diesen mit ihrem so genannten Behördenstrukturplan erbracht. Dieses so genannte Behördenstrukturkonzept verdient zu Recht nur die Bewertung planlos und perspektivlos. Es ist dem Grunde nach nur ein Behördenstandortschließungsprogramm.
Die Umsetzung führt weder zu höherer Effizienz noch zu einer größeren Transparenz oder mehr Bürgernähe. Zum Beispiel wird jetzt das Finanzamt von Bad Salzungen nach Eisenach verlagert, dafür das Landwirtschaftsamt von Arnstadt Richtung Eisenach und dann nach Bad Salzungen, so dass die Bauern nördlich des Thüringer Waldes künftig zu den Verwaltern der Landwirtschaft in den Süden müssen - ich kenne ja die Fahrtstrecke zwischenzeitlich -, aber dann muss das Land auch dafür sorgen, dass die Ortsdurchfahrt in Winterstein einmal in Ordnung gebracht wird, weil sonst die Bauern nur noch mit Pferden dort hinreiten können
aber das ist wieder ein anderes Thema - oder den Umweg über die Hohe Sonne in Eisenach nehmen müssen. Aber die Ortsdurchfahrt von Eisenach bedarf auch erst noch der Rekonstruktion.
Also wieder wurde eine Chance vertan, meine Damen und Herren, stattdessen wurden Verunsicherungen erzeugt. "Top Thüringen" - darunter haben die Menschen sich tatsächlich etwas anderes vorgestellt und, meine Damen und Herren von der CDU, "kümmern.de" sieht im Übrigen auch sehr anders aus.
Meine Damen und Herren, der Antrag der SPD macht einerseits durchaus Sinn, birgt andererseits aber auch Risiken. Während der Landtag in einer Enquetekommission noch nach Lösungen sucht, schafft die Landesregierung Tatsachen mit irreparablen Schäden. Das ist das Dilemma, in dem wir uns heute hier bei der Entscheidung bewegen. Notwendig wäre eigentlich ein sofortiges Handlungsmoratorium der Landesregierung hinsichtlich der Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform. Das wäre im Übrigen sowieso angesagt, um weiteren Schaden von Thüringen abzuhalten. Aber andererseits bedeutet jeder weitere Zeitverlust eine Verzögerung notwendiger Reformen. Die Lösung kann nur eine Art Doppelstrategie sein. Deshalb erwarten wir von der Landesregierung die sofortige Korrektur ihres nicht durchdachten Behördenchaoskonzepts und die Vorlage eines Rahmengesetzentwurfs für den
Einstieg in eine Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform. Wenn das die Regierung täte, würden wir uns als PDS nicht verweigern. Die Bildung der Enquetekommission darf nicht durch die Landesregierung zum Anlass genommen werden, die angekündigten Veränderungen bei den Behörden durchzusetzen, und dies nach dem Prinzip "koste es was es wolle" oder nach dem Motto "was interessiert mich das Geschwätz in einem Landtagsgremium, wir als Landesregierung machen sowieso, was wir wollen". Dies darf nicht passieren, weil dadurch auch die parlamentarische Demokratie im Lande Schaden nehmen würde.
Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, heute und hier zu erklären, wie sie die Arbeit der beantragten Enquetekommission bewertet und wie sie die Arbeitsergebnisse in das Regierungskonzept einfließen lassen wird. Wenn die Landesregierung hier eine Stellungnahme verweigert, besteht tatsächlich die Gefahr, dass die Enquetekommission ein Debattierklub wird, während die Landesregierung harte Tatsachen schafft, die auch nach Abschluss der Arbeit der Enquetekommission nicht mehr zu korrigieren sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte nochmals betonen, auch wenn die bisherigen Erfahrungen mit Enquetekommissionen hinsichtlich der Wirksamkeit nicht die besten waren, wir werden uns im vorliegenden Fall einer aktiven Mitarbeit nicht verweigern. Voraussetzung ist jedoch, dass die Zwischenergebnisse der Kommissionsarbeit durch die Landesregierung Beachtung finden und dass die Landesregierung endlich ihre eigenen Hausaufgaben macht und ein Konzept vorlegt, das den Namen auch verdient hat.
Meine Damen und Herren, es gibt vielfältige Erfahrungen bei der Umsetzung einer Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform. So sind andere Bundesländer viel weiter als Thüringen. Insofern braucht die Enquetekommission nicht bei null anzufangen. Notwendiges Datenmaterial liegt letztlich auch vor. Zwischenergebnisse könnten sofort umgesetzt werden, vorausgesetzt CDU und Landesregierung sind dazu bereit. Keinesfalls können wir warten, bis die Abschlussergebnisse der Kommission im November 2006 vorliegen. Da war die Bundestagswahl, das ist eine ganz andere Sache. Aber viel entscheidender ist, zu diesem Zeitpunkt haben auch bereits die Wahlen der Oberbürgermeister, hauptamtlichen Bürgermeister und Landräte stattgefunden. Die werden dann bis 2012 gewählt. Jeder weiß, dass sich natürlich immer eine Umsetzung eines solchen Konzepts an derartigen Wahlterminen und auch Lauf
zeiten von Amtsperioden orientiert. Bis dahin geht aus unserer Sicht viel Zeit verloren, Zeit, die wir nicht haben.
Meine Damen und Herren, drei weitere wesentliche Voraussetzungen sind für den Erfolg einer Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform aus Sicht unserer Fraktion notwendig:
1. der Dialog mit den Bürgern und der Wirtschaft zu den Grundsätzen und Zielen - dies dient auch der Akzeptanz der Reformumsetzung und würde zudem einen Beitrag zur Ausgestaltung der kommunalen Demokratie bilden;
2. Einbeziehung der Beschäftigten - es wird immer ein Spannungsfeld der unterschiedlichen Interessenslagen geben; Bürger haben andere Interessen als die Beschäftigten in einer Verwaltung. Diese unterschiedlichen Interessen müssen abgewogen werden. Reformen gegen die Interessen der Beschäftigten müssen zwangsläufig scheitern und die Beschäftigten werden sich nicht verweigern, wenn man sie ernsthaft einbezieht und ihren Sachverstand und ihre Kreativität nutzt;
3. Absprache mit der kommunalen Ebene - hier muss erst wieder sehr viel Vertrauen geschaffen werden, nachdem im Zusammenhang mit dem Landeshaushalt die Beziehungen zwischen Land und Kommunen stark belastet wurden.
Meine Damen und Herren, die PDS-Fraktion hat sich bisher aktiv in die Diskussion zur Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform eingebracht und wird dies auch künftig tun. Die Enquetekommission allein ist nicht der Schlüssel zum Erfolg, sie kann nur ein Element sein. Deshalb verweigern wir uns nicht. Wir werden aber gleichzeitig und immer wieder die Landesregierung nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Danke.
Seitens der Abgeordneten liegen mir jetzt keine Redeanmeldungen mehr vor. Für die Landesregierung Herr Innenminister Dr. Gasser.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das war ja wohl wieder einmal ein echter Kuschel. Ich weiß nicht, Herr Kuschel, wer Ihnen diesen Unfug aufgeschrieben hat.
Sie haben gesagt, alle Versuche der Landesregierung seien seit Jahren gescheitert. Ich glaube, es ist Ihnen entgangen, dass sich die Landesregierung seit dem 08.07.2004 im Amt befindet. Aber lassen wir das, Sachlichkeit ist bei Ihnen wenig zu spüren, und wenden wir uns der Angelegenheit in der Sache zu.
Meine Damen und Herren, seit der Wiedergründung des Freistaats Thüringen vor mehr als 14 Jahren haben alle Beteiligten auf allen Ebenen mit viel Engagement und großer Anstrengung an der zukunftsfähigen Ausgestaltung dieses Landes gearbeitet. Vieles wurde inzwischen erreicht, worauf wir mit Recht stolz sein können. Es ist aber bekanntlich eine Binsenwahrheit, dass es eine allgemeine und vor allem endgültige optimale Ausgestaltung für ein staatliches Gemeinwesen nicht geben kann. Sie muss sich vielmehr an den jeweiligen gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen orientieren. Diese Rahmenbedingungen unterliegen natürlich einem steten Wandel und sind zudem nur prognostisch vorhersehbar. Das gilt gerade für unsere heutige Zeit und unseren modernen Verfassungsstaat. Es gehört deshalb zu den wichtigsten Aufgaben der Politik, die aktuellen Entwicklungen zu beobachten und das staatliche Gemeinwesen im Wege fortwährender Selbstkritik an die jeweiligen Notwendigkeiten anzupassen. Namentlich in Thüringen und in anderen jungen Bundesländern haben sich die gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen in den letzten Jahren wesentlich verändert und überdies anders entwickelt, als dies bei objektiver Betrachtung zu erwarten war. Hierzu gehören vor allem die anhaltend schwierige Wirtschaftslage einschließlich der damit verbundenen Steuerausfälle für die öffentliche Hand einerseits sowie der beunruhigende demographische Wandel andererseits. Dies haben wir nicht zu verantworten, das hat die Thüringer Landesregierung nicht zu verantworten, sondern das ist letztlich eine Folge der wirtschaftlichen Situation.
Meine Damen und Herren, diese Entwicklung verkennt die Landesregierung nicht. Herr Ministerpräsident Althaus hat dementsprechend in seiner Regierungserklärung vom 9. September des vergangenen Jahres angekündigt, die Strukturen unseres Landes auf den Prüfstand zu stellen und die notwendigen Reformen durchzuführen. Davon sind die seit der Wiedervereinigung aufgebauten Verwaltungsstrukturen ebenso betroffen wie die bisherige Aufgabenerfüllung. Die gesamte Landesverwaltung einschließlich der Kommunalverwaltungen ist zu straffen. Die Verwaltungsabläufe müssen transparenter, einfacher und insgesamt effektiver gestaltet
werden. Die Gemeindefinanzen müssen reformiert werden und hierzu sind wir zunächst auf uns allein gestellt, weil die angekündigte Gemeindefinanzreform des Bundes bisher nicht in Angriff genommen worden ist.
Zur Umsetzung dieser Vorgaben hat die Landesregierung bereits wichtige Schritte unternommen. Anfang dieses Monats hat sie der Öffentlichkeit das Konzept zur Behördenstrukturreform vorgestellt, dessen Maßnahmen bereits ab dem Doppelhaushalt 2006/2007 zu mehr Effizienz, Bürgernähe und Flexibilität in der Landesverwaltung führen werden. Ferner hat die Landesregierung das Innenministerium beauftragt, in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden sowie in Zusammenarbeit mit allen Ressorts Vorschläge zum Abbau kommunal belastender Standards sowie zur Deregulierung zu erarbeiten. Die hiermit befasste "Arbeitsgemeinschaft Kommunales" hat in den vergangenen Wochen entsprechende Vorschläge erarbeitet. Diese befinden sich derzeit in der Feinabstimmung und werden in Kürze dem Kabinett vorgelegt werden. Gleichzeitig wird die weitere Kommunalisierung von staatlichen Aufgaben geprüft.
Meine Damen und Herren, was für das Land gilt, gilt gleichermaßen aber auch für die Kommunen. Auch deren Strukturen müssen im Lichte der aktuellen Entwicklung fortgeschrieben werden. Zwar hat bereits das Gemeindeneugliederungsgesetz vom Dezember 1996 die kommunalen Verwaltungsstrukturen neu gestaltet und an die Vorgaben der Kommunalordnung angepasst, die Situation namentlich der kleineren Gemeinden hat sich aber aufgrund der genannten Entwicklungen inzwischen sehr deutlich verschärft. Fest steht, dass angesichts der angespannten Finanzsituation des Landes die finanziellen Mittel aus dem Kommunalen Finanzausgleich künftig nicht mehr in der bisherigen Höhe zur Verfügung stehen werden. Darum müssen wir die vorhandenen Ressourcen stärker konzentrieren. Das soll zum einen durch die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen dem Land und den Kommunen, vor allem durch eine Veränderung der Hauptansatzstaffel geschehen, zum anderen müssen wir aber auch in Zukunft verstärkt freiwillige Gemeindezusammenschlüsse fördern. Dazu haben Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, sich in der vergangenen Plenarsitzung auch eindeutig bekannt. Dieses Bekenntnis fügt sich in die bereits bestehende Praxis der Landesregierung ein, die freiwillige Bildung größerer Gemeindestrukturen durch umfassende Beratung zu unterstützen.
Ein Beispiel für erfolgreiche Gebietsveränderungen ist das Thüringer Gesetz zur Neugliederung verschiedener kreisangehöriger Gemeinden vom 8. März des vergangenen Jahres. Mit diesem Gesetz wurden
aufgrund freiwilliger Beschlüsse der beteiligten Gemeinden zum Beispiel eine neue Stadt LeinefeldeWorbis mit mehr als 21.000 Einwohnern und eine neue Gemeinde Gerstungen mit mehr als 6.000 Einwohnern gebildet. Weitere Städte und Gemeinden beraten derzeit über die Schaffung leistungsfähiger kommunaler Strukturen. Die Städte Zeulenroda und Triebes haben bereits Beschlüsse für ein Zusammengehen gefasst.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sehen, die Landesregierung ist sich der aktuellen Erfordernisse sehr wohl bewusst und hat bereits entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Weitere müssen ohne Zweifel folgen. Dabei kann die beantragte Einsetzung einer Enquetekommission durchaus hilfreich sein. Sie ermöglicht es, im Konsens mit allen politischen Kräften und unter Beteiligung externen Sachverstands die Gebiets- und Verwaltungsstrukturen sowie die Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen zum beiderseitigen Wohle und damit zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger weiter zu optimieren. Allerdings scheint mir die Beschreibung des Auftrags der Enquetekommission noch nicht hinreichend durchdacht. Dieser wird an der einen oder anderen Stelle erweitert, eingeschränkt oder schlicht präzisiert werden müssen. Dabei ist auch auf die Einhaltung verfassungsrechtlicher Grenzen zu achten, insbesondere darf auch eine Enquetekommission nicht in den exekutiven Kernbereich eingreifen. Eine so wichtige Angelegenheit bedarf sorgfältigster Vorbereitung. Schnellschüsse sind hier fehl am Platz. Deshalb sollte der Kommission auch ausreichend Zeit für ihre Arbeit gegeben werden. Der Berichtstermin 30.11.2006 dürfte insoweit doch eher knapp bemessen sein.
Vor dem Hintergrund dieser Bedenken regt die Landesregierung an, den Antrag der SPD-Fraktion auf Einsetzung einer Enquetekommission an den Innenausschuss zu überweisen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Mit liegen jetzt keine weiteren Redeanmeldungen vor. Die Anregung des Innenministers hat ja der Abgeordnete Fiedler schon aufgenommen und den Antrag gestellt, diesen Antrag an den Innenausschuss
zu überweisen. Das stelle ich jetzt zur Abstimmung. Wer dem folgt, dass der Antrag der SPD-Fraktion zur Einsetzung einer Enquetekommission im Innenausschuss beraten wird, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Gibt es einige. Mit Mehrheit ist die Überweisung an den Innenausschuss erfolgt.
Zukünftige Ausrichtung der Wirtschaftsförderung in Thüringen Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/714
Soweit mir bekannt ist, wird keine Begründung gewünscht, weil von der Möglichkeit des Sofortberichts Gebrauch gemacht wird. Ich bitte Minister Reinholz um die Berichterstattung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die vor wenigen Tagen vom Statistischen Landesamt veröffentlichten Wirtschaftsdaten des Monats Januar 2005 belegen, dass die Thüringer Wirtschaft gut in das Jahr gestartet ist. Der Gesamtumsatz des verarbeitenden Gewerbes und des Bergbaus stieg im Januar 2005 gegenüber dem Januar 2004 um immerhin 11 Prozent. Bei den Auslandsumsätzen war ein Plus von 24 Prozent zu verzeichnen. Ich denke, diese Daten unterstreichen, dass die Entwicklung des verarbeitenden Gewerbes immer mehr zur tragenden Stütze unserer Wirtschaftsentwicklung wird.
Die Fragen, die Herr Matschie an die Landesregierung richtet, sollten auch in Richtung Berlin gestellt werden, wo die SPD die Regierungsverantwortung trägt.
insbesondere aber zu der Frage, wie der Aufbau Ost weiter voranzubringen ist. Um es vorweg zu nehmen, die Landesregierung wird nicht den Vorschlägen der Dohnanyi-Kommission folgen, die offenbar auch von Minister Stolpe unterstützt werden. Darin sind sich die Ministerpräsidenten der neuen Bundesländer - mit Ausnahme Brandenburgs - einig.