Lassen sich mich doch erst einmal fertig reden, Herr Matschie. Lassen Sie mich doch meine Begründung hier bringen. Hören Sie mir doch erst einmal zu, das tue ich doch bei Ihnen auch. Die Kommunen haben gegenwärtig kaum geeignete Instrumente zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit. Sie haben zwar viele Ideen, wie man Arbeitslosigkeit bekämpfen kann, aber Ideen allein reichen nicht aus. Den Kommunen fehlen einfach das Geld und die Instrumente. Und die so genannten Ein- und Zwei-EuroJobs sind keinesfalls die Lösung für Langzeitarbeitslosigkeit.
Das belegt auch die Tatsache, dass für Thüringen 6.500 Stellen vorgesehen sind und es allein in Thüringen 200.000 registrierte Arbeitslose gibt. Ich begründe auch weiter: Durch das kommunale Optionsmodell würde zudem der Arbeitsmarkt faktisch geteilt, und zwar in den Teil, der durch die Bundesagentur weiterhin betreut wird, und den viel problematischeren Teilen der Langzeitarbeitslosen. Das Optionsmodell führt somit zu Arbeitsämtern erster und zweiter Klasse. Die damit verbundene Stigmatisierung wird die Integration der Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt noch weiter erschweren.
Zudem ist die Arbeitsvermittlung der Langzeitarbeitslosen beim Optionsmodell offenbar vor allem auch auf den örtlichen Wirkungskreis der betreffenden Kommunen beschränkt. Das kann zum Ausschluss überörtlicher, überregionaler und bundesweiter Vermittlungschancen führen. Es gibt also trotz des positiven Grundgedankens, den ich hier auch nicht unerwähnt lassen möchte, viel zu viele offene Fragen. In einer solchen Situation kann man Kommunen nur raten: Hände weg vom kommunalen Optionsmodell.
Das Gesetz ist nicht ausgereift und ist in vielen Teilen so widersprüchlich, die kommunalen Risiken sind einfach nicht kalkulierbar.
Wenn der Bund und die Länder tatsächlich wollen, dass die Kommunen künftig für Hartz IV die Verantwortung tragen, muss das Gesetz nachgebessert werden. Das ist die einzig richtige und notwendige Konsequenz.
Meine Damen und Herren, die SPD fordert in ihrem Antrag, zunächst sicherzustellen, dass dauerhaft so ist es formuliert - sämtliche dem Freistaat Thüringen im Zusammenhang mit der Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe vom Bund gewährten finanziellen Mittel ohne Kürzungen an anderer Stelle an die Kommunen weitergereicht werden. Diese Forderung ist vom Grundsatz her zu unterstützen; das ist keine Frage. Aber es ist doch völlig unklar, um welche Mittel es sich dabei handelt und ob diese Mittel überhaupt dem Konnexitätsprinzip angemessen hoch sind. Diese Fragen, meine sehr verehrten Damen und Herren, die können wir hier in dieser Beratung heute nicht erörtern, sie gehören ganz einfach auch in den zuständigen Ausschuss zur Beratung.
Unstrittig ist, dass auch die Finanzierungsfragen für Hartz IV und überhaupt die Fragen der Kommunalfinanzen den Landtag in den nächsten Wochen im Rahmen der Haushaltsdiskussion beschäftigen werden. Wenn die Landesregierung ihrer Pflicht nachkommt - und dies fordere ich hier noch einmal mit Nachdruck - und dem Landtag das Ausführungsgesetz zu Hartz IV vorlegt, werden auch die Finanzierungsfragen Bestandteil der Diskussion sein.
Meine Damen und Herren, die PDS-Fraktion unterstützt ausdrücklich die SPD-Forderung, dass den Kommunen vom Freistaat die eingesparten Finanzmittel aus dem Wegfall der hälftigen staatlichen Wohngeldfinanzierung vollständig zur Verfügung gestellt werden. Wenn schon den Kommunen staatliche Aufgaben übertragen werden, müssen ihnen auch hierfür die erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. Alles andere wäre verfassungswidrig.
Meine Damen und Herren, zum Sozialhilfelastenausgleich: Der Sozialhilfelastenausgleich in Thüringen braucht grundsätzlich eine Reformierung, und das unabhängig von Hartz IV. Das hat die PDS-Frak
tion bereits in den letzten Jahren leider erfolglos gefordert. Der Sozialhilfelastenausgleich ist in Thüringen seit Jahren nahezu unverändert, außer dass er im vergangenen Jahr sogar erstmals reduziert wurde, obwohl die Defizite der Sozialhilfeträger ja nicht ansteigen. Der Sozialhilfelastenausgleich muss unbedingt den veränderten Bedingungen angepasst werden, sowohl hinsichtlich der Dotierung als auch hinsichtlich der Struktur und Wirkungsweise.
Meine Damen und Herren, zur Förderpolitik: Der Thüringer Landesregierung fehlt generell ein Arbeitsmarktkonzept. Das ist heute auch hier ganz deutlich geworden. Man gewinnt den Eindruck, dass es, von der Hoffnung auf Wirtschaftswachstum abgesehen, kaum Überlegungen zu einer anderen Beschäftigungspolitik gibt. Dazu kann ich nur sagen, gerade die letzten Jahre haben gezeigt, Wirtschaftswachstum allein löst das Arbeitsmarktproblem nicht. Notwendig ist vielmehr die Erschließung neuer Beschäftigungsfelder, die Neubewertung und Umverteilung der Arbeit sowie ein öffentlich geförderter Beschäftigungssektor als Bindeglied zwischen freier Wirtschaft und öffentlichem Dienst.
Ich sage hier auch, ein solcher Reformansatz ist finanzierbar; Arbeitslosigkeit zu finanzieren ist nicht billiger, als Arbeit zu finanzieren. Gerade die Ein-EuroJobs, die bieten Möglichkeiten, versicherungspflichtige Verhältnisse zu bilden, wenn man es will. Wir als PDS-Fraktion wissen natürlich, dass die Möglichkeiten des Landes begrenzt sind. Doch gerade weil die Möglichkeiten des Landes begrenzt sind, gilt es, diese konsequent zu nutzen. Doch wie sieht die Realität im Lande Thüringen aus? Selbst die in den letzten Jahren stark reduzierte Förderkulisse wird durch das Land auf ein nicht mehr wirksames Maß zurückgefahren. Bei den Existenzgründungsbeihilfen des Landes, beim Programm zur Einstellung von schwer vermittelbaren Arbeitslosen, bei "50 PLUS" werden die Förderbedingungen auf der Grundlage einer Richtlinienveränderung drastisch verschlechtert.
Es ist mir unbegreiflich, dass bei der GfAW über 2.000 Anträge zur Bewilligung oder eben zur Nichtbewilligung vorliegen. Die IHK geht davon aus, dass aufgrund dieser Richtlinienveränderung über 1.500 Ablehnungen zu erwarten sind. Es ist mir unbegreiflich, dass struktur- und wirtschaftsfördernde Programme, wie z.B. das Bund-Länder-Programm im Bereich Städtebau, noch nicht freigegeben worden sind. Wir haben heute schon oft darüber diskutiert, die Kommunen brauchen Planungs- und Handlungsfreiheit. Da geht es nicht nur um kassenwirksame Mittel, da geht es ganz einfach auch um den Zuteilungsrahmen, damit die Kommunen letztendlich wissen, was sie auch in dem laufenden Haushaltsjahr bzw. in den
kommenden Haushaltsjahren investieren können. Und wie kann es auch sein, dass GA-Mittel in Thüringen nicht ausgeschöpft werden, dass die Richtlinie so verändert wird, dass die vorliegenden Anträge mit hoher Wahrscheinlichkeit letztendlich auch einer Ablehnung unterliegen. Das ist Sparpolitik zu Lasten der kleinen und mittelständischen Unternehmen. Das ist Sparpolitik bei denen, die Arbeits- und Ausbildungsplätze in Thüringen schaffen; das sind keine Subventionen, die hier blockiert werden, das sind Investitionen für die Zukunft, das sind Investitionen in unser Land, in Thüringen.
Zu guter Letzt, auch hier haben wir heute schon sehr oft darüber diskutiert und da liegt auch noch die Förderung der Haushaltssperre, diese Politik, das muss man sich hier ganz einfach auch sagen lassen, ist kontraproduktiv, hat nichts mit Arbeitsmarktpolitik und schon überhaupt nichts mit Wirtschaftsförderung zu tun.
Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich sagen, der vorliegende SPD-Antrag ist einfach populistisch, ist unkonkret, weil er wieder einmal eines tut,
zwischen SPD und CDU hin und her. Ich will Ihnen einmal ganz ehrlich etwas sagen: Ich bin nebenbei noch Bürgermeisterin; würde ich so einen Antrag meinem Stadtrat vorlegen, der würde mich abtreten lassen. Das kann ich Ihnen hier ganz klar und deutlich sagen.
Wir fordern SPD und CDU gleichermaßen auf, bei Hartz IV im Interesse der Betroffenen nachzubessern, die PDS-Fraktion wird auf jeden Fall dem Antrag der SPD nicht zustimmen.
Frau Präsidentin, nach der engagierten Rede meiner Vorrednerin von der PDS-Fraktion, der Bürgermeisterin aus Großbreitenbach, die ja wirklich jetzt allen Fraktionen eine mitgegeben hat, vielleicht kann ich noch mal...
Nein, ich bin ja schon überrascht, dass Sie so richtig einen mitgegeben hat, aber jetzt noch mal... Ich will zum Antrag kommen, weil es wichtig ist, dass man noch ein paar Dinge richtig stellt, die natürlich die Vorrednerin nicht beachtet hat, und zwar in ihren weitschweifenden wirtschaftspolitischen Ausführungen völlig davon abgesehen hat, dass es sich um ein ganz simples Finanzthema handelt, was auch schnell abzuarbeiten ist. Die SPD-Fraktion fordert, dass das Landesausführungsgesetz bis zum 20. September vorgelegt wird. Das ist ja nett, das zu fordern, und ich verstehe das ja auch, dass es die SPD tut, dass sie überhaupt noch bei dem Thema auch eigene Punkte setzen kann. Natürlich, da brauche ich ja gar nicht vorzugreifen, wird die Landesregierung das Gesetz vorlegen, weil es eine ganz verdammte Pflicht ist. Aber es gibt auch noch - wie das so abläuft und einige von Ihnen und Sie, Herr Matschie, wissen das aus Berlin - einen Kabinettsdurchlauf, der braucht seine Zeit. Es gibt Anhörungen, es gibt den zweiten Kabinettsdurchlauf. Wenn das alles erledigt ist, gibt es die Zuleitung an den Gesetzgeber und dann beginnt sein ganz normales Beratungsverfahren.
Natürlich ist es selbstverständlich, was Sie ins Gesetz schreiben und fordern im Antrag, was im Gesetz stehen muss, das natürlich auch dann ins Gesetz reinkommt, nämlich, dass die vom Land eingesparten Finanzmittel aus dem Wegfall der hälftigen staatlichen Wohngeldfinanzierung auch dann den Kommunen zufließen. Man muss halt nur wissen das will ich auch deshalb noch mal sagen -, dass natürlich das, was im Rahmen von Hartz IV und der dort verbundenen Wohngeldreform an Finanzierungslasten für das Wohngeld für erwerbsfähige Sozial
hilfebezieher an Geld übrig ist, das haben die Länder zugesichert, dass das auch den Kommunen zufließen wird, also die Einsparung beim Wohngeld an die Kommunen weiterzuleiten, aber die Höhe der Entlastung des Landes richtet sich nach der Anzahl ehemaliger Sozialhilfebezieher, die erwerbsfähig sind und zukünftig Arbeitslosengeld II beziehen.
Der zweite Punkt mag wahrscheinlich weitaus strittiger sein, den Sie angesprochen haben, dass das Ausführungsgesetz regeln soll, dass dauerhaft sämtliche dem Land im Zusammenhang mit der Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe vom Bund gewährten finanziellen Mittel ohne Kürzungen an anderer Stelle an die Thüringer Kommunen weitergereicht werden. Da haben ja zunächst nicht nur Sie begrifflich, doch in der Begründung Sie ja auch, zunächst ja schon einmal ganz falsch argumentiert, da das Geld ja auf keinen Fall zunächst den Thüringer Kommunen zufließen soll. Diese Begrifflichkeit strotzt ja vor Falschheit, sondern das Geld fließt, wenn überhaupt, nur den Trägern der örtlichen Sozialhilfe zu oder so weit...
Nein, das sind die Landkreise und die kreisfreien Städte, aber die kommunale Familie, lieber Herr Höhn, vielleicht lernen Sie das, wenn Sie Mitglied im Innenausschuss mal sind, die kommunale Familie besteht aus weit mehr als aus den Thüringer Landkreisen. Deswegen ist die Trägerschaft natürlich der örtlichen Sozialhilfe ganz entscheidend zunächst zu definieren. Dann gibt es einen weiteren Unterschied. Natürlich bekommen wir vom Bund 176 Mio. gänzungszuweisungen, aber jetzt kommt doch der übliche Trick, der beim Bund immer passiert. Woher kommt denn das Geld? Das Geld kommt aus dem Umsatzsteueraufkommen. Und wer die Finanzströme im bundesstaatlichen Finanzausgleich kennt, der weiß, dass auch das Land Thüringen zunächst an den Bund eigenes Umsatzsteueraufkommen in Höhe von 28 Mio. - ist es natürlich ganz wichtig, weil auch der Gemeindeund Städtebund das fordert und die SPD sich dem ja auch angeschlossen hat, es macht natürlich einen Unterschied, ob ich das aus dem gesamten Umsatzsteueraufkommen vom Bund zur Verfügung gestellte Geld in Höhe von 176 Mio. reiche oder es abzüglich des eigens vom Land zunächst an den Bund abgetretenen Anteils von 28 Mio. ne, weil nämlich, wenn wir das nicht tun und die Forderung erfüllen, so, wie Sie bei Ihnen steht, dann zahlen wir nämlich zweimal 28 Mio. 4 den Bund, der gibt es uns zurück, und dann noch mal an die Kommunen, da haben wir dann plötzlich 56 Mio. ! nicht, weil das zu einer Belastung der Länder führen würde, und es war
ausdrücklich vereinbart, auch in den Vermittlungsergebnissen, dass diese Entscheidung jedenfalls nicht zu Lasten der Länderhaushalte geht.
abzüglich der 28 Mio. 2 aufkommen den Kommunen weitergeleitet, aber ganz entscheidend, nämlich nur in Höhe von 148 Mio. So wird auch der Gesetzentwurf aussehen, so wird auch der Antrag dann umgesetzt, aber heute jedenfalls ist er nicht beschlussreif und wird deshalb von unserer Fraktion abgelehnt. Vielen Dank.