anfrage der PDS-Fraktion und dort gab es eigentlich schon Ausführungen dazu. Wie Herr Staatssekretär Baldus vorhin schon sagte, ist das im Zuwanderungsgesetz festgelegt in § 23 a, die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung eine Härtefallkommission nach Absatz 1 einzurichten. Es ist Ihnen auch schon die Auskunft ergangen, dass dies in Vorbereitung ist und
dass dies bis Ende des Jahres veranlasst werden soll. Auf was ich noch aufmerksam machen muss, Herr Gentzel, die Härtefallkommission ist natürlich für diese Fälle, die Sie vorhin angeführt haben, nicht zuständig, denn das steht auch in § 23 a, Annahme eines Härtefalles ist ausgeschlossen, wenn der Ausländer Straftaten von erheblichem Gewicht begangen hat. Diese Fälle gehören nicht in die Härtefallkommission. Und das wird auch dort nicht auftreten.
Meine Damen und Herren, da wir, die CDU-Fraktion, natürlich auch an dieser Regelung interessiert sind, bitten wir um die Überweisung an den Innenausschuss.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, mit dem In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 wird für Migrantinnen und Migranten sowie Flüchtlinge die Möglichkeit eines Bleiberechts aus humanitären Gründen geschaffen. In § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes ist ausgeführt, dass abweichend von den im Zuwanderungsgesetz festgelegten Erteilungs- und Verlängerungsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel einer Ausländerin oder einem Ausländer auf Ersuchen einer von der Landesregierung durch Rechtsverordnung bestimmten Stelle, eben der Härtefallkommission, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder verlängert werden kann. Zum vorliegenden Antrag "Einrichtung einer Härtefallkommission nach dem neuen Zuwanderungsgesetz" der SPD-Fraktion möchte ich einige Forderungen wahrscheinlich wiederholen, aber auch ergänzen.
Zunächst ist es erfreulich, dass die Landesregierung mit der Absicht, eine Härtefallkommission einzurichten, eine Position einnimmt, welche die PDSFraktion schon in der letzten Legislaturperiode mehrfach eingefordert hat, die aber vom damaligen Innenminister, Herrn Trautvetter, beharrlich abgelehnt worden war. Hier scheint es mit dem neuen Innenminister, Herrn Dr. Gasser, ein Umdenken zu geben. Jedoch ist es unserer Ansicht nach nicht nachvollziehbar, dass die Landesregierung in Beantwortung der Kleinen Anfrage am 21. September noch keinerlei Aussagen darüber machen konnte, wie die Rechtsverordnung gestaltet sein wird, nach der die Kommission arbeiten soll bzw. wie die Kommission zusammengesetzt sein soll. Und deswegen, Frau
Abgeordnete Stauche, war die Antwort auf die Kleine Anfrage unbefriedigend. Unverständlich ist aus unserer Sicht auch, dass in die Vorbereitung bisher noch keine der in der Flüchtlingsarbeit aktiven Institutionen einbezogen wurde. Dies zeugt von einem offenkundigen Mangel an Transparenz gegenüber diesen Einrichtungen, gegenüber Betroffenen und auch gegenüber der Öffentlichkeit.
Ein weiteres Manko an dem Vorhaben der Landesregierung sehe ich in der Ablehnung eines Abschiebemoratoriums, mit dem von Abschiebung bedrohte Flüchtlinge, die nach vorläufiger Einschätzung die Chance hätten, dass ihre Angelegenheit als Härtefall behandelt werden könnte, eine vorläufige Duldung erhalten können. Ein solches Moratorium wurde im Übrigen ja im Juli von Herrn Peters, dem Ausländerbeauftragten der Landesregierung, gefordert.
Sehr geehrte Damen und Herren, die geplante und im neuen Zuwanderungsgesetz vorgesehene Härtefallkommission sollte aus Sicht der PDS-Fraktion mindestens folgende Voraussetzungen erfüllen:
Sie sollte niedrigschwellig erreichbar sein, sie sollte behördenunabhängig arbeiten und sie sollte mit gewissen Kompetenzen ausgestattet sein.
Zur niedrigschwelligen Erreichbarkeit der Härtefallkommission: Es darf für keinen in Thüringen lebenden Flüchtling eine hohe Hürde bedeuten, einen Antrag auf Prüfung seines Falles bei der Härtefallkommission einzureichen. Das bedeutet, die Kommission muss vor Ort erreichbar sein, dort, wo die Flüchtlinge leben. Flüchtlinge müssen über die Tätigkeit der Kommission, Zugangsbedingungen und Antragsmodalitäten informiert werden, beispielsweise durch Auslegen mehrsprachiger Informationsbroschüren in Gemeinschaftsunterkünften, bei Ausländerbehörden in den Kreisen, in den Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände etc. Das kann zum Beispiel auch bedeuten, dass die Kommission Sprechstunden oder Beratungszeiten anbietet. Jeder in Thüringen lebende ausreisepflichtige Flüchtling ist antragsberechtigt, zumindest wenn es nach der Fraktion der PDS geht. Jeder, der oder die dringende humanitäre oder persönliche Gründe geltend macht, die einer bevorstehenden Ausreise entgegenstehen können. Hierzu sollte durch die Härtefallkommission ein ebenfalls sehr niedrigschwelliges Beratungsangebot an die Flüchtlinge gemacht werden. In der Rechtsverordnung sollte geregelt sein, dass die Kommission die Betroffenen bzw. auch ihre Unterstützer persönlich hören kann. Die Härtefallkommission sollte behördenunabhängig sein. Das bedeutet für uns, dass es keine Vorschaltinstanz geben darf, die Anträge zulässt oder ohne Beratung der Kommission zurückweisen kann.
Zulassungshürden lehnen wir genauso ab, wie besondere in der Rechtsordnung formulierte Bedingungen zur Annahme eines Antrages, die zu einer Selektion der Antragsteller und Antragstellerinnen führen.
Zu den Kompetenzen der Härtefallkommission: Wir lehnen eine Härtefallkommission mit reiner Alibifunktion ab. Das Votum der Härtefallkommission muss auch Gewicht haben. Die Ausländerbehörde sollte in der Regel dem Votum der Kommission folgen. Bei einer Ablehnung des Votums der Härtefallkommission sollte das Innenministerium seine Entscheidung begründen. Außerdem muss aus einem positiven Entscheid der Härtefallkommission ein gesichertes Aufenthaltsrecht inklusive Arbeitserlaubnis etc. folgen. Flüchtlinge, die dringende, der bevorstehenden Ausreise entgegenstehende humanitäre oder persönliche Gründe geltend machen, müssen bis zur endgültigen Entscheidung der Härtefallkommission Abschiebeschutz genießen. Neben diesen Mindestbedingungen - niedrigschwellige Erreichbarkeit, Behördenunabhängigkeit und Kompetenzausstattung, die in der Rechtsverordnung geregelt sein müssen - ist es dringend notwendig, in der Flüchtlingsarbeit aktive Vereine und Institutionen - Herr Gentzel hat es auch schon erwähnt - in die Erarbeitung der Rechtsverordnung einzubeziehen und sie bei der Zusammensetzung der Härtefallkommission angemessen zu beteiligen.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, eigentlich wäre eine Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete Flüchtlinge dringend erforderlich. Die Schicksale der langjährig Geduldeten sind uns allen aus dem Petitionsausschuss bekannt. Die betreffenden Familien leben seit mehr als zehn Jahren in der Bundesrepublik, ihre Kinder sind oftmals hier geboren, gehen zur Schule oder befinden sich in Ausbildung. Viele haben sich hier in Thüringen eine Existenz aufgebaut, sind berufstätig und fühlen sich hier zu Hause. Warum diese Menschen, die gerne hier leben, hier Partnerschaften eingehen, hier eine berufliche Entwicklung suchen und hier im sozialen Umfeld feste Beziehungen geknüpft haben, mit Zwang zur Rückreise in ein Land zwingen, in dem sie keine Perspektive haben und dem sie fremd geworden sind? Und gleichzeitig bedauern wir in Sonntagsreden die Vergreisung in den neuen Bundesländern. Die Einrichtung einer Härtefallkommission bedeutet, in Einzelfällen eine Art Gnadenakt zu gewähren. Das kann aber nicht Ziel und Sinn einer humanen Flüchtlingspolitik im Freistaat Thüringen sein. Im Gegenteil,
die Einrichtung dieser Härtefallkommission sollte nur ein Anfang sein, meine Damen und Herren. Wir soll
ten im Sinne der langjährig geduldeten Flüchtlinge kurzfristig eine Gruppenregelung anstreben. Vielen Dank.
Mir liegen keine weiteren Anträge in der Aussprache vor, demzufolge komme ich jetzt zur Abstimmung über Ausschussüberweisung. Es ist beantragt worden, diesen Antrag an den Innenausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Es gibt einige Gegenstimmen, 3. Und die Stimmenthaltungen? 1 Stimmenthaltung. Bei 3 Gegenstimmen und 1 Stimmenthaltung ist der Antrag mehrheitlich an den Innenausschuss überwiesen worden und ich kann damit den Tagesordnungspunkt 19 a schließen.
Ich kann damit auch die heutige Plenarsitzung schließen und möchte mich von Ihnen verabschieden, Ihnen einen guten Nachhauseweg wünschen und darauf hinweisen, dass die nächsten planmäßigen Plenarsitzungen am 11. und 12. November stattfinden. Auf Wiedersehen.