Protocol of the Session on April 22, 2005

genen Maßnahmen sogar verstehen. Es gehört übrigens zum guten demokratischen Stil, dass alle Abgeordneten umfassend über die Grundlagen von Entscheidungen, die Sie dann treffen müssen, informiert werden. Thüringen ist derzeit beispielgebend dafür, wie man eine gute Sache kaputtmachen kann.

(Beifall bei der SPD)

Verwaltungsreform muss sein, meine Damen und Herren von der Landesregierung und von der CDU; Sie werden kaum jemanden finden, der nicht dafür ist. Die Opposition, und für die PDS hat das ja der Herr Abgeordnete Hauboldt auch gerade getan, reicht Ihnen zu diesem Vorhaben die Hand, auch Ihnen, Herr Ministerpräsident, obwohl die Opposition es eigentlich nicht müsste. Die Gewerkschaft und der Beamtenbund wollen eine Verwaltungsreform. Die Kommunen stehen größtenteils bereit und warten auf klare Vorgaben für eine Beteiligung - allein durch Ihr Gebaren schlagen Sie alle vor den Kopf. Und das Beispiel, das ja gerade auch von Herrn Hauboldt schon mal angesprochen worden ist, Frau Ministerin Diezel, konterkariert auch das, was Sie gerade über die Frage der Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesagt haben, nämlich der durch die Medien gegangene Bericht über den Rücktritt oder das Ende der Tätigkeit des Präsidenten des Landesamtes für Soziales und Familie, der die Brocken hinschmeißt. Der sagt auch aus, dass es nicht nur darum geht, dass das LASF aufgelöst wird, sondern auch über die Frage des Umgangs, wie diese Form von Behördenstrukturreform durchgeführt worden ist,

(Beifall bei der PDS)

wie sie im Hause des Sozialministers angegangen worden ist. Ich glaube, das ist einer von denen, die es sich jetzt aufgrund einer neuen Aufgabe, die sie übernommen haben, leisten konnten, das auch öffentlich zu sagen. Innerhalb der Landesverwaltung gibt es viele, die so denken, nicht nur diejenigen, die vielleicht ihren Arbeitsplatz an einen anderen Ort verlegen müssen, sondern auch Leute, die sich strukturelle Gedanken machen. Dabei haben Sie doch gesehen, was die Kreativität von Betroffenen an Lösungen hervorbringen kann.

Wir haben in Mühlhausen, nach Bekanntwerden Ihres abstrusen Plans, ein Landgericht und die Staatsanwaltschaft aufzulösen, nicht nur protestiert, weil die gesamte Region kaputtgegangen wäre. Insbesondere hat der Landrat des Unstrut-Hainich-Kreises mit einigen Mitstreitern ein Standortmodell vorgeschlagen, das der Landesregierung nicht nur eine Blamage erspart hat. Der Vorschlag ist auch von der wirtschaftlichen Seite her für den Landeshaushalt günstiger. Dass sich im Nachhinein meine örtlichen Landtagskollegen der CDU den Erfolg einer ganzen

Stadt und einer ganzen Region an Revers heften, obwohl sie vorher weit in der Deckung gelegen haben, kann ich verschmerzen. Was zählt, ist das für alle Seiten gute Ergebnis.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Das ist ja eine Frechheit hier.)

Worauf es mir hier und heute ankommt, ist meine Aufforderung, die realitätsfernen Entscheidungen am grünen Tisch mit den Experten und Praktikern vor Ort zu unser aller Nutzen zu entwickeln.

Zum wiederholt geforderten Personalentwicklungskonzept noch ein paar Worte: Bis heute hat die Thüringer Landesregierung über Personalentwicklung lediglich Personalabbau verstanden und alles, was bisher vorgelegt wurde,

(Unruhe bei der CDU)

waren Personalabbaukonzepte. Doch die Personalprobleme sind vielschichtig

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Das ist ja unglaublich, mein lieber Mann.)

und betreffen nicht nur die Anzahl der Mitarbeiter. Die richtige Eingangsfrage auch für diese Konzeptentwicklung heißt: Warum werden wo, wie viele Beschäftigte benötigt? Dann kann man ableiten, wie und auf welchem Wege man das begründete Personalsoll erreichen will. Zu einem Personalentwicklungskonzept gehört nach Auffassung der SPD auch eine Untersuchung demographischer Probleme der Landesverwaltung. Ebenso wenig sollte die Frage der Qualifizierung ausgeblendet werden. Ein Personalentwicklungskonzept sollte auch die Frage nach der Notwendigkeit des Beamtenstatus in einigen Bereichen neu stellen.

Nach dem neuesten Vorschlag der Landesregierung, Beamte schon mit 50 in Pension zu schicken, dürften alle in der Vergangenheit, insbesondere der von Ihnen, Herr Trautvetter, aufgeführten Kostenberechnung im Hinblick auf die vermeintliche Kostengünstigkeit von Beamten hinfällig geworden sein. In Thüringen ist in den letzen Jahren gegen die Warnung der SPD-Landtagsfraktion zu unkritisch verbeamtet worden. Jetzt, wo die strukturellen Probleme der Landesverwaltung gelöst werden sollen, ist es letztlich für das Land anscheinend sogar billiger, die Beamten bereits mit 50 Jahren zu pensionieren, als sie weiter zu beschäftigen. Das versteht außerhalb der Landesverwaltung niemand.

Ich will an einem besonders originellen Beispiel zeigen, wie sich „Leadership“ in Thüringen darstellt. Die Bediensteten im Forstbereich werden die Auswir

kungen der Behördenstrukturreform besonders massiv zu spüren bekommen. Hier werden sich, abgesehen von den Waldarbeitern, wahrscheinlich alle Mitarbeiter auf neu ausgeschriebene Stellen bewerben müssen. Problematisch ist dabei, dass von insgesamt 716 Stellen 107 wegfallen werden, und zwar bis 2006. Dass ein solch kurzfristiger Abbau von Stellen kaum ohne Kündigungen möglich sein dürfte, sei hier nur am Rande erwähnt. Auch die Erfüllung vieler Aufgaben der Forstverwaltung wird infrage gestellt sein. Wenn sich alle Mitarbeiter jetzt auf die Stellen bewerben, nehmen sie wahrscheinlich an einer Auslosung der besonderen Art teil. Die Entscheidung, welche Stellen betroffen sein werden, wird den Mitarbeitern wohl erst nach der Ausschreibung mitgeteilt. Dann haben wohl 107 eine Niete gezogen und können gehen. Soll diese Art Lotteriespiel mit den Mitarbeitern das zukünftige Modell bei der Umsetzung der Behördenstrukturreform sein? Vielleicht kann man auch die angekündigte Jobbörse auf diese unterhaltsame Art aufziehen. Schon in der Vergangenheit wurden Verwaltungsreformmodelle - zunächst im Forstbereich - ausprobiert. Die Vorleistungen der Forstverwaltung haben dieser bisher allerdings nie genutzt, sondern eher geschadet.

Sehr geehrte Damen und Herren der Landesregierung, im Hinblick auf die von Ihnen angekündigte Behördenstrukturreform sind nach wie vor zu viele Fragen offen. Ihr heutiger Bericht hat nicht zu einer Verringerung des Fragenkatalogs beigetragen. Ich beantrage deshalb namens meiner Fraktion die Überweisung oder die weitere Aussprache über den Sofortbericht und über unseren Antrag im Haushalts- und Finanzausschuss und im Innenausschuss. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen seitens der Abgeordneten vor. Frau Finanzministerin noch einmal, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir noch einige Worte und Anmerkungen zu den Redebeiträgen. Herr Abgeordneter Hauboldt, Sie haben die scheinbare Diskrepanz der Herangehensweise und der Grundlagen des Behördenstrukturkonzepts darstellen wollen - die gibt es nicht. Wir haben die demographische Entwicklung im Land beachtet, die strukturellen Entwicklungen in der Wirtschaft und in der Siedlungsentwicklung im Land und die fiskalischen. All das muss man beachten. Das will ich Ihnen auch an einem Beispiel, das Sie aufgeführt haben, am Finanzamt Ei

senach und dem Landwirtschaftsamt darstellen. Gerade mit Vertretern der Wirtschaft, die ja unmittelbaren Kontakt über ihre beratenden Berufe auch mit dem Finanzamt und viel mehr Nachfragen haben als andere, die nur eine einmalige Veranlagung haben, ist klar geworden: Eisenach steht für wirtschaftliche Entwicklung als kreisfreie Stadt und auch in der Wirtschaftsstruktur. Deswegen war es eine strukturelle Entscheidung, das Finanzamt von Eisenach nicht für den Westbereich wegzunehmen. Es war auch eine strukturelle Entscheidung, in den eher ländlich geprägten Wartburgkreis im westlichen Bereich das Landwirtschaftsamt hinzuzugeben. Es war eben nicht nur eine fiskalische Entscheidung. Wir wissen, dass wir das Finanzamt Eisenach auch sanieren müssen, aber die Entscheidung war strukturell für Eisenach, was das Finanzamt betraf, und Bad Salzungen für das Landwirtschaftsamt. Ähnliches gilt bei den Gerichtsstandorten. Da ist zum einen die fiskalische Überlegung, was die Liegenschaften betrifft, aber wir wollen die Einräumigkeit. Es kann ja nicht sein, dass wir nur, weil wir dort sanierte Gerichtsgebäude haben, dann die Gerichte dorthin machen, wo die sanierten Gerichtsgebäude sind, sondern der Bürger muss die Gerichtsbarkeit auch vor Ort erleben können und die Möglichkeit haben, sie ansprechen zu können. Bei der Forstverwaltung möchte ich Ihnen sagen, beiden Herren, die Forstverwaltung baut in ihrem Konzept schon sehr lange auf Untersuchungen der Fachhochschule in Speyer auf. Es gab intern viele Untersuchungen, Dr. Düssel hat das auch im Ausschuss dargelegt, wie die Forstverwaltung ihre zukünftigen Strukturen sieht. Wir haben auch beachtet, was in Bayern in der Forstverwaltung vorgedacht wird, und haben uns gerade in der Forstverwaltung für dieses Prinzip der Zusammenfassung dieser 28 Forstämter entschieden und auch auf eine Einräumigkeit im weitesten Sinne Wert gelegt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Hauboldt, Sie haben vom „Lehrbuch“ gesprochen. Ich bin darüber sehr froh, wenn Sie das sagen, dass wir fast lehrbuchmäßig damit umgegangen sind. In unserem Steuerungskreis arbeiten junge Diplomanden, die gerade im Bereich Verwaltungsrecht über Verwaltungsstrukturen Diplomarbeiten geschrieben haben. Dieses Wissen und auch diese Innovation haben wir versucht, im Steuerungskreis aus verschiedenen Bereichen der Landesverwaltung mit einzubeziehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, und jetzt ein bisschen zu der Mär, der Herr Dr. Pidde wäre der Erfinder der Behördenstrukturveränderungen des Freistaats. Nun, Herr Dr. Pidde, wir beide kennen uns seit 1994 im Finanzausschuss. Die CDU-Fraktion war es 1996, die eine eigene Arbeitsgruppe Verwaltungsreform auf den Weg gebracht hat

(Beifall bei der CDU)

innerhalb ihrer Fraktion, wo alle Sprecher mitgearbeitet haben, wo viele Ideen auf den Weg gebracht worden sind. Ich denke z.B. an die Prüfungsfragen, die jetzt allen Gesetzesvorhaben vorausgehen. Ich denke auch daran, was 2000 permanent auf den Tisch gelegt wurde zum Personalmanagement und zur Personalentwicklung in den einzelnen Ressorts, das angewandt wird. Ich bin in meiner Rede darauf eingegangen. Es waren eben nicht nur die Berechnung und das Benchmarking, wie sind die einzelnen Ressorts mit Personal ausgestattet, sondern permanent, dass wir mit vielen Personalräten und der Gewerkschaft diskutiert haben, ist die Grundlage dafür, sicherlich auch kontrovers, aber mit Permanenz wird in den einzelnen Verwaltungen gearbeitet.

Herr Pilger, wie geht man heran, macht man erst die Analyse oder begleitet man den Reformprozess mit der Analyse?

(Zwischenruf Abg. Dr. Pidde, SPD: Zuerst kündigt man es an!)

Wir haben uns für den zweiten Weg entschieden, nicht die große Analyse, sondern wir begleiten den Reformprozess mit Aufgabenkritik und umsetzungskritisch. Erfolgskontrolle habe ich in meinem Vortrag genannt.

Übrigens - wissen Sie, ich wollte es eigentlich nicht erwähnen -, ich habe Herrn Dr. Timm 1995 in Speyer bei vielen Tagungen getroffen und bei Weiterbildungen auch Prof. Hill, den Innenminister aus Mecklenburg-Vorpommern. Und wenn Sie die Drucksachen Mecklenburg-Vorpommerns lesen, Ihres SPD-Kollegen Herrn Dr. Timm, der macht diese Begleitung ähnlich.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ähnlich, aber nur ähnlich.)

Ja, er geht aufgabenkritisch in der Begleitung heran. Genauso ist es in Baden-Württemberg und Bayern. Die gelten wahrscheinlich als sehr erfolgreiche öffentliche Verwaltungen.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf aus dem Hause)

Die gelten als erfolgreiche Verwaltungen, auch im Benchmarking von großen Unternehmensberatungen. Auch die Verwaltung Thüringens ist eine erfolgreiche Verwaltung, sonst wären bestimmte Wirtschaftsansiedlungen hier in Thüringen nicht mög

lich gewesen. Aber die Entwicklung schreitet fort, weil sich die Demographie verändert, weil sich die Struktur verändert. Deswegen müssen wir auch die Verwaltung anpassen und fit machen - und das wollen wir. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke, ich kann die Aussprache jetzt schließen. Ich würde zunächst den Antrag der SPD-Fraktion in zwei Teilen vortragen. Einmal ist gesagt worden, dass der Ausschuss die Fortberatung des Berichts vornimmt und dass die Nummer 2 des Antrags im Ausschuss beraten wird. Für den ersten Teil, die Fortberatung des Berichtsersuchens, bräuchte ich die Zustimmung der CDU-Fraktion, die die Aussprache zum Bericht verlangt hat. Es gibt keine Zustimmung, dieses Ansinnen zu unterstützen, so dass ich diesen Antrag nicht abstimmen lassen kann. Ich gehe davon aus, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist. Dem wird nicht widersprochen.

Nun komme ich zur Nummer 2 des Antrags und lasse darüber abstimmen, inwiefern dieser im Haushalts- und Finanzausschuss beraten werden soll. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte? Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist die Ausschussüberweisung des Punktes 2 abgelehnt.

Wir kommen nun zur direkten Abstimmung über den Punkt 2 des Antrags der Fraktion der SPD in der Drucksache 4/783. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte? Danke. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Es gibt keine Stimmenthaltung. Die Nummer 2 des Antrags der Fraktion der SPD ist abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 9.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 10

Siedlungsabfallentsorgung in Thüringen ab 1. Juni 2005 Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/795 -

Auch hier ist keine Begründung gewünscht und angekündigt, dass der Minister Dr. Sklenar den Sofortbericht gibt. Herr Minister, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, mit der Thematik „Siedlungsabfallentsorgung in Thüringen ab dem 1. Juni 2005“ hat sich der Ausschuss für Naturschutz und Umwelt des Landtags wiederholt beschäftigt. Der 1. Juni dieses Jahres markiert eine Zeitenwende in der Siedlungsabfallwirtschaft der Bundesrepublik, das Ende der herkömmlichen Hausmülldeponie. Zu diesem Zeitpunkt laufen die Übergangsfristen der technischen Anleitung „Siedlungsabfall“ aus dem Jahre 1993 und der Abfallablagerungsverordnung aus dem Jahre 2001 aus. Es dürfen künftig nur noch solche Abfälle auf Deponien abgelagert werden, die weitgehend inert, also reaktionsneutral sind, wie z.B. Bauschutt, Schlacken. Dazu müssten die Restabfälle künftig in den entsprechenden Anlagen behandelt werden, damit wir das umweltpolitische Ziel der weitgehend nachsorgefreien Deponie erreichen. Wir werden unseren Enkeln und Urenkeln keine Altlasten überlassen, die noch einer langen Nachsorge bedürfen. Die Landkreise und kreisfreien Städte in Thüringen sind die nach Abfallrecht zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Sie haben sich für die Durchführung der ab 01.06.2005 notwendigen Restabfallbehandlung meist zu Zweckverbänden zusammengeschlossen, um diese Aufgabe gemeinsam anzugehen und Synergien zu nutzen. Die Zweckverbände und öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in Thüringen planen Restabfallbehandlungskapazitäten in einer Größenordnung von ca. 630.000 Tonnen pro Jahr. Diese sind über Dienstleistungsverträge gesichert bzw. sollen durch den Bau eigener Anlagen realisiert werden. Der Umfang der erforderlichen Kapazitäten beruht auf den Prognosen, welche die einzelnen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die ab Juni 2005 von ihnen zu entsorgenden Abfallmengen erstellt haben. Diese Prognosen umfassen einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren. Sie beinhalten zum einen den Haus- und Sperrmüll, und zwar unter Einbeziehung der prognostischen Bevölkerungsentwicklung. Zum anderen wurden die Abfälle aus dem Gewerbe berücksichtigt, die den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu überlassen sind, sofern sie nicht verwertet werden. Die Behandlung der Thüringer Restabfälle erfolgt künftig zu 70 Prozent in Thüringen und zu 30 Prozent außerhalb Thüringens, hauptsächlich in Sachsen-Anhalt, mehr als die Hälfte in eigenen Anlagen der Entsorgungsträger, die restliche Menge über Dienstleistungsverträge. Etwa 55 Prozent werden direkt thermisch behandelt, die restliche Menge geht zunächst in eine mechanisch-biologische Vorbehandlung. Dies stellt sich regional wie folgt dar: Nordthüringen - Der Zweckverband Abfallwirtschaft Nordthüringen hat nach europaweiter Ausschreibung einen Dienstleistungsvertrag mit der Firma REMONDIS AG & Co.

KG geschlossen. Dieser sieht vor, die Abfälle des Verbandsgebiets in einer mechanischen Aufbereitungsanlage am Deponiestandort Netzelsrode bei Nordhausen zu behandeln. Die Anlage befindet sich derzeit im Bau und wird rechtzeitig zum 01.06.2005 fertig gestellt. Es ist vorgesehen, eine Teilmenge nach der mechanischen Aufbereitung am Standort biologisch zu behandeln und anschließend zu deponieren. Thermisch verwertbare Abfälle sollen in dafür zugelassenen Industrieanlagen verbrannt werden.

Ostthüringen - Der Zweckverband Restabfallbehandlung Ostthüringen hat nach europaweiter Ausschreibung einen Dienstleistungsvertrag mit der SITA Ost GmbH & Co. KG geschlossen. Dieses Unternehmen errichtet derzeit eine Müllverbrennungsanlage in Zorbau bei Weißenfels in Sachsen-Anhalt. Die Anlage wird zum 01.06.2005 in Betrieb gehen.

Südthüringen - Der Zweckverband Abfallwirtschaft Südwestthüringen plant die Errichtung einer Müllverbrennungsanlage in Zella-Mehlis. Die Genehmigung wurde am 31.03.2005 erteilt und ist mit sofortigem Vollzug versehen. Der Zweckverband sieht bis zur geplanten Fertigstellung dieser Anlage eine gesetzeskonforme Übergangslösung in Form einer externen Behandlung für eine Dauer von ca. 24 Monaten vor. Bis zum 31.08.2006 ist diese durch den Abschluss einer Dienstleistungsvereinbarung mit den Entsorgungsunternehmen Nordbayerische Städtereinigung Altvater GmbH & Co. KG gesichert. Über den Zeitraum danach hat der Zweckverband noch zu befinden. Die Kosten für die Übergangslösung werden durch den ZAST nach der letzten Kalkulation mit 159,51 €/Tonne angegeben.

Mittelthüringen - Der Zweckverband Restabfallbehandlung Mittelthüringen, bestehend aus dem IlmKreis und dem Landkreis Sömmerda sowie dem Landkreis Gotha, hat nach europaweiter Ausschreibung Dienstleistungsverträge mit der MVV, der RHE Leuna AG abgeschlossen. Diese beinhaltet die Restabfallbehandlung in der im Bau befindlichen Müllverbrennungsanlage Leuna in Sachsen-Anhalt. Die Stadt Erfurt plant die Errichtung einer mechanischbiologischen und nachfolgend thermischen Anlage zur Restabfallbehandlung in Erfurt. Der Landkreis Weimarer Land und die Stadt Weimar haben sich vertraglich die Mitbenutzung dieser Anlage gesichert. Das Genehmigungsverfahren ist weit fortgeschritten. Der vorzeitige Baubeginn für einige Erd- und Betonarbeiten wurde am 24. März dieses Jahres erteilt. Die Inbetriebnahme des mechanisch-biologischen Anlagenteils der Restabfallbehandlungsanlage in Erfurt wird sich um etwa 12 Monate verzögern. Für die Übergangszeit sollen die Restabfälle nach einem Stoffstromsplitting zum Teil auf der Deponie Schwerborn zwischengelagert bzw. teilweise extern behandelt werden. Die Kosten dafür betragen nach An

gaben der Stadt Erfurt 156,01 €/Tonne. Damit ist die Entsorgungssicherheit für Restabfälle durch öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in Thüringen gewährleistet. Dies haben die Verbandsvorsitzenden der Restabfallzweckverbände und Vertreter der einzelnen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in einer Beratung am 10. März im Ministerium nochmals ausdrücklich betont. Details zum Stand der Umsetzung und die verfügbaren bzw. geplanten Behandlungskapazitäten der einzelnen Zweckverbände und der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind auf der Internetseite des Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt unter „Aktuelles“ zu finden. Eine ausführliche Darstellung würde hier sicherlich den zeitlichen Rahmen sprengen.

Das erheblich höhere Umweltschutzniveau der ökologisch sinnvollen und nachhaltigen Restabfallbehandlung führt zu einer Kostensteigerung in diesem Bereich. Die Thüringer öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger geben für die jetzt noch mögliche Deponierung von Haus- bzw. Sperrmüll Kosten von 34 bis 92 €/Tonne an. Bundesweit liegen die Kosten für die Deponierung nach Angabe der Fachpresse zwischen 35 und 212 €/Tonne. Die Kosten der gesamten künftigen Restabfallentsorgung inklusive sonstiger Kosten, z.B. der Umschlag und Transport, werden nach Angabe der Thüringer öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zwischen 114 und 177 €/Tonne variieren. Bundesweit liegen die Kosten für die Restabfallbehandlung an den jeweiligen Anlagen ohne sonstige Kosten, wie z.B. zusätzlicher Umschlag und Transport, bei 72 bis 340 €/Tonne. Ich denke, die Ergebnisse der Thüringer Entsorgungsträger liegen da in einem guten Bereich. Weitere Detailinformationen dazu enthält die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Hauboldt in Drucksache 4/761, welche am 24. März 2005 veröffentlicht wurde.