Protocol of the Session on May 5, 2006

dass sie das umlegen auf die Kommunen und letztlich auch auf die Eltern. Sie wissen, zu welchen heftigen Diskussionen das führt. Sie haben keinerlei gesetzliche Vorgaben erlassen, denen zufolge sich die Wirtschaft auch an Familienfreundlichkeit orientieren muss. Sie unternehmen keine Aktivitäten, um Familienfreundlichkeit in den Unternehmen zu fördern, außer den Broschüren, die Sie eben benannt haben, und den Ideen, die entwickelt worden sind. In Thüringen gibt es keinerlei Zertifizierungssysteme, um familienfreundliche Unternehmen auszuzeichnen, wie es zum Beispiel über die Hertie-Stiftung geschieht, und Sie tun selbst nichts dafür, den öffentlichen Dienst frauen- und familienfreundlicher zu gestalten. In anderen Bundesländern sieht das anders aus, Sie könnten sich an Hamburg und Niedersachsen orientieren. Was wir allerdings zuallererst brauchen, sind Arbeitsplätze. Wir können hier sehr viel reden über Familienfreundlichkeit in der Wirtschaft; die Grundvoraussetzung sind Arbeitsplätze. Derzeit, im März, fehlen nach amtlicher Statistik fast 217.000 Arbeitsplätze, davon wären nahezu 100.000 für Frauen notwendig. Thüringer Frauen bekommen ein Viertel weniger Geld als im bundesdeutschen Durchschnitt gezahlt wird und sie arbeiten zwei Stunden länger. Das müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen. Hinsichtlich der demografischen Entwicklung darf nicht vergessen werden, dass Frauen eigentlich Arbeitsplätze wollen, aber sie lassen sich heute deutlich seltener auf eine Mutterschaft ein, wenn sie für sich selbst keine berufliche Perspektive sehen, und mit einem Einkommen von 400 € ist das auch schwierig. Dazu kommt noch, dass Kinder offiziell als Armutsrisiko gelten. Frauen mit Kindern oder Frauen ohne Kinder, die aber noch welche bekommen könnten, werden seltener eingestellt; kranke Kinder, die betreut werden müssen, gelten als Produktivitätsrisiko. Männer, die sich um Kinder kümmern, müssen mit Unverständnis und Karriereeinbrüchen rechnen.

Wir sind der Auffassung, dass die Politik gefordert ist, Rahmenbedingungen zu schaffen; die Unternehmen sind gefordert, die Arbeitswelt familienverträglich umzubauen; und die Gesellschaft ist gefordert, Kinder

als Reichtum zu definieren und nicht als Armutsrisiko. Frauen sollten auch das Recht auf eine qualifizierte Arbeitsstelle haben und Männern sollte zugetraut werden, dass sie in der Lage sind, Kinder zu versorgen. Zu dieser familienfreundlichen Arbeitswelt gehört auch, dass Arbeitgeberverbände sowie Politiker endlich aufhören, die allumfassend zur Verfügung stehende Arbeitskraft zu proklamieren, die problemlos an jedem Ort einsetzbar ist und zunehmend mehr Stunden arbeiten kann. Das ist die beste Garantie dafür, dass Menschen keine Familien gründen oder diese aber auf Dauer nicht hält, weil ein Familienleben ohne die verlässliche Anwesenheit ihrer Mitglieder nun einmal nicht möglich ist. Auch das sollte sich der Ministerpräsident überlegen, wenn er für die Verlängerung der Arbeitszeit eintritt. Aus unserer Sicht wäre es notwendig, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass wir eine bedarfsgerichtete Kita-Betreuung haben, Ganztagsschulen, dass wir eine gute Personalausstattung in den Schulen und in den Kitas haben, dass dort, wo es möglich ist, zum Beispiel im öffentlichen Dienst, Frauen verstärkt gefördert werden, dass es Ausbildungs- und Arbeitsplätze in der freien Wirtschaft und im öffentlichen Dienst gibt, dass sie sich für einen öffentlichen Beschäftigungssektor einsetzen, in dem auch ordentlich bezahlt wird. Und wir brauchen gesetzliche Vorgaben, zum Beispiel ein Gleichstellungsgesetz, für die Privatwirtschaft und als ersten Schritt die Berücksichtigung frauen- und familienfreundlicher Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Vor allem brauchen wir einen gesellschaftlichen und politischen Willen, wirklich etwas für Familien zu tun und sie nicht nur mit 150 € abzuspeisen. Interessant wäre es zum Beispiel, zu erfahren, welche Vorstellungen die Landesregierung darüber hat, wie die Betriebe mit den zwei Monaten Väterzeit umgehen sollen und wie man die Betriebe dort begleitet und ausrüstet, dass sie damit auch umgehen können.

Ich möchte Sie noch darauf aufmerksam machen, dass sich Familienfreundlichkeit für die Wirtschaft auszahlt. Untersuchungen weisen nach, dass Eltern kürzer in der Elternzeit verweilen, Arbeitnehmerinnen seltener krank sind und die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen wächst. Dazu gehört auch, dass gut qualifizierte Fachkräfte besser im Betrieb gehalten werden können und die Produktivität eines Unternehmens wächst. Eine Zahl, die den Einspareffekt beweist, ist folgende: Die Wiederbeschaffungskosten für eine Stelle, die von einer Mutter oder einem Vater aufgrund der Unvereinbarkeit mit ihrem Familienleben aufgegeben wird, stellen sich wie folgt dar: Bei einem unteren Einkommen sind es 9.500 €, bei einem mittleren 23.200 € und bei

einem hohen Einkommen sogar 43.200 €. Unternehmen selbst können viele Maßnahmen ergreifen, die zu einer stärkeren Familienfreundlichkeit beitragen. Wir haben schon kleinere und mittlere Unternehmen, die das eben tun. Dazu gibt es Beispiele, das sind Best-Praktik-Unternehmen, das könnte man natürlich als Modell auch für Thüringen annehmen. Die Politik muss das allerdings fördern.

Herr Minister Reinholz, an dieser Stelle, Sie haben wieder darüber gesprochen, dass Innovation und Technologie die eigentlichen Wachstumsfaktoren sind. Wir machen es einmal ganz praktisch: Das Gründerzentrum in Erfurt hat dicht gemacht oder wird in die Insolvenz gehen. In Ilmenau sind sie nicht ganz ausgelastet. Wenn Sie mit den Hochschulen sprechen, wird Ihnen dort gesagt, die Leute sind sehr gut ausgebildet, sie haben auch einen Gründungswillen. Wenn wir diesen Gründungswillen junger Leute aktiv begleiten, uns nicht nur auf das Exis-2-Programm verlassen, sondern selbst auch etwas dazu tun und sie nach drei Jahren aus den Gründerzentren wieder rausgehen können, sich hier ansiedeln können, eigene Firmen gründen können, wäre das auch ein Schritt zur Verbindung von Wirtschaft, also Stärkung der Wirtschaft, und Familienfreundlichkeit. Sie könnten auch junge Leute im Land behalten, die würden nicht weggehen, so wie sie es bisher tun.

Sie hatten schon über die Flexibilisierung der Arbeitzeiten gesprochen, es gibt auch durchaus größere Unternehmen, die das tun. Da würden wir Ihre Auffassung schon unterstützen. Teilzeitbeschäftigung gibt es, glaube ich, in Thüringen recht häufig. Kinderbetreuung im Betrieb oder durch Unternehmensverbünde, darauf haben Sie abgehoben. Ich möchte an dieser Stelle sagen, dass auch die Jenoptik offensichtlich die Idee hat, einen Betriebskindergarten aufzubauen. Auf der anderen Seite zur Sicherung der flexiblen Betreuungs- und Öffnungszeiten haben wir vor vier oder fünf Jahren hier gefordert, dass es zumindest am Standort Jena eine Kindereinrichtung geben soll, die über flexible Öffnungszeiten verfügt. Damals ging es uns vor allen Dingen um die Studentinnen und jungen Wissenschaftlerinnen, dass sie die Möglichkeit haben, ihre Kinder betreuen zu lassen. Diese Kindereinrichtung ist bis heute ein Traum. In der Nähe des Universitätsklinikums bemüht sich jetzt seit einem halben Jahr die Kindereinrichtung eines freien Trägers, so ein Betreuungsmodell anzubieten. Das scheitert an allen möglichen Vorgaben, unter anderem auch des Landes. Ich glaube, darüber muss man noch mal reden oder Sie müssen auch ein deutliches Signal setzen, wir möchten solche Kitas, die sehr flexibel arbeiten können, die - wie Sie immer zu sagen pflegen - den Anforderungen einer modernen Arbeitswelt gerecht werden. Sie fordern längere Ladenöffnungszeiten, die Leute arbeiten in Schichten, es betrifft also sehr, sehr viele Bevölke

rungsgruppen, die davon profitieren würden. Das würden wir Ihnen deutlich empfehlen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Zu dem ESF-Programm hatten Sie schon etwas gesagt. Wir möchten Ihren Antrag dahin gehend unterstützen, dass wir ihn gern im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit diskutieren würden. Wir werden ihn auch künftig, glaube ich, mit eigenen Anträgen begleiten, damit Ihre Worte auch Wahrheit und Wirklichkeit werden können. Wir werden Sie unterstützen bei der Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen, bei der Sicherung eines existenzsichernden Einkommens, bei rechtsverbindlichen Programmen zur beruflichen Wiedereingliederung nach der Elternzeit, bei der Verkürzung der Wochenarbeitszeit, auch wenn das den Äußerungen Ihres Ministerpräsidenten entgegensteht, der sich ja für Arbeitszeitverlängerung einsetzt. Wir möchten Sie auffordern, sich auf der Bundesebene für die Rücknahme der verschärften Zumutbarkeitsregeln für Hartz IV einzusetzen. Wir werden Sie auch auffordern, ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft zu unterbreiten. Wenn Sie sich dann noch für ein Ganztagsschulprogramm in Thüringen einsetzen und für eine bedarfsgerechte, kostenfreie Kinderbetreuung, dann werden wir alle gemeinsam ein Stück weiterkommen.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Wunschträume!)

Herr Sklenar, weil Sie Wunschträume sagen, ich mache Ihnen einen Vorschlag, beschäftigen Sie sich mit dem Steuerkonzept der PDS, dann können manche Träume Wahrheit werden.

(Heiterkeit im Hause)

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich wünsche uns allen bei der Vereinbarkeit von Familienfreundlichkeit und Wirtschaft viel Erfolg. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter Carius zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Frau Kaschuba, Wunder werden wahr und Märchen erzähle ich meiner Tochter auch jeden Abend.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das Märchen von den Siebenmeilenstiefeln, wenn Sie in den letzten Jahren Ihrem Kontrollauftrag so wirksam nachgekommen wären, dann wäre Ihnen aufgefallen, dass wir zum Thema „Familienfreundlichkeit“ im Grunde schon seit mehreren Jahren Siebenmeilenstiefeln tragen. Das gilt übrigens auch, Frau Scheringer-Wright, für das Thema „42-Stunden-Woche“, denn Ihnen dürfte eigentlich nicht entgangen sein, dass für Eltern mit Kindern die 42-Stunden-Woche nicht gilt.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie sich schon über 42 Stunden bei Arbeitnehmern aufregen, meine Damen und Herren, dann möchte ich nur darauf aufmerksam machen, mit Ihrem neuen Familienfördergesetz, was Sie im Volksbegehren einbringen, sorgen Sie für mehr Familienfreundlichkeit, indem Sie die 50-Stunden-Woche für Kleinkinder fordern.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie haben natürlich Recht, Frau Dr. Kaschuba,

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Erklä- ren Sie das mal!)

Familien sind Sinn-Stiftungen und letztlich Zukunft, aber ich denke auch, wo es hier um freiwillige Maßnahmen von Unternehmen geht und wir gerade im wirtschaftspolitischen Bereich diskutieren, müssen wir auch so argumentieren, dass es verstanden wird und dass letztlich auch die Probleme, die zukünftig Unternehmen haben, hier aufgegriffen werden.

Mit unserem Antrag wollen wir gezielt darauf hinwirken, dass eine familienbewusste Unternehmenskultur in unserer Wirtschaft verankert wird, denn wir wissen alle, dass Beruf und Familie zu vereinbaren für viele Arbeitnehmer, für Mütter und Väter Tag für Tag eine große Herausforderung ist, die - und das, denke ich, kann man auch als junger Familienvater und Abgeordneter sagen - für junge Familien auch immer wieder schwierig ist. Dabei spielen oftmals die Bedingungen im Betrieb, insbesondere die Arbeitszeiten, aber vor allen Dingen die Arbeitszeitorganisation, das betriebliche Klima, betriebliche Sozialleistungen und der Umgang mit der Elternzeit eine wesentliche Rolle. Hinzu kommt, dass der demografische Wandel, der sich in fast allen Transformationsländern seit 15 Jahren vor allem mit dem Faktor Kinderlosigkeit abzeichnet, auch unsere wirtschaftliche Entwicklung ganz maßgeblich beeinflussen wird. Deswegen ist es richtig, dass das Thema „Familie und Erwerbsarbeit“ immer wieder in den Fokus

der öffentlichen Meinungsbildung rückt, um so einen Impuls für mehr Kinderfreundlichkeit und letztlich für die Erhöhung der niedrigen Geburtenrate geben kann. Das Thema „Telearbeit, Arbeitszeitkonten, Jobsharing und viele andere Methoden, die letztlich den Stresspegel senken und die Lebenszufriedenheit von jungen Eltern erhöhen können, sind Themen, die wir, denke ich, immer wieder mal thematisieren müssen.

Meine Damen und Herren, eine bessere Balance von Familie und Arbeit kann nur funktionieren, wenn insbesondere Unternehmen, aber auch die Betriebsräte und Gewerkschaften ihre Verantwortung wahrnehmen. Hier scheint es so, dass sich langsam die Erkenntnis durchsetzt, dass auch eine familienfreundliche Arbeitswelt sowohl volkswirtschaftlichen als auch betriebswirtschaftlichen Gewinn bringt und zudem die Lebensqualität der Menschen steigert. Nicht zuletzt profitieren natürlich wir auch, profitiert der Staat davon, wenn er durch höhere Erwerbsbeteiligung Steuern und Sozialabgaben einnimmt. Aber, ich denke, das ist nicht der Hauptpunkt, weswegen wir das machen. Es zeigt sich auch deutlich, dass das Thema Familienfreundlichkeit auch im Handwerk ein Erfolgsfaktor sein kann, denn von den familienfreundlichen Maßnahmen profitieren nicht nur die Arbeitnehmer, sondern insbesondere auch die Handwerksmeister oder die Unternehmer, die letztlich damit wertvolle Mitarbeiter langfristig an sich binden können und zu einer höheren Motivation und Zufriedenheit beitragen können. In diesem Sinne, meine Damen und Herren, sollte man auch die Thüringer Arbeitgeberstruktur, in der 90 Prozent der Unternehmen weniger als 20 Beschäftigte haben, als Chance begreifen.

Ich möchte auch darauf aufmerksam machen, dass den Unternehmen letztlich durch die mangelhafte Vereinbarkeit von Familie und Beruf Mehrkosten in erheblichem Umfang entstehen können. Vor allen Dingen im Zuge wirtschaftlich und gesellschaftlich langfristiger Entwicklungen werden diese Folgen für jeden von uns deutlich spürbar. Wir sehen das ja letztlich auch an der Diskussion um die Sicherungssysteme für die soziale Sicherheit.

Meine Damen und Herren, Unternehmen können durch eine familienorientierte Personalpolitik selbst wesentlich zu einer verbesserten Vereinbarkeit beitragen. In vielen Studien ist auch deutlich geworden, dass Einsparungen in den Unternehmen wesentlich höher zu veranschlagen sind als die Mehrkosten solcher Maßnahmen. Deswegen ist es so, dass die Umsetzung solcher familienfreundlichen Maßnahmen - das muss man im Einzelfall sicher immer noch mal durchrechnen - sich betriebswirtschaftlich doch letztlich rechnen kann. Eine ausgewogene Balance zwischen Berufs- und Privatleben ist vor allen Dingen in den Bereichen mit einem Fachkräftemangel - und dazu hat der Minister einiges ausgeführt - jetzt schon

zu einem bedeutenden Wirtschafts- und Standortfaktor geworden und hat damit sicher langfristig auch entscheidenden Einfluss auf die Wachstumschancen der Unternehmen hier in Thüringen und damit auch auf die Wachstumschancen unserer Wirtschaft.

Wie uns die Ergebnisse des Modellprojekts von dem RKW und dem Bildungswerk der Thüringer Wirtschaft zeigen, kommt es neben dem eigenen Engagement vor allem aber auch auf den Dialog in der Region zwischen den Unternehmen und den Behörden und Dienstleistern an, weil hier komplexe Probleme, die auftreten, etwa auch durch flexible Betreuungszeiten, am ehesten gelöst werden können. Deswegen ist es auch unser Ansinnen, dass wir hier Netzwerke in den Regionen unterstützen. Von Landesseite unterstützen wir diesen Prozess, indem wir auch mit den freiwilligen Landesprogrammen zum Wiedereinstieg von Berufsrückkehrern seit 2003 weit über 1.000 Frauen helfen konnten. Ich denke, dass 65 Prozent der Thüringer Unternehmen sich familienfreundlichen Ansätzen in ihrer Unternehmensstrategie verschrieben haben, heißt zwar nicht, dass wir nichts mehr tun müssen, aber es zeigt, dass die wirtschaftliche Relevanz dieses Themas nun mittlerweile auch voll erkannt wird. Es ist sicher ein weiter Weg von der Strategie zur Taktik, das wissen wir alle, aber es gibt uns Hoffnung und es gibt auch zahlreiche gute Beispiele.

Aus den Ausführungen der Landesregierung, meine Damen und Herren, ist deutlich geworden, dass wir in puncto Förderung von Berufsrückkehrern, in puncto Betriebskindergärten, in puncto Übernahme von Kindergartenbeiträgen durch Unternehmen - ich kenne da selbst einige Beispiele - und bei der Hilfe zur Deckung des Fachkräftebedarfs - auch wenn wir hier wissen, dass die eigentlichen Herausforderungen erst in den nächsten Jahren auf uns zukommen - wir schon viel erreicht und angestoßen haben. Es bleibt aber dennoch wichtig, dass wir das Anliegen einer familienfreundlichen Unternehmenskultur immer wieder im Blick behalten, denn natürlich ist es so, dass für die Attraktivität von Arbeitsplätzen und die Arbeitszeitgestaltung zuallererst die Unternehmer verantwortlich sind und die Tarifparteien. Für das Kinderbekommen, was übrigens nur in den allerwenigsten Fällen mit Blick auf die eigene Rente geschehen soll, sind natürlich die Familien verantwortlich. Aber wenn wir beides mit Gewinn für beide Seiten, sowohl die Familie als auch die Unternehmen, unterstützen können, sollten wir das mit der Zustimmung zum Antrag heute auch tun. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt ist auch die Redemeldung der SPD-Fraktion eingegangen. Für die SPD-Fraktion würde ich den Abgeordneten Schubert aufrufen. Herrn Panse möchte ich fragen, Sie wollen nicht eine Anfrage an Ihren Kollegen stellen, sondern selbst reden?

(Zuruf Abg. Panse, CDU: Ja, ich möchte selbst reden.)

Dann bitte Herr Abgeordneter Dr. Schubert für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, familienfreundliche Arbeitsplätze in der Thüringer Wirtschaft unterstützen - das klingt erst mal ganz gut. Die CDU will eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Realität zeigt uns aber genau das Gegenteil. Sie sorgen mit Ihrer Offensive gegen Familien für schlechtere Betreuungsbedingungen in den Kindergärten. Sie sorgen dafür, dass insbesondere Mütter eine Anreizfinanzierung erhalten, um zu Hause zu bleiben und Sie sorgen dafür, dass die Betreuungszeiten in den Kindergärten von bisher zehn auf neun Stunden reduziert werden.

(Unruhe bei der CDU)

(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Sozia- les, Familie und Gesundheit: Wo steht denn das? Das ist doch Quatsch.)

Die Fraktionsvorsitzende der CDU spricht am Mittwoch in der „Südthüringer Zeitung“ von neun Stunden Betreuungszeit pro Kind, die schon sehr großzügig bemessen werden. Frau Lieberknecht und meine Damen und Herren von der CDU, wissen Sie denn, wie die Arbeitswelt heute aussieht? Wissen Sie denn, wie viele Kilometer mittlerweile berufstätige Eltern zurücklegen, um zum Arbeitsplatz zu kommen? Glauben Sie denn, dass der Acht-Stunden-Arbeitstag mit dem Kindergarten um die Ecke noch irgendetwas mit der Realität zu tun hat? Kommen Sie doch endlich mal in der realistischen Lebenswelt und Arbeitswelt der Eltern an. Sie sorgen doch in vielerlei Form dafür, dass die Arbeitszeit verlängert wird. Der öffentliche Dienst will doch mit Herrn Möllring an der Spitze und von Herrn Althaus unterstützter Vorreiter sein. Längere Arbeitszeiten im öffentlichen Dienst, das ist doch Ihr erklärtes Ziel.

Anderes Thema: Thüringen hat die niedrigsten Löhne in Deutschland. Niedrige Löhne sorgen aber dafür, dass Menschen Stunden schrubben müssen, um irgendwie zu existieren. Fragen Sie mal die Wachleute, die aufgrund der Ausschreibungsverfahren

in diesem Lande Stunden über Stunden ableisten, um sich und ihre Familien irgendwie über Wasser zu halten. Wenn Ihr Antrag nur halbwegs ernst gemeint wäre, dann müssten Sie im politischen Handeln mindestens für drei Dinge sorgen:

1. für ein Betreuungsangebot für Kinder in Kindergärten und in Schulen, welches den Realitäten der Arbeitswelt entspricht. Sie machen genau das Gegenteil

(Beifall bei der SPD)

und bauen Betreuungsangebote in den Kindergärten ab. Schon stehen die Horte als Nächstes auf der Kürzungsliste. Wer gestern Abend beim Deutschland-Trend in der ARD gesehen hat, was an erster Stelle bei den Deutschen für familienfreundliches Handeln steht, dann ist das zuallererst die Verbesserung der Betreuungsangebote und weniger das individuelle Einkommen zu stärken.

Herr Abgeordneter Dr. Schubert, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Schwäblein?