Protocol of the Session on October 8, 2004

Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Tasch zu Wort gemeldet.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Denk dran, drei Sätze!)

Ja, ich werde es berücksichtigen. Frau Präsidentin, liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, ich bin jetzt doch etwas enttäuscht von dieser ganzen Diskussion um das schwedische Modell und von diesem Schlechtreden. Ich bin auch enttäuscht, dass Frau Wolf nicht da ist, die als Vorsitzende des Gleichstellungsausschusses - ja, die hat Kinder, aber die ist verheiratet und hat einen Mann und um fünf Uhr hat der auch Feierabend und kann sie holen, das haben wir gerade gehört. In Schweden werden die Männer verdonnert zwei Monate Papa-Monat zu nehmen, das wollen wir in Thüringen auch.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Auch noch frei nehmen...)

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Das ist in Thüringen eben nicht so!)

Ja, da muss man sich auch organisieren wie andere das auch machen.

(Unruhe bei der PDS)

Ich habe gestern auch mit ganz großer Enttäuschung gehört, ich war entsetzt über Sie, Frau Jung, was Sie für ein Frauenbild der CDU gezeichnet haben. Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz des Staates, sind privilegiert. Aber selbst in der CDU dürfen heute auch geschiedene, allein erziehende Frauen mitmachen und Frau Lehmann und ich sind nicht ausgeschlossen worden und dürfen selbst im Thüringer Landtag arbeiten.

(Beifall bei der CDU)

Ich bilde mir ein, dass ich eine ausgesprochen engagierte Frauenpolitikerin bin. Das bilde ich mir ein und ich gehe auch manchmal meinen Männern auf den Geist damit und auch manchen Frauen, aber so ein Bild, ich weiß nicht, aus welchem Jahrhundert Sie das herholen.

Frau Strathausen, es war Ihre erste Rede - frauenpolitisch. Ich komme aus dem Eichsfeld wie Sie, ich bin aus Küllstedt und Sie sind aus Heiligenstadt. Ich habe das erste Mal von Ihnen etwas gesehen im Mai in Flinsberg - Ihr Wahlplakat. Ich habe Sie in den letzten 15 Jahren noch zu keiner frauenpolitisch aktiven Sache, ob es in der Koralle oder ob es in Leinefelde war,

(Unruhe bei der SPD)

ich habe Sie noch nie frauenpolitisch aktiv gesehen und da würde ich mich hier etwas zurückhalten mit Sachen, bei denen ich mich nicht auskenne.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Da wird es aber Zeit!)

Was ich auch gemerkt habe an der Einführung von Ihnen, Frau Thierbach, ich gebe zu, Gender Mainstreaming ist schwer erklärbar und es bedarf ein paar Minuten oder etwas länger, bis man das überhaupt verinnerlicht hat, was das ist. Aber wenn man dann begriffen hat, was es ist, dann kann man gut damit umgehen. Sie haben in der 3. Legislatur ja mal gefordert, der damalige Ministerpräsident Bernhard Vogel sollte sich einer Gender- Mainstreaming-Schulung unterziehen. In der 3. Legislatur haben unsere Staatssekretäre diese Schulung gemacht und gegen Ende der 3. Legislatur die Damen und Herren der CDULandtagsfraktion. Ich kann nur empfehlen, wir können Ihnen gern die Adresse geben, Berliner Institut,

die haben uns einen Tag fit gemacht und das wäre sicher auch mal hilfreich, wenn man dann auch weiß, um was es geht.

(Beifall bei der CDU)

(Unruhe im Hause)

Ich habe jetzt leider nichts verstanden.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Da- bei ist ein schlechtes Ergebnis herausge- kommen.)

Es ist ein gutes Ergebnis herausgekommen. Verehrte Kolleginnen, ich hatte geglaubt, dass mit der Ankündigung des Ministerpräsidenten, in Thüringen die Gleichstellungspolitik anhand der positiven Erfahrungen Schwedens, die zweifelsfrei in Europa hier Vorreiter sind, zu organisieren, die Frauen und Männer, die gleichstellungspolitisch aktiv sind, alle in helle Freude und Aufregung versetzt werden, motiviert werden, so jetzt geht es los, wir strukturieren die Gleichstellungspolitik neu nach den Forderungen des Gender Mainstreaming, was übrigens in Nairobi auf der Weltfrauenkonferenz als Organisationsmodell erarbeitet worden ist, dann später auch in Peking und letztlich 1998 in der Europäischen Union verpflichtend für seine Mitgliedstaaten eingeführt wurde. Das habe ich gedacht - Einigkeit. Wir waren in Schweden, wir haben in der 3. Legislatur mit Frau Dr. Meier sehr gut zusammengearbeitet, wir haben vieles erreicht, ich will das jetzt nicht alles aufzählen. Aber wir haben auch gesehen, dass mit dieser Struktur, die bis jetzt war, die Staatssekretärin direkt beim Ministerpräsidenten angesiedelt, die auch schon eine gute Stellung hatte, aber nicht jedes Politikfeld in seiner Gänze bearbeitet werden konnte. Frauenpolitik ist auch mehr als die Förderung von Frauenschutzwohnungen, Frauenhäusern

(Beifall im Hause)

und die Täterberatungsstelle und der Landesfrauenrat mit 10.000, das waren nämlich die Mittel, die Frau Dr. Meier mit 2,5 Mio.   %  

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Das ist eine Ordnungsfrage!)

Deswegen haben wir es ja anders zugeordnet. Wir haben es uns in Schweden angesehen und haben gesehen, aha, wie muss es sein, Gender Mainstreaming, jeder Minister ist für den Politikbereich seines Ressorts,

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Minister!)

das er vertritt, und jede Ministerin, zuständig für gleichstellungspolitische Fragen. Sie haben Arbeitsmarkt angesprochen. Für die gleichstellungspolitischen Fragen ist Herr Minister Reinholz zuständig.

(Unruhe bei der SPD)

Wir haben ein Pilotprojekt in Gang gesetzt über Gender Mainstreaming in der Dorferneuerung. Hierfür ist Minister Dr. Sklenar zuständig.

(Beifall bei der CDU)

Die politische Vertretung der Landesregierung in Fragen der Gleichstellung hat Minister Zeh, denn einer muss es ja für die Landesregierung vertreten. In Schweden ist das die Frau Landwirtschaftsministerin gewesen, die einen politischen Berater zur Seite hat und eine Abteilung für Gleichstellungsfragen. Daran haben wir uns orientiert, weil wir gesagt haben, so muss das sein. Es muss selbstverständlich sein, dass die Minister in ihrem Ressort von vornherein schauen, welche Auswirkungen hat das, was ich jetzt tue, auf Mann und Frau und dass im Vorfeld keine Benachteiligungen entstehen, damit ich nicht dieses Frauenbeauftragtenkonzept, was sicher auch seine Berechtigung hat, aber es hat eben den Durchbruch nicht geschafft. Deswegen ist ja auch dieses Gender Mainstreaming als Doppelstrategie entwickelt worden - nicht von uns. Wir haben erkannt, dass es der richtige Weg ist und dass wir den einschlagen sollten. Selbst die Schweden, die Vorreiter, haben gesagt, der Herr Beck, ich habe es mir noch mal rausgesucht, es dauert 20 Jahre bis die großen Erfolge kommen. Das hat in Schweden 20 Jahre gedauert, da bin ich ein bisschen skeptimistisch, denn Deutschland ist nicht so ein Vorreiter. Bei uns dauert es zwischen 20 und 30 Jahre, aber wir müssen ja irgendwann mal anfangen.

Jetzt noch mal was zu diesen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten: Ich möchte wirklich niemandem zu nahe treten und auch die Arbeit nicht schlechtreden, aber mein Eindruck ist auch, man war schön zufrieden, man hatte die Gleichstellungsbeauftragte, die Frau Staatssekretärin, die war für alles zuständig, man konnte die ganzen Problemen bei ihr abladen und war dann froh, dass man wieder nach Hause gefahren ist, dass man es jemandem gesagt hat.

Aber konnte sie denn auch alles umsetzen? Nein. Viele Frauen sind froh, wenn sie an einer "feministischen Klagemauer" - das stammt nicht von mir, von Jutta Limbach - ihre Sorgen einmal loswerden können, aber ob es im Endeffekt das bringt, was wir uns darunter vorstellen, dahinter mache ich jetzt ein Fragezeichen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Da sind Sie aber falschen..., Frau Tasch.)

Und damit rede ich sieben Minuten und achtzehn Sekunden, das steht hier vorn, ich hatte gesagt, fünf Minuten, weil Feierabend ist. Ich möchte noch mal betonen, wir haben so ein gutes Miteinander die letzten fünf Jahre im Gleichstellungsausschuss gepflegt, angefangen vom Ton und auch von der Zusammenarbeit. Wir haben wirklich frauenpolitisch viele Sachen gemeinsam auf den Weg gebracht, weil wir sagen, das ist ein gesellschaftspolitisches Thema, was Frauen, egal wo sie sich engagieren, in welcher Partei, doch zusammen machen sollen, wenn es Erfolg bringt. Ich hoffe, dass die Basis wirklich auch wieder trägt und dass wir im Gleichstellungsausschuss schon mitarbeiten, unsere Ideen, unsere Anregungen engagiert mit einbringen. Dass das ein langer Weg ist - das hat Klaus Zeh gesagt -, das wissen wir auch, den wollen wir auch gern mit begleiten, denn unser Ziel ist klar: Chancengerechtigkeit für Frauen und Männer als selbstverständlicher nicht verhandelbarer Konsens ist unantastbar. Dafür engagieren wir uns glaubhaft weiter. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Seitens der Abgeordneten liegen mir keine weiteren Redemeldungen vor. Es braucht sich auch niemand dafür entschuldigen, wenn er mehr als fünf Minuten spricht, es sei denn bei der Begründung eines Antrags. Minister Zeh hat sich noch einmal zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte außerhalb des Sofortberichts auch noch einmal auf einiges eingehen. Vor allen Dingen, Frau Thierbach, auf das, was Sie gesagt haben. Ich halte es für äußerst ehrabschneidend, dass Sie über eine ehemalige Kollegin, die unbestreitbare Verdienste in der Demokratie hier in Thüringen erworben hat, in der Weise auch ehrabschneidend von Versorgungsposten reden. Ich halte es für unanständig.

(Beifall bei der CDU)

Sie kennt sich wie kaum jemand im parlamentarischen Alltag aus, sie kennt sich wie kaum jemand in der Verwaltung aus, sie kennt die Wege, wie sie laufen. Ich halte diese Entscheidung, Frau Arenhövel dafür vorzusehen, für ausgezeichnet. Ich weiß, wie sehr sie sich mit dieser Entscheidung schwer getan hat, weil es nämlich nicht einfach ist, ein parlamenta

risches Mandat aufzugeben zugunsten dieser neuen Tätigkeit. Ich wünsche Frau Arenhövel ausdrücklich alles Gute, ohne die "guten Wünsche" von Frau Thierbach damit einzubeziehen.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Bravo!)

Frau Leukefeld, es ist eben nicht Politik aus der dritten Reihe. Ich hatte ausdrücklich hier dargestellt: Es ist Chefsache geworden. Das heißt, die Ministerinnen und Minister, die jetzt Verantwortung tragen, Sie haben extra darauf hingewiesen, in Schweden ist es eine Ministerin, die diese Aufgabe wahrnimmt. Mir scheint aus dieser Bemerkung oder ich erkenne daraus, wer eigentlich das antiquiertere Gleichstellungsmodell hier vertritt. Mir ist es als Mann eigentlich besonders wichtig, mich in diese Diskussion einzubringen, mich einzumischen und mich auch dafür einsetzen zu dürfen, gerade als Mann, warum denn nicht? Ich bin der Meinung, wir können dieses Problem doch nur gemeinsam lösen, nämlich Frauen und Männer. Und hier einen Keil dazwischen zu treiben, würde dieser Sache nicht helfen.

(Beifall bei der CDU)

Mir ist auch wichtig, dass man Gleichstellungspolitik nicht als bloße Gleichmacherei auffasst. Gleichmacherei ist ungerecht und sie berücksichtigt eben nicht die Unterschiede. Frauen können nun mal nicht die besseren Männer sein und schon gar nicht die Männer die besseren Frauen.

Meine Damen und Herren, Gleichstellungspolitik ist für mich auch der Respekt vor den Unterschieden einerseits und sich einzusetzen für eine wahre Chancengerechtigkeit andererseits. Das heißt natürlich auch, dass man gezielte Frauenförderung betreiben muss, dort, wo es wichtig ist. Ich denke, dort, wo Benachteiligungen hartnäckig fortbestehen für Frauen, dort haben wir auch die Aufgabe, diese strukturellen Defizite auszuweisen und zu ändern.

Frau Ehrlich-Strathausen, ausdrücklich herzlichen Dank, dass Sie sich konstruktiv in die Mitarbeit einmischen wollen. Ich denke, auf diesem Wege müssen wir vorankommen und so kommen wir auch voran. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt jetzt keine weiteren Redemeldungen, demzufolge schließe ich die Aussprache zum Sofortbericht. Es ist der Antrag auf Fortsetzung der Beratung