Protocol of the Session on March 30, 2006

Argumenten sicherlich etwas dran ist und deshalb die Verweigerung. Die Bürger erwarten eigentlich, dass Politik anstehende Probleme löst, dafür werden wir nicht schlecht bezahlt. Die CDU will diese Erwartungshaltung offenbar zunehmend nicht mehr erfüllen.

Wir haben mit unserem Gesetzentwurf Probleme des Rechtsvollzugs aufgegriffen, die bestehen, unabhängig davon, wie die Mehrheit in diesem Hause mit unserem Gesetzentwurf letztendlich umgeht. Wir haben heute die zweite Lesung innerhalb eines Monats. Ich werde auf einige Inhalte und Diskussionen aus der ersten Lesung eingehen. Das wollten wir eigentlich in den Ausschussberatungen machen, dort hätte das auch eher hingepasst. Da die CDU das verhindert hat, muss ich um Verständnis bitten, hier an dieser Stelle nochmals auf einige Dinge einzugehen. Insbesondere will ich die Aussagen des CDU-Abgeordneten Klaus von der Krone, der selbst als Bürgermeister auf der kommunalen Ebene verankert ist und somit auch tagtäglich mit Vollzugsproblemen der Thüringer Kommunalordnung zu tun hat, und auf die Äußerungen des Innenministers Dr. Gasser in der ersten Lesung eingehen. Herr Gasser ist jetzt nicht anwesend, aber es gibt ja ein Protokoll und sein Staatssekretär ist da, so dass wir einmal davon ausgehen, dass die Informationen Herrn Gasser erreichen. Wir bedauern, dass, wenn es um die Kommunalordnung geht, der zuständige Minister offenbar anderes zu tun hat. Ich würde mir wünschen, dass bei den jeweiligen Fachdiskussionen dann auch der Fachminister zugegen ist.

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Der Staatssekretär ist doch da.)

Aber da wird auch schon einiges deutlich, welchen Stellenwert ein Minister und die Landesregierung insgesamt dieser Plenarsitzung beimisst.

(Zwischenruf Abg. Wackernagel, CDU: Wen wünschen Sie sich denn?)

Wenn Herr Schliemann noch geht, ist gar kein Minister mehr hier zugegen. Ja, ich habe Sie wieder richtig getroffen, deswegen die Unruhe im Mittelblock.

(Zwischenruf Abg. Köckert, CDU: Erzäh- len Sie doch hier keinen Unsinn!)

Also meine Damen und Herren, diese Erwiderungen auf die Ausführungen der ersten Lesung sind notwendig erstens, weil Herr von der Krone offenbar einige Inhalte unseres Gesetzentwurfs aber überhaupt nicht verstanden hat und zweitens Herr Dr. Gasser diese Inhalte nicht verstehen wollte. Beides ist, glaube ich, abzulehnen. So fragte der Herr von der Krone, ob die Fraktion der Linkspartei.PDS überhaupt bereit

und willig ist, in der Enquetekommission, ich verkürze einmal den Titel, Verwaltungs- und Gebietsreform mitzuarbeiten. Er hat im Zusammenhang mit dem vorliegenden Gesetzentwurf hier Zweifel geäußert. Hier zeigt sich einmal wieder, die Enquetekommission ist ganz prächtig geeignet, um alle parlamentarischen Aktivitäten, die nur mittelbar oder unmittelbar mit dem Thema im Zusammenhang stehen, einfach zu blockieren.

(Zwischenruf Abg. Köckert, CDU: Sie ha- ben bisher dort keinen Beitrag geleistet! Null.)

Das haben wir befürchtet. Wir meinen, dass die Enquetekommission tatsächlich ihre Arbeit intensivieren muss, aber sie darf nicht dazu führen, dass wir im Parlament über aktuelle Probleme überhaupt nicht mehr debattieren, zumal die CDU alles dafür tut, dass die Enquetekommission möglichst nicht zeitnah dem Landtag Empfehlungen und Hinweise gibt. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die letzte Plenarsitzung und die Äußerung des finanzpolitischen Sprechers der CDU-Landtagsfraktion, Herrn Mohring, der eigentlich für die Enquetekommission das Aus formuliert hat. Frau Präsidentin, ich darf aus der Rede von Herrn Mohring kurz zitieren. Er sagte: „Wir lehnen eine zweistufige Verwaltung in Thüringen ab. Die Dreistufigkeit soll beibehalten werden.“ Er sagt: „Mittelbehörden bleiben nach unserer Auffassung auch in Zukunft erforderlich. Die 1993 vom Landtag verabschiedete Kreisgebietsreform hat sich bewährt“ - also auch keine Veränderung - „und auf der gemeindlichen Ebene stehen wir“ - das heißt die CDU - „für freiwillige Zusammenschlüsse.“ Jetzt müssen Sie mir einmal erklären, meine Damen und Herren von der CDU, was wollen wir dann in der Enquetekommission überhaupt noch beraten und diskutieren, wenn Ihr finanzpolitischer Sprecher, der nebenamtlich auch noch Generalsekretär Ihrer Partei ist, eigentlich hier gesagt hat, also wir können über vieles reden, aber geändert wird bitte schön in diesem Hause nichts. Ich kann es nur als Appell an den Wähler verstehen, dass er Sie endlich aus der Regierungsverantwortung abwählt, damit sich dann irgendwann einmal etwas bewegt, denn andernfalls, wie gesagt, es soll ja alles so bleiben, wie es ist. Auszubaden haben es die Bürger und die Kommunen in diesem Land. Die Enquetekommission, um mal zu belegen, wie dort die Arbeitsweise ist, hat vergangene Woche getagt und der nächste Sitzungstermin ist der 3. Juli.

(Zwischenruf Abg. Köckert, CDU: Un- glaublich, diese Halbwahrheiten!)

Ich bin froh, wenigstens im Jahr 2006, am 3. Juli.

(Zwischenruf Abg. Köckert, CDU: Da gibt es dazwischen doch Arbeitsgruppen.)

Dann kommt die parlamentarische Sommerpause und noch beschäftigen wir uns nur mit Analysen und tatsächliche Diskussionen, wohin sich dieses Land entwickeln soll, gibt es eben bedauerlicherweise nicht. Wir halten es für erforderlich, zumindest die Teilprobleme aufzugreifen, und deshalb unser Gesetzentwurf. Wir müssen jetzt handeln, nicht weiter warten. Unser Vorschlag zu den kleinen Verwaltungsgemeinschaften steht ganz bewusst nicht im Widerspruch zum Auftrag der Enquetekommission, zumindest nicht stärker im Widerspruch, als das vom Landtag beschlossene Programm zur freiwilligen Förderung von Gemeindezusammenschlüssen. Das heißt, wenn Sie uns vorwerfen, unser Gesetzentwurf würde die Arbeit der Enquetekommission im Grunde genommen behindern, müssten Sie sofort die Förderrichtlinie für die Förderung freiwilliger Gemeindezusammenschlüsse zurückziehen, weil sie im gleichen Maße natürlich zu Ergebnissen führen kann, die gegebenenfalls in der Enquetekommission dann nicht auf Zustimmung stoßen. Insofern ist Ihre Argumentation auch in dieser Hinsicht nicht überzeugend.

Meine Damen und Herren, auf die Umwandlung von Verwaltungsgemeinschaften in Einheitsgemeinden wird dann meine Kollegin Frau Petra Enders noch mal konkret eingehen, sie ist selbst als Bürgermeisterin einer Stadt von diesen Dingen betroffen.

Ich will noch auf einen Fakt in diesem Zusammenhang hinweisen. Frau Präsidentin, mit Ihrer Genehmigung zitiere ich auch hier, und zwar eine Stellungnahme der CDU Stadtlengsfeld. Da muss man wissen, da geht es gegen einen Bürgermeister, der ursprünglich von der SPD aufgestellt wurde, jetzt als unabhängiger. Da ist mal interessant - Sie brauchen nicht auf uns zu hören, meine Damen und Herren von der CDU, das ist wirklich manchmal zu viel verlangt, zumal Sie das nicht alles so verstehen, aber Sie können wenigstens auf die eigenen Leute hören und die schreiben für Stadtlengsfeld: Stadtlengsfeld ist eine Stadt, die mit Ausnahmegenehmigung unter 3.000 Einwohner einen hauptamtlichen Bürgermeister hat, die sagen, die Eigenständigkeit der Stadt Stadtlengsfeld ist schon seit langem nicht mehr gegeben und finanzierbar. Auch bereits die Haushaltsjahre 2005 und 2006 verdeutlichen, dass eigene Einnahmen für eventuelle größere Investitionen nur noch einmalig z.B. durch Straßenausbaubeiträge oder den Verkauf von Liegenschaften erreicht werden können, es sei denn, das Tafelsilber wird vollständig verkauft. Die Einheitsgemeinde daher in eine größere leistungsfähigere Struktur zu überführen, um dem Bürger nicht so viel wie möglich, sondern nur so viel wie notwendig Verwaltungskosten aufzubürden, geht aber nicht ohne Mitwir

kung bzw. Genehmigung von außen - damit sind Sie gemeint als Gesetzgeber. Und sie nehmen ein schönes Bild, indem sie sagen, zum Heiraten würden nun mal mindestens zwei Partner, aber auch mindestens zwei Trauzeugen gehören und fordern Sie deshalb auf, was bleibt, sei die Tatsache, dass Stadtlengsfeld in der jetzigen Verwaltungsstruktur auf Dauer nicht mehr ausreichend handlungsfähig sei, dass die Stadt Stadtlengsfeld nur aufgrund der späten Entscheidung des Landesverwaltungsamts wiederum sechs Jahre verliert, in denen sie jährlich trotz knapper werdender Finanzen durch sinkende Einnahmen und steigende Verwaltungsausgaben zurechtkommen muss, ist zu bedauern, aber es ist zu spät, um hier etwas zu korrigieren. Das sagt die CDU Stadtlengsfeld und zumindest das sollte Ihnen zu denken geben. Unser Vorschlag zu den kleinen Verwaltungsgemeinschaften ist eigentlich keine große Reform, nicht mal der Einstieg, sondern zielt ausschließlich auf die Herstellung der gesetzlichen Vorgaben ab, denn der Gesetzgeber hat 1993 - das trat 1994 in Kraft - ausdrücklich gesagt, eine Verwaltungsgemeinschaft ist nur dann leistungsfähig, wenn sie mindestens 5.000 Einwohner hat. Inzwischen - das wissen wir - 12 erfüllen diese Vorgabe nicht mehr, weitere stehen davor, unter diese 5.000er-Einwohnergrenze zu sinken.

Meine Damen und Herren, Herr von der Krone hat dann weiterhin ausgeführt, unser Vorschlag, dass die Gemeinden für Verträge, die vor dem 17. Mai 1990 abgeschlossen wurden, nicht mehr haften, würde sich gegen die Kirchen richten. Also, Herr von der Krone, Sie waren zumindest körperlich anwesend, aber Ihre Aussage kann ich nur so bewerten, dass Sie nicht zugehört haben, sonst hätten Sie es registriert. Ich habe das Protokoll hier liegen und kann es Ihnen dann geben. Da können Sie nachlesen, dass wir ausdrücklich betont haben, dass wir dafür sind, dass die Kirchgemeinden und die politischen Gemeinden Verträge abschließen, weil Kirchenbauten das Ortsbild prägen; sie sind Kulturdenkmäler. Die Kirchgemeinden beeinflussen auch das gesellschaftliche Leben in einer Gemeinde. Aber es ist doch ein Unterschied, ob das Verträge sind, die irgendwann einmal gemacht wurden, oder ob die Verträge jetzt abgeschlossen werden. Wir verweisen hier auf die Aussage des Geschäftsführers des Gemeinde- und Städtebundes, der in der „Thüringer Allgemeinen“ eindeutig darauf verwiesen hat, dass er das genauso sieht wie wir. Nun müssen Sie sich fragen, warum Sie uns kritisieren, aber hinsichtlich des Gemeinde- und Städtebundes das offenbar nicht tun. Ich kann Ihnen nur empfehlen, der Gemeinde- und Städtebund - Frau Präsidentin, mit Ihrer Genehmigung - bringt Nachrichten raus: 1/6 auf der Seite 43 zur Haftung der Kommunen früher vor 1990 begründete schuldrechtliche Verbindlichkeiten, da steht auf einer Seite genau das drin, was wir fordern. Jetzt

sagt auch Frau Taubert, das müssen wir nicht. Der Innenminister hat das auch in der ersten Lesung gesagt. Er sagte: Das entscheiden Gerichte oder haben es entschieden. Das ist richtig, Gerichte haben es entschieden, aber trotzdem gibt es weitere Klageverfahren, eben weil die Rechtslage nicht in der Kommunalordnung eindeutig geregelt ist. Wenn dies in der Kommunalordnung eindeutig geregelt wäre, würden sich diese weiteren Klageverfahren erübrigen. Es kann natürlich sein, dass insbesondere Innenminister Dr. Gasser - er ist Jurist - sehr viel Vertrauen und auch Fürsorgepflicht für seine Amtskollegen im Richteramt hat und meint, die hätten zu wenig zu tun und deswegen muss man neue Fälle von Klageverfahren hier notfalls konstruieren. Aber das kann doch wohl nicht sein; es ist doch wirklich nicht zu viel verlangt, wenn der Gesetzgeber, basierend auf bereits existierende Rechtsprechung, im Gesetz das noch einmal klarstellt. Was soll denn daran nur so schlimm sein? Dann weiß jeder, woran wir sind. Nein, Sie sagen: Wir überlassen das weiter den Gerichten und es gibt Klageverfahren, Klageverfahren, Klageverfahren und es gibt keine Ruhe in diesem Bereich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein weiterer Punkt, der sehr in der Kritik steht, auch wieder Herr von der Krone als Ausgangspunkt. Er meinte: Bürgerentscheide im Zusammenhang mit Gemeindeneugliederungsmaßnahmen würden nur denen nützen, die die Bevölkerung mit Halbwahrheiten zu verunsichern versuchen oder in Unruhe versetzen, und denen, denen der demokratische Staat ein Dorn im Auge ist. Das Erstere kann ich ja noch nachvollziehen, Herr von der Krone, aber das Zweite ist ein Schlag ins Gesicht aller Bürger in diesem Land, weil Sie nämlich unterstellen, dass alle Bürger, die mehr Mitwirkung fordern oder mehr direkte Demokratie, angeblich Probleme mit dem demokratischen Staat hätten. Das sollten Sie schleunigst klarstellen, weil das sehr interpretationsfähig ist. Ich glaube, hier lagen Sie also vollkommen daneben und dazu haben Sie heute vielleicht Gelegenheit, das auch noch einmal richtig zu stellen. Denn wir glauben, Formen der direkten Demokratie sind ein Ausdruck von Demokratie und stärken das demokratische Gemeinwesen und schwächen es nicht. Deshalb unsere Forderung. Richtigerweise, Herr von der Krone, haben Sie weiterhin ausgeführt, dass es die Möglichkeit der Bürgerentscheide bei Bestands- und Gebietsänderungen schon gibt, allerdings im freiwilligen Bereich. Wir machen es nur etwas verbindlicher. Aber ich betone es noch einmal, es ist Bestandteil des Gesetzgebungsverfahrens und hat nicht den Status eines Referendums. Diesen Unterschied sollten Sie entweder begreifen oder es sich noch einmal erklären lassen.

Meine Damen und Herren! Frau Taubert, Sie haben vorhin formuliert, wir würden mit dem Vorschlag zu den Bürgerentscheiden im Rahmen von Gebiets- und

Bestandsänderungen den Bürgern irgendwelche Vorschriften machen; das ist nicht unsere Absicht. Wir machen den Gemeinden und dem Gesetzgeber eine verbindliche Vorschrift und wir machen dem Bürger ein Angebot. Nach meinem Wissen haben wir nicht in das Gesetz reingeschrieben und es ist auch nicht interpretierbar, dass es eine Pflicht gibt, dass der Bürger diese Möglichkeit des Bürgerentscheids dann auch wahrnimmt. Wir müssen darum kämpfen, weil im Gesetz Mindestzustimmungsquoren stehen, das ist richtig. Das ist aber auch erforderlich, das wurde auch ausführlich schon begründet. Insgesamt glauben wir, Herr von der Krone, gerade in diesem Bereich haben Sie beim letzten Mal der Sache insgesamt keinen Gefallen getan.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein weiterer Punkt in unserem Gesetzentwurf ist die Reaktion auf den Tarifvertrag öffentlicher Dienst und den Wegfall der Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern. Wir wissen, das ist Neuland, und da hätte sich gerade eine Ausschussdebatte gelohnt. Aber, Frau Taubert, Ihr Vorschlag, das möglichst außergesetzlich zu regeln, funktioniert nicht, weil wir in der Kommunalordnung gegenwärtig eine Regelung haben, die der Realität des Tarifvertrags öffentlicher Dienst eben nicht mehr entspricht. Dort haben wir die Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern und das haben wir auch in der kommunalen Praxis, dass ein Bauarbeiter aus dem Bauhof im Gemeinderat sitzen kann, ein Angestellter der Gemeinde darf das nicht und von daher müssen wir eine gesetzliche Klarstellung vollziehen. Da bietet sich natürlich an, dass man sagt, man greift darauf zurück, was die Tarifpartner vereinbart haben. Sie betonen immer, dass gerade die Tarifpartner hier durchaus selbstbestimmt diese Regelungen treffen sollen, aber wir als Gesetzgeber müssen das jetzt aufgreifen, weil wir befürchten, dass es bei den nächsten Gemeinderatswahlen - die finden zwar erst im Regelfall 2009 statt, aber jetzt kann es schon Fälle für Nachrücker geben, deswegen müssen wir das jetzt schon regeln - spätestens 2009 Interpretationsprobleme geben wird und viele Gemeinden werden es völlig unterschiedlich handhaben. Dann wundern wir uns wieder, dass wir so viele Probleme haben. Jetzt könnten wir als Gesetzgeber darauf reagieren. Für die Betroffenen, die jetzt in den Gemeinderäten sind, wird es sicherlich Bestandsschutz geben und dann wüssten die Gemeinden wenigstens, wie diese gesetzlichen Neuregelungen auch rechtssicher anzuwenden sind. Wenn sie das nicht machen, provozieren sie neue Konfliktpunkte auf der kommunalen Ebene und binden damit natürlich auch Verwaltungskapazitäten, die für anderes dann nicht mehr zur Verfügung stehen. Dann hat aber Herr von der Krone was ganz Lustiges hier von sich gegeben und das war so lustig, das muss ich noch mal zitieren, Frau Präsidentin, weil das Ausdruck dessen ist, Herr von

der Krone, ich weiß nicht, selbst, wenn Sie nur den Blick auf Ichtershausen haben, müssten Sie feststellen, dass das mit der Realität nichts mehr zu tun hat, denn Sie haben formuliert, dass wir, also die PDS, wollen, dass Beschäftigte dann ein solches kommunales Mandat wahrnehmen, wir wollen die Bürgermeister herausdrängen, während die Linkspartei.PDS-Mitglieder aus den Verwaltungen dann die Entscheidungen treffen sollen. Wir wären froh, wenn es eine solche Situation gäbe, das will ich doch gar nicht bestreiten, dass wir eine hohe Konzentration von Linkspartei.PDS-Mitgliedern in den Verwaltungen hätten, aber ich glaube, wir unterscheiden uns dort nicht von anderen Parteien, also insofern ist doch das ein hilfloses Argument. Herr von der Krone, ich kenne Sie jetzt und ich schätze Sie als Kommunalpolitiker, aber verwenden Sie doch andere Argumente, damit sie nicht so leicht zu entkräften sind, das haben Sie hier gar nicht nötig. Aber dieses Argument ist tatsächlich von Realitätsferne nur so geprägt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ausführungen des Herrn von der Krone zur Unvereinbarkeit von Amt und Mandat waren äußerst interessant und der Herr von der Krone hat dabei was erreicht, was er sicherlich nicht beabsichtigt hat. Er hat nämlich unseren Gesetzentwurf und die Richtigkeit unseres Ansatzes ganz exakt begründet. Ganz hervorragend zum Beispiel Ihre Ausführungen zu Artikel 137 Abs. 1 des Grundgesetzes, wo drinsteht, die Wählbarkeit kann eingeschränkt werden, das entscheidet der Landesgesetzgeber, ist genau die Begründung, die wir zur Anwendung bringen und wir reflektieren auf eine Regelung in Brandenburg. Dort hat bisher kein Verfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit festgestellt.

(Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Das stimmt genau.)

Insofern hätte ich mich sehr auf die Diskussion mit Ihnen im Ausschuss gefreut, sie kam nicht zustande. Das Bedauern dazu hatte ich schon mal zum Ausdruck gebracht. Oder Ihre Anmerkung, Herr von der Krone, dass die Wahl ermöglicht sein muss, aber erst danach die Entscheidung, ob ich das Mandat annehme oder nicht, ist auch richtig. Auch das schlagen wir ausdrücklich vor. Die Bürgermeister können für den Kreistag kandidieren, aber wenn sie dann gewählt wurden, müssen sie sich entscheiden, wollen sie Bürgermeister sein oder Kreistagsmitglied. Vor der Entscheidung stehen übrigens schon viele, weil sie gleichzeitig für das Amt des Bürgermeisters und für den Gemeinderat kandidieren. Die können für beides kandidieren, danach müssen sie entscheiden, will ich lieber Bürgermeister sein oder lieber Gemeinderatsmitglied. Herr von der Krone, genauso - und da danke ich Ihnen, dass Sie unsere Begründung so treffgenau ergänzt haben, das hätte ich von Ihnen nicht erwartet. Ja, meine Damen und Herren, und wir

knüpfen sehr gern an diese Begründung von Herrn von der Krone an.

Meine Damen und Herren, Innenminister Gasser hat in seinen Ausführungen darauf verwiesen, wir als Linkspartei.PDS hätten mal wieder kein Verständnis für die kommunale Selbstverwaltung. Das ist nicht neu. Ich stimme dem Innenminister insofern zu, dass wir seine Interpretation von kommunaler Selbstverwaltung natürlich keinesfalls teilen, sondern wir haben eine eigene Interpretation, die von vielen geteilt wird, insbesondere von den kommunalen Spitzenverbänden. Aber Herr Innenminister Gasser macht das fest an unseren Stellungen zu den Bürgerentscheiden und er fordert hier Zurückhaltung des Staates, damit die kommunale Selbstverwaltung blühen kann. Dafür sind wir, aber offenbar weiß Herr Gasser nicht, was seine Kommunalaufsichten so jeden Tag praktizieren; da greifen sie ganz massiv in die kommunale Selbstverwaltung ein. Insofern muss Herr Gasser in seiner Argumentation sie ein bisschen harmonisieren, er muss also gleiche Sachverhalte gleich bewerten und darf sie nicht unterschiedlich interpretieren, gerade mal so, wie es in die politische Landschaft passt.

Unsere Vorschläge schränken die Selbstverwaltung nicht ein - übrigens ist der Innenminister dort auch konkrete Beispiele aus unserem Gesetzentwurf schuldig geblieben; er hat dieses Totschlagargument, entweder sind wir verfassungswidrig oder wir erkennen nicht die kommunale Selbstverwaltung, gebraucht, aber Beispiele hat er nicht gebracht -, sondern wir stärken kommunale Selbstverwaltung durch mehr Rechtssicherheit und durch Klarstellungen, indem wir zum Beispiel Mitwirkungen stärken. Auch die demokratische Mitwirkung der Bürger, das zeigen alle Erfahrungen, stärkt das kommunale Gemeinwesen und schwächt es nicht.

Eine letzte Anmerkung zur Haftung der Kommunalaufsichten: Da erspare ich mir weitere Argumentationen, weil ich davon ausgehe, dass sowohl der Innenminister - er ist Jurist -, aber auch die CDUFraktion, die sicherlich juristischen Sachverstand hat, ein Urteil des Bundesgerichtshofs akzeptiert oder es angreift. Aber so lange, wie das Urteil eines Bundesgerichts existiert, sollte das auch für Thüringen gelten. Man muss erklären, warum die CDU erst bei der Novelle der Kommunalordnung 2002 diese Haftungsfreistellung der Kommunen ins Gesetz aufgenommen hat, wenn sie sowieso davon ausgeht, dass sich aus der Gesamtdiktion des Gesetzes eine solche Haftung nicht ableiten lässt. Es muss doch einen Grund gegeben haben. Wir kennen den Grund, denn bis dahin gab es schon sechs Anträge von Gemeinden auf Staatshaftung. Man hat sich immer außergerichtlich geeinigt und wollte nun durch diese gesetzliche Neuregelung klarstellen, dass die Kommu

nalaufsichten keinesfalls haften. Wir sagen aber, wer in die kommunale Selbstverwaltung eingreift, auch mit rechtsaufsichtlichen Mitteln, dort müssen sich die Gemeinden darauf verlassen können, dass das rechtsstaatlich ist. Und wenn es nicht rechtsstaatlich war, wenn ein Schaden entstanden ist, muss der den Schaden tragen, der ihn verursacht hat. Das sind nicht die Gemeinden, sondern das sind in dem Fall die Kommunalaufsichten und das sind Landesbehörden und damit das Land.

Meine Damen und Herren, wir beantragen nochmals die Überweisung unseres Gesetzentwurfs an die Ausschüsse, also an den Innenausschuss und an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. Ich hatte Frau Taubert so verstanden, dass die SPD auch Diskussionsbedarf sieht, und ich gehe davon aus, auch Herr von der Krone insbesondere hat erkannt, wie viel Diskussionsbedarf noch besteht. Deswegen sollte auch die CDU unserem Antrag zustimmen. Ich danke - und ich habe im Wesentlichen die Zeit eingehalten.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Sehr schön. Wir treten jetzt in eine Mittagspause bis 14.00 Uhr.

Sehr geehrte Damen und Herren, es geht weiter in der Landtagssitzung. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 23

Fragestunde

Als Erstes rufe ich auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bärwolff, Die Linkspartei.PDS-Fraktion, in Drucksache 4/1732.

Verpflichtung von unter 25-Jährigen zum Wohnen bei den Eltern gemäß neuer SGB II-Regelung

Mit den am 17. Februar 2006 im Bundestag in 2. und 3. Lesung verabschiedeten Neuregelungen zum SGB II (Hartz IV) werden erhebliche Verschärfungen, insbesondere für jugendliche Langzeitarbeitslose unter 25 eingeführt. Unter anderem wurden die Bestimmungen für den Erstauszug von unter 25-jährigen Langzeitarbeitslosen neu geregelt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Erwartet die Landesregierung Erfolge für die Vermittlung von unter 25-jährigen Langzeitarbeitslosen in

Arbeit aufgrund der Verschärfungen im SGB II bzw. aufgrund der Kürzungen der Regelleistungen auf 276 €? Wenn ja, welche wären das?

2. Welche Ersparnisse erwartet die Landesregierung im Bereich der Kosten der Unterkunft für die Thüringer Kommunen aufgrund der Neuregelungen?

3. Rechnet die Landesregierung mit Rückzügen von jugendlichen Langzeitarbeitslosen unter 25 aufgrund der Neuregelungen? Wenn ja, in welcher Größenordnung?

4. Wie schätzt die Landesregierung die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelungen ein?

Es antwortet Minister Reinholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bärwolff für die Landesregierung wie folgt.

Zu Frage 1: Die mit dem „Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze“ beschlossene Kürzung der Regelleistung auf 80 Prozent für unter 25-Jährige, die in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern leben, begründet sich im Wesentlichen darauf, dass die Kinder nicht die Generalkosten des Haushalts, das heißt die Bestreitung der zur allgemeinen Haushaltsführung gehörenden Aufwendungen - wie z.B. Versicherungen, Strom und Anschaffung haushaltstechnischer Geräte - zu tragen haben. Durch die Streichung des Anspruchs auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung für unter 25-Jährige ohne vorherige Zustimmung des Leistungsträgers bei Erstwohnungsbezug soll die Gründung eines eigenen Haushalts auf die Kosten der Allgemeinheit eingeschränkt werden. Das sind die Hauptanliegen der beschlossenen Leistungseinschränkung bei den unter 25-Jährigen. Darüber hinaus können diese Änderungen für Jugendliche auch einen zusätzlichen Anreiz darstellen, die Instrumente zur Eingliederung intensiver und bewusster zu nutzen, um ihre Hilfebedürftigkeit schneller zu überwinden. So kann die Begrenzung der passiven Leistungen z.B. die Ausbildungsbereitschaft von Jugendlichen erhöhen, weil die SGB II-Leistungen in der Regel nicht mehr oberhalb vieler Ausbildungsvergütungen und insbesondere der Berufsbildungsbeihilfen liegen. Insofern tragen die beabsichtigten Gesetzesänderungen dem Anliegen des Gesetzes nach Fördern und Fordern Rechnung.