Herr Minister, sie sagten, es gäbe keine gesetzliche Grundlage, nach der in Antwort auf Frage 1 die Stadtverwaltung verpflichtet sei, solche Bescheide zu prüfen. Aber es gibt doch Grundlagen, nach denen Stadtverwaltungen zu arbeiten haben. Ist dort nicht eine gewisse Sorgfaltspflicht festgelegt, unter die dann eine solche Prüfung auch fallen würde?
Ich sagte ja, es gibt keine Rechtsvorschrift. Und wenn von der Kommunalaufsicht etwas kommt, kann man meistens auch davon ausgehen, dass es richtig ist. Aber es besteht keine Verpflichtung des Bürgermeisters, des Leiters der Stadtverwaltung, jetzt jeden Bescheid zu prüfen und vielleicht einen Rechtsanwalt zu beauftragen oder einen Juristen einzustellen, der sich mit solchen Dingen befasst.
Danke, Frau Präsidentin. Herr Minister, das Rechtsstaatsprinzip verpflichtet den Leiter der Behörde, das rechtsstaatliche Handeln durchzusetzen. Inwieweit gehört im Rahmen dieser Aufgabe, durch die der Bürgermeister auch durch Eid verpflichtet wird, tatsächlich eine Rechtmäßigkeitsprüfung durchzuführen, bevor er entsprechende Bescheide der Kommunalaufsicht an den Stadtrat weiterleitet?
Die zweite Frage: Sie hatten darauf verwiesen, dass die Kommunalaufsicht jetzt davon ausgeht, es handelt sich vorwiegend um einen Fall nach § 120 Thüringer Kommunalordnung, also Beanstandungsfall. Wie erklären Sie aber, dass bisher das gesamte Verfahren nach § 44 abgelaufen ist, also der Bürgermeister den Beschluss für rechtswidrig gehalten hat, danach zweimal der Stadtrat beraten hat und dann zur Entscheidung nach § 44 der Kommunalaufsicht übertragen wurde. Wie ist es möglich, dass im Rahmen des Verfahrens nach § 44 auf einmal ein Paradigmenwechsel auf das Verfahren nach § 120 Thüringer Kommunalordnung erfolgen kann?
Zunächst einmal müssen Sie sich die Frage anschauen. Frage 1: Ist die Stadtverwaltung verpflichtet, eingehende Bescheide der Kommunalaufsicht einer formellen bzw. rechtlichen Prüfung zu unterziehen und gegebenenfalls bei der erlassenden Behörde zu intervenieren? Darauf Antwort: Nein, keine gesetzliche Grundlage dazu. Das Zweite ist, ich habe eben die Frage noch einmal verlesen, nicht die Antwort.
Die zweite Frage habe ich auch beantwortet, die Sie jetzt noch einmal gestellt haben. Diese Auffassung beurteilt das Innenministerium als vertretbar, da es sich hier um eine Beanstandung nach § 120 Abs. 1 Thüringer Kommunalordnung gehandelt hat. Im Übrigen muss ich sagen, das kommt schon einmal vor, dass man zunächst ein Verfahren etwas anders einschätzt vor Ort, vielleicht auch im Ministerium gelegentlich, als es sich nachher darstellt.
Danke. Weitere Nachfragen liegen nicht vor. Damit kommen wir zur letzten Mündlichen Anfrage für heute, eine Anfrage des Abgeordneten Hauboldt, Linkspartei.PDS-Fraktion, in Drucksache 4/2272.
Die Stadt Rastenberg zählt einschließlich ihrer Ortsteile nach der amtlichen Statistik mit Stand vom 31. Dezember 2005 2.864 Einwohner und hat seit Mai 2006 einen ehrenamtlich tätigen Bürgermeister.
Auf Grundlage von § 46 Abs. 1 Satz 3 Thüringer Kommunalordnung ist die Stadt Rastenberg bestrebt, Mitgliedsgemeinde einer benachbarten Verwaltungsgemeinschaft (VG) zu werden. An die Stadt Rastenberg grenzen die VG Kölleda und die VG Buttstädt. Die Stadt Rastenberg strebt auf Grundlage eines gefassten Stadtratsbeschlusses die Mitgliedschaft in der VG Kölleda an. Die VG Kölleda zählt nach der amtlichen Statistik mit Stand vom 31. Dezember 2005 9.436 Einwohner. Ein entsprechender Antrag auf Mitgliedschaft in der VG Kölleda liegt der Thüringer Landesregierung seit August 2005 vor.
1. Wann ist der Antrag der Stadt Rastenberg auf Mitgliedschaft in der VG Kölleda beim zuständigen Ministerium eingegangen und mit welcher Begründung hat die Landesregierung das Begehren der Stadt Rastenberg bisher noch nicht mittels einer Rechtsverordnung abgeschlossen?
2. Wie bewertet die Landesregierung den Zeitablauf des Antragsverfahrens im Falle der Stadt Rastenberg im Zusammenhang mit den gesetzlichen Bestimmungen, dass jede Gemeinde unter 3.000 Einwohner einer VG angehören muss und die Bildung einer VG mit mindestens 5.000 Einwohnern nicht versagt werden darf?
3. Welche Gemeinden und Städte in Thüringen haben derzeit ebenfalls einen Antrag auf Mitgliedschaft in einer VG gestellt, deren Anträge bisher durch die Landesregierung noch nicht mittels einer Rechtsverordnung umgesetzt wurden?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hauboldt beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Der Antrag auf Erweiterung der Verwaltungsgemeinschaft Kölleda um die Stadt Rastenberg ging am 2. September 2005 im Innenministerium ein.
Weiterhin ging am 20. September 2005 ein Antrag der Verwaltungsgemeinschaft Buttstädt im Innenministerium ein, mit dem alle Mitgliedsgemeinden die Zuordnung der Stadt Rastenberg zu ihrer Verwaltungsgemeinschaft beantragen. Neben der Prüfung der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit, der bis November 2005 eingegangenen Antragsunterlagen, war im Innenministerium zu prüfen, ob Gründe des öffentlichen Wohls der beabsichtigten Strukturänderung nicht entgegenstehen. Das ist der § 46 Abs. 3 Thüringer Kommunalordnung - Erweiterung, Änderung oder Auflösung einer Verwaltungsgemeinschaft. Dabei waren neben den Interessen der Stadt Rastenberg und der Verwaltungsgemeinschaft Kölleda auch die Belange des weiteren regionalen Umfelds, insbesondere der Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Buttstädt, einzubeziehen. Die Prüfung der Anträge ist nun abgeschlossen. Eine Rechtsverordnung des Innenministeriums zur Erweiterung der Verwaltungsgemeinschaft Kölleda um die Stadt Rastenberg wird derzeit erarbeitet.
Zu Frage 2: Rastenberg wies nach der amtlichen Statistik am 31. Dezember 2003 erstmals weniger als 3.000 Einwohner auf. Die Bereitschaft der Stadt Rastenberg, freiwillig einer Verwaltungsgemeinschaft beitreten zu wollen, wird seitens der Landesregierung daher positiv gesehen. Im konkreten Fall geht es somit um die Erweiterung einer bestehenden Verwaltungsgemeinschaft nach § 46 Abs. 3 Thüringer Kommunalordnung, die bei vollständiger Antragslage möglich ist, wenn Gründe des öffentlichen Wohls nicht entgegenstehen. Im vorliegenden Fall war aufgrund der vorhandenen örtlichen Gegebenheiten eine besonders intensive Prüfung und Abwägung der Gründe des öffentlichen Wohls erforderlich. Im Vordergrund stand dabei das Interesse, mittel- und langfristig leistungs- und verwaltungsstarke Einheiten zu schaffen, die gleichzeitig auch Akzeptanz bei den Einwohnern dieser Gemeinden finden sowie den infrastrukturellen, historischen und traditionellen Gegebenheiten gerecht zu werden.
a) auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Finanzpolitische Zukunft des Frei- staats Thüringen“ Unterrichtung durch die Präsiden- tin des Landtags - Drucksache 4/2246 -
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Demographiebericht, Thüringer Fortschrittsbericht Aufbau Ost, Seitz-Gutachten, Rechnungshofbericht - all diese Berichte und Studien befassen sich mit der äußerst kritischen Verschuldungssituation des Freistaats Thüringen. Sie zeigen eindrucksvoll, dass unsere Finanzlage dramatischer ist als es viele Parlamentarier aller drei Fraktionen wahrhaben wollen. Besonders problematisch ist die Feststellung, dass sich die Verschuldungssituation in Relation zu den anderen ostdeutschen Ländern spürbar verschlechtert. Bei vergleichbarer Einnahmeentwicklung in allen neuen Bundesländern hat kein anderes dieser Länder in den letzten Jahren seine Kreditaufnahme so hochgefahren und auf hohem Niveau belassen wie Thüringen. Die erdrückende Schuldenlast gefährdet zukünftige Generationen, aber auch unsere Enkel brauchen intakte Straßen, gute Schulen und vieles mehr. Und das alles bei stark zurückgehenden Einnahmen einerseits durch rückläufige Solidarpaktmittel und andererseits durch die Abnahme der Bevölkerungszahl.
Die dramatische Finanzsituation in Thüringen ist nicht aus heiterem Himmel gefallen. Prof. Seitz belegt in seiner Studie eindrucksvoll, dass die Ursachen hauptsächlich hausgemacht sind, dass zu viel in ineffiziente Strukturen finanziert worden ist und wird. Sicher hat auch die SPD-Fraktion in der großen Koalition von 1994 bis 1999 eine kleine Aktie daran. Aber besonders nach 1999 wurden aufgrund bevorstehender Wahlen bzw. des zu vollziehenden Wechsels auf dem Ministerpräsidentenstuhl alle Probleme im Freistaat mit Geld übertüncht. Es wurde sogar noch ein zweifelhaftes 1 Mrd. € teures Wahlgeschenk für die Abschaffung der Wasserbeiträge oben draufgesetzt. Von verantwortungsvoller Finanzpolitik kann in Thüringen in den letzten sieben Jahren nicht die Rede sein. An dieser Stelle hat die Landesregierung trotz Alleinregierung und des damit verbundenen großen politischen Gestaltungsspielraums auf ganzer Linie versagt. Die selbstgesteckten Ziele der Rückfüh
rung der Neuverschuldung wurden bisher weit verfehlt und Jahr für Jahr erneut nach hinten verschoben.
Teuer zu stehen kommen den Freistaat Thüringen auch die vielen Finanzsünden der letzten Jahre. Der Bund der Steuerzahler hat in seinem neuen Schwarzbuch zwei auch von der SPD kritisierte und mit aufgedeckte Bereiche aufgenommen. Die Vorgänge um manipulierte Passagierzahlen auf dem Flughafen Erfurt wollte die Landesregierung lange Zeit deckeln. Jetzt beschäftigen sich die Staatsanwaltschaft und ein Untersuchungsausschuss damit. Der tatsächliche Schaden kann heute noch gar nicht beziffert werden. Beim Justizzentrum Mühlhausen kam eigentlich alles zusammen, eine Planung am Bedarf vorbei und eine geplante Justizstandortreform vom grünen Tisch in der Staatskanzlei aus. Was hätte nicht an Zeit, Geld und Mühe gespart werden können, wenn die Regierung ihre Arbeit gleich ordentlich gemacht hätte? Von der CDU wird die Mär in die Welt gesetzt, Prof. Seitz zeigt uns, wo der Rotstift anzusetzen sei. In der Studie wird aber lediglich ein Ländervergleich durchgeführt. Wo, wie viel gespart werden kann und muss, darüber sagt sie nichts. Das muss die Politik schon selbst entscheiden. Die Studie zeigt aber eindeutig die tatsächliche Höhe des Konsolidierungsbedarfs. Vor diesem Hintergrund ist es begrüßenswert, dass zumindest die CDU-Finanzpolitiker aus ihrer Lethargie erwacht sind und schnell ein eigenes Papier vorlegten. Aus meiner Sicht kommt darin auch die Unzufriedenheit mit der eigenen Regierung zum Ausdruck. Dabei müsste jetzt die Regierung ganz schnell die Ärmel hochkrempeln und arbeiten, um einen unmittelbaren und nachhaltigen finanzpolitischen Kurswechsel zu vollziehen. Notwendig ist eine intelligente Sparpolitik. Nur durch eine Verwaltungs- und Funktionalreform können die Bürokratie kräftig abgebaut und die Strukturen verschlankt werden. Mit der konzeptionslosen Behördenstrukturreform oder mit 10 Mio. € bei Theatern und Orchestern lässt sich das Ziel einer raschen Reduzierung der Nettoneuverschuldung nicht realisieren. Das ist aber das A und O, dass auf den riesigen Schuldenberg in wenigen Jahren nichts mehr draufgepackt wird. Deshalb will die SPD-Fraktion das Verbot der Neuverschuldung in der Thüringer Verfassung verankert wissen. Vielen Dank.
Aktuellen Stunde heißt „Finanzpolitische Zukunft“ des Unstrut-Hainich-Kreises - Entschuldigung - „des Freistaats Thüringen“.
Herr Dr. Pidde, ich habe jetzt schon vermisst, dass Sie auch ein bisschen auf die Zukunft noch eingehen, sondern Sie haben jetzt die Vergangenheit aufgearbeitet, aber, ich denke, ich schaffe es vielleicht in fünf Minuten, auch noch etwas zur Zukunft zu sagen, denn ich habe mir natürlich auch überlegt, was will die SPD mit diesem Antrag zur Zukunft in Fünf-Minuten-Beiträgen heute debattieren.
Diese fünf Minuten in der Aktuellen Stunde sind einfach zu wenig, um uns darüber wirklich tiefgründig auszutauschen. Dennoch ist das Thema aktuell, und zwar nicht erst seit gestern und auch nicht erst für die CDU-Fraktion seit dem letzten Sommer, sondern wir beschäftigen uns schon lange mit den Fragen der Zukunft Thüringens und so natürlich auch mit der Finanzpolitik. Da mag von mir an die vielen Haushaltsdebatten erinnert sein, die wir hier tagelang geführt haben und uns auch immer wieder z.B. mit der Verschuldungslage und mit Sparüberlegungen beschäftigt haben. Dann habe ich mir überlegt, in fünf Minuten könnte ja die SPD hier auch sagen, dass sie in Zukunft auch diese Dinge mittragen will. Die Einsparbemühungen, die Rückführung der Neuverschuldung, das kann man in fünf Minuten seitens der SPD-Fraktion hier schon sagen, dass man das in Zukunft auch mitträgt.
Zur Seitz-Studie hat Herr Dr. Pidde eben schon etwas angemerkt. Frau Präsidentin, ich würde gern zitieren, und zwar in der TA Seite 3 vom 12.09.2006 gab es darüber einen längeren Artikel. Daraus zitiere ich Folgendes: „Spätestens hier wird deutlich, dass auch SPD und vor allem die Linkspartei ihre Probleme mit Seitz haben müssen. Die Einschnitte im öffentlichen und sozialen Bereich widersprechen zum Teil vollständig der Politik der beiden Parteien, die noch jede Kürzung bekämpft haben.“ So viel vielleicht zur Vergangenheit.
Die CDU-Haushaltspolitiker haben sich in der Tat - das ist erwähnt worden und auch in den Medien berichtet worden - in der Sommerpause nochmals zum wiederholten Male intensiv mit der Thematik beschäftigt und ein Zukunftspaket für Thüringen erarbeitet und vorgestellt, das eben auch Handlungsstrategien
Herr Dr. Pidde, das hat nichts mit Unzufriedenheit mit der Landesregierung zu tun, sondern Sie sollten uns schon zutrauen, dass auch wir als Fraktion die Dinge erkannt haben und auch hier Schlussfolgerungen ziehen, auch ohne Studie.
Wir wollen ein Neuverschuldungsverbot ab 2011/12, wir wollen den Personalabbau an der Bevölkerungsentwicklung und den entsprechenden Funktionalreformen ausrichten. Wir wollen Einsparungen bei den Bildungsausgaben erreichen und auch gleichzeitig für den Einzelnen höhere Bildungsinvestitionen ermöglichen. Wir wollen die Wirtschaftsförderung umstellen und so weniger auf verlorene Zuschüsse setzen und mehr auf Fonds umstellen - um nur mal einige Beispiele in der Kürze der Zeit zu benennen.
Ihre bisherige Politik, liebe Kollegen von der SPDFraktion, hat aus unserer Sicht nichts - bisher zumindest - mit soliden und zukunftsorientierten Politikentwürfen zu tun gehabt. Die Idee mit den vier großen Landkreisen für ganz Thüringen mit Einsparungen, die insofern erst nach Mehrausgaben vielleicht irgendwann einmal entstehen können, das ist aus unserer Sicht Aktionismus als Reaktion auf eine Studie, die die Vorschläge der SPD zu den bisherigen Haushaltsberatungen noch schlechter aussehen lässt, als dies von uns in den Haushaltsdebatten der letzten Jahre schon immer deutlich gesagt wurde. Sie haben gehofft oder die Friedrich-Ebert-Stiftung hat gehofft, dass externer Sachverstand die Finanzpolitik des Freistaats geißelt und Ihnen Rückenwind in der politischen Auseinandersetzung liefert. Richtig ist, Prof. Seitz hat mit markigen Worten die Finanzsituation in Thüringen kritisiert. Er hat vor allem in erster Linie deutlich gemacht, in welchen Bereichen wir uns gegenüber z.B. Sachsen zu viel leisten.
Nun frage ich Sie: In welchem dieser Bereiche haben Sie in den letzten Jahren - beide Oppositionsfraktionen - auch nur den kleinsten Einsparbetrag mitgetragen? Und weil wir ja bei einer aktuellen Stunde sind: Wo sind Ihre Einsparvorschläge heute? Es sieht eben immer wieder so aus, ihre Reaktion z.B. auf eine Anpassung der Bildungsausgaben an die demographische Entwicklung heißt: Kein Sparen an der Bildung!
Ja. Ihre Reaktion auf die Reduzierung der Kulturausgaben: Kein kultureller Kahlschlag in Thüringen! Diese Liste könnte man noch fortsetzen und, ich denke,