Was mich sehr ärgert, Herr Kollege Nothnagel, ist die Art und Weise, wie Sie mit dem Behindertenbeauftragten umgehen. Das sage ich ganz offen. Sie haben vor wenigen Minuten wieder hier am Pult von einer „Feigenblattfunktion“ gesprochen, Sie haben gesagt, er hätte keine Kompetenzen, Sie haben - wenn ich das aus einer Pressemitteilung von Ihnen vom 01.12. zitieren darf - gesagt: „Auch habe der Behindertenbeauftragte kaum mehr als eine Alibifunktion und nicht viel zu sagen. Dies beschädige das Amt und den Amtsinhaber gleichermaßen.“ Zitat Maik Nothnagel vom 01.12. Dazu gehört aber auch, dass man sich daran erinnert, was man vor wenigen Wochen oder Monaten gesagt hat. Zitat Maik Nothnagel vom 23.06.05, als das Gleichstellungsgesetz der Landesregierung eingebracht wurde: „Dass nun endlich nach einem Jahr der Thüringer Landesbehindertenbeauftragte konkrete Aufgaben sowie Kompetenzen zugewiesen bekommt, sei zu begrüßen.“
Nein, nein. Entschuldigen Sie bitte, wir haben uns - was die Kompetenzen des Behindertenbeauftragten anging - im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit darüber verständigt, wir haben den Änderungsantrag vorgelegt, mit dem wir genau seine Stellung stärken. Die Frage von Akteneinsicht und die Frage von Interventionsmöglichkeiten, Beanstandungsregelung, Sie kennen sich in den Behindertengesetzen in der Bundesrepublik aus, Sie wissen,
dass diese Akteneinsicht, wie wir sie in unserem Gesetz jetzt regeln, nur im Bund geregelt ist und in sechs weiteren Bundesländern - in allen anderen Bundesländern nicht. Sie wissen ganz genau, dass die Beanstandungsregelungen, die wir jetzt in diesem Gesetz aufgenommen haben, nur in zwei anderen Bundesländern - in Schleswig-Hohlstein und Berlin - geregelt sind. Also bitte, dann stellen Sie sich doch hier nicht hin und behaupten, der Behindertenbeauftragte, den wir haben, hätte keine Kompetenz und er wäre ein Feigenblatt. Uns war dieser Änderungsantrag wichtig. Wir haben diesen Änderungsantrag eingebracht und wir sagen sehr wohl, dass unser Behindertenbeauftragter keine Alibifunktion hat oder kein Feigenblatt ist, wie Sie es benennen, sondern er ist jemand, der sehr stark die Interessen von behinderten Mitbürgerinnen und Mitbürgern im Freistaat vertritt.
Wir haben im Sozialausschuss den Gesetzentwurf mit den Änderungsanträgen der CDU-Fraktion beschlossen. Ich bin dankbar dafür, das sage ich ganz offen, Herr Nothnagel, dass Sie signalisiert haben, dass es aus Ihren Reihen nicht nur Ablehnung für diesen Gesetzentwurf gibt, sondern auch Enthaltungen, das ist ja zumindest eine Teilzustimmung an dieser Stelle. Sie haben das damit begründet, dass wenigstens geringste Forderungen - nein, Sie haben vorher gesagt, dass Sie nicht einmal sehen, dass geringste Forderungen umgesetzt wären.
Ich sehe das selbstverständlich anders. Ich bitte Sie aber genau aus diesen Gründen, wo ich Ihnen auch dargestellt habe, was wir an Änderungen an diesem Gesetz vorgenommen haben und dass wir endlich ein Gesetz auf dem Tisch haben, was mehr Leistungen für behinderte Mitbürgerinnen und Mitbürger bedeutet, sehr herzlich um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf, insbesondere im Interesse der behinderte Mitbürgerinnen und Mitbürger in Thüringen. Vielen Dank.
Herr Panse, es treibt mich um, jetzt an dieses Mikrofon zu gehen. Es wird Ihnen zwar schwer fallen, mich zu zitieren, weil Sie dazu auch noch keine Gelegenheiten hatten, etwas mitzuschreiben. Aber, Herr
Panse, ich bin in diesem Prozess, was ein Gleichstellungsgesetz hier in Thüringen betrifft, viele Jahre, man kann sagen, über zehn Jahre mit beteiligt gewesen, indem ich in einem großen Sozialverband mitgearbeitet habe, der für ein Gleichstellungsgesetz als Nachteilsausgleichsgesetz in Thüringen gekämpft hat.
Ich möchte eine Vorgängerin von Ihnen zitieren, weil wir die Diskussion ja schon lange geführt haben. Frau Arenhövel hat sich in einem Forum von Behindertenverbänden hingestellt und gesagt: Also, solange ein Bundesgleichstellungsgesetz nicht erarbeitet ist, werden wir in Thüringen keines machen, weil, wir wollen ja kein Gesetz nur des Gesetzes wegen, sondern wir wollen ein Gesetz für Behinderte. Das Bundesgleichstellungsgesetz ist ja eigentlich nur ein Alibigesetz - sinngemäß Frau Arenhövel.
Das, was Sie jetzt vorgelegt haben, liegt ja noch hinter dem so genannten Gesetz, was eine Alibifunktion hat.
Ihr Gleichstellungsgesetz liegt noch weit hinter dem Bundesgleichstellungsgesetz. Thüringen hätte es ganz gut gestanden, wenn wir mal auf Bundesebene an erster Stelle gestanden hätten. Das wäre was gewesen, wo Sie auch hätten punkten können.
Was die Stellung des Landesbehindertenbeauftragten betrifft, auf die Sie sich jetzt beziehen: Es geht hier gar nicht darum, die Person zu diffamieren oder dergleichen mehr, sondern es geht ganz einfach darum, dass wir kritisieren, wie die Vereine und Verbände, die Interessenvertreter der Behinderten, in den Prozess der Benennung des Landesbehindertenbeauftragten einbezogen wurden. Sie wurden nämlich nicht einbezogen. Es wäre doch ein ganz legitimes demokratisches Recht, dass diese Vereine und Verbände, die Interessenvertreter der Behinderten, dort ein Mitspracherecht haben, damit sie sich auch vertreten fühlen, damit sie das Gefühl haben, es kommt von uns heraus, und das wollen Sie nicht. Auch das ist Ihre Stellung zum demokratischen Mitwirken von Vereinen und Verbänden.
Der nächste Punkt, Herr Panse, Verbandsklagerecht: Ich frage mich hier, warum Sie Angst vor dem Verbandsklagerecht haben. Das Verbandsklagerecht ist eine langjährige Forderung der Interessenvertreter der Behinderten und Verbandsklagerechte gibt es zum Beispiel in Sachsen-Anhalt im Gleichstellungsgesetz. Und was hat Sachsen-Anhalt gezeigt? Die Ge
fahr, es kommt eine Flut von Klagen jetzt auf die Gerichte zu, eine Überlastung, es kommen sinnlose Klagen. Meine Damen und Herren, diese Gefahr hat sich in der Praxis dieses Bundeslands in keinster Weise bestätigt, weil nämlich die Verbände, die dieses Verbandsklagerecht wahrnehmen, erstens auch finanziell abwägen müssen, inwieweit sie jetzt eine Klage einreichen und aus diesem Grund auch verantwortungsbewusst damit umgehen, wann ist eine Klage sinnvoll und wann wäre eine Klage nicht angebracht.
Was Sie hier in das Gesetz eingebracht haben - der Behinderte, der klagen will, der kann einen Verband damit beauftragen dieses zu tun -, Herr Panse, da muss ich Ihnen sagen, dafür brauchen wir kein Gesetz, die Möglichkeiten gibt es jetzt schon, dass Vereine und Verbände, die das entsprechend des Sozialrechtsberatungsgesetzes durchführen können, im Auftrag eines Behinderten entsprechend der Sozialgerichtsgebung Klagen durchführen können. Das haben wir schon, das brauchen wir nicht als Alibi in dieses Gesetz zu schreiben.
Herr Panse, Ihre Argumente, die Sie hier hatten, die waren ganz dürftig, aber sehr dürftig. Ich würde sagen, eine dürre Fichte war das.
Wir als PDS oder mir persönlich fällt das eigentlich sehr schwer, auch wenn ich aus diesem Bereich komme, mich schon zu enthalten bei Ihrem Gesetzentwurf, weil es eben nur minimal ist, weil es eine dürre Fichte ist. Wir werden aber als Fraktion nicht gegen dieses Gesetz stimmen, weil wir der Auffassung sind, dass wir jetzt ein Gesetz haben, das auf parlamentarischem Weg qualifiziert werden muss, und die Gelegenheit haben wir, wenn das Gesetz in Kraft getreten ist.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, so etwas bleibt natürlich nicht unwidersprochen, weil das eine Unverschämtheit ist, was Sie hier von diesem Pult verkünden.
Es ist hier von diesem Pult geredet worden und gesagt worden von Frau Kollegin Künast von linientreuen Gleichstellungsbeauftragten. Es ist von Untertanenstaat hier geredet worden, es ist vom Kollegen Nothnagel vom zahnlosen Papiertiger geredet worden. Wenn das keine Diffamierung des Beauftragten ist, dann frage ich, was dann. Daraus spricht ein menschenverachtender Ton,
und genau an dieser Stelle bitte ich Sie einfach, Ihre eigenen Sprachregelungen mal zu überprüfen und sich nicht hier hinzustellen und zu behaupten, Sie wollen niemanden beleidigen. Das ist unredlich und das bleibt an dieser Stelle hier in diesem Parlament nicht unwidersprochen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, seit 1990 haben Landesregierungen in diesem Land Hunderte von Millionen aufgewandt, um die Situation der Behinderten zu verbessern und das erbärmliche Erbe des SED-Staats im Bereich der Behinderten zu verbessern.
Dies, meine Damen und Herren, ist geschehen, ohne dass wir ein Gesetz zur Gleichstellung hatten, weil es der Würde des Menschen entspricht.
Wir haben in vielen Bereichen das Niveau der Altbundesländer bereits sogar überschritten. Wer dies, Herr Kubitzki, nicht wahrhaben will, ist entweder blind oder er ist boshaft.
Deswegen sind die Vorwürfe von Frau Künast, Herrn Nothnagel und Herrn Kubitzki falsch. Gerade, Frau Künast, in Ihrem Wahlkreis - ich weiß, dass Ihnen das Problem von Behinderten sehr am Herzen liegt - ist sehr viel geschehen. Vor Kurzem erst habe ich einen Bewilligungsbescheid in Ihrem Wahlkreis an die AWO abgegeben. Frau Künast, Ihre Vorwürfe sind verletzend.
Es stimmt, Bernhard Vogel hat als Ministerpräsident in diesem hohen Haus im Zusammenhang mit der Diskussion um ein Thüringer Gleichstellungsgesetz gesagt: Wir werden nicht die Ersten sein, die ein entsprechendes Landesgleichstellungsgesetz haben, wir werden aber auch nicht die Letzten sein. Wir haben dieses Versprechen eingelöst. Nein, Herr Nothnagel, wir sind nicht die Vorletzten, sondern Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen haben noch kein Gleichstellungsgesetz.
Auch wo Ihre Genossen Verantwortung tragen, waren Sie offenbar nicht in der Lage, in Ihrem Sinne rechtzeitig ein solches Gesetz auf den Weg zu bringen.
Ich möchte betonen, die schlechten finanziellen Rahmenbedingungen, die damals zur Verschiebung des Gesetzes geführt haben, haben sich heute nicht verbessert, leider. Im Gegenteil, sie sind schlechter geworden. Damals herrschte die Meinung vor, dass entsprechend der wirtschaftlichen Prognosen der damaligen rotgrünen Bundesregierung - das war nicht unsere Prognose - wir im Jahr 2006 einen ausgeglichenen Haushalt möglich machen könnten. Das hat sich als eine trügerische Illusion herausgestellt. Deshalb finde ich es umso bemerkenswerter, dass es uns gelungen ist, dieses Gesetz dennoch auf den Weg zu bringen, denn es wird auch mehr Kosten verursachen. Der eine oder andere von Ihnen, aber auch von der CDU, hat dargestellt, dass man sich noch bessere Regelungen, mehr Regelungen vorstellen könnte in diesem Gesetz - ich auch. Aber so ist das in Zeiten knapper Kassen, dieses Gesetz beschreibt das Machbare und nicht das Wünschbare.
Die Verabschiedung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes für Menschen mit Behinderungen stellt daher einen wichtigen Schritt dar, denn wir haben nun ein Gesetz. Dieses Gesetz ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu gleichwertigen Lebensbedingungen für behinderte Menschen in unserem Freistaat. Ich sage aber auch, nicht ein Gesetz allein wird zu mehr Gleichberechtigung führen können, dazu brauchen wir die Menschen, dazu brauchen wir die gesamte Gesellschaft, zumal auch gilt, völlige Gleichheit, wird sich nie herstellen lassen. Behinderungen