Protocol of the Session on October 7, 2004

Sie können ja weiter in der Vergangenheit kramen, um dort vielleicht was auf den Tisch zu bekommen. Ich will nur eines ausdrücklich sagen: Wir haben die Argumente dazu ausgiebig ausgetauscht und nicht nur einmal, sondern mehrfach. Und, Kollege Gentzel, wir werden das heute natürlich ablehnen. Das heißt nun mal - Sie haben ja da so flotte Formulierungen mit den Tassen und wo die da stehen das Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über den befriedeten Raum und demzufolge ist das nun mal so. Sie können das bezeichnen, wie Sie wollen, aber das Gesetz ist so formuliert. Mir geht es nur um eines, dass ausdrücklich noch mal klar ist, dass unsere Fraktion damals mit der Präsidentin Lieberknecht den Namen "Jürgen Fuchs" überhaupt eingebracht hat und wir den Namen "Jürgen Fuchs" heute als Ehre betrachten, dass er vor diesem Landtag steht und unsere erste Adresse ist. Das hat nichts damit zu tun, dass wir irgendwie mit den Bürgern nichts zu tun haben wollen oder Angst vor denen haben. Wir haben die Argumente dazu ausgetauscht und es wird nicht besser, wenn Sie es noch fünfmal bringen.

(Beifall bei der CDU)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Bitte, Kollege Buse.

Frau Präsidentin, es gibt keine Redemeldung unserer Fraktion, aber ich würde namens unserer Fraktion beantragen, den Gesetzentwurf zur weiteren Debatte an die Ausschüsse zu überweisen, und zwar an den Innenausschuss und an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten, federführend an den Innenausschuss.

Der Antrag der Fraktion der PDS liegt vor. Ich lasse darüber abstimmen. Wer ist für eine Ausschussüberweisung an den Innenausschuss? Wer enthält sich der Stimme? Wer ist gegen die Überweisung? Das ist die übergroße Mehrheit. Damit ist der Ausschussüberweisung an den Innenausschuss nicht zugestimmt worden.

Es ist weiterhin die Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten be

antragt worden. Wer ist für die Überweisung an diesen Ausschuss? Wer enthält sich der Stimme? Wer ist gegen diese Überweisung? Das ist die übergroße Mehrheit. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir kommen damit zur Abstimmung über diesen Gesetzentwurf. Bitte.

Ich beantrage namentliche Abstimmung.

Wir führen damit die namentliche Abstimmung durch. Ich bitte meine beiden Schriftführer die Stimmkarten einzusammeln.

Ich schließe den Wahlgang und bitte um Auszählung.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich gebe Ihnen das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Es wurden 80 Stimmen abgegeben, davon sind 36 Jastimmen und 44 Neinstimmen. Damit ist der Antrag abgelehnt (namentliche Abstimmung siehe Anlage).

Wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 2 in seinen Teilen

a) Viertes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 4/181 ERSTE BERATUNG

b) Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Ministergesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 4/182 ERSTE BERATUNG

Wird eine Begründung durch den Einreicher gewünscht? Bitte schön, ich erteile der Fraktion der SPD das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion strebt eine Regelung an, die es künftig Mitgliedern der Landesregierung untersagt, in Aufsichtsräten von gewinnorientierten Unternehmen zu sitzen. Wir wollen damit möglichen Interessenkonflikten von vornherein den Riegel vorschieben. Dazu ist es notwendig, die Verfassung des Freistaats Thüringen zu ändern, nämlich den Artikel 72 Abs. 2, als auch das Ministergesetz § 5 Abs. 1. Die entsprechenden Gesetzentwürfe liegen Ihnen vor. Eine aus

führliche Begründung werde ich dann in der anschließenden Debatte abgeben. Danke.

Ich danke für die Begründung und eröffne die Debatte. Es hat sich von der Fraktion der PDS der Abgeordnete Gerstenberger zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

Frau Präsidentin, wir haben so eine schöne Einstellung für das Mikrofon bekommen, da muss man gleich einmal nachvollziehen, ob es stimmt.

Meine Damen und Herren, die Intention dieser beiden Gesetzentwürfe in den Drucksachen 4/181 und 4/182 ist ja in Ordnung und wird auch von unserer Seite geteilt. Allerdings will ich auf zwei Aspekte aufmerksam machen. Es wird meines Erachtens nur ein Teilproblem bei dieser Frage beleuchtet und es ist sehr fraglich, ob die Zielstellung des Änderungsgesetzes mit der vorgeschlagenen Änderung überhaupt erreicht wird. Die von den Einreichern angesprochene mangelnde Kontrollmöglichkeit ließe sich übrigens auch mit einer Änderung der entsprechenden Vorschriften in der Landeshaushaltsordnung, insbesondere in § 65 erreichen. Ein Ansatz für die Erweiterung der Kontrollrechte findet sich in diesem § 65 Abs. 6 der Landeshaushaltsordnung durch die Formulierung, ich darf zitieren: "... darauf hinwirken, dass die... besonderen Interessen des Landes" berücksichtigt werden. Solche Kontrollrechte könnte der Gesetzgeber, also der Landtag, noch ausbauen und noch verschärfen, um damit Ähnliches und der Intention Gemäßes zu erreichen. Aber das Problem der Verbandelung mit wirtschaftlichen Lobbyinteressen lässt sich über den bloßen Austausch des Ministers durch andere Personen nicht lösen. Bei Landesunternehmen, stellt Linck im Verfassungskommentar fest, muss aus demokratischen Kontrollgründen die Landesregierung vertreten sein. Das heißt aber nicht zwingend, dass der Minister vertreten sein muss. Aber Kontrollrechte des Parlaments, wie wir sie uns vorstellen, ergeben sich aus dieser neuen Regelung ebenso wenig wie aus der alten Regelung. Hier wäre zu fragen, wie diese Kontrollrechte, nämlich die Kontrollrechte des Parlaments, zu stärken sind. An der Stelle möchte ich einmal darauf verweisen, meine Damen und Herren, offen bleibt, ob eine Aufsichtsratsmitgliedschaft durch einen Minister bei Pilz oder bei Zeuro die Probleme, die dort aufgetreten sind, verhindert hätte, oder ob es zu einer frühzeitigen Information des Landtags gekommen wäre, wenn ein Minister dort im Aufsichtsrat vertreten gewesen wäre. Also, das Ganze ist mit Vorsicht zu genießen. Deshalb hat dieser Antrag für mich einen eher moralischen Anspruch. Und sollte ein Re

gierungsmitglied nicht überlegen, ob es dem Land dient oder nur seinem eigenen Renommee, wenn es sich in ein Aufsichtsgremium eines privaten Unternehmens wählen lässt. Es ist dort nicht der Herr Meier, der als Aufsichtsratsmitglied tätig ist, sondern es ist der Minister Meier und als solcher ist er Landesvertreter. Er vertritt aber auch als solcher Landesinteressen oder sollte es zumindest tun. Wer diese Enge der Beziehung unter moralischen Aspekten will, der muss es tun. Ich halte es für falsch. Deshalb also als Quintessenz: Der Gesetzentwurf ist ein Schritt, der jedoch das Gesamtproblem nicht löst. Der moralische Gesichtspunkt ist der entscheidende und den muss jeder Minister für sich selbst beantworten, wenn er nämlich das Parlament mit dieser Entscheidung belastet und letztlich jeden Parlamentarier, wenn er sich dafür entscheidet, einer solchen Mitgliedschaft zuzustimmen. Es bleibt zu fragen: Was nützt es diesem Land? Diese Darstellung wäre bei einer zukünftigen und einer bereits erfolgten Antragstellung das Wichtigere. Lassen Sie uns deshalb im Ausschuss über die Gesetze noch einmal reden und darüber diskutieren, wie wir tatsächliche Kontrollrechte in solchen Aufsichtsgremien günstiger und effektiver in die Reihe bekommen, und lassen Sie uns vielleicht auch noch einmal über moralische Ansprüche in der Politik in diesem Zusammenhang reden. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schubert.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, bereits in der letzten Landtagssitzung am 10. September habe ich hier an dieser Stelle erklärt, dass sich an der Besetzung von Aufsichtsräten in Thüringen etwas ändern muss, natürlich nur die, wo das Parlament ein Mitspracherecht hat. Das betrifft auch die landeseigenen Gesellschaften, die jetzt nicht vordergründig Gegenstand der heutigen Entwürfe sind, Herr Gerstenberger. Die SPD ist der Meinung, das hatte ich das letzte Mal hier schon gesagt und ich will es an der Stelle wiederholen, dass wichtige Gesellschaften auch vom Parlament kontrolliert werden müssen und dass deshalb die Zusammensetzung des Landtags sich im Aufsichtsgremium dieser Gesellschaften widerspiegeln muss. Ich kündige zu diesem Thema gleich an, dass sich die Fraktion der SPD mit Anträgen und Anfragen in den nächsten Wochen beschäftigen wird.

Aber nun zu den heute vorliegenden Gesetzentwürfen: Es gibt für mich und für uns in der SPDFraktion zwei gute Gründe, warum wir diese Ände

rung wollen. Es ist im Lande kaum vermittelbar, wieso Minister neben ihrem Full-time-Job noch in Aufsichtsräten von privaten Unternehmen sitzen müssen. Kürzlich ist mir ein Brief übergeben worden von der Landtagsverwaltung, den vielleicht einige von Ihnen auch erhalten haben, wo ein Bürger genau dieses zum Ausdruck bringt und es nicht gut findet, dass Minister zusätzlich in Aufsichtsräten sind. Der Brief endet mit dem Satz: "Ich werde an keinen Wahlen mehr teilnehmen." Ich denke, das sollte uns zu denken geben.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Thema Interessenkonflikt. Ich halte es für ein Unding, dass der Ministerpräsident im Aufsichtsrat einer Privatbank sitzt. Leider ist er heute genauso wie schon zur letzten Debatte nicht anwesend, ich hätte es ihm auch gern persönlich gesagt. Wir von der SPD-Fraktion, meine Damen und Herren, wissen nicht, wo sich der Freistaat Thüringen sein Geld borgt; in diesem Jahr ist es ja wieder eine ganze Milliarde, die dazukommt. Wir werden eine entsprechende Anfrage stellen. Mal schauen, was wir für eine Antwort darauf bekommen. Auf jeden Fall ist es klar, dass hier ein Interessenkonflikt vorliegt, wenn der Ministerpräsident im Aufsichtsrat einer Privatbank sitzt. Diese Sache müssen wir für die Zukunft unbedingt ausschließen. Deshalb fordere ich Sie auf, nehmen Sie sich dieses Themas an und schaffen Sie für Thüringen eine glasklare, eine sonnenklare Lösung, die dies in Zukunft ausschließt. Denn nur so eine Lösung kann auch den Menschen im Land signalisieren, dass es eine klare Trennung von der Funktion eines Ministers und der privaten Wirtschaft gibt. Helfen Sie mit, ein Stück Politikverdrossenheit in unserem Land abzubauen!

Abschließend beantrage ich namens der SPD-Fraktion die Überweisung der beiden Gesetzentwürfe an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Abgeordnete Walsmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Inhalt der zu beratenden Gesetzesinitiative der SPDFraktion ist kurz und knapp auf den Punkt zu bringen. Das bisher in der Verfassung und dem Ministergesetz geregelte grundsätzliche Verbot für Mitglieder der Landesregierung, neben ihrem Regierungsamt noch der Leitung oder dem Aufsichtsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens anzugehören, von dem mit Zustimmung des Landtags Aus

nahmen zulässig sind, soll zu einem ausnahmslosen Verbot hochgezont werden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die beiden Gesetzesanträge der SPD gehören in eine Reihe mit diversen gängigen Vorschlägen zur Beschneidung angeblicher Privilegien von Regierungsmitgliedern oder anderer Politiker.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Sehr witzig, also ehrlich.)

Davon gibt es viele. Solche Vorschläge sind auch äußerst populär und finden immer öffentliche Resonanz.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Es geht um Interessenkonflikte!)

Deshalb ist zu erwarten, dass auf dieser Klaviatur leider auch in dieser Wahlperiode wahrscheinlich wieder viele, viele Stücke gespielt werden.

(Beifall bei der CDU)

Leider - und das betone ich besonders - geht dabei vor lauter vordergründigem Populismus der reale Kern der Sache, um den es sich lohnen würde zu disputieren, meist verloren.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: An wem liegt denn das?)

Ich darf Sie daran erinnern, dass die verfassunggebende Versammlung, bestehend aus den Damen und Herren Abgeordneten der 1. Legislaturperiode, mit einer mehr als nur klaren Mehrheit die Verfassung und damit den in Rede stehenden Artikel 72 gebilligt hat.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Wir haben das Gesetz noch nie geändert. Was einmal gut ist, bleibt immer gut.)

Dieser Zustimmung - das werden einige von Ihnen sicher noch wissen - ging eine Diskussion um jede Zeile der Verfassung voraus, besonders vor dem Hintergrund, ob vergleichbare Regelungen in anderen Bundesländern sich bewährt haben. Artikel 72 unserer Landesverfassung bestimmt - nur noch mal, um es uns in Erinnerung zu rufen -, dass die Mitglieder der Landesregierung in einem öffentlichrechtlichen Amtsverhältnis zum Land stehen und kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben dürfen; ohne Zustimmung des

Landtags dürfen sie weder der Leitung noch dem Aufsichtsgremium eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören. Ziel der Regelung ist - und soweit ich mich erinnere, hat es gegen diese Fassung des Artikels 72 bei der Erarbeitung keine Bedenken gegeben - die Vermeidung von Interessenkonflikten, die Sicherung der vollen Arbeitskraft für das Regierungsamt und durch die Herstellung der öffentlichen Transparenz bei der Entscheidung des Landtags über die Genehmigung von Tätigkeiten in einem Aufsichtsgremium eben die Verhinderung von Kumulation wirtschaftlicher und politischer Macht. Und öffentlich und ganz in diesem Sinn hat der Landtag in der letzten Plenarsitzung über die Zustimmung zur Entsendung von Mitgliedern der Landesregierung in Aufsichtsgremien entschieden.

(Zwischenruf Abg. Künast, SPD: Die CDU hat entschieden.)

Der Antrag der Landesregierung wurde von dieser zuvor schlüssig begründet. Im Übrigen lässt die von Herrn Abgeordneten Dr. Schubert in der letzten Plenarsitzung vorgebrachte Begründung des ablehnenden Abstimmungsverhaltens der SPD-Fraktion zu diesem Antrag der Landesregierung sehr, sehr deutlich erkennen, dass es Ihnen eigentlich um etwas ganz anderes geht.

(Beifall bei der CDU)

Schon mit den ersten paar Sätzen haben Sie deutlich werden lassen, dass es Ihnen eigentlich nur darum geht, Herrn Ministerpräsidenten Althaus anzugreifen. Deshalb auch die absolut unübliche personifizierte Form der Gesetzesbegründung, die lediglich als Rahmen für den persönlichen Angriff auf den Ministerpräsidenten dient. Unter diesen Umständen, meine Damen und Herren, kann man leider nicht den Eindruck gewinnen, dass es Ihnen um die Sache geht.