Protocol of the Session on September 10, 2004

Wir tragen das Zusammenlegen der beiden steuerfinanzierten Grundsicherungssysteme grundsätzlich mit. Wir haben dem Bundesgesetz zugestimmt und werden am Umsetzungsprozess konstruktiv mitarbeiten.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb ist es wichtig, dass möglichst schnell ein Landesausführungsgesetz auf den Weg gebracht wird. Zwei gleichartige Leistungen zusammenzulegen macht einfach Sinn, insbesondere im Blick auf das Fördern und Fordern. Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass bei dem Ansatz des Gesetzes, der mit

Blick auf ganzheitliche Reformen - und nur dann macht Hartz IV Sinn - auch dass zwingend notwendig ist, die Umsetzung des Gesetzes auf Bundesebene besser durchdacht worden wäre. Zu viele handwerkliche Fehler geben auch heute Anlass zu dieser Debatte und sind Ursache für erhebliche Unsicherheiten bei den Betroffenen.

(Beifall bei der CDU)

Einer der gravierendsten Fehler ist die mangelhafte Einbeziehung und Information der Öffentlichkeit und der Kommunen. Wie bereits von Minister Reinholz ausgeführt, muss bei der derzeitigen emotional geladenen Atmosphäre dringend auf Versachlichung gesetzt werden.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen handeln und wenn erforderlich auf jeden Einzelfall eingehen. Ein Hauptproblem der regionalen Arbeitsgemeinschaften bzw. Entscheidungsträger ist momentan die terminliche Planung der gesamten Hartz-IV-Umsetzung. Die Rückläufe der Anträge laufen nur sehr stockend und es ist zu befürchten, dass eine Anzahl von Betroffenen am 31.01.2005 keine Sozialleistung erhalten wird. Hier besteht dringender Handlungsbedarf,

(Beifall bei der CDU)

wenn man bedenkt, dass derzeitig im Durchschnitt 16 Prozent der Anträge zurückgegangen sind.

Ein zweites und mindestens ebenso großes Problem sind die erforderlichen Qualifikations- bzw. Ausbildungsmaßnahmen, die für Jugendliche unter 25 Jahren laut Gesetz zur Verfügung gestellt werden müssen. An dieser Stelle müssen Wirtschaft, Land und BA ein System entwickeln, das auf einfache, praxisnahe und effiziente Weise eine Nachfrageermittlung, die sowohl die zahlenmäßigen, aber auch qualitativen Ansprüche des Arbeitsmarkts berücksichtigen müssen und die folgende Vermittlung der Stelle garantiert. In den mir bekannten Gebietskörperschaften arbeiten Mitarbeiter der Agentur für Arbeit und der Sozialämter seit langem in gemeinsamen Anlaufstellen, in den so genannten Jobcentern zusammen. Es werden jedoch weitere Änderungen, wie sie Minister Reinholz beschrieben hat, notwendig sein. Dazu ist es von größter Wichtigkeit, die unmittelbar ausführenden Träger, also unsere Kommunen und Arbeitsgemeinschaften, hinsichtlich der erforderlichen Informationen enger einzubinden, ihnen gleichzeitig aber auch die benötigten Spielräume zu belassen, um neue Wege bei der Vermittlung der Langzeitarbeitslosen zu beschreiten. Denn nur so kann es gelingen, das neue Leistungssystem zu etablieren. Ich denke hier

auch insbesondere an den Aufbruch der alten, starren Verwaltungsstrukturen der BA, die die Umsetzung nach meiner persönlichen Auffassung fast unmöglich machen. Daneben ist es wichtig, im Gesetz sowie den Ausführungsverordnungen und Bestimmungen die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung zu schaffen. Dazu gehört es aber auch, den besonderen Bedingungen im Osten Deutschlands Rechnung zu tragen. Und genau diesem Zweck sollte die Monitoringgruppe dienen. Es kann daher nicht sein, dass die Bundesregierung derartige Veranstaltungen nutzt, um sie als Alibi für schlechte Informationspolitik ihrerseits zu verwenden.

(Beifall bei der CDU)

Keine der vorgeschlagenen Veränderungen wurde in die Überlegungen der Bundesregierung zur Umsetzung mit einbezogen, und das, obwohl eine Gesetzesänderung, wie vorhin schon angesprochen, nicht nötig ist. Übrigens, lieber Kollege Pilger, gestatten Sie mir nur eine kleine Erwiderung: Es schlägt sich in dem Punkt niemand in die Büsche. Der Ausspruch "Schluss, basta!" kam von jemand anderem.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das hat ja schon so einen Bart.)

Meine Damen und Herren, wenn sich die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung und der Bundesagentur für Arbeit nicht so schnell wie möglich intensiver mit der Information der Betroffenen beschäftigt, dann besteht die Gefahr, dass Hartz IV zur Bremse des gesamten Reformprozesses wird.

(Beifall bei der CDU)

Bestehende Netzwerke müssen genutzt werden, um den Menschen die Angst zu nehmen und einen möglichst reibungslosen Ablauf der Hartz-IV-Umsetzung zu garantieren.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Da müssen auch Land und Kommunen mit- machen, die sind auch in der Verant- wortung!)

Nicht nur die, Herr Matschie, sondern auch Sie und wir alle.

(Beifall bei der CDU)

Wie das praktisch funktioniert, ist diese Woche in Form einer Schulung beispielhaft gezeigt worden. 60 Mitarbeiter der CDU Thüringen sind geschult worden in einem Seminar im Umgang mit Hartz IV. Wir werden vor Ort beraten und mit Nachdruck den Be

troffenen nahe legen, ihre Anträge abzugeben.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das wird von uns demnächst auch durchgeführt.)

(Beifall bei der CDU)

Freut uns, da sind wir ja einer Meinung. Das ist gut so. Den Bericht der Landesregierung beantragt die CDU-Fraktion zur Weiterberatung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zu überweisen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Und den Antrag nicht?)

Dazu komme ich noch. Zum Antrag der Kollegen aus der SPD-Fraktion Folgendes: Das SGB II richtet sich nicht an das Land, sondern an die Bundesanstalt für Arbeit bzw. die Kommunen.

(Beifall bei der CDU)

Insbesondere die Vermittlung und Betreuung der Langzeitarbeitslosen ist vorrangige Aufgabe der Bundesagentur für Arbeit. Die Länder können und sollen ergänzend wirken. Gedanken über ein umfassendes Förderkonzept für Langzeitarbeitslose müssen sich also zunächst einmal die Bundesregierung und die Bundesagentur für Arbeit machen.

(Beifall bei der CDU)

Und genau dorthin sollte Ihre Forderung in erster Linie gehen.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Sehr rich- tig!)

(Beifall bei der CDU)

Richtig ist allerdings, dass auch die Landesregierung nicht untätig sein darf, sondern unterstützend tätig bleiben soll.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt derzeit umfangreiche Fördermöglichkeiten für Langzeitarbeitslose im Freistaat, zum Beispiel Förderung von ABM, BSI und die Landesrichtlinie für schwer vermittelbare Arbeitslose über die Einstellungszuschüsse, die besonders für Arbeitslose gewährt werden. Auch das wurde heute schon erwähnt.

Logisch ist, dass die Förderung "Arbeit statt Sozialhilfe" an die neuen gesetzlichen Gegebenheiten angepasst werden muss. Hier wurde bereits durch die Landesregierung die Richtlinie überarbeitet. Neue Eckpunkte, sprich Fördereckwerte nach SGB II, werden erstellt. Ich gehe davon aus, dass das Spek

trum der Projekte und somit die gesamten Fördermöglichkeiten erweitert werden, zwar nicht unbedingt finanziell, aber zumindest bei den Zugangsvoraussetzungen. Ich stelle also fest: Die Landesregierung kommt ihrer Forderung bereits nach und des Antrags hätte es dem Grunde nach eigentlich nicht bedurft.

(Beifall bei der CDU)

Dennoch hält unsere Fraktion eine eingehendere Diskussion der Thematik für wichtig. Der Antrag der SPD sollte im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit weiterbehandelt werden.

(Beifall bei der CDU)

Den Antrag der PDS-Fraktion, meine Damen und Herren, lehnt die CDU-Fraktion grundsätzlich ab.

(Beifall bei der CDU Die Forderung nach der sofortigen Aufhebung von Hartz IV ist unaufrichtig und rein populistisch. Ich kann hier nur die Aussage unseres Ministers Rein- holz bekräftigen, dass wir gemeinsam mit der SPD an der Zusammenlegung der beiden Leistungssys- teme und dem Grundsatz von Fordern und För- dern festhalten werden. (Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Hartz IV beginnt zu greifen. Zeitarbeitsfirmen haben einen 20-prozentigen Nachfragezuwachs zu verzeichnen. Im Übrigen haben Ihre Minister in Mecklenburg-Vorpommern dem Ausführungsgesetz bereits zugestimmt und arbeiten schon an der Umsetzung des Hartz-IV-Gesetzes, gleich so Ihre Parteifreundin Neudert in Gera. Sie stellen diese Arbeit Ihrer eigenen Leute in Frage und treiben währenddessen die Leute auf die Straße.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das ist keine Politik für die Menschen, sondern ein ideologischer Kampf gegen die Demokratie in unserem Land.

(Beifall bei der CDU)

Hören wir doch auf, Ängste zu schüren, und bauen diese durch Sacharbeit ab. Fordern wir die Betroffenen auf, ihre Anträge abzugeben, denn am 31.12.2004 laufen die bisherigen Leistungsbescheide aus. Wer dann keinen Antrag abgegeben hat, wird dann tatsächlich keine Leistung erhalten. Dann werden wir tatsächlich soziale Notstände vor Ort haben. Dann stellen wir uns die Frage, wer das zu verantworten hat.

(Beifall bei der CDU)