Zu Frage 9: Der Landesregierung sind keine Umstände bekannt, die sich als - ich zitiere aus der Anfrage - "neue Verdachtsmomente" qualifizieren lassen.
Da mir Redemeldungen aller Fraktionen vorliegen, gehe ich davon aus, dass auch alle Fraktionen die Aussprache zum Bericht wünschen. Dem ist so. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile Abgeordneten Höhn, SPD-Fraktion, das Wort.
Werte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir zu Beginn der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt eine Vorbemerkung. Es ist weiß Gott kein Vergnügen - noch nicht einmal als Opposition - zu diesem Thema heute hier im hohen Hause reden zu müssen
bzw. dieses auf die Tagesordnung setzen zu müssen. Wir sahen uns aber aus noch von mir zu erläuternden Gründen genau dazu veranlasst. Es gibt Dinge, meine Damen und Herren, oder - besser gesagt - Sachverhalte, da sind wir es uns selbst schuldig, uns damit öffentlich auseinander zu setzen.
Solch ein Sachverhalt sind die bekannt gewordenen vermutlichen - ich sage bewusst „vermutlichen“ - Nebentätigkeiten des Kollegen Köckert von der CDU, vormals Fraktionsvorsitzender, vormals Innenminister des Freistaats Thüringen. Nun haben wir den Bericht der Landesregierung gehört. Sagte ich "Bericht"? Ich bin da nicht sicher, ob es den Qualitätsansprüchen eines Berichts genügt, was wir eben von Minister Schliemann hier geboten bekommen haben.
Die SPD-Fraktion wollte u.a. Informationen darüber, ob Herr Köckert schon während seiner Ministerzeit - und das ist das Entscheidende und auch nur darum geht es uns - Geschäften mit kommunalen Wohnungsgesellschaften nachging. Nun könnten wir es heute hier an dieser Stelle dabei bewenden lassen, wenn nicht nach unserer Auffassung noch weit mehr auf dem Spiel stünde als nur vermutete Nebenjobs des Kollegen Köckert.
um jeden einzelnen Abgeordneten, um jedes einzelne Regierungsmitglied und - ich sage das ganz deutlich - um unser aller Reputation als Politiker. Die Debatte dreht sich eben um die Nebentätigkeiten während der Amtszeit als Minister, was die Verfassung in Artikel 72 Abs. 2 und das Thüringer Ministergesetz in § 5 ausdrücklich ausschließen. Letztendlich geht es auch darum, mit wem ein Thüringer Landtagsabgeordneter Geschäfte machen sollte. Das gilt generell. Das gilt aber auch bezogen auf den Fall des Herrn Köckert ganz speziell, denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, wo der Eindruck entsteht, Abgeordnete nutzen ihr Mandat oder Regierungsmitglieder ihr Amt dazu, private Geschäfte abzuschließen, leidet der Ruf der Parlamentarier allgemein und insgesamt.
Darum geht es auch hier bei dieser Debatte. Abseits der Antwort der Landesregierung, meine Damen und Herren,
sind für mich nach wie vor noch zentrale Fragen offen geblieben und ich sage das ganz offen und unumwunden, auf die ich auch von Christian Köckert hier und heute gerne eine Antwort hätte. Herr Kollege Köckert, ich möchte Sie fragen, seit wann genau Sie geschäftlich mit der Firmengruppe um die Herren Klaus G. und Joachim S. und Frau Marita R. verkehren. Ich erbitte eine Antwort darauf, welcher Art das Mietverhältnis in der Wartburgstraße 48 in Eisenach bis zu Ihrem Eintritt in die Firma Ihres Vermieters war. Ist es beispielsweise richtig, dass Sie Räumlichkeiten in diesem Haus abseits des bestehenden Mietvertrags mietfrei nutzen konnten, und gab es dafür nicht vielleicht doch erwartete Gegenleistungen?
Meine Damen und Herren, einige Fragen, die sich aufgetan haben, sind ja auch aus den Zeugenaussagen in einem derzeit am Landgericht Erfurt stattfindenden Prozess gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Thüringer Innenministeriums wegen Geheimnisverrats entstanden. Vieles, was in diesen Aussagen offenbar wurde - im Übrigen gestatten Sie mir eine Nebenbemerkung -, dieser Prozess an sich, was dort zu Tage kommt, ist nach meiner Auffassung mehr als peinlich, ein Possenspiel für dieses Land, für diese Regierung. Lassen Sie mich das auch noch mal an dieser Stelle bemerken.
auch in der Presse zu lesen war, sicher, das waren interessante Schlussfolgerungen, berechtigte Fragen, aber letztendlich, zugegeben, unbewiesene Theorien. Aber vielleicht, Herr Kollege Köckert, haben Sie ja dafür eine recht einfache Erklärung parat. Ich möchte Sie bitten und Ihnen auch zugleich Gelegenheit geben, in aller Klarheit und aller Ausführlichkeit zu diesen Fragen öffentlich Stellung zu beziehen. Das betrifft auch und im Besonderen den Komplex um einen gewissen Herrn Wunibald B., ein Mann, dessen Vielzahl von Geschäftsführerposten schon einige Verwunderung auslöst, um es vorsichtig auszudrücken. Hat eine kommunale Wohnungsgesellschaft in Thüringen finanzielle Probleme, schon ist Herr Wunibald zur Stelle und hat auch gleich eine Lösung parat. Hat die Kommune noch gar keine kommunale Wohnungsgesellschaft, hilft er schon mal bei der Gründung einer solchen mit, in vielen Fällen wie in Blankenhain, in Beichlingen, in Oldisleben zum eklatant dauerhaften Nachteil dieser Kommunen. Mit solchen Leuten lassen Sie sich ein! Stichwort Blankenhain: Ich bin in den letzten Tagen, in den letzten Wochen unterdessen mit einer Vielzahl von Unterlagen versehen worden, die die SWAG der Stadt Blankenhain betreffen. Meine Damen und Herren, ohne hier ins Detail zu gehen, man braucht kein Wirtschaftsprüfer zu sein, um zu erkennen - und ich sage das von dieser Stelle aus ganz prononciert -, dass hier in Größenordnungen manipuliert worden ist.
Ich will das nicht vertiefen, damit wird sich demnächst ein Staatsanwalt zu beschäftigen haben. Doch eines, meine Damen und Herren, ist sehr auffällig: Alle Stränge in diesem Geflecht von Firmen enden irgendwo bei eben Herrn Wunibald B., das dieser um die Primat Hausverwaltung GmbH geknüpft hat. Herr Köckert, woher kennen Sie den eigentlich? Wie gut kennen Sie ihn? Welche Zusammenarbeit, ob nun vor Ihrer Zeit als Minister, während oder danach, gab es zwischen Ihnen und diesem Herrn B.? Ich frage Sie auch mal ganz persönlich: Wie erklären Sie sich denn - Herr Köckert, hören Sie zu -, dass Herr B. in einer Aufsichtsratssitzung der städtischen Wohnungsgesellschaft Blankenhain im Jahr 2000, auf die Frage nach überfälligen Bilanzen der Jahre 1997, 1998, 1999 angesprochen, laut Protokoll dem Aufsichtsrat antworten kann: „Das ist mit dem Minister Köckert so abgesprochen.“ - im Jahr 2000. Im Übrigen: Ist denn dieser Wunibald B. eigentlich mit jener Person identisch, von der es heißt, dass sie einmal Landesschiedsgerichtsmitglied Ihrer Partei gewesen ist?
Meine Damen und Herren, auch eine Zeugenaussage am Landgericht in dem von mir erwähnten Prozess bringt uns noch zu einem weiteren Punkt, von dem ich mir Aufklärung erhoffe: Inwieweit ist
denn der Zeugenaussage vor Gericht und diesem Herrn Joachim S. Glauben zu schenken, dass es bei den Kontakten seiner Firma - und die Kontakte seiner Firma zu der Ihrigen sind ja wohl augenfällig - mit der Politik nicht nur um Aufträge, sondern auch um Spenden gegangen ist? Das hat der Mann vor Gericht ausgesagt. Geht es hier möglicherweise um Parteispenden - an wen - an Sie, an die Landespartei? Und Sie sehen, Herr Kollege Köckert, solange eine Erklärung Ihrerseits aussteht, lässt sich viel spekulieren und auch fabulieren.
Aber es ist an dieser Stelle mit den Fragen noch nicht zu Ende. Ich hatte vorhin das Stichwort „Blankenhain“ erwähnt, ich muss auch das Stichwort „Oberhof“ in die Debatte einbringen. Etwas merkwürdig kommen die Verkaufsverhandlungen der kommunalen Wohnungsbaugenossenschaft Oberhof ohne eine plausible Kostenschätzung und Ausschreibung schon daher. Ziemlich seltsam in diesem Zusammenhang ist auch die beabsichtigte „Sonderentschuldung“ der Oberhofer Wohnungsbaugesellschaft indirekt durch die Landeskasse. Vielleicht wissen Sie das, vielleicht hat sich das herumgesprochen, dass in diesen Tagen der Bürgermeister - der NochBürgermeister - der Stadt Oberhof einen Ratsbeschluss erwirkt hat, wonach nicht etwa Aufklärung über die Dinge erfolgen solle, sondern wonach jeder Stadtrat unterschreiben solle, nicht mit Informationen an die Presse gegangen zu sein über diese Kaufofferte Ihrer Firma, Herr Köckert. Das macht mich nachdenklich. Wir wissen, Oberhof hat zu allen Zeiten von allen Innenministern Zuwendungen aus dem Landesausgleichsstock erhalten. Damit wurden laufende Defizite in der Stadtkasse, bei der Therme und auch in der Wohnungsbaugesellschaft beglichen. So weit, so gut. Aber jetzt sollte sozusagen zum finalen Schlag ausgeholt werden. Die WBG wird indirekt über den Landesausgleichsstock entschuldet und die Firma des ehemaligen Innenministers (Kommunalminister) kauft die Wohnungen auf. Ist Ihnen, meine Damen und Herren, auch liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, eigentlich die Dimension eines solchen Tuns überhaupt klar? Sicher sind Abgeordneten Geschäfte nicht untersagt, doch die öffentliche Wirkung eines solchen Tuns, die sollte sich jeder jederzeit vor Augen halten.
Und ich sage es ganz deutlich mit Blick auf Ihre Fraktion, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDUFraktion, mal vom Kollegen Wetzel abgesehen: Wird es Ihnen nicht langsam mulmig angesichts der Aktivitäten Ihres ehemaligen Frontmannes? Ist es nicht an der Zeit, auch mal von Ihnen aus für Klärung in diesen Angelegenheiten zu sorgen? Genau das ist der Punkt, der uns hier im Landtag bewegen muss und zu bewegen hat. Letztlich geht es bei all den Fra
gen und Ihren Antworten darauf immer auch - ich erwähnte das - um unser aller Reputation, um das Erscheinungsbild und den Eindruck der Thüringer Landtagsabgeordneten in der Öffentlichkeit. Da hilft es auch nicht viel, wenn Sie bislang juristisch - das haben Sie ja auch angedroht und auch zum Teil vollzogen - nur gegen Nebensächlichkeiten vorgehen. Was macht es beispielsweise für einen Unterschied, ob nun die Primat GmbH oder die Primat Hausverwaltungs GmbH fragwürdige Rechnungen gestellt hat, wo noch dazu die Anschriften und die Gesellschafter identisch miteinander sind. Ich muss Sie ganz einfach noch mal fragen: Gab es wirklich keine anderen Geschäftspartner für Sie, Herr Köckert? Wissen Sie eigentlich, welchen Hintergrund diese Leute haben? Wussten Sie - und wenn ja, seit wann - von dem Stasi-Hintergrund einiger Herrschaften in diesem Firmengeflecht? Und wer nicht bei der Stasi war, war zumindest bis 1989 bei den Grenztruppen. Sind es nicht nachwirkende Seilschaften genau dieser Art, deren Bekämpfung sich genau Ihre Partei im Besonderen auf ihre Fahnen geschrieben hat?
Herr Kollege Köckert, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will nach wie vor nicht glauben, dass es auf all diese Fragen nicht doch befriedigende Antworten geben kann - Antworten, mit denen Sie persönlich, aber auch wir Abgeordneten gegenüber der Öffentlichkeit leben können. Vielleicht - das will ich Ihnen gerne zugestehen - werden Sie nicht für jede Antwort sofort einen Zeugen oder Kronzeugen herbeizitieren können. Gegen Spekulationen anzukämpfen, ist in der Tat schwer, das will ich Ihnen zugestehen. Aber vielleicht ist ja der von mir aufgezeigte Weg einer, den Sie, Herr Köckert, hier gehen können. Beantworten Sie die an Sie gestellten Fragen ehrlich und umfänglich und verbinden Sie die Antworten mit einer Ehrenerklärung. In diesem Fall bin ich geneigt zu glauben, dass Ihre Geschäftskontakte über den Zweifel der Unredlichkeit erhaben sind. Eine Ehrenerklärung wäre letztendlich auch ein Signal an die Öffentlichkeit, das durch die mediale Berichterstattung der vergangenen Wochen hervorgerufene Bild des Abgeordneten wieder einigermaßen zurechtzurücken. Herr Köckert, ich bitte Sie darum.
und eigentlich hätte es nach der Abarbeitung der Fragestellung keine Basis für einen großen Teil der soeben von Ihnen, Herr Abgeordneter Höhn, gehörten Ausführungen gegeben.
Aber dann hätten die Antragsteller ja zugeben müssen, dass sie sich ins falsche Fahrwasser begeben haben - das falsche Fahrwasser, weil es selten überzeugend ist und allzu vordergründig, wenn man einen Antrag in der Begründung auf nichts weiter als auf einen Pressebericht einer Zeitung stützt,
(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Auch Zeugenaussagen vor Gericht, Frau Kol- legin, das ist die Grundlage.)
Im Gegenteil! Einige Behauptungen sind bereits wieder relativiert und zurückgenommen. Eine Gegendarstellung ist bereits abgedruckt. Das stellt selbst ein anderer Zeitungsbericht dar, ich zitiere - mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin - die „Südthüringer Zeitung“ vom 06.03.2006: „Die Vorwürfe immer schön mit einem Fragezeichen versehen, denn Belege dafür fehlen, zumindest solche, die wesentlich über mehr oder weniger zufällige Bekanntschaften und die Feststellung hinausgehen, dass er Innenminister war und heute Mitbesitzer einer Firma ist, die Häuser auch für kommunale Wohnungsbaugesellschaften verwaltet.“ Die CDU-Fraktion weist die ehrverletzenden Spekulationen gegen Christian Köckert entschieden zurück.
Es gibt keinen Anlass für die CDU-Fraktion, sich aufgrund von Behauptungen, Spekulationen und vagen Andeutungen in eine Ermittlerrolle drängen zu lassen.
Lieber Herr Höhn, wir sind auch keine Prozessbeobachter, die zu Bewertungen eines gerichtlichen Verfahrens, was dazu noch läuft, aufgerufen sind. Es gibt für uns keinen Anlass, aus den Spekulationen Schlüsse auf die vergangene Tätigkeit unseres Fraktionskollegen Köckert zu ziehen. Last, but not
least, lassen Sie sich gesagt sein, an einem Rufmord auf der Grundlage von Gerüchten und Spekulationen beteiligen wir uns nicht,