Protocol of the Session on June 3, 2005

Daraus, lieber Herr Höhn, leitet sich ab, dass sich eine Gesellschaft Regeln gibt, die deutlich machen, dass negative Diskriminierung gegen die Würde des Menschen verstößt und geahndet werden muss. Einige dieser Regeln haben Sie ja sogar aufgezählt, ich nenne Grundgesetzbestimmungen, ich nenne die BGB-Bestimmungen und die SGB-Bestimmungen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Für die das gilt.)

Das will ich auch nicht wiederholen. Das Antidiskriminierungsgesetz soll insgesamt vier EU-Richtli

nien in nationales Recht umsetzen, die Schutzvorschriften für ganz unterschiedliche Arten der Diskriminierung enthalten. Was auf den ersten Blick zur Bekämpfung von Diskriminierung vernünftig und richtig klingt, wird - und dagegen richtet sich unser Protest - in der Form des vorliegenden Gesetzes aber ad absurdum geführt, schwer wiegende und kaum überschaubare Konsequenzen für die Vertragsfreiheit werden daraus entstehen, auch, wenn Sie es nicht wahrhaben wollen. Das Antidiskriminierungsgesetz erweitert die unterschiedlichen Diskriminierungstatbestände der EU-Richtlinien um neue Tatbestände und weitet den von der EU vorgegebenen Diskriminierungsschutz, auch was die Sanktionen angeht, in ganz erheblichem Maße aus.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das habe ich gerade erklärt, warum.)

Und wenn das ADG, wie es so schön verkürzt heißt, Gesetzeskraft erlangt - und Sie haben es ja bestätigt, die rotgrüne Koalition scheint das ja tatsächlich vor September noch erledigen zu wollen -, dann wird der Rechtsverkehr sowohl im Geschäftsleben als auch unter Privatleuten mit einer Vielzahl neuer Bestimmungen belastet werden. So soll das Diskriminierungsverbot im Zivilrecht für alle Merkmale gelten, obwohl die EU-Richtlinien ein Benachteiligungsverbot lediglich für die Bereiche Rasse, ethnische Herkunft und Geschlecht verlangen. Das Benachteiligungsverbot soll nach dem Gesetzentwurf nun auch für Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität gelten. Damit wird ein Großteil der zivilrechtlichen Verträge erfasst. Sie gelten für Beschäftigungsverhältnisse, für die Bereiche Sozialschutz und Bildung sowie für die so genannten Massengeschäfte, das heißt für die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, wozu auch die Vermietung von Wohnraum zählt.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Zum Glück ist das so.)

Sie gelten auch beim täglichen Einkauf, im Gasthaus, im Schwimmbad, Fitnessclub, bei allen privaten Versicherungsverträgen usw. Es droht eine wahre Prozessflut bei Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen, weil vielleicht auch das Ganze mit Schadenersatz- und Schmerzensgeldforderungen gekoppelt ist - das wollen wir hier mal nicht ausblenden. Öffentlich ist dabei jedes Angebot, das schriftlich oder nur mündlich aus dem engsten Umfeld hinausgelangt. Verstößt ein Anbieter beim Abschluss eines Vertrages zukünftig gegen die Regeln des Diskriminierungsgesetzes, indem er von § 1 erfasste Personen benachteiligt, so haben die Diskriminierten nun ein Klagerecht. Sie können sich hierdurch nicht in einen Vertrag hineinklagen, aber den Diskrimi

nierenden zu Schadenersatzzahlungen zwingen, und zwar - ich zitiere aus dem Antidiskriminierungsgesetz - „in abschreckender Höhe“, wie das ausdrücklich bestimmt ist.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD)

Eine Schadenersatzpflicht - lesen Sie doch nach, Herr Höhn - wird von der EU-Richtlinie nur für die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gefordert, nicht aber für andere Tatbestände. Falls keiner weiß, wie das mit dem Schadenersatz vor sich geht, gebe ich auch dazu eine Erläuterung: Schadenersatz kann beispielsweise das Entgelt sein, das der Bewerber im Fall seiner Einstellung erhalten hätte, wenn er nicht diskriminiert worden wäre. Außerdem bleibt auch nach den Änderungsvorschlägen - auch das können Sie nicht wegdiskutieren - das Problem bestehen, dass der Schadenersatzanspruch erst nach drei Jahren verjährt und die sechsmonatige Klagefrist erst ab Kenntnis der Tatsachen läuft. So viel zum Thema Rechtssicherheit.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ja, ja, Sie wollen die Diskriminierung schützen.)

Der Bürger, meine Damen und Herren, wird durch dieses Gesetzeswerk entmündigt, da man ihm grundsätzlich unterstellt, er hege bei seinen Verträgen, die er abschließt, und Geschäften, die er tätigt, anderen Menschen diskriminierende Motive. Dies kommt vor allem in der durch das Antidiskriminierungsgesetz vorgesehenen Beweiserleichterung für die Diskriminierten zum Ausdruck, um Ihre Definition zu verwenden.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ist nicht meine.)

Fühlt sich eine Person aus den in § 1 bezeichneten Gründen diskriminiert, weil hier ein Vertragsabschluss verweigert worden ist, so kann sie dagegen Klage erheben. Dafür reicht vor Gericht die bloße plausible Vermutung aus, der Klagegegner habe mit ihr als Angehöriger einer diskriminierten Minderheit keinen Vertrag abschließen wollen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Aber die Betonung liegt auf „plausibel“.)

Hier greift nun die so genannte Beweislastumkehr. Das heißt, der angeblich Diskriminierte muss nicht den Nachweis führen, dass er diskriminiert worden ist, sondern das ADG unterstellt, dass in solchen Fällen immer eine böswillige Diskriminierung vorliegt.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Nein, der Richter entscheidet. Welches Ver- trauen haben Sie denn in die Richter?)

Nun hat auf einmal die verklagte Gegenseite den Beweis zu erbringen, dass sie unschuldig ist und mit der Entscheidung, einen Vertrag mit dem Kläger nicht abschließen zu wollen, diesen nicht diskriminiert hat. Da können Sie auch noch lauter schreien, Herr Matschie. Dieser Beweis wird in aller Regel schwer zu erbringen sein, da dürften Sie mir ja wohl Recht geben. Kann der Gegenbeweis nicht erbracht werden, soll der Klagegegner stets zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt werden. Das geht zu weit.

(Beifall bei der CDU)

Hier wird dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet, denn es ist davon auszugehen, dass das Gesetz eine Klageflut auslösen wird, die es erlaubt, unbequeme Entscheidungen - zum Beispiel über die Besetzung einer Arbeitsstelle - grundsätzlich erst einmal anzufechten und dabei den Kläger sehr bequem von jeder Beweislast entbindet. So ist das.

Die Vorgaben der EU-Richtlinie zur Umkehr der Beweislast könnte man zum Beispiel sachgerecht umsetzen, indem man den Wortlaut der Richtlinie nicht einfach abschreibt, sondern dem sonstigen deutschen Prozessrecht, in dem regelmäßig die Unschuldsvermutung gilt, im Rahmen der in der Richtlinie vorgesehenen Spielräume angleicht. Unseren Gerichten würden damit schwierige, langwierige und teure Gerichtsverhandlungen mit komplizierter Beweislage erspart bleiben. Deshalb greift das ADG tief in die grundrechtlich geschützte Vertrags- und allgemeine Handlungsfreiheit ein.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Warum haben Sie denn dann die Verfassung nicht abgelehnt?)

Die Vertragsfreiheit, die Freiheit, einen Vertrag zu schließen und Geschäfte zu tätigen, mit wem man will, ist Grundlage und Garantie für ein selbstbestimmtes freies Leben und sie ist ein Pfeiler unserer Rechts-, Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Diese Vertragsfreiheit droht durch das ADG eingeschränkt und ausgehebelt zu werden. Es entsteht nach meiner Ansicht ein faktischer Kontrahierungszwang. Der Bürger hat, wenn er Waren oder Dienstleistungen anbietet oder eine Wohnung oder eine Arbeitsstelle öffentlich ausschreibt, keine freie Auswahl der Vertragspartner mehr, sondern muss grundsätzlich Angehörige der im Diskriminierungsgesetz definierten Personengruppen bevorzugen bzw. sich bei einer Ablehnung rechtlich absichern.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: So ein Unsinn.)

Er wird damit de facto gezwungen - und ich sage dies so überspitzt, damit Sie es auch verstehen -, mit An

gehörigen solcher Personengruppen einen Vertrag abzuschließen. Das könnte dazu führen, dass Minderheiten von Vorstellungsgesprächen von vornherein ausgeschlossen bleiben könnten, weil Arbeitgeber oder Vermieter Angst vor einer Klagewelle haben. Bereiche, die bisher in der freien und selbstverantwortlichen Gestaltung der Vertragsparteien überlassen waren, werden so künftig der Kontrolle durch die Gerichte unterworfen sein.

Weil Sie das Arbeitsrecht ansprechen: Im Arbeitsrecht besteht unverändert ein Klagerecht für Betriebsräte und Gewerkschaften - auch gegen den Willen des Diskriminierten. Auch diese Regelung ist europarechtlich nicht gefordert. Anstatt die Prozessvertretung dann auf die Gewerkschaften oder Sozialverbände zu übertragen, sieht der Gesetzentwurf zu allem Überfluss auch noch vor, dass Antidiskriminierungsverbände die Kläger vor Gericht vertreten und sich sogar deren eventuelle Schadenersatzansprüche abtreten lassen können. Auch damit geht Rotgrün über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinaus und installiert eine Art Sittenpolizei im Gewand von Abmahnvereinen. Das führt zu einem modernen Ablasshandel in Sachen Antidiskriminierung. Die Folge wird sein, dass professionelle Geschäftemacher auf den Plan treten, die als Abmahnvereine gezielt Personen und Unternehmen, bei denen es sich finanziell lohnt, medien- und öffentlichkeitswirksam mit Klagen

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ist geltendes Recht in Deutschland.)

überziehen und gezielt die Abtretung solcher Schadenersatzansprüche einzuwerben versuchen werden - fördert vielleicht diese Gilde von Beruf. Ergebnis: wirtschaftshemmende Prozessflut und kein individueller Schutz vor Benachteiligung, der ja eigentlich erreicht werden sollte. Ist das Ergebnis Zufall oder politisch gewollt? Während eine Überwachung der Bürger durch den Staat, ob sie sich bei ihren Rechtsgeschäften auch an das Antidiskriminierungsgesetz halten, schwer möglich ist, soll offenbar eine Kontrollfunktion von privaten Verbänden vorgenommen werden. Die materiellen Anreize durch lukrative Schadenersatzklagen wären geradezu ein Anreizsystem für eine zu erwartende Gesinnungsschnüffelei durch diese Antidiskriminierungsverbände.

Jetzt noch ein Wort zu der Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe im ADG: Das wird zu einer weiteren Rechtsunsicherheit führen. Statt eines verbindlichen, klaren Rechtsrahmens weiß man nach der Lektüre des Gesetzes weder, was von nun an verboten, noch, was überhaupt erlaubt ist. Beispiel - zugespitzt formuliert: Kann sich zukünftig ein Pyromane auf seine Behinderung, ein Pädophiler auf seine sexuelle Identität oder ein Scientologe auf das Merkmal Re

ligion oder Weltanschauung berufen? Auch bei der Diskriminierungsstelle geht Rotgrün über die EURichtlinie hinaus

(Unruhe bei der PDS, SPD)

und schafft zusätzliche Bürokratie. Deren Aufgabe soll neben Beratung und Aufklärung auch explizit die Überprüfung von wegen Diskriminierung angezeigten Personen und Unternehmen sein.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Das ist pervers.)

Hierzu sollen im Rahmen eines so genannten Testing-Verfahrens sogar regelrechte Lockvögel eingesetzt werden, die auskundschaften sollen, ob sich die angezeigte Person oder das angezeigte Unternehmen diskriminierend verhält.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Sie haben ja offensichtlich eine blühende Phantasie.)

Dies stellt eine förmliche Einladung zur Bespitzelung dar. Ein ADG, wie es im Entwurf vorliegt, ist eine gigantische Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Anwälte und Verbände und unerschöpflicher Quell für neue Beamtenstellen. Es ist nahezu ein Hohn, tagtäglich staatliche Deregulierung und Bürokratieabbau zu predigen und dann eine Normenflut zu präsentieren, über die in vielen Punkten überhaupt kein Bedarf besteht. Statt die Deregulierung des Arbeitsmarktes voranzutreiben, überschüttet man die Arbeitswelt mit neuen Regelungen. Die Folge ist eine beschäftigungspolitische Lähmung des Arbeitsmarktes. Darüber hinaus wird massiv in die Vertragsfreiheit und die Eigentumsrechte der Bürger eingegriffen.

Meine Damen und Herren, ein überbürokratisierter Überwachungs- und Bespitzelungsstaat entspricht nicht dem Staats- und Menschenbild der CDU. Es wäre bedauerlich, wenn das Ziel, Gerechtigkeit durch Gleichbehandlung zu schaffen und Diskriminierung auch im privatrechtlichen Bereich zu vermeiden, wegen fehlender Akzeptanz eines ausufernden Gesetzes verfehlt würde. Die CDU fördert eine praxistaugliche Umsetzung der EU-Richtlinien in nationales Recht. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Hausold.

Frau Präsidentin, meine verehrten Damen und Herren, also, meine lieben Kolleginnen und Kolle

gen von der CDU, es ist schon ein Stück seltsam, was wir hier erleben. Nachdem Ihr Minister heute früh hier eigentlich die parteipolitischen Statements abgegeben hat,

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Reine Beleidigung!)

haben Sie jetzt den Versuch unternommen, Frau Walsmann, Ihre eigentlichen politischen Absichten mit diesem Antrag und Ihr eigentliches politisches Ziel möglichst vielschichtig mit der Unterstellung juristischer Folgen, die Sie denn wohl auf Grundlage des Gesetzentwurfs sehen, zu vernebeln. Ich bin Ihnen aber für einen Satz sehr dankbar, das will ich sagen. Sie haben nämlich den Kern Ihrer Ansicht sehr wohl erwähnt. Was Sie wollen, nämlich die Deregulierung in Arbeitsverhältnissen hier in diesem Land, genau das wollen wir nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich muss schon sagen, indem man einen kurzen Antragstext vorlegt und dann eigentlich umfänglich in die Begründung schreibt, was man offensichtlich von der Landesregierung bestätigt haben möchte, da offenbart man, glaube ich, schon ein Stück eines Herangehens an eine so zentrale Frage, die dieser Gesetzentwurf berührt, die äußerst fragwürdig ist. Ich meine, mit dem Blick über die Landesgrenzen innerhalb der Bundesrepublik scheint es ja bei der Thüringer CDU und bei der Landesregierung noch zu klappen, denn das, was man natürlich bei Ihnen lesen kann, „die Regelungswut stoppen“, „Antidiskriminierungsgesetz verursacht Klagewelle“ usw., das war genau in dem Antrag der hessischen CDULandtagsfraktion zu lesen und dort natürlich sicher auch in der Debatte zu verfolgen. Dass es Vermieterverbände gibt, die sich zu Äußerungen hinreißen lassen, dass sie eine ethnische Ausgewogenheit bei ihrer Vermietung auch in Zukunft gewahrt wissen wollen, das sind natürlich Fragen, die uns äußerst nachdenklich stimmen müssen. Aber wie gesagt, wenn es über die Ländergrenzen bei uns noch klappt, denn scheint es mit dem Blick zu den europäischen Nachbarn bei der Thüringer CDU eher nicht sehr weit zu gehen. Was wird denn dem Gesetzentwurf Ihrerseits vorgeworfen? Deutschland hätte sich bei der Umsetzung der EU-Richtlinie zum Antidiskriminierungsgesetz an Gesetzentwürfen anderer Mitgliedsstaaten orientieren sollen - ja, bitte schön, das kann ich unterstreichen, meine Damen und Herren. Derartige Antidiskriminierungsgesetze gibt es in vielen Ländern: in Frankreich, in Großbritannien, in den Niederlanden, in den skandinavischen Ländern. Sie haben sich in der Praxis bewährt und sie sind kein Anschlag auf Vertragsfreiheit und keineswegs belastend für die Wirtschaft. Wir müssen uns

mal vorstellen und zum Überlegen heranziehen, Belgien, Frankreich, Irland, Portugal und Schweden haben sogar weitergehende Diskriminierungstatbestände in ihren Gesetzen, und das teilweise schon seit Jahren. In Belgien, in Frankreich, meine Damen und Herren, in Italien und in Tschechien gibt es ein Recht der Gewerkschaften, im eigenen Namen gegen Diskriminierung zu klagen. Frankreich hat im Übrigen sogar die generelle Verbandsklage im Arbeitsrecht und es ist in keinem dieser Länder, meine Damen und Herren, seitdem die Wirtschaft zusammengebrochen und es kann auch in keinem dieser Länder unterstellt werden, dass mit den Gesetzgebungen etwa individuelle Freiheitsrechte, die in der Verfassung wie in unserer garantiert sind, eingeschränkt worden wären. Das ist alles ein Gebirge von Ideologie, was Sie hier gegenüber diesem Gesetzentwurf aufrichten wollen. Ja, ich spreche da sehr wohl von Ideologie und ich spreche von Ideologie in kritischer Auseinandersetzung mit dem, was meine politische Biographie betrifft. Das würde ich Ihnen auch anempfehlen, das ist gar nicht verkehrt, meine Damen und Herren.

Ich glaube, meine Damen und Herren, es ist doch Folgendes: Ein Benachteiligungsverbot ist ja übrigens auch in Deutschland nichts Neues, wie hier immer wieder unterstellt wird. Der Artikel 3 unseres Grundgesetzes bestimmt, dass Gleichheit vor dem Gesetz besteht; er verbietet Ausgrenzungen wegen bestimmter Persönlichkeitsmerkmale. Der Gesetzentwurf gehe also über EU-Forderungen hinaus, trifft insofern nicht zu. Statt die modernen EU-Vorgaben einfach nur in nationales Recht umzusetzen, lässt die rotgrüne Bundesregierung sozusagen - jetzt zitiere ich noch mal - „der Regelungswut freien Lauf“. Aber so ist das nicht, meine Damen und Herren. Der Entwurf, das ist hier schon erwähnt worden, geht nur in einem Punkt über die EU-Vorgaben hinaus, indem er Benachteiligungen aufgrund der Religion, der Weltanschauung, des Alters und der sexuellen Identität oder einer Behinderung einbezieht. Und bei dem immer wieder herangeführten Arbeitsrecht, bei der Beweisregelung und der Beteiligung der Verbände sind nur Anforderungen der EU in diesem Gesetzentwurf umgesetzt. Er steht also hier nicht konträr. Die PDS ist bekanntermaßen für ein Antidiskriminierungsgesetz. Wir haben in verschiedenen Zusammenhängen solche Gesetze in den ostdeutschen Landtagen in den vergangenen Jahren eingebracht und wir stehen deshalb auch weiterhin hier zu sehr grundsätzlichen Positionen. Ich möchte auch noch mal auf die Stelle eingehen, wo immer wieder gesagt wird, es wird eine Klageflut geben. Ich ziehe mal ein Beispiel aus der Geschichte der Bundesrepublik heran. Die Hans-Böckler-Stiftung hat recherchiert, dass nach In-Kraft-Treten des § 611 a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der sich gegen Geschlechterdiskriminierung richtet, in den 25 Jahren, seitdem er

in Kraft ist, lediglich 112 daraus abgeleitete Prozesse bekannt geworden sind. Von den 112 Klagen sind 54 erfolgreich gewesen, davon 43 von Frauen. Im gleichen Zeitraum, also in der Situation, in der wir leben, wurden mehr als 50.000 Arbeitsrechtsprozesse geführt. Es besteht also kein Grund zur Panik, dass sich irgendetwas ändern könnte, schon gar nicht im Kontext der großen französischen Revolution, obwohl wir das, was damals besprochen worden ist, heute dreimal mehr durchdenken müssen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS, SPD)