Protocol of the Session on March 30, 2006

Ich will noch einmal sagen, ich glaube, eine gemeinsame Plattform gibt es, die heißt: Von Arbeit muss man leben können und Arbeit muss sich lohnen! Das sagen Sie ja immer.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich denke, da muss man zwei Dinge unterscheiden. Das eine ist existenzsichernde Arbeit in richtigen Arbeitsverhältnissen in der Wirtschaft. Da sind Sie nicht in der Lage, allen Menschen so eine Arbeit zu geben. Das muss man ganz klar sagen. 210.000 Arbeitslose in Thüringen, der Sockel von Langzeitarbeitslosigkeit, der sich immer mehr verfestigt mit 80.000 in etwa. Es fallen ja jedes Jahr - das wollen wir auch einmal ganz deutlich sagen - 15.000 bis 20.000 Arbeitsplätze weg. Ich denke, es ist höchste Zeit, einen Pflock einzuschlagen, dass diesem Dumpingwettbewerb Einhalt geboten wird. Wer sollte da den Anfang machen, wenn nicht die öffentliche Hand, und zwar im doppelten Interesse? Weil es einmal auch Wirtschaftsförderung ist, und das ist eine ganz klare Forderung von Unternehmen, die sagen, wir müssen Aufträge annehmen, obwohl wir wissen, dass es sich nicht rechnet. Ja, wo sollen sie es wegnehmen? Also kürzen sie bei den Löhnen. Also ist die These nicht realisiert, von Arbeit kann man leben und Arbeit muss sich lohnen. Die andere Seite ist, was machen wir denn mit den Leuten, die keine Chance haben, ein festes Arbeitsverhältnis in der Wirtschaft zu bekommen? Da ist es völlig legitim, dass wir gemeinsam, und zwar parteiübergreifend, mal nachdenken, wo können denn da Auswege sein. Da gibt es einen ganzen Komplex von Maßnahmen. Einer davon ist, dass man sagt, man muss öffentlich geförderte Beschäftigung machen, weil in der Wirtschaft das nicht ausreicht und weil Arbeit in der Gesellschaft, in den Kommunen vor Ort da ist. Das ist aber Arbeit, die sich im betriebswirtschaftlichen Sinne nicht rechnet. Deswegen muss auch dort die Gesell

schaft, der Staat in Verantwortung gehen. Da wiederum - Herr Kretschmer, gebe ich Ihnen Recht - ist es besser, die finanziellen Mittel für die Beschäftigung von Menschen einzusetzen, weil das auch Arbeit ist, statt sie auszugeben für die Finanzierung von Arbeitslosigkeit und das ganze bürokratische Drumherum und die Diskriminierung, die damit auch verbunden ist. Ich glaube, auf der Ebene kann man sich auch treffen. Es sind zwei Wege...

Abgeordnete Leukefeld, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Abgeordneter Schwäblein, bitte.

Frau Abgeordnete Leukefeld, ich wollte Sie fragen, ob die Kundschafterin Sonja eigentlich nach Mindestlohn oder nach Tarif bezahlt worden ist?

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Sie erwarten nicht,

(Zwischenruf Abg. Buse, Die Linkspar- tei.PDS: Nein, auf dumme Fragen soll man nicht antworten.)

dass ich auf so eine Frage jetzt hier eingehe, Herr Schwäblein.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich will es noch mal zu Ende bringen. Ich denke, wir müssen auf dem Gebiet weiterarbeiten, die Diskussion weiterführen. Sie werden nicht umhinkommen, dass sich die Gesellschaft entscheidet, Mindestlohn einzuführen. Ich hoffe, dass das auch bald in Thüringen passiert.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat Abgeordneter Kretschmer, CDUFraktion.

Ich weiß zwar nicht, Frau Leukefeld, ob Sie meinen Gedanken folgen wollen oder können, aber ich habe hier sehr deutlich gesagt, gerade der Bereich im Niedriglohnsektor, das wurde von der Gewerkschaft gefeiert, der ist abgeschnitten worden. Und es ist das im Niedriglohnbereich passiert, was wir gesagt haben, dann wird es Arbeitlose geben. Es ist doch vollkommen klar, dass die Lohnhöhe sich nach einigen Kriterien, aber insbesondere nach der Produktivität richtet. Wenn die Produktivität gerade im Bereich bei Geringqualifizierten so gering ist, dass der Lohn, der dabei rauskommt, beispielsweise bei 3,80 € oder 4 € liegt, dann ist, meine Damen und Herren, das Problem da, die Arbeit wird eben nicht mehr angeboten. Aber gerade die Entwicklung mit den Minijobs, die um eine Million angestiegen ist, der Bereich Schwarzarbeit zeigt, dass die Arbeit da ist. Wenn man eine ordentliche Struktur der Bezahlung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Bereich hinbekommen kann, dann ist das, glaube ich, auch leistbar, dass dort wieder Beschäftigung entsteht. Nur Sie haben den falschen Adressaten. Der Unternehmer hat nicht die Aufgabe, einen auskömmlichen Lohn anzupreisen, sondern er muss auch betriebswirtschaftlich funktionieren. Deshalb wird er immer darauf reagieren, wenn ich einen Lohn haben würde, der der Produktivität nicht entspricht, dass die Stelle abgebaut wird. Das ist volkswirtschaftlich vernünftig und das werden Sie mit aller Polemik auch nicht außer Kraft setzen. Ich habe nur gesagt, wenn es denn zu diesen Preisen Arbeit gibt, dann ist die Frage, inwieweit man von staatlicher Seite sagt, ehe ich die Arbeitslosigkeit finanziere, will ich ein Offset, also ein Draufzahlen durch staatliches Geld erreichen, indem ich sage, sowohl der Unternehmer kann seine betriebswirtschaftliche Arbeit machen, als auch die Arbeitnehmerin, der Arbeitnehmer haben eine auskömmliche Finanzsituation dabei. Wie wir das jetzt nennen, Mindestlohn, weil, wie gesagt, ich habe Ihnen vorhin gerade gesagt, wie diffus auch der Begriff „Mindestlohn“ ist, den Sie da bringen; ich sage beispielsweise dazu „Kombilohn“. Wenn Sie jetzt auf die Bundeskanzlerin reflektieren, sie hat deutlich gesagt,

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

die Frage der Leute, die darin argumentieren, ist gar nicht so sehr ordnungspolitisch, sondern wir haben es bei der Diskussion zur Dienstleistungsrichtlinie gesehen, dass die einfach nur Ängste haben, die Sie natürlich auch schüren. Wenn es in 19 Staaten Mindestlohn gibt - und Sie kennen die Spreizung: Luxemburg 1.500 € und Lettland 116 € -, aber bei all den Dingen steht deutlich, es sind im Wesentlichen durch die Tarifpartner verabschiedete. Deshalb sage ich in dieser Frage, ja, es ist Bewegung, aber

unter zwei Prämissen und die stehen ganz deutlich. Es darf eben nicht kommen, dass durch einen Mindestlohn der Arbeitsmarkt auf einem Lohnniveau einbetoniert wird, dass tausende oder gar hunderttausende Jobs mit niedrigem Lohnniveau einfach wegrasiert werden. Darauf haben Sie keine Antwort, wie im Niedriglohnsektor denn sonst Arbeit entstehen kann. Die zweite Prämisse ist auch sehr deutlich die Festlegung eines Mindestlohns. Wenn man sich dafür entscheidet, ist es Aufgabe der Tarifvertragsparteien, einen Vorschlag zu machen. Das sind die zwei Punkte, die in der Diskussion auch deutlich mit eingebracht werden.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Schubert, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, trotz der in Summe positiv zu erwartenden Wirkungen unseres Vergabegesetzes wollte die Ausschussmehrheit unserem Vorschlag nicht folgen. Das war natürlich angesichts der politischen Mehrheiten auch nicht anders zu erwarten. Unverständlich ist für mich aber, dass die CDU kein Interesse im Ausschuss daran hatte, die Ergebnisse der Anhörung auszuwerten. Herr Kretschmer, es ist eben keine Lüge, was mein Kollege Pilger gesagt hat, sondern es ist eine Tatsache.

(Beifall bei der SPD)

Sie hatten keine Lust, die Argumente, die in der Anhörung gekommen sind, auszuwerten. Ich frage mich nun: Ist es Arroganz oder Ignoranz gegenüber den Anzuhörenden, deren Arbeit und Zeit, die diese mit der Vorbereitung an der Teilnahme an der mündlichen Anhörung investiert haben. Oder fürchten Sie, Herr Kretschmer, dass eine vertiefte Auseinandersetzung mit diesem Thema auch in Ihrer Fraktion einige Befürworter finden könnte? Ich erinnere da z.B. an das Thema Dienstleistungsrichtlinie, wo auch Sie sich noch vor einem halben Jahr - Herr Schröter und auch Sie, Herr Kretschmer - vehement für die Ursprungsfassung der Dienstleistungsrichtlinie auf europäischer Ebene eingesetzt haben. Erst jetzt, als Sie gemerkt haben, was das für einen Aufschrei z.B. auch in Thüringen bei der Handwerkerschaft ausgelöst hat, haben Sie plötzlich die Kurve gekriegt. In diesem Zusammenhang sehe ich nämlich Ihren Entschließungsantrag heute. Weil Sie jetzt langsam gemerkt haben, dass auch die Handwerkerschaft mit der Vergaberichtlinie, die es in Thüringen gibt, keineswegs einverstanden ist, haben Sie schnell noch

einen Entschließungsantrag hervorgezaubert. Zum Thema von vorgestern, Herr Kretschmer, von vorgestern sind Ihre Vorstellungen zum Thema Mindestlohn, die Sie hier an diesem Pult gesagt haben.

(Beifall bei der SPD)

In vielen europäischen Ländern gibt es einen gesetzlich festgelegten Mindestlohn. Nehmen wir das Beispiel Großbritannien: Was ist die Folge gewesen? Nicht etwa die ganzen Jobs im Billiglohnbereich sind weggefallen, sondern die Leute sind mittlerweile halbwegs anständig bezahlt und können von diesem Einkommen auch leben. Das ist genau das Ziel, welches die SPD auf Bundesebene seit längerem verfolgt und wofür wir uns einsetzen wollen. Wie Sie hier den Kombilohn so einfach erklärt haben, das kann doch weiß Gott nicht funktionieren. Das heißt nicht, dass ich grundsätzlich gegen die Einführung von Kombilöhnen bin, aber dass man sagt, ja, wenn welche 3 € verdienen, dann bekommen sie halt noch 2 € dazu und dann haben sie wieder ein ordentliches Einkommen. Wo das hinführt, Herr Kretschmer, das wird unbezahlbar, weil nämlich der Mitnahmeeffekt riesengroß sein wird,

(Beifall bei der SPD)

und viele Unternehmen werden genau das machen und nur 3 € zahlen, weil sie wissen, dass 2 € vom Staat dazukommen.

Noch etwas zu Ihren Ausführungen zu Niedersachsen: Da hätten Sie sich in Niedersachsen etwas besser kundig machen sollen, hätten vielleicht nicht nur einen betroffenen Bauunternehmer fragen sollen.

(Unruhe bei der CDU)

Es ist nämlich dann immer schwierig.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Niedersachsen?)

Ja, ja. Selbst der Ministerpräsident von Niedersachsen hat - das Gesetz haben Sie schon erwähnt, welches von der SPD-Landesregierung damals initiiert worden ist - durchaus Vorteile gesehen. Die CDU in Niedersachsen war es, die sich ihrem Koalitionspartner FDP in den Weg gestellt hat, als das Vergabegesetz abgeschafft werden sollte, und hat dies verhindert. Wenn es da Veränderungen gegeben hat, ist das doch nicht weiter dramatisch. Änderungen in Gesetzen gibt es immer mal, wenn es zeitgemäß ist - so flexibel muss doch jeder Landtag sein.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Die SPD-Fraktion hat gesagt, dass es …)

Ebenso bemerkenswert ist, dass in Niedersachsen - melden Sie sich dann noch mal zu Wort, Herr Kretschmer, das ist vielleicht am Besten - auch die Arbeitgeberseite überwiegend die positiven Seiten eines Vergabegesetzes erkennt. So gingen Forderungen der Arbeitgeberseite, der Handwerker im Anhörungsverfahren zur Änderung des niedersächsischen Vergabegesetzes eher in die Richtung: Verschärfung und konsequente Anwendung des Vergabegesetzes. Auch die niedersächsische Landesregierung war offenbar froh darüber, in bestimmten Fällen auf die Sanktionen eines Vergabegesetzes zurückgreifen zu können. Jetzt kommt Ihr schönes Beispiel: Das betrifft beispielsweise den Neubau einer Göttinger Vollzugsanstalt, wo auf einer Baustelle des Landes das ganze Programm des Missbrauchs, bis hin zur Schwarzarbeit illegal Beschäftigter, vorzufinden war. Mit Hilfe des Vergabegesetzes war es dort möglich, den mit unlauteren Mitteln agierenden Auftragnehmer rauszuschmeißen. Einen Grund, warum die positiven Erfahrungen aus Niedersachsen nicht auch auf Thüringen übertragbar sind, kann ich nicht sehen.

(Beifall bei der SPD)

Wir sollten 16 Jahre nach der Wiedervereinigung nicht mit ostdeutschen Besonderheiten argumentieren, um Regelungen für Thüringen als ungeeignet abzulehnen. In der Anhörung war klar geworden, dass die von Ihnen bisher vorgetragenen Argumente gegen ein Vergabegesetz in weiten Teilen nicht durchgreifend sind. Dennoch werden Sie nicht müde, diese Argumente vorzutragen. Dabei scheint Ihnen allerdings entgangen zu sein, dass Regelungen zur Vergabe, wie wir sie in unserem Gesetzentwurf vorschlagen, in acht deutschen Bundesländern bereits seit Jahren gesetzliche Realität sind und das aus guten Gründen. Der Blick auf die öffentliche Vergabepraxis zeigt, diesen kurzfristigen Sparinteressen bei öffentlichen Vergaben wird allzu gern nachgegeben. Eine langfristige Wirtschaftlichkeit wollen sich viele öffentliche Auftraggeber in Zeiten knapper Kassen offensichtlich nicht mehr leisten. Sicherlich, das Vergabegesetz steht im Konflikt mit europäischem Vergabe- und Wettbewerbsrecht. Wir halten die von uns vorgeschlagenen Einschränkungen ebenso wie die Mehrheit der Länder - Bayern, Niedersachsen, um nur mal einige zu nennen - für rechtmäßig.

Zusätzliche soziale Zuschlagskriterien der öffentlichen Vergaben sind, wie die Gewerkschaften in ihrer Stellungnahme mitteilen, nach der Auffassung des EuGH und der EU-Kommission zulässig. Diese müssen in der Ausschreibung und in den Vertragsunterlagen angeführt werden. Dies ist gerade Zweck der Tariftreueerklärung. Entscheidend ist dabei, dass das Zusatzkriterium der Tariftreue nicht das Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebots verhindert. Das ist

nicht der Fall. Ausgeschlossen werden lediglich die Vorteile des Einsatzes von Niedriglohnkräften. Würden wir der Argumentation der CDU folgen, hieße das in der Endkonsequenz, Wettbewerbsvorteilen durch Niedriglohn einen höheren Schutz zuzubilligen als dem Schutz der Arbeitnehmer. Wir sind dagegen der Auffassung, dass der durchaus im allgemeinen Interesse liegende Schutz der Arbeitnehmer zulässigerweise durch ein Vergabegesetz vor das Interesse, die Konkurrenz mit Dumpingpreisen zu verdrängen, gestellt werden darf und auch muss. An dieser Stelle sind wir leider eben verschiedener Auffassung.

Auch eine mögliche Benachteiligung ausländischer Unternehmen halten wir für gerechtfertigt. Auch hier rechtfertigt der Schutz von Arbeitnehmern, die Beschränkungen von Dumpingunternehmen durchzuführen. Eine Verpflichtung zur tariflichen Entlohnung kann zudem ebenso von nicht einheimischen Bietern abgegeben werden. Bisher sind die sonst so scharfen Wettbewerbshüter der EU auch nicht gegen die seit Jahren bestehenden Vergabegesetze in verschiedenen Bundesländern eingeschritten.

Für völlig unzutreffend halten wir Ihr Argument, dass wir mit der Tariftreueerklärung quasi eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung durch die Hintertür einführen wollen, wofür wir als Landesgesetzgeber nicht zuständig seien. Sie übersehen dabei, dass die Tariftreueerklärung nach unserem Gesetzentwurf bloß eine Verpflichtung ist, die der Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber abgeben soll. Eine solche schuldrechtliche Verpflichtung wirkt jedoch nicht allgemeinverbindlich, sondern nur zwischen zwei Vertragsparteien, in diesem Falle öffentlicher Auftraggeber und Auftragnehmer. Auch ihr gebetsmühlenartig wiederholter Vorwurf, die Tariftreueerklärung verstieße gegen die negative Koalitionsfreiheit, ist falsch. Es trifft nicht zu, dass nicht tariflich organisierte Anbieter von staatlicher Seite genötigt werden, sich den tariflichen Bestimmungen zu unterwerfen. Die Geltung der tariflichen Regelungen zwischen den Vertragspartnern geht nicht auf einen staatlichen Hoheitsakt wie bei der Allgemeinverbindlichkeitserklärung zurück, sondern - wie schon gerade gesagt - auf die freie Entscheidung des Unternehmers bei Übernahme des öffentlichen Auftrags.

(Beifall bei der SPD)

Dass diese Entscheidung durch ökonomische Vorteile veranlasst ist, ist unerheblich. Es wird dadurch noch lange kein unentrinnbarer Zwang ausgelöst, einem Tarifvertrag beizutreten. Unzutreffend ist schließlich auch das von Ihnen immer wieder gern genannte Totschlagargument, dass ein Vergabegesetz zu mehr Bürokratie führe. Der zusätzliche bürokratische Aufwand für den Auftragnehmer beschränkt sich darauf, die Tariftreueerklärung zu unterschreiben. Angesichts

der ansonsten sehr komplizierten Regelung bei VOL und VOB ist dies ein durchaus zu vernachlässigender Aufwand. Ich bitte daher, angesichts der auch in der Praxis in verschiedenen Bundesländern ausgewiesenen Vorteile, unserem Gesetz zuzustimmen. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Das Wort hat Minister Reinholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, SPD und Linkspartei.PDS nehmen mit ihren Vergabegesetzentwürfen in Anspruch, sich gegen Lohndumping einzusetzen. Meine Damen und Herren, ich bin auch gegen Lohndumping, da Wettbewerb nicht einseitig zulasten der Mitarbeiter stattfinden darf. Nur stellt sich eben die Frage, welcher Lösungsweg eingeschlagen werden sollte. Sie können mir natürlich vorhalten, dass gerade die öffentlichen Auftraggeber eine Vorbildrolle einzunehmen haben. Die öffentlichen Auftraggeber sind gehalten, Lohndumping keinen Vorschub zu leisten und nicht wettbewerbsverzerrend in die Angebotsmärkte einzugreifen. Allerdings, meine Damen und Herren, gebe ich zu bedenken, dass die öffentliche Auftragsvergabe bereits umfassend reguliert ist und eine weitere Regulierung nicht nur den Zielen der Entbürokratisierung und Deregulierung widerspricht, sondern das Ziel der Vermeidung von Lohndumping geradezu verfehlen kann.

So führt der Bundesgerichtshof in seinem Vorlagebeschluss zum Berliner Vergabegesetz Folgendes aus - ich zitiere: „Der Einwand, mit der Tariftreueerklärung sollten umgekehrt gerade Wettbewerbsverzerrungen vermieden und gleiche Wettbewerbsbedingungen erreicht werden, lässt unberücksichtigt, dass es hierfür den Weg der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen gibt. Dieser Weg ist hier nicht beschritten worden. Dort, wo eine solche Allgemeinverbindlichkeit nicht besteht, müssen sich die tarifgebundenen Anbieter dem Wettbewerb der nicht gebundenen Konkurrenten stellen.“