Protocol of the Session on June 30, 2005

lege Pilger hatte vorhin schon darauf verwiesen, die Bewacher hier im Landtag haben Stundenlöhne, die unter 5,00 € liegen, und das, meine Damen und Herren, halte ich schlichtweg für eine Sauerei. Damit muss man sich deutlich auseinander setzen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Dass es Mindestlöhne in einer ganzen Reihe von EU-Staaten und übrigens auch in den USA gibt, wurde hier schon angeführt. Der Gesetzentwurf der PDS-Fraktion schwebt nicht im luftleeren Raum, er ist aus intensiven Gesprächen und Konsultationen hervorgegangen, die wir auch bei der Erarbeitung des jetzt vorliegenden Entwurfs fortgesetzt haben. Der DGB Thüringen unterstützt parlamentarische Initiativen für ein Vergabegesetz und arbeitet auch an einem eigenen Entwurf. Auch hier spielen natürlich die Fragen der Tariftreue und der sozialen Wirkungen eine recht deutliche Rolle und werden klar als Position zum Ausdruck gebracht. Aber auch z.B. der Zentralverband des deutschen Baugewerbes stand einem Bundestariftreuegesetz positiv gegenüber. Insbesondere wird von Wirtschaftsverbänden und Unternehmen immer wieder hervorgehoben, dass eine strikte Seriositätsprüfung bei der Vergabe öffentlicher Aufgaben notwendig ist. Auch hier sind wir der Auffassung, dass dies nur mit einer gesetzlichen Lösung und mit entsprechenden festzulegenden Sanktionsmöglichkeiten erreicht werden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte deutlich hervorheben, wir verfolgen - das will ich durchaus noch einmal hervorheben - die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Wir möchten mit dem vorliegenden Gesetzentwurf einen Beitrag zu einem seriösen, nicht über die Entgelte in der Lohntüte geführten Wettbewerb,

(Beifall bei der PDS)

sondern an Qualitätspunkten und an einer sachverständigen Vergabe öffentlicher Mittel, also ausgemachte Lösungen finden. Ich will deutlich sagen, wir gehen davon aus, dass ein solches Gesetz zumindest mittelbar, in vielen Bereichen aber auch unmittelbar einwirkt auf die Entwicklung der Binnennachfrage in diesem Land, die wir nach wie vor und nicht nur wir, sondern viele Wirtschaftswissenschaftler, die die Lage unvoreingenommen betrachten, sagen das auch immer wieder, diese Binnennachfrage, die wir für den wichtigsten Punkt in der Bewegung zur wirtschaftlichen Gesundung in dieser Bundesrepublik voranbringen müssen. Ein Baustein dazu kann eine gesetzliche Regelung im Vergabebereich sein. Ich gehe von interessanten Debatten aus und beantrage für meine Fraktion die Überweisung des Entwurfs an den Justizausschuss sowie an den Ausschuss für Wissenschaft, Technologie und Arbeit. Vielen Dank.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Wirt- schaft!)

(Beifall bei der PDS)

Mir liegt keine weitere Redemeldung mehr vor. Dann kann ich die Aussprache schließen, und wir kommen als Erstes zu den Anträgen auf Überweisung der beiden Gesetzentwürfe. Als weitestgehenden - das ist schon von der CDU-Fraktion vorgetragen worden - ist für beide der Vorschlag gekommen an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit - den meinen Sie sicher auch, Herr Hausold - und Justiz zu überweisen. Dann werden wir das so tun.

Erste Abstimmung also, die Überweisung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall.

Dann komme ich zum Antrag, an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zu überweisen. Wer der Überweisung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist diese Überweisung auch einstimmig vorgenommen worden. Ich gehe jetzt einmal davon aus, dass die Federführung beim Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit liegen soll. Dann stimmen wir über diese Federführung ab. Wer zustimmt, dass die Federführung beim Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit liegen soll, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Einstimmig ist beschlossen worden, die Federführung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zu geben.

Als nächstes kommen wir zur Ausschussüberweisung des Gesetzentwurfs der Fraktion der PDS. Auch hier lasse ich als Erstes darüber abstimmen, wer der Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist das einstimmig geschehen.

Wer der Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist das auch einstimmig geschehen.

Ich gehe auch hier davon aus, dass die Federführung beim Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit liegen soll. Wer der Federführung beim Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Gibt es auch keine. Es ist einstimmig die Federführung beim Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit beschlossen worden. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3 in seinen Teilen a und b.

Ich rufe nun auf den Tagesordnungspunkt 4 - interessanterweise lösen sich jetzt auch die Diskussionszirkel im Raum auf -

Gesetz zur Änderung des Thüringer Schulgesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 4/971 - ERSTE BERATUNG

Die SPD-Fraktion hat keine Begründung signalisiert. Dann werde ich die Aussprache gleich eröffnen und ich rufe auf für die CDU-Fraktion den Abgeordneten Emde.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, eingangs möchte ich bemerken, dass ich schon ein bisschen verwundert bin, dass die SPD ein Gesetz einbringt, es nicht einmal nötig hat, das Gesetz zu begründen, und dann darauf wartet, dass wir entsprechend reagieren. Das zeigt doch, wie ernst man am Ende die Sache wirklich nimmt. Da beginne ich gleich damit, dass ich diesen ganzen Antrag für sehr populistisch halte, diese Gesetzesvorlage für sehr populistisch halte, jetzt zu diesem Zeitpunkt das zu bringen, wo es umgesetzt wird an den Schulen, das kann nur Populismus sein.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben die Sache vor einem Vierteljahr gesetzlich beschlossen und neu geregelt und es ist logisch, dass man nicht nach einem Vierteljahr dann einfach diese Vorlage wieder außer Kraft setzt. Herr Döring, das ist wirklich ein Witz und ich will einfach ein paar Punkte aus der Gesetzesbegründung, die Sie aufgeschrieben haben, aufgreifen. Da wird geschrieben, die bisherige Lernmittelfreiheit wird aus

gehöhlt.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Davon kann man wohl ausgehen.)

Das ist absolut falsch, da auch bisher von den Eltern für Lernmittel gezahlt werden musste und wird und die Lernmittelpauschale nur einen geringen Teil der tatsächlichen Kosten für die Lehrbücher am Ende auch abdeckt. Dann steht geschrieben, der Rechtsfrieden an den Thüringer Schulen wird erheblich gestört. Also, das ist für mich eine reine scharfmacherische Behauptung und ich selbst bin auch Vater von zwei Kindern, ich war selbst dort auch in den Elternabenden - kein Wort darüber ist gefallen. Ich denke, die Eltern zahlen, wenn sinnvoll mit dem Geld umgegangen wird, auch gern.

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Ja.)

Natürlich ist die Frage der Belastung von Familien keine schöne Frage. Wenn es ginge, würden wir allen Eltern, die Kinder haben, möglichst alles kostenlos zur Verfügung stellen. Das beginnt ja schon am Ende bei der Betreuung in Kindertagesstätten. Aber es ist nicht möglich, finanziell gar nicht leistbar. Dann sagt die SPD, von verschiedener Seite werden verfassungsrechtliche Bedenken vorgetragen. Ja, hat man denn in der SPD-Fraktion nicht genügend eigenen juristischen Sachverstand oder fehlt der Mut, dann zu sagen, es ist verfassungsrechtlich falsch? Wir denken, es ist nicht verfassungsrechtlich falsch. Es gibt in fast allen Bundesländern Regelungen, die mit Pauschalgebühren so wie wir oder auch mit Bonussystemen, das heißt mit der Verteilung von Gutscheinen, arbeiten. Dort werden überall Eltern beteiligt und das ist auch verfassungsgerichtlich sanktioniert, dass dieses in Ordnung ist.

Datenschutzrechtliche Bedenken werden hier angemerkt. Wir hatten erst letzte Woche eine Sitzung im Bildungsausschuss, wo all diese Fragen mit der Thüringer Datenschutzbeauftragten besprochen wurden und ganz klar rüberkam, dass es keine datenschutzrechtlichen Bedenken

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Ja, nach Korrekturen.)

gibt und dass man ein Verfahren gefunden hat, das diese Belange berücksichtigt.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Ja, wann denn, zu spät!)

Herr Döring, es ist doch nicht wahr, die Dinge sind abgestimmt worden, und dass es dann während der Umsetzung im Verfahren mal zu Problemen kommt und zu Abstimmungsfragen, ist vollkommen logisch.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Es gab kein sicheres Verfahren, das stimmt doch gar nicht.)

Da kann man auf der einen Seite danach rufen, dass man soziale Staffelungen für wichtig hält und für notwendig erachtet, weil man dann genau weiß, dass das eben auch mit Nachweisen der Eltern verbunden ist. Dass dann datenschutzrechtlich dort ein Auge darauf geworfen werden muss, ist doch vollkommen klar. Auch das halte ich von Ihnen für pures Gedöns.

Die Lehrer werden mit zusätzlichen Verwaltungsaufgaben belangt - natürlich ist es ein gewisser Aufwand, die Frage der Schulbuchverwaltung zu händeln in der Schule. Das war aber schon immer so und ich denke, der Mehraufwand, der jetzt hier vielleicht entsteht,

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Das muss man vorher wissen.)

ist absolut berechtigt und ist nun wirklich keine Aufgabe, die Lehrer so einengt, dass sie ihre anderen Aufgaben nicht erledigen können. Für mich ist es eine ureigene Aufgabe von Lehrern, dass sie auch diesen Teil übernehmen. Das gehört zur Schulorganisation mit dazu. Eine Alternative wäre vielleicht, ein Bonussystem einzuführen, die Eltern Gutscheine bekommen, und dann müssen die Eltern losziehen in die Buchhandlung und müssen sich die Bücher selbst besorgen. Ob das dann am Ende familienfreundlicher ist und ob das vor allen Dingen schulorganisatorisch sinnvoller ist, das möchte ich bezweifeln.

Zuletzt möchte ich noch etwas sagen zu dieser Frage der Haushaltsbelastung von 3 Mio. Da wird in den Gesetzesantrag einfach hineingeschrieben, es kostet ca. 3 Mio. Woher man diese Kosten decken will, darüber wird kein Wort verloren. Das ist absolut unseriös, hier ohne Deckungsvorschlag zu arbeiten. Von der Warte her lehnen wir also diese Gesetzesvorlage ab und sagen auch, dass eine Ausschussberatung unter diesen Prämissen nicht sinnvoll ist.

(Beifall bei der CDU)

Für die PDS-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Skibbe zu Wort gemeldet.

Verehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Streichung der bisher bestehenden Lernmittelfreiheit ist ein Thema von außerordentlichem In

teresse. Es formiert sich ein massiver Widerstand und ich weiß nicht, an welchen Schulen Sie waren, Herr Abgeordneter Emde. Wenn ich mit Lehrern spreche, dann höre ich diesen Widerstand, der sich seitens der Eltern, ihrer Vertreter, aber auch der Schüler und Pädagogen formiert. Die Presse berichtet davon fast täglich. Die Lernmittelpauschale ist zudem auch vielfach diskutiertes Thema in den Besuchergruppen. Kurz vor Schuljahresende werden die Pädagoginnen und Pädagogen an Thüringer Schulen durch die Landesregierung mit zusätzlichen Verwaltungs- und Prüfaufgaben belastet, in einer Zeit, die ohnehin bereits äußerst arbeitsintensiv ist. Müssen die Schulen ohnehin schon die Folgen einer viel zu frühen Selektion bewältigen, werden die Eltern und Schüler nun zusätzlich dazu aufgefordert, in aller Öffentlichkeit Rechenschaft darüber abzulegen, wer zu den Gewinnern und zu den Verlierern dieser Gesellschaft zählt. Die Erhebung von Gebühren für die Ausleihe von Schulbüchern muss zurückgenommen werden.

(Beifall bei der PDS)

Sie ist in ihrer Umsetzung verfassungsrechtlich fragwürdig und widerspricht dem Recht auf den Schutz persönlicher Daten. Vor allem aber ist das Erheben einer Lernmittelgebühr ein bildungs- und familienpolitischer Rückschritt. Deshalb fordert die PDS-Fraktion diese Zurücknahme.

Die Politik der Landesregierung belastet besonders Familien mit Kindern durch die massiven Landesmittelkürzungen in unerträglichem Maße. Dabei widerspricht die Einschränkung der Lernmittelfreiheit der notwendigen Reform des Bildungssystems ein weiteres Mal. Bildung als Investition anzusehen heißt auch, mehr Mittel für Bildung bereitzustellen anstatt zu kürzen. Dabei darf nicht übersehen werden, dass die Aufhebung der Lernmittelfreiheit nur einen Teil der Kürzungen im Bildungsbereich ausmacht, die von den Eltern zu kompensieren sind oder eben nicht mehr kompensiert werden können.

Der Zuschuss zur Schulspeisung wurde entgegen der klaren Empfehlung der Enquetekommission vollständig gestrichen. Einschnitte gibt es bei den Musik- und Kunstschulen. Mit Gebührenerhöhungen für die Bildung und Erziehung in den Kindertagesstätten ist demnächst zu rechnen. Hinzu kommen weitere Einschnitte im Bereich Ganztagsschulen durch die rapiden Kürzungen der Mittel für Schuljugendarbeit. Den Eltern Gebühren für Schulgelder abzuverlangen und die Schulen aufzufordern, an den notwendigen Arbeitsmaterialen zu sparen, das ist nun wirklich nicht mit einer Bildungspolitik vereinbar, wie sie nach PISA notwendig wäre. Dabei werden die Lehrer mit weiteren Aufgaben konfrontiert, die nun gar nichts mit Unterrichtsgestaltung zu

tun haben. Notwendig wäre stattdessen eine Qualitätsdiskussion von Schule. Lehrer brauchen mehr Zeit für Unterricht statt einem Mehr an Bürokratie. PISA zeigt deutlich, dass wir auch eine Konzentration auf die eigentlichen pädagogischen Aufgaben des Lehrers im Unterricht brauchen. Wenn die Landesregierung dies zum Anlass nimmt und das Vorhaben eigenständige Schule mit dem Ziel der Entwicklung von Unterrichtsqualität zum Schwerpunkt erhebt, dann muss man den Pädagogen auch Zeit und Raum geben für ihr wirkliches Kerngeschäft, die Gestaltung eines qualitativ hochwertigen Unterrichts, und sich nicht mit Verwaltungs- und Prüfaufgaben zusätzlich belasten. Was bisher unmöglich erschien und nicht erwünscht war, geht nun offensichtlich. Plötzlich können sogar spezielle Schulkonten eingerichtet werden, und das völlig problemlos.

Was passiert in den Nachbarländern in Sachen Lernmittel? Bayern rudert beispielsweise in Sachen Ausleihgebühr für Schulbücher massiv zurück, während Hessen die Lernmittelfreiheit sogar fest in der Verfassung verankert hat. Zu den Argumenten der CDU-Fraktion hier im Thüringer Landtag, die Haushaltslöcher und Verschuldung anführen, kann man hier nur feststellen, dass Deutschland zu den reichsten Ländern dieser Erde gehört, das Problem aber ist, wie ist dieser Reichtum verteilt und welche Schwerpunkte die Landesregierung hinsichtlich der Verteilung der verfügbaren Mittel setzt. Das heißt, investiert man in Bildung und Familie, oder gibt man diese Mittel für nicht vorhandene Glücksspieloasen und international wenig beachtete Flughäfen aus. Nur am Rande möchte ich im Zusammenhang mit den hier diskutierten Lernmittelfragen zu bedenken geben, ob es Sinn macht, dass Entwicklung und Herausgabe von Schulbüchern vor allem marktwirtschaftlichen Interessen unterliegen. Macht es denn Sinn, dass in einem Unterrichtsfach über 10 verschiedene Schulbücher parallel verfügbar sind, so dass Geschwister nur noch selten ein Schulbuch wieder verwenden und weitergeben können?

Neben bildungspolitischen Bedenken muss ich hier auch auf einige verfassungs- und datenschutzrechtliche Probleme hinweisen. Ein Rechtsgutachten des Thüringer Elternverbands zeigt, dass die getroffene Regelung bezüglich der Ermäßigung den sozialstaatlichen Grundlagen, das heißt dem Gleichbehandlungsgrundsatz, widerspricht. So werden zum Beispiel Selbstständige mit geringen Einkünften und schlechter sozialer Lage überhaupt nicht berücksichtigt. Den Unmut unter den Lehrern spürt man nur im direkten Kontakt mit ihnen. Das ist nur zu verständlich, wenn man bedenkt, dass das Kultusministerium die Ausleihgebühren für Schulbücher in den letzten drei Wochen durch die Lehrer hat einsammeln lassen und das in einem Verfahren, das gegen die Belange des Datenschutzes in gröbster

Weise verstößt. Dass hierbei die Belange des Datenschutzes beachtet werden müssen, war den Machern im Kultusministerium im Vorfeld klar, hatten sie doch die entsprechende Verordnung durch die Datenschutzbeauftragte des Landes prüfen lassen. Trotz deren Hinweise wurde allerdings Frau Liebaug nicht in die Erarbeitung und zumindest Prüfung der entsprechenden Durchführungsbestimmungen einbezogen. Das erscheint mir schon ein bisschen wie bei Siegfried gewesen zu sein, der in dragon blood badete, um unverwundbar zu sein, aber dabei das Lindenblatt übersah. Nur waren es wohl hier viele Lindenblätter. In einer sprichwörtlichen Hauruck-undDurch-Aktion wähnten sich die Macher oder besser noch Machthaber im Kultus befugt, den Pädagogen die Aufgabe der Kontrolle von persönlichen Daten wie Arbeitslosengeld II und Sozialhilfebescheide sowie Kindergeldnachweise zu überantworten. Auch wenn jetzt nur noch ein Lehrer und die Schulleitung pro Schule die zur Ermäßigung oder Befreiung notwendigen Einkommensnachweise einsehen dürfen, ist die Sicherheit dieser Daten nicht unbedingt gewährleistet. Als völlig realitätsfern sehen wir das Ansinnen des Kultusministeriums an, die Schulen anzuhalten, durch eine Verringerung der Kosten für Arbeitsmaterialien die Belastung der Eltern erträglich zu gestalten. Bereits jetzt, also weit vor Beginn des neuen Schuljahres, müssen an einigen Grundschulen in Thüringen von den Eltern Arbeitsmaterialien in der von Kultus empfohlenen Höhe von 25 € bezahlt werden. An weiterführenden Schulen wird die empfohlene Höhe von 50 € auch überschritten. Die Fraktion der PDS fordert daher, sofort die Erhebung von Leihgebühren an den Thüringer Schulen zu beenden und bereits bezahlte Gebühren den Eltern bzw. Schülern zurückzuerstatten. Wir unterstützen die Gesetzesänderung der SPD daher im vollen Umfang.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Döring zu Wort gemeldet.