Sie sind Weltmeister im Problemeaussitzen. Oder, wie so schön Herr Pilger vorhin gesagt hat, Probleme wegzuignorieren. Zwei Jahre ist es her, dass mit einer Regierungserklärung hier der Herr Althaus von dieser Stelle gewissermaßen so viele Probleme ins Land gestreut hat, er selbst seine Minister überrascht hat, unter anderem trifft ja eine ganze Menge davon Sie. Eines davon ist die Baustelle der Horte. Sie haben damit dann Proteststürme entfacht, Petitionen, die nach wie vor auf unseren Tischen liegen, und Sie haben versprochen, dass es mit Modellprojekten erprobt wird und alles ganz toll wird und wir dann 2008 auch als Opposition überzeugt sein werden, wie schön alles sein kann, wenn wir doch nicht immer so - wie haben Sie gesagt - ignorant wären. Sie haben sogar auf dem Thüringer Elterntag am 9. April 2005 beschwichtigend - und ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis - gesagt: „Bei der bewährten Bildungs- und Betreuungsarbeit im Grundschulbereich wird es keine Einschränkungen geben. Bei der offenen Ganztagsschule kommt für 35 Stunden in der Woche auch künftig das Land auf. In der Zeit zwischen 8.00 und 15.00 Uhr ist die Hortbetreuung Sache der Grundschule, aber auch Ihre Ideen als Eltern sind gefragt. Für voll gebundene Ganztagsschulen planen wir einige Pilotprojekte an ausgewählten Standorten, auch um neue Arbeitszeitmodelle zu testen.“ Ja genau, wo sind diese Modelle? Ja, also, wie gesagt, er hat mir gerade gezeigt, dass es drei seien, vielleicht redet er ja dann doch noch dazu und dann wissen wir, wo sie sind und da können wir vielleicht so ein paar Modellprojekte uns angucken. Mit einer wissenschaftlichen Begleitung allerdings wird es nichts.
Zwei Jahre gab es diese Denk- und Erprobungsprozesse und deswegen unsere Aufforderung, heute hier im Plenum darüber zu reden und den Betroffenen doch mal zu signalisieren, wie es denn nun eigentlich weitergehen soll, denn das sind wir unseren Eltern und Erzieherinnen und Erziehern schuldig. Nach wie vor - wie gesagt - stapeln sich die Petitionen auf meinem Schreibtisch und diesbezüglich fühlte zumindest ich mich bemüßigt, in der Sommerpause diese Kleine Anfrage in Drucksache 4/2205 zu stellen. Ich will Ihnen die noch mal in Erinnerung rufen und darf zitieren: „1. Hält die Landesregierung an der Absicht fest, die Thüringer Horte zu kommunalisieren?“ - „Ja.“; „Welche Pilotprojekte“ - wie gesagt, das ist am 29.08. gewesen - „wurden in diesem Schuljahr begonnen (bitte konkret aufzählen)?“ - „Keine.“; „Wer
den diese Projekte wissenschaftlich begleitet...?“ - Dieses „... kann erst mit den Teilnehmern am Projekt geplant werden.“ - gibt es ja nicht; „Welche Zeitschiene ist... vorgesehen?“ - „Da bisher keine abschließende Entscheidung getroffen wurde, gibt es auch keine Zeitschiene.“ Das ist Ihre Antwort von vor einem Monat.
Nun kam der Landkreistag mit dieser „glänzenden“ Idee, die tatsächlich deutschlandweit einmalig ist, da er eben auch nicht dieses Auseinanderreißen von Grundschule und Hort will und diese Thüringer Spezialität durchaus anerkennt, die Grundschulen in Gänze zu kommunalisieren. Das wäre, wie gesagt, deutschlandweit ein einzigartiges Projekt. Und Ihre Antwort darauf, die ist salomonisch: „Derzeit befindet sich das Thüringer Kultusministerium bezüglich der Kommunalisierung der Grundschulen mit den kommunalen Spitzenverbänden in der Erörterung. Das Ergebnis ist offen.“ Wie gesagt, das ist die Antwort von vor einem Monat.
Ich denke, es ist Zeit, das Versprechen vom Elterntag einzulösen und endlich die Betroffenen in die Überlegungen einzubeziehen. Wie ist denn nun Ihr Verhandlungsstand mit dem Landkreistag? Ich kann mir nicht vorstellen, dass nur wir mit besorgten Mails und Anfragen überschüttet werden und Ihr CDUPostkasten unter www.kuemmern.de leer bleibt. Oder hat sich Mike Mohring mit „Paul und Paula“ so sehr die Finger verbrannt, dass er sich nicht mehr kümmern darf?
Ich darf Ihrem Erinnerungsvermögen ein bisschen nachhelfen und zitiere aus einem Papier des Landkreistags, das zu einer Präsidiumssitzung erstellt worden ist, da steht drin: „Anfang 2006 erklärte der Kultusminister, dass er für eine Kommunalisierung der Grundschulen offen sei. Anfang des Jahres hat der Kultusminister“ - das mache ich nur, weil Sie den Sofortbericht nicht gegeben haben, sonst hätte ich mir das ja sparen können - „seiner Abteilung einen Arbeitsauftrag erteilt, zusammen mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände ein Papier zu erstellen, das die Problempunkte, hiernach insbesondere die zu bewältigenden Schnittstellen zwischen Land und Kommunen, im Falle der Kommunalisierung der Grundschulen aufzeigen sollte. Ein derartiges Papier kam nicht zustande.“ - Zitat aus diesem Papier Landkreistag und - „Das Kultusministerium plant einen Modellversuch, mit dem die Kombination von kommunalisierter Grundschule sowie Grundschule in Eigenverantwortung erprobt werden soll. Bis zum Sommer soll ein Zielkonzept für einen derartigen Modellversuch auf der Arbeitsebene erarbeitet werden. Nach den Sommerferien soll die politische Entscheidung über die wissenschaftliche Begleitung des Modellversuchs sowie über die Modellträger getroffen werden.“ Nach welchem Sommer eigentlich? Wollen
Wollen Sie das alles erst flöten gehen lassen, um dann hinterher den Kommunen zu sagen: Ach, wir haben uns das so schön ausgedacht, es hätte ja sein können. Ich weiß nicht, in welcher Zeitschiene Sie Ihre Regierungsverantwortung wahrnehmen!
Ich möchte Ihnen aber natürlich an dieser Stelle noch mal die Position unserer Fraktion zur Kenntnis geben, denn auch wir wollen wissenschaftliche Modellprojekte für gebundene Ganztagsschulen, ganz klar, aber ich weiß nicht, was das zwingend mit einer Kommunalisierung zu tun hat - überhaupt gar nichts. Wir wollen weder jetzt die Kommunalisierung der Horte noch die der Grundschulen, zum einen aus pädagogischen Gründen - Herr Döring hat das schon gesagt, die Kommunalisierung des gesamten Personals an den Grundschulen würde die viel zu frühe Trennung der Schüler nach Klasse 4 weiter zementieren und ich bin ganz sicher, dass früher oder später dieser alte Zopf der Bildungspolitik in Deutschland abgeschnitten wird, davon bin nicht nur ich überzeugt, sondern meine Fraktion und mit uns 70 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer -,
zum anderen natürlich aus finanziellen Erwägungen. Leistungsfähige kommunale Strukturen sind die Voraussetzung, um überhaupt verantwortlich über eine Kommunalisierung welcher Aufgabe auch immer und eben auch die der Lehrer und Erzieher nachzudenken. Aber dazu verweigern Sie zielorientiertes Nachdenken seit vielen Jahren im Gegensatz zu allen Thüringer Nachbarländern. Deshalb fordern wir die Landesregierung mit unserem Antrag auf, die beabsichtigte Überführung des Hortpersonals an den Grundschulen in kommunale bzw. freie Trägerschaft ab 2008 zurückzunehmen und gleichzeitig alle bestehenden Arbeitsverträge zu entfristen. Aus fachlichen Gründen sowie wegen der unklaren finanziellen Auswirkungen können die durch die Landesregierung formulierten Ziele nicht erreicht werden.
Ich möchte jetzt auch noch mal über das Geld reden, Herr Dr. Krause, und zitiere deswegen noch einmal aus diesem Papier des Landkreistags. Sie haben ja sozusagen dem sehr offen gegenübergestanden. Wenn diese Kommunalisierung stattfindet und der Landkreistag jetzt schon einschätzt: „Mit der Entschädigung auf der Grundlage der standardisierten offenen Ganztagsschule kann nur ein Teil, vermutlich nur etwa die Hälfte des jetzigen Hortper
sonals übernommen werden. Der Modellversuch wird hier zu tiefergehenden Erkenntnissen führen. Hier wird es darauf ankommen, die Landesvertreter zu überzeugen, dass ein Stellenpool für Hortnerinnen gebildet wird, dessen Leistungen für die weitergehenden Betreuungszeiten eingekauft werden können und der im Laufe der Zeit abgeschmolzen wird.“ Das ist also die Zukunft, die wir unseren Erzieherinnen und Erziehern zumuten. So viel zu dem Thema „Frauenarbeitsplätze in Thüringen“ aus dem letzten Tagesordnungspunkt.
Wenn das nicht etwas mit erzwungener Teilzeit zu tun haben soll - der Wirtschaftsminister ist gerade nicht mehr da -, dann kann ich nur sagen: Im Bildungsbereich haben wir ganz viel erzwungene Teilzeit gehabt gegen den Willen der Betroffenen. Und jetzt haben wir sogar Lehrermangel.
Unsere Argumente sind Ihnen nicht neu, Herr Minister. Ich hoffe, Sie können heute außer ein paar trotzigen Absichtserklärungen, an der Kommunalisierung ab 2008 festhalten zu wollen, etwas Wesentliches hinzufügen und vielleicht auch noch etwas zu diesem Konzept „Bildung und Betreuung von 2 bis 16“ sagen, was ja offensichtlich in der Versenkung verschwunden ist. Danke.
Seitens der Abgeordneten liegen mir keine weiteren Redeanmeldungen vor. Für die Landesregierung Minister Prof. Dr. Goebel.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, „Zukunft der Horte in Thüringen“, so ist der Antrag der Linkspartei.PDS überschrieben. Sie bitten im ersten Punkt unter anderem um Informationen über den Stand der Umsetzung der Pläne der Kommunalisierung des Hortpersonals. Natürlich werden Sie diese Informationen in der Form bekommen, die die Geschäftsordnung dieses Hohen Hauses dafür vorsieht. Wir werden in der zulässigen Frist hierzu einen umfassenden Bericht schriftlich abgeben.
Aber, meine Damen und Herren, die Zukunft der Horte in Thüringen lässt sich nicht allein an Überlegungen zur Kommunalisierung des Personals festmachen. Man muss dies vielmehr in größerem Zusammenhang betrachten. Unser Ziel ist es - daran halten wir fest -, die Betreuung von Kindern und Jugendlichen stärker als bisher in dem jeweiligen Sozialrahmen zu verankern. Über die Gründe ist an
dieser Stelle bereits ausführlich gesprochen worden. Dazu haben wir ein Gesamtpaket unter der Überschrift Konzept „Bildung und Betreuung von 2 bis 16“ geschnürt. Hierzu gehören die Kinderbetreuung im Elementarbereich, die außerschulische und außerunterrichtliche Betreuung von Kindern im Grundschulalter, beides inhaltlich flankiert durch den Bildungsplan für Kinder bis 10 Jahre, der jetzt in die Erprobung geht, ebenso wie die Zusammenführung von Jugendpauschale und Schuljugendarbeit. Das letztere Projekt ist übrigens seit Inkrafttreten der neuen Richtlinie „Örtliche Jugendförderung“ laut einer Umfrage der Schulämter gut angelaufen. Diverse Startprobleme konnten auf regionaler Ebene geklärt werden und so muss das sein. Mit dem Gesetzespaket der Thüringer Familienoffensive stärken wir die Erziehungskraft der Eltern und garantieren zugleich eine familienfreundliche Bildung und Betreuung in Kindertageseinrichtungen. Ziel ist dabei auch eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch darüber ist heute schon ausführlich diskutiert worden. Die Thüringer Landesregierung hält grundsätzlich an ihrer Absicht fest, die Horte, Institutionen zu kommunalisieren. Fest steht allerdings, dass die Erzieherinnen und Erzieher, die sich im Landesdienst befinden, so lange im Landesdienst bleiben, bis sie altersbedingt oder aus anderen Gründen freiwillig aus dem Landesdienst ausscheiden.
Herr Minister, ich habe eine Frage, und zwar: Ist Ihnen die Drucksache 4/2289 bekannt? Ich würde daraus gern etwas zitieren zu Ihrer Zusammenarbeit von Schule- und Jugendhilfe. Folgendes: „Im Ergebnis einer aktuellen Umfrage zur Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule bei den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe wird allerdings deutlich, dass es bisher kaum verbindlich fixierte Vereinbarungen zwischen Jugendhilfe und Schule in Thüringen gibt.“ Können Sie mir vielleicht erklären, wie das mit Ihren eben getätigten Äußerungen zum Superanlauf dieser Zusammenarbeit zusammenpasst?
Es ist die Richtlinie für die örtliche Jugendarbeit seit diesem Jahr in Kraft, also seit einigen Monaten, und ich kann das unterstreichen, sie ist nach unseren Be
Wir sind der Überzeugung, dass die Frage des Übergangs der Horte in kommunale Trägerschaft, meine Damen und Herren, aber nicht isoliert von der Frage der Weiterentwicklung der Thüringer Grundschule betrachtet werden kann. Bekanntlich wird sich in den kommenden Jahren der Gleichklang der Ausbildungs- und Erwerbsbiografien von Grundschullehrern und Horterziehern schrittweise verändern. Dies hat auch Auswirkungen auf die Aufgabenteilung zwischen Schule und außerschulischer Betreuung, zwischen unterrichtlicher und außerunterrichtlicher Arbeit an der Schule und außerschulischer Betreuung. Wir halten daran fest, dass zu diesem Zweck Pilotprojekte initiiert werden sollen. Wir führen Gespräche mit dem Thüringischen Landkreistag zu dessen Wunsch, gemeinsam mit der Hortbetreuung auch die Gesamtverantwortung für die Thüringer Grundschulen zu übernehmen. Auch dabei steht die Frage der inhaltlichen Weiterentwicklung der Grundschulen und dafür günstige Rahmenbedingungen im Mittelpunkt und das, bitte schön, meine Damen und Herren, ist eine Frage, die schon auch einen gewissen Tiefgang hat und deshalb auch einige Zeit in Anspruch nimmt. Eine Kommunalisierung um der Kommunalisierung willen kommt für uns nicht in Frage. Klar ist auch, dass dabei unter der Prämisse eines einheitlichen Bildungsziels durchaus unterschiedliche Entwicklungswege möglich sein müssen. Dafür ist eine Stärkung der Eigenverantwortung der Schulen ebenso unabdingbar wie die weitere Unterstützung der Schulen durch die staatliche Schulaufsicht. Ich bin zuversichtlich, dass die offenen Fragen in den nächsten Monaten einer Klärung zugeführt werden können. Da wird auch der von der Fraktion der Linkspartei.PDS gewünschte Bericht innerhalb der von der Geschäftsordnung vorgesehenen Frist dem Hohen Haus vorgelegt werden können. Lassen Sie mich mit einem arabischen Sprichwort schließen: Geduld ist der Schlüssel zur Freude!
Gibt es jetzt weitere Redewünsche? Das ist nicht der Fall. Eine Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden, so dass wir direkt über den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS in der Drucksache 4/2280 abstimmen. Dazu gibt es einen Geschäftsordnungsantrag. Herr Abgeordneter Schröter bitte.
Ich beantrage namens unserer Fraktion die getrennte Abstimmung der Punkte 1 und 2 sowie für beide Punkte namentliche Abstimmung.
Gut. Dann werden wir zuerst abstimmen über den Punkt 1 aus dieser Drucksache 4/2280, und zwar in namentlicher Abstimmung. Ich bitte darum, dass die Stimmkarten eingesammelt werden.
Ich gehe jetzt davon aus, dass jeder die Möglichkeit hatte, seine Stimmkarte abzugeben, und bitte darum, dass ausgezählt wird.
Mir liegt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zur Nummer 1 des Antrags in der Drucksache 4/2280 vor. Es wurden 72 Stimmen abgegeben, 72 haben mit Ja gestimmt (namentliche Abstimmung siehe An- lage 1). Damit ist die Nummer 1 des Antrags einstimmig angenommen worden.
Wir kommen nun zur Abstimmung zu Nummer 2 des Antrags der Fraktion der Linkspartei.PDS, und zwar auch in namentlicher Abstimmung. Auch hier bitte ich um das Einsammeln der Stimmkarten.
Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu Nummer 2 des Antrags „Zukunft der Horte in Thüringen“, Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS in Drucksache 4/2280 bekannt. Es wurden 77 Stimmen abgegeben, mit Ja haben 34 gestimmt, mit Nein 43, es gab keine Stimmenthaltung (namentli- che Abstimmung siehe Anlage 2). Damit ist die Nummer 2 dieses Antrags abgelehnt.
Neuausrichtung der Wirt- schaftsförderung in Thü- ringen Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/2354 -
Die SPD hat nicht das Wort zur Begründung verlangt, aber die Landesregierung erklärt, den Sofortbericht zu erstatten. Ich bitte Herrn Minister Reinholz zu diesem Sofortbericht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Ende 2006 läuft, wie wir alle wissen, die gegenwärtige EU-Strukturfondsperiode aus. Mit Blick auf die neue EU-Strukturfondsperiode von 2007 bis 2013 ist das vorhandene Instrumentarium der Wirtschaftsförderung überprüft worden. Unsere Förderpolitik war bisher sehr erfolgreich, es besteht deshalb auch kein Anlass für eine völlig andere Ausrichtung. Sinnvoll ist aber die Weiterentwicklung erfolgreicher Förderprogramme. Der Frei
staat Thüringen fällt im Förderzeitraum 2007 bis 2013 noch mal unter das Konvergenzziel. Damit stehen Thüringen in der neuen Förderperiode insgesamt 2,1 Mrd. € für die Umsetzung des EFRE und des ESF zur Verfügung. In diesem Zusammenhang ist eine Neuausrichtung der beiden Strukturfonds EFRE und ESF in enger Abstimmung mit der EU-Kommission vorgesehen. Angesichts der Haushaltssituation werden europäische Strukturfondsmittel für die Finanzierung von Förderprojekten immer wichtiger, aber auch die Strukturfondsmittel sind im Vergleich zur laufenden Förderperiode weniger geworden. Als Landesregierung müssen wir darauf achten und auch darauf reagieren mit einer noch konsequenteren Ausrichtung des Mitteleinsatzes auf die Förderung von Wachstum und Beschäftigung. So wird der auf den EFRE entfallende Anteil auf mindestens 70 Prozent erhöht. Der eigentliche Mittelrückgang fällt beim EFRE damit zum Glück unterdurchschnittlich aus. Im EFRE werden wir den Schwerpunkt „Bildung, Forschung und Entwicklung, Innovation“ erheblich verstärken. Der Mittelanteil soll dort 31 Prozent anstatt bisher 22 Prozent betragen, denn die Thüringer Wirtschaft muss in Zukunft auf technologie- und humankapitalintensive Produkte setzen, um auch weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben. 38 Prozent der Mittel, das ist weiterhin der größte Anteil, werden auf den Schwerpunkt „Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft“, also auf Investitionsförderung, wirtschaftsnahe Infrastruktur etc. entfallen.
Der dritte Schwerpunkt ist die „Entwicklung und der Ausbau der Infrastruktur für nachhaltiges Wachstum“. Hier wird der Mittelanteil von 34 Prozent auf 29 Prozent gesenkt, weil - wie wir alle wissen - erhebliche Fortschritte beim Infrastrukturausbau in Thüringen in den letzten Jahren erreicht wurden. Wir erarbeiten derzeit die Operationellen Programme. An der Entwicklung sind die Wirtschafts- und Sozialpartner sowie verschiedene Experten beteiligt. Ende November, Anfang Dezember soll das Operationelle Programm bei der EU-Kommission eingereicht werden.
Auch in der neuen Förderperiode wird der EFRE die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ - Ihnen allen besser als GA bekannt - finanziell stärken. Schwerpunkt der GA-Förderung ist auch in Zukunft die Förderung einzelbetrieblicher Investitionsvorhaben. Neben der Förderung von neuen Ansiedlungen zielt die GA-Förderung vor allem auf Erweiterungsinvestitionen ansässiger Unternehmen. Die GA-Förderbedingungen werden derzeit weiterentwickelt und an neue beihilferechtliche Vorschriften angepasst. Grundsätzlich konzentriert sich die einzelbetriebliche GA-Förderung auch künftig auf Projekte des verarbeitenden Gewerbes und der produktionsnahen Dienstleister. Die Schaffung zusätzlicher, wettbewerbsfähiger Ar
beitsplätze bleibt eine ganz elementare Fördervoraussetzung. Neu ist vor allem die Umsetzung der von der EU-Kommission vorgegebenen unterschiedlichen Gesamtsubventionswerte bei kleinen und mittleren und großen Unternehmen - künftig in Höhe von maximal 50 Prozent der Gesamtinvestitionssumme für Kleinunternehmer, 40 Prozent für mittlere Unternehmen und 30 Prozent für große Unternehmen. Beabsichtigt ist darüber hinaus die regionale Differenzierung der Fördergebiete, wie wir sie jetzt haben, in A und B aufzugeben, so dass ab 2007 in Thüringen flächendeckend gleiche Fördersätze gewährt werden können. Unternehmen sollen an dem Standort investieren, der aus ihrer Sicht am besten geeignet ist. Weiterentwickelt wird das System des Strukturbonus für strukturpolitisch bedeutsame Investitionsprojekte. Diese Förderung soll sich künftig aus einer Basisförderung und einem Zuschlag zusammensetzen. Der Zuschlag soll auf der Grundlage eines Kriteriensystems vergeben werden. Das ermöglicht eine Konzentration der Höchstförderung auf Vorhaben, die für die wirtschaftliche Entwicklung Thüringens besonders wichtig sind. Ziel des Zuschlagsystems ist es, international wettbewerbsfähige Fördersätze anbieten zu können. Das Zuschlagsystem beruht auf den vier Hauptkriterien Wachstum, Beschäftigung, Unternehmen und Standort mit jeweils vier Unterkriterien und drei Merkmalsausprägungen. Es wurde in Abstimmung mit den Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern und mit dem Verband der Wirtschaft entwickelt. Die Eckpunkte der GA-Richtlinie sind ebenfalls mit den Kammern abgestimmt worden. Um Spielraum für ein flexibles Zuschlagsystem zu schaffen, soll der Basisfördersatz bei 10 Prozent für große und mittlere Unternehmen und bei 12,5 Prozent für kleine Unternehmen liegen. Für alle ab dem 1. Januar 2007 eingehenden Förderanträge gilt dann die künftige Thüringer GA-Richtlinie für die Förderung in der gewerblichen Wirtschaft. Neue EU-beihilferechtliche Bestimmungen und der künftige bundeseinheitliche GA-Rahmenplan werden selbstverständlich in der Richtlinie berücksichtigt. Für Vorhaben, die nicht die Voraussetzungen der GA-Förderung erfüllen, zum Beispiel im Handwerk, weil die Überregionalität nicht erfüllt wird, wird ein umfangreiches Mittelstandsförderinstrumentarium entwickelt. So bauen wir das Landesinvestitionsprogramm, Sie kennen das unter dem Begriff „LIP“, für das Handwerk zum Förderprogramm „ThüringenInvest“ aus. Der LIP-Zuschuss kann dann um ein Förderdarlehen ergänzt werden. Dieses Förderdarlehen ermöglicht eine zinsgünstige Gesamtfinanzierung für kleine Unternehmen und Existenzgründer, die nicht über die ausreichenden banküblichen Besicherungsmöglichkeiten verfügen. Beabsichtigt ist, dass die Förderdarlehen aus einem EU-kofinanzierten revolvierenden Kreditfonds refinanziert werden. Dieser Fonds soll sich aus EFRE- und Lan
desmitteln speisen und er steht auch nach Ablauf der EU-Förderperiode für wirtschaftsfördernde Zwecke dann immer noch zur Verfügung. Das Beteiligungskapitalprogramm „Thüringen-Kapital“ wurde in 2005 und 2006 erweitert. Über „Thüringen-Kapital“ können sowohl stille Beteiligungen als inzwischen auch Nachrangdarlehen zugesagt werden. Das Zusagevolumen wurde von 100.000 € auf 200.000 € aufgrund des gestiegenen Bedarfs erhöht. Damit, meine Damen und Herren, soll kleinen, noch nicht voll etablierten Unternehmen und Freiberuflern ein Zugang zur Fremdkapitalfinanzierung von Investitionsvorhaben ermöglicht werden.
Ein weiterer Baustein unserer Förderpolitik ist die FuE-Förderung. Zur Weiterentwicklung der FuE-Förderung beabsichtigen wir verschiedene Maßnahmen:
1. Die verschiedenen Richtlinien zur Förderung der technologischen Infrastruktur, der Forschungseinrichtungen und der Förderung von Netzwerken sowie innovativer Technologien werden in ein umfassendes Förderprogramm zusammengeführt.
2. Mittels der gegenseitigen Deckungsfähigkeit der einzelnen Titelgruppen sollen bedarfsgerechte finanzielle Schwerpunkte gesetzt werden.
3. Es ist dabei beabsichtigt, die Zuschussbearbeitung in der Thüringer Aufbaubank zu bündeln. Das geschieht mit dem Ziel, den Zuwendungsempfängern einheitliche Bearbeitungssysteme und einheitliche Qualitätsstandards anzubieten.