Protocol of the Session on October 7, 2005

Wir haben uns bereits Anfang dieses Jahres mit der Frage auseinander gesetzt, wie wir den Haus

halt 2006/2007 gestalten müssen, weil wir auch Anfang dieses Jahres bereits gewusst haben, dass sich die Haushaltssituation vermutlich nicht ändern wird. Insofern ist es unredlich, sich jetzt hier hinzustellen, zu behaupten, wir würden ein Exempel statuieren wollen und dann würden nachfolgende Gruppen sich genauso davon betroffen sehen. Das ist mitnichten so.

Ich sage Ihnen auch vorab: Die CDU-Fraktion nimmt selbstverständlich die Sorgen und Ängste der blinden Mitbürgerinnen und Mitbürger ernst. Das haben wir in der Vergangenheit getan und das werden wir auch in Zukunft tun. Wir haben in den letzten Monaten, alle Fraktionskollegen, zahlreiche Gespräche geführt mit blinden Mitbürgerinnen und Mitbürgern,

(Zwischenruf Abg. Nothnagel, Die Links- partei.PDS: Wenn Sie es doch nur tun würden, Sie tun es aber nicht.)

mit den Verbänden und wir haben sehr wohl von ihren Ängsten und Sorgen erfahren. Genau das ist der Grund, warum wir es uns eben nicht leicht machen mit dieser Entscheidung, auch mit diesem Antrag, den die SPD heute vorgelegt hat. Ich werde aber im Einzelnen schon gern darauf eingehen, was in diesem Antrag steht und warum wir dies tun.

(Zwischenruf Abg. Nothnagel, Die Links- partei.PDS: Wir brauchen gar nicht zuzu- hören, wenn Sie doch nichts machen.)

Die SPD-Fraktion fordert in dem uns heute vorliegenden Antrag, dass das Landesblindengeld weiterhin als Nachteilsausgleich einkommensunabhängig zumindest in der jetzigen Höhe zu erbringen sei und dass die entsprechenden Haushaltsmittel für 2006/2007 einzuplanen seien. Den Haushaltsentwurf haben wir gestern erlebt. Wir haben gesehen, dass diese Haushaltsmittel nicht dort enthalten sind. Wir haben das Haushaltsbegleitgesetz, wo auch die entsprechende Regelung getroffen ist. Insofern sollten wir über das reden, was jetzt auf dem Tisch liegt, und auch über das reden, was wir bereits vor einem Dreivierteljahr angekündigt haben. Ich muss Ihnen einen Vorwurf dann schon machen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion: Sie nehmen es bei vielen Sachen sehr genau, manchmal bei Ihren Anträgen nicht so. Wenn Sie sich Ihren Antrag genau anschauen: In der Antragsbegründung weisen Sie auf die Umsetzung des Grundgesetzartikels 3 Abs. 2 hin. Da geht es aber um die Gleichstellung von Mann und Frau. Schauen Sie eines weiter: In Artikel 3 Abs. 3 ist die Gleichstellung von behinderten Menschen geregelt. So genau muss man dann am Ende auch schon sein, wenn man so viel Zeit hat, sich mit der Erstellung

eines solchen Antrags und mit der Begründung eines solchen Antrags

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Su- chen Sie nicht das Haar in der Suppe.)

(Beifall bei der CDU)

auseinander zu setzen. Aber es gehört dazu, Herr Matschie, weil Sie immer an dieser Stelle peinlich genau auf alles achten, was Sie aus anderen Formulierungen,

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Das ist doch schon peinlich.)

Frau Kollegin Taubert, vielleicht auch aus Wahlprogrammen, herauslesen können. Das gehört zu den Beispielen, wo man dann bitte schön selber auch genau sein sollte.

Ich habe schon Verständnis für einen solchen Antrag, den die SPD-Fraktion stellt, das sage ich ganz offen, dafür bin ich Sozialpolitiker.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Das ist doch peinlich.)

Aber ich sage Ihnen auch, wenn Sie diesen Antrag hier stellen, ohne ihn nur andeutungsweise mit Alternativen, insbesondere der Finanzierung, zu untersetzen, dann ist das weltfremd, dann ist das populistisch und dann zeigt das auch, warum Sie uns diesen Antrag bei der letzten Plenarsitzung auf den Tisch gelegt hatten, um was es Ihnen eigentlich ging. Ich habe eingangs gesagt, wir haben bereits vor einem Dreivierteljahr das erste Mal über dieses Thema diskutiert. Die Verbände, die Betroffenen wussten um die Diskussion und wir haben es uns nicht leicht gemacht, auch damals schon nicht. Jetzt aber dies zu diskutieren, das mit einem populistischen Antrag zu begleiten, den Sie uns zwei Tage vor der Bundestagswahl vorgelegt hatten, den Sie jetzt auch im Wissen weiterdiskutieren wollen, obwohl der Entwurf des Haushalts und auch der des Haushaltsbegleitgesetzes auf dem Tisch liegen, das halte ich dann schon für ein bisschen weltfremd und auch unangemessen an dieser Stelle, wie ich es gesagt habe. Ich bin schon sehr gespannt, wie Sie das dann handhaben werden, wenn wir die Haushaltsberatungen machen. Ihr Kollege Matschie hat, glaube ich, gestern nicht viele Alternativen aufgezeigt, wo wir in diesem Haushalt noch Geld finden können, wo wir Geld hernehmen können, wo wir Millionen aus diesem Haushalt herausschneiden können. Ich bin sehr gespannt, was Sie dann für konkrete Änderungsvorschläge unterbreiten, wie sachgerecht diese Änderungsvorschläge auch sind und ob sie tatsächlich realisierbar sind.

Herr Nothnagel hatte das begründet mit den Worten, wir müssen in Menschen investieren statt in Beton. Ich bin gespannt auf die Vorschläge von Ihnen. Ich bin gespannt, wo wir erhebliches Sparpotenzial angesichts des jetzigen Landeshaushalts noch haben.

(Zwischenruf Abg. Nothnagel, Die Links- partei.PDS: Genau. Sagen Sie doch gleich, Sie wollen es einsparen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe gesagt, wir haben vor sieben Monaten beim Beschluss des Haushaltsstrukturgesetzes bereits angekündigt, dass das Blindengeld an die bundesgesetzlichen Regelungen angelehnt werden solle. Zugleich haben wir damals auch gesagt, wir wollen sicherstellen, dass blinde Menschen, blinde Menschen, die der Hilfe der Solidargemeinschaft bedürfen, diese auch weiterhin erhalten. Genau darum geht es in den jetzt vorgesehenen Änderungen in Artikel 14 des Haushaltsbegleitgesetzes 2006/2007. Es folgt diesen Vorgaben. Ich hatte es gesagt, die Landesregierung hat es sich dabei sicherlich nicht leicht gemacht, genauso wie wir als CDU-Fraktion. Sie wissen, wir haben damals in diesem Antrag formuliert, der Gesetzentwurf sollte bis Juni 2005 dem Thüringer Landtag vorgelegt werden. Er ist nicht bis Juni 2005 dem Landtag vorgelegt worden, weil wir schon der Auffassung waren, es war eine Vielzahl an Sachen noch zu klären, zu erfragen, zu diskutieren auch mit Betroffenen, auch mit den Verbänden. Sie wissen, es ging insbesondere um die Prüfung der Einkommens- und Vermögensfreigrenzen. Wir hatten auch damals schon gesagt, wir wollen erste Erfahrungen aus der Umsetzung der erfolgten Gesetzesänderung in Niedersachsen abwarten. Wir haben auch sehr wohl die Bitte der Betroffenen gehört, die gesagt haben, sie möchten kein abruptes Umsteuern an dieser Stelle. Sie hatten Angst davor, dass es bereits im Sommer dieses Jahres in Kraft treten könnte, ohne auch ein Stückchen zu informieren, miteinander zu reden und sachliche Informationen auszutauschen und Alternativen zu suchen.

Wir haben jetzt die Situation, dass die Gesetzesänderung uns vorliegt, diskutiert wird, vermutlich auch zum 01.01.2006 in Kraft treten wird. Wir werden dabei das bisherige Landesblindengeld in dieser Form nicht so fortführen. Das bisherige Landesblindengeld war und ist eine freiwillige Leistung des Freistaats, die für die schweren Lebensumstände blinder Menschen gezahlt wird. Es ist allerdings, das haben die Diskussionen der letzten Wochen schon gezeigt, eine pauschale Leistung - eine pauschale Leistung, die bis jetzt gänzlich ohne Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse gezahlt wird. Ich sage, das ist eine einfache und klare Regelung, vielleicht auch eine wünschenswerte Rege

lung. Aber es muss doch in den Zeiten und mit der jetzigen Haushaltssituation auch kritisch hinterfragt werden, ob es dauerhaft sozial gerecht ist, sozial gerecht vor dem Hintergrund, eine Leistung vermögensunabhängig zu gewähren, wenn wir gleichzeitig in vielen anderen sozialen Bereichen erhebliche, teilweise dramatische Kürzungen vornehmen müssen. Diese Frage muss erlaubt sein und diese Frage darf nicht von vornherein zur Tabufrage erklärt werden.

Für uns, für die CDU-Fraktion, ist selbstverständlich die Subsidiarität der Sozialhilfeleistungen ein wesentlicher Grundsatz. Wir sind der Auffassung, soziale Hilfeleistung soll derjenige in Anspruch nehmen, der sich nicht selbst helfen kann. Dem folgt im Übrigen auch das SGB XII, nach dem die Blindenhilfe gewährt wird. Die Blindenhilfe nach SGB XII soll die Lebensführung der blinden Menschen unterstützen.

Werte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, mir ist nicht bekannt, dass die SPD auf Bundesebene, als das SGB IX beschlossen wurde, damals ein Nachteilsausgleichsgesetz eingebracht hätte oder gewollt hätte. Das war nicht so. Rotgrün wollte in dem bestehenden System des Sozialhilferechts im Wesentlichen bleiben, das Ergebnis war die Regelung, die wir jetzt auch im SGB XII haben, die Regelung zur Blindenhilfe, das die nämlich einkommens- und vermögensabhängig gezahlt wird. Geregelt ist im SGB XII auch die Frage des so genannten Schonvermögens, also der entsprechenden Freibeträge und der Einkommensgrenzen. Das entspricht dieser Systematik, die ich gerade beschrieben habe. Sie können mich gern darüber aufklären, wenn die SPD damals auf Bundesebene etwas anderes gewollt hätte. Sie können mir dann vielleicht auch sagen, warum es dann die SPD an dieser Stelle nicht getan hat.

Ich habe gesagt, wir wollen die umfängliche Inanspruchnahme des SGB XII in Thüringen. Ich halte das schon für ordnungspolitisch richtig, denn es stellt sicher, dass bedürftige blinde Menschen auch weiterhin staatliche Hilfe in Thüringen erhalten werden. Wir haben gemerkt in den letzten Wochen, dass sehr viele von ihnen erstmals Blindenhilfe überhaupt beantragen werden. Sie haben teilweise noch gar nicht gewusst, dass es dieses Instrument in dieser Form gibt. Sie werden teilweise sogar mehr Geld an Leistungen auch bekommen, weil sie eben bis jetzt nur das Blindengeld bekommen haben. Ich halte das aber für ordnungspolitisch richtig, wenn ihnen mehr an dieser Stelle zusteht, dass sie dies auch bekommen, dass wir aber auch fragen, ob diejenigen, die dies nicht in diesem Umfang benötigen, entsprechend dann auch diesen Solidargedanken mittragen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, eine Sorge, die uns in den letzten paar Wochen immer wieder vorgetragen wurde, ist die Frage, dass zur Beantragung der Blindenhilfe die Einkommens- und Vermögensverhältnisse ebenso offen gelegt werden müssen wie die Familienverhältnisse der Betroffenen. Ich habe Verständnis für die Sorge der Betroffenen. Ich sage auch deutlich, es ist nicht angenehm, Fragen nach der Bedürftigkeit beantworten zu müssen. Die Beantwortung von Fragen zur Bedürftigkeit ist für jeden Antragsteller bei jeder staatlichen Leistung unangenehm. Aber, auch das muss man deutlich sagen, wir haben als Staat eine Verantwortung, eine Verantwortung auch gegenüber dem Steuerzahler und eine Verantwortung dahin gehend, dass wir nicht finanzielle Hilfen ohne Prüfung der Bedürftigkeit und der entsprechenden Voraussetzungen erteilen können. Das ist, glaube ich, auch angesichts der jetzigen Haushaltssituation auf allen Ebenen, in Kommunen, im Bund und in den Ländern, gar nicht mehr anders machbar.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben vier wichtige Punkte in den letzen Monaten mit den Verbandsvertretern der blinden Mitbürgerinnen und Mitbürger diskutiert, auch mit den blinden Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die uns direkt angesprochen haben.

Das ist zum Ersten die Frage des Vermögensschonbetrags, ich hatte es schon angedeutet: Der Vermögensschonbetrag ist in § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII geregelt und er liegt für blinde Personen bei 2.600 €. Das ist mehr als bei anderen Sozialhilfeleistungen. Es sind etwa 1.000 € mehr als bei den Hilfen zum Lebensunterhalt und bei den Leistungen, die gemäß SGB II - also Hartz IV - erbracht werden.

Wir haben uns einer zweiten Frage gewidmet. Die zweite Frage war, wie die Einzelfallprüfung erfolgt. Sie wissen, dass zur Gewährung von Blindenhilfe nach § 72 SGB XII eine Einzelfallprüfung erfolgen muss/erfolgt hinsichtlich des anzurechnenden Vermögens. Wir haben uns erkundigt. Bereits jetzt ist es so, dass die Versorgungsverwaltung von ihrem Ermessensspielraum in diesem Bereich sehr großzügig Gebrauch macht und wesentlich restriktiver in anderen Breichen verfährt. Ich hatte es vorhin gesagt, beim SGB II haben wir natürlich auch Leistungen, die erbracht werden. Aber da wird wesentlich restriktiver hingeschaut. Ich halte das für richtig, dass wir bei der Gewährung von Blindenhilfe diesen Ermessenspielraum auch großzügiger auslegen. Ich weiß, dass das in der Vergangenheit in Thüringen so gehandhabt wurde, und ich bin mir sicher, dass das auch in Zukunft weiter so geschehen wird.

Wir haben zum Dritten die Sorge der betroffenen Mitbürgerinnen und Mitbürger gehabt, die uns ge

fragt haben, wie ist das mit dem Heranziehen für Unterhaltsleistungen für Kinder, für Eltern, für Großeltern. Wir haben dies geprüft. Ich bin froh, dass die Landesregierung hier in Thüringen da eine ganz eindeutige Position vertritt im Gegensatz zu anderen Bundesländern, wo es darum Diskussionen gab, ist es in Thüringen ganz klar. Es werden Kinder nicht für Unterhaltsleistungen ihrer blinden Eltern herangezogen und es werden Eltern nicht für Unterhaltsleistungen ihrer Kinder herangezogen. Das ist anders als in anderen Sozialhilfesystemen, die wir haben, aber es ist eine wichtige Aussage, weil es ein Stückchen auch dazu beiträgt, Sorgen und Ängste zu mildern. Ich weiß, was das auslöst, wenn man Familienangehörige belastet, Familienangehörige auch in die Verantwortung mit hereinnimmt. Insofern war uns dieser dritte Punkt sehr, sehr wichtig in der Diskussion der letzten Wochen.

Es gab den vierten Punkt. Wir haben uns neben der Vermögens- und Einkommensfreigrenze mit der Frage der Vorsorgeleistung auseinander gesetzt. Bei Vorsorgeleistungen, wo es im Wesentlichen um die so genannte Riester-Rente geht, das ist das, was öffentlich immer wahrnehmbar ist, wo es aber auch um Fragen wie Wohneigentum geht. Im SGB XII in § 90 ist klar geregelt, dass die Anrechnung zusätzlicher Altersvorsorge nach § 10 a des Einkommenssteuergesetzes bei der Gewährung der Blindenhilfe nicht erfolgt. Im Übrigen ist auch die Auffassung ganz klar, dass angemessene Wohnungen und Hausgrundstücke ebenso geschützt sind. Beides sind Sachen, denke ich, die für uns auch in der öffentlichen Wahrnehmung, in der öffentlichen Aussage wichtig sind für unsere blinden Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich würde mir schon sehr wünschen, dass diese vier Punkte, über die ich gerade gesprochen habe, auch umfänglich bekannt werden, dass Betroffene und ihre Angehörigen darüber entsprechend informiert sind. Wir können einen Beitrag dazu leisten, dass wir in Gesprächen auf diese Situation, auf diese Möglichkeiten hinweisen. Das können allerdings auch der Verband und die Verbandsvertreter. Auch die werden das und können das tun. Ich habe es vorhin schon gesagt, ich habe in den vergangenen Monaten bei vielen Gesprächen erfahren, dass ein großes Maß an Unkenntnis über die momentanen Möglichkeiten der Gewährung der Blindenhilfe bestand und es auch nur so zu erklären ist, dass viele der 4.800 Blinden, die wir in Thüringen haben, von diesem Instrument nicht wussten, aber diese Blindenhilfe auch in dieser Form nicht beantragt hatten.

Ich möchte auf zwei Punkte in dem Gesetzentwurf noch eingehen, die mir wichtig erscheinen. Frau Taubert hat es, glaube ich, in ihrer Rede kurz gestrif

fen. 242 der 4.800 Blinden in Thüringen sind jünger als 27 Jahre. Für diese derzeit 242 Menschen soll es das Blindengeld in der bestehenden Form weiterhin geben. Es soll zukünftig 300 € betragen und liegt damit 100 € über dem, was bis jetzt die unter 18-Jährigen als Blindengeld erhalten haben. Wir vertreten als CDU-Fraktion die Position, dass wir damit den besonderen Anforderungen Rechnung tragen, den besonderen Anforderungen, die insbesondere im Rahmen der Ausbildung, der Schulzeit für die Mehrbelastung entsprechend auftreten. Deswegen kann ich sagen, die CDU-Fraktion begrüßt ausdrücklich, dass wir diese Regelung für die unter 27-Jährigen getroffen haben. Es gibt einen zweiten Punkt: Nach § 11 des Blindengeldgesetzes soll ein Härtefonds gebildet werden. Aus dem sollen Blinde zusätzlich finanzielle Unterstützung erfahren, wenn alle anderen staatlichen Leistungen nicht ausreichend sind. Auch das ist ein Vorhaben, welches als freiwilliges Leistungsinstrument des Landes, denke ich, zumindest auch die Erwähnung und Würdigung hier im Landtag verdient hat. Auch dies begrüßen wir.

Ich habe, als ich begonnen habe zu reden, gesagt, die CDU-Fraktion nimmt die Ängste unserer blinden Mitbürgerinnen und Mitbürger ernst. Wir werden weiter Ansprechpartner bleiben, die helfend eingreifen, und wir haben es uns mit den anstehenden Regelungen nicht leicht gemacht und wir haben sie schon gar nicht, wie es uns unterstellt wird, diskussionslos durchgedrückt. Aber ich sage noch mal: Wir bekennen uns auch zur Verantwortung für die Lösung der problematischen Haushaltslage in Thüringen. Die CDU-Fraktion unterstützt den Konsolidierungskurs der Landesregierung zum Haushalt 2006/2007. Da sage ich, auch wenn es uns gerade als Sozialpolitiker weh tut, Einschränkungen im Sozialbereich, wie leider auch die Änderungen beim Blindengeld, sind Bestandteil dieses Konsolidierungskurses. Ich hatte es vorhin gesagt, der Antrag der SPD-Fraktion ist deshalb populistisch, weil er keine Alternative bietet, weil er keine Alternative bietet außer der Bestandsfestschreibung und keine Antwort darauf gibt, wie diese Bestandsfestschreibung zu finanzieren sein soll. Genau aus diesem Grund wird die CDU-Fraktion den Antrag der SPD-Fraktion ablehnen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Herr Minister Zeh, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich empfehle dem Landtag ebenfalls die Ablehnung des Antrags der SPD. Kollege Panse hat in seiner Rede bereits auf die Drucksache 4/681 vom 24. Februar 2005 hingewiesen, wo formuliert wird, dass das Thüringer Blindengeld zukünftig an bundesgesetzliche Bestimmungen anzulehnen ist. Das Anliegen dieses Beschlusses war es ausdrücklich nicht, dass das Blindengeld ersatzlos gestrichen werden soll. Es sollte an die Stelle des Blindengeldes bei Betroffenen die einkommens- und vermögensabhängige Blindenhilfe treten. Anliegen dieses Beschlusses war es auch, dass den wirklich Bedürftigen weiterhin bestmöglich geholfen wird.

Die Umstellung von Blindengeld auf Blindenhilfe ist für die Betroffenen sicher nicht einfach und - wir wissen das - wir muten Ihnen dabei auch viel zu. Ich verstehe auch die Sorgen vieler blinder Menschen bei dieser Umstellung. Aber ich sage genauso, denjenigen, die über ein höheres Einkommen oder höheres Vermögen verfügen, ist meines Erachtens auch zuzumuten, dass sie einen Teil davon für ihre besondere Lebenssituation und Lebensgestaltung einsetzen. Das ist im Übrigen bei allen Sozialleistungen der Bundesrepublik Deutschland so. Ich füge hinzu, nur so können wir die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland langfristig erhalten. Denn ein vollständiger und allgemeiner Nachteilsausgleich für alle Benachteiligten in dieser Gesellschaft ist nicht finanzierbar. Der Staat gewährt Hilfe zur Selbsthilfe. Wenn die Bundesrepublik Deutschland jetzt schon ein Drittel des Haushalts für die sozialen Sicherungssysteme ausgibt mit steigender Tendenz, dann wissen wir, dass das bald nicht mehr finanzierbar ist und dass dann das Gemeinwesen zusammenbrechen würde. Die sozialen Sicherungssysteme zu erhalten, ist aber gerade auch im Interesse der sozial Schwächeren. Deshalb müssen wir alles tun, um unseren Sozialstaat nicht zu überfordern. Das ist auch ein Grund, warum wir zukünftig die Blindengeldzahlungen auf die Regelungen der Blindenhilfe umstellen müssen. Eine Umstrukturierung des Blindengelds ist also nicht nur aus finanziellen Gründen notwendig, sondern auch aus Gründen der sozialen Gleichbehandlung wichtig zu anderen hilfebedürftigen Bevölkerungsgruppen in diesem Land. Herr Panse hatte auf die einzelnen Regelungen bereits Bezug genommen, so dass ich darüber jetzt nicht noch einmal ausführlich referieren möchte. Ich möchte aber noch einmal ausdrücklich sagen, dass die geplanten Änderungen des Thüringer Blindengeldgesetzes nicht bedeuten, dass sie einen sozialen Kahlschlag darstellen, sondern dass es ein Systemwechsel ist. Die wirklich der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen, werden sie auch weiterhin erhalten.

(Beifall bei der CDU)

Die Blindenhilfe ist an eine Prüfung der Bedürftigkeit gebunden. Das gilt für alle Sozialleistungen und ist eigentlich auch eine Selbstverständlichkeit in allen sozialen Bereichen. Es wird in Thüringen Fälle geben, bei denen es mangels Bedürftigkeit zu einer Leistungsminderung kommt; es wird aber auch Fälle geben, dass die Betroffenen mit der Blindenhilfe besser dastehen als vorher. Es gibt aber auch Fälle, dass blinde Menschen ein auskömmliches Einkommen und Vermögen haben und damit ein Anspruch auf Blindenhilfe nicht besteht. Ich will dazu einige konkrete Beispiele nennen. Ein allein stehender blinder Mensch, der über ein monatliches Nettoeinkommen von weniger als 962 € verfügt, und das sind brutto ca. 1.300 €, hat einen Anspruch auf die vollständige Blindenhilfe von 585 € pro Monat. Damit ergibt sich ein Nettobetrag von über 1.500 € insgesamt. Bei dieser Rechnung ist eine Warmmiete von ca. 300 € einbezogen. Bei einem Einkommen von 1.750 € würden noch rund 270 € Blindenhilfe ausgezahlt und erst bei einem Einkommen von 2.425 € würde die Zahlung der Blindenhilfe entfallen. Die einzubeziehende Vermögensgrenze in diesem Beispiel beliefe sich auf 2.600 €.

Meine Damen und Herren, in Zeiten angespannter Haushaltssituation spielt die Frage nach Gerechtigkeit eine große Rolle. Deshalb wiederhole ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich die Feststellung: Wer die Hilfe der Solidargemeinschaft braucht, wird sie auch weiterhin im Freistaat erhalten. Die Bürgerinnen und Bürger Thüringens können auch in Zukunft sicher sein, das Land hilft denjenigen, die Hilfe benötigen. Ich habe mit Betroffenen und Spitzenfunktionären viele Gespräche geführt. Dabei stellt sich als Hauptproblem der Blinden die aus ihrer Sicht niedrige Vermögensgrenze von 2.600 € für allein Stehende und 4.134 € für ein blindes Ehepaar bei der Blindenhilfe heraus. Diese Vermögensgrenze liegt aber bereits 1.000 € über dem Betrag bei Bezug von Sozialhilfe eines allein Stehenden. Vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann nicht einseitig für blinde Menschen die Vermögensgrenze weiter erhöht werden.

Hinweisen will ich in diesem Zusammenhang auch auf die Günstigerstellung blinder Menschen gegenüber Leistungsberechtigten nach SGB II bezüglich selbst genutzten Wohneigentums. Es ist so gut wie ausgeschlossen, dass ein blinder Mensch in Thüringen sein selbst genutztes Wohneigentum verkaufen muss, weil es zu groß ist, um Blindenhilfe in Anspruch nehmen zu können. Die Folgen eines solchen Zwangs wären für die Betroffenen fatal. Deshalb werden die zuständigen Behörden hier äußerst großzügig verfahren.

Meine Damen und Herren, noch einmal ein Wort zum Antragsteller SPD und hier auch besonders an Herrn Matschie: Ihr Antrag wäre glaubwürdiger gewesen, wenn Sie sich gleichzeitig in Berlin für eine Änderung des SGB XII eingesetzt hätten und wenn Sie sich damals als Bundestagsabgeordneter und Parlamentarischer Staatssekretär seinerzeit bei dem Gesetzgebungsverfahren zum Sozialgesetzbuch XII ebenso engagiert hätten für die einkommensunabhängige Zahlung der Blindenhilfe.

Meine Damen und Herren, Herr Matschie, Sie haben für die einkommensabhängige Zahlung der Blindenhilfe gestimmt. Zur Wahrheit gehört auch, dass Sie sogar der Absenkung der Vermögensgrenze für die Anrechnung des privaten Vermögens von 4.091 € auf 2.600 € zugestimmt haben.

(Unruhe bei der CDU)

Sie hätten alle Möglichkeiten gehabt, für einen vollständigen Nachteilsausgleich bei der Blindenhilfe zu stimmen. Sie haben aus verschiedenen Gründen dies nicht getan. An diese Gründe sollten Sie sich heute meines Erachtens erinnern.

(Beifall bei der CDU)

Hier noch ein Zitat aus der Bundestagsdrucksache 15/1514 - die Begründung zur Absenkung lautet: „Die bisherige Grenze von 4.091 € entfällt für die wenigen in Betracht kommenden Fälle. Sie wurde zunehmend zu Recht als unbegründet angesehen.“ Soweit der Bundestagsentwurf zur Absenkung der Einkommensgrenzen.

Frau Taubert, Sie sprachen vorhin von Volksverdummung. Wer im Bund das Gegenteil von dem tut, was er im Land fordert, das halte ich für Volksverdummung. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)