Protocol of the Session on February 25, 2005

Die genaueren Erwägungen der Ausschussberatungen und die Gründe für die Entscheidung des Ausschusses entnehmen Sie bitte der Vorlage 4/588.

Die Frage, ob eine Einspruchsberechtigung vorlag, konnte zuletzt aber unberücksichtigt bleiben, weil der Einspruch selbst unbegründet ist. Wegen der Unbegründetheit des Einspruchs hat der Wahlprüfungsausschuss auch auf eine mündliche Verhandlung verzichtet. Die von der BSU gerügten Beeinträchtigungen ihres Wahlkampfs reichen nicht aus, um unter den besonderen Voraussetzungen für das Vorliegen von Wahlfehlern durch Dritte einen Wahlfehler zu begründen. Wir bitten um Zustimmung zu

dieser Vorlage. Danke.

Zur Berichterstattung aus dem Wahlprüfungsausschuss zur Drucksache 4/589 hat der Abgeordnete Pidde das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in Drucksache 4/589 geht es um die Wahlanfechtungssache des Herrn Steffen Bachmann aus Hirschberg. Er hat Einspruch gegen die Gültigkeit der Landtagswahl eingelegt, weil er Ungereimtheiten bei der Aufstellung des Kandidaten und Abgeordneten Herrn Wetzel gesehen hat. Der Wahlvorschlag der CDU, darauf war geschrieben: "Wetzel, Siegfried Alwin, Landmaschinenschlosser, Diplomingenieur (FH) Verkehr" als Berufsbezeichnung. Im Amts- und Mitteilungsblatt des Saale-Orla-Kreises stand dann: "Wetzel, Siegfried" und als Berufsbezeichnung "Diplom-Verkehrsingenieur" und auf dem Stimmzettel für die Landtagswahl: "Wetzel, Siegfried, Diplomingenieur (FH) Verkehr". Der Wahlprüfungsausschuss hat den Einspruch von Herrn Bachmann in mehreren Sitzungen beraten und entsprechende Sachaufklärung eingefordert und auch erhalten.

Im Wahlkreisausschuss wurde darüber beraten, dass die Berufsbezeichnung entsprechend lang ist und so auf dem Wahlzettel nicht angegeben werden konnte und deshalb gab es ein Gespräch zwischen dem Wahlkreisleiter und dem Verantwortlichen für den Wahlvorschlag, um das Ganze zu klären. Es ist also kein Fehler bei der Vorbereitung der Wahl entstanden, wie das Herr Bachmann vorwirft. Die Bekanntmachung war zwar nicht korrekt, weil dort der Zusatz "FH" fehlte, aber der Stimmzettel war voll und ganz in Ordnung. So hatten wir zwar in der Bekanntmachung eine Unkorrektheit - nennen wir es einmal so -, die aber nicht erheblich ist und so hat der Wahlprüfungsausschuss einstimmig festgestellt, dass diese kleine Unkorrektheit keinesfalls wahlrelevant ist. Der Einspruch ist also offensichtlich unbegründet und der Wahlprüfungsausschuss schlägt dem hohen Haus einstimmig vor, diesen Einspruch zurückzuweisen. Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke den Berichterstattern. Wird das Wort zur Aussprache gewünscht? Das ist offensichtlich nicht der Fall.

So stimmen wir über diese drei Anträge ab, und zwar als Erstes über den Antrag des Wahlprüfungsaus

schusses in Drucksache 4/532. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Gibt es auch nicht. Damit ist der Antrag angenommen.

Wir stimmen als Nächstes über den Antrag des Wahlprüfungsausschusses in Drucksache 4/588 ab. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Der Antrag ist einstimmig angenommen.

Zuletzt stimmen wir ab über den Antrag des Wahlprüfungsausschusses in Drucksache 4/589. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag auch einstimmig angenommen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 7 a, b und c.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf

Konzept "Bildung und Betreuung von 2 bis 16" Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/556

Die antragstellende Fraktion verzichtet auf die Begründung, weil von der Möglichkeit des Sofortberichts Gebrauch gemacht wird. Herr Kultusminister, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Reformen dauerhaft sein sollen, dann müssen sie langsam durchgeführt werden. Das wusste schon der Theoretiker der Macht Machiavelli.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Herr Alt- haus, gutes Zitat.)

Für die Praktiker der Politik - wir reformieren im Interesse unserer Kinder und Jugendlichen systematisch und mit Bedacht das Betreuungsnetzwerk von den Kindertagesstätten bis zur Jugendarbeit. Wir handeln nach der Maxime: Wer Neues will, muss immer Altes verbessern, und da wird man auch mit Widerstand, Protest und Happenings von Strukturkonservativen rechnen müssen.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Struk- turkonservativen?)

Als Wertkonservative gilt für uns: Das Bewährte bewahren, das Verbesserungswürdige reformieren. Genau das tun wir mit dem Konzept "Bildung und Betreuung von 2 bis 16". Der Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung das Konzept für Anfang dieses Jahres angekündigt. Das Kabinett hat es am 25. Januar zustimmend zur Kenntnis genommen, wir haben den Zeitplan eingehalten und wir sind jetzt mitten in der öffentlichen Diskussion. Gern gebe ich einen ersten Zwischenbericht über den aktuellen Sachstand.

Zunächst vorab, warum reformieren wir? Nicht, weil unsere Ausgangsposition schlecht wäre, ganz im Gegenteil, sondern weil wir Gutes besser machen wollen. Thüringen hat bereits ein im Bundesvergleich vorbildliches Betreuungssystem, um das uns viele andere Länder beneiden. Fast 60 Prozent unserer Grundschüler besuchen den Hort. Auf einen Hortplatz gibt es in Thüringen einen Rechtsanspruch. Im letzten Jahr vor der Einschulung besuchen in Thüringen ca. 97 Prozent der Kinder den Kindergarten. Das Betreuungsangebot für Kinder und Jugendliche an weiterführenden Schulen und in der freien Jugendarbeit ist flächendeckend. Mehr als 80 Prozent der Schulen haben Programme der außerunterrichtlichen Betreuung mit eigenem pädagogischen Konzept eingerichtet. Was sind unsere Ziele? Wir wollen dieses hohe Niveau halten, ja, es in seiner Leistungsfähigkeit stärken, zugleich wollen wir aber seine Effektivität erhöhen. Dazu werden wir die Vernetzung unterschiedlicher Betreuungs- und Bildungsangebote verbessern, und zwar sowohl die vertikale Vernetzung, etwa zwischen Kindertagesstätten und Grundschulen, als auch die Vernetzung in horizontaler Richtung, etwa zwischen Schuljugendarbeit und Jugendhilfe. Die Schule wird stärker im sozialen Raum, in ihrem sozialen Umfeld verankert und es wird gegenseitige Synergien geben.

Meine Damen und Herren, Untersuchungen der OECD zeigen, dass durch Dezentralisierung und Verlagerung bildungspolitischer Kompetenzen sowohl das Elternrecht als auch die bildungspolitische Verantwortung vor Ort gestärkt werden. Das ist unser Ziel. Das ist übrigens ganz im Sinne der Enquetekommission "Erziehung und Bildung in Thüringen".

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Noch!)

Die Eltern und die Erziehungsberechtigten können viel mehr Einfluss nehmen, wenn die Verantwortung vor Ort liegt. Die Verantwortlichen sollen praxisnah, direkt und unkompliziert an effektiven Wegen für eine Verbesserung der Bildungs- und Betreuungsqualität mitwirken. Die Verantwortung soll möglichst nahe an dem Geschehen liegen. Die Entscheidung, das Personal der staatlichen Grundschulhorte schritt

weise in die Verantwortung der Kommunen zu übertragen, folgt genau dieser Erkenntnis. Die Übertragung der Aufgaben an die Kommunen wird durch Gesetz erfolgen. Wir werden in unser ganzheitliches Konzept aber alle Bereiche einbeziehen, nicht nur Kindertagesstätten, Grundschulen und Horte, sondern auch die weiterführenden Schulen, also Regelschulen, Gymnasien, Förderschulen, berufsbildende Schulen und auch die Angebote der Kommunen und freien Träger. Wir wollen noch bestehende Grenzen zwischen den Angeboten abbauen und vorhandene Angebote stärker vernetzen. Dadurch werden wir Synergien bei den derzeitig bestehenden Angeboten erschließen. Das Kinder- und Jugendhilfegesetz ermöglicht spezifische landesrechtliche Regelungen. In Thüringen sind die Jugendämter für die Betreuung der Kinder unter 3 Jahren und der Kinder im Kinderhort zuständig. Die Sicherung des Rechtsanspruchs für Kinder im Alter von 2 Jahren und 6 Monaten bis zum Schuleintritt liegt bei uns in der Verantwortung der Wohnsitzgemeinde, in anderen Ländern bei den örtlichen Trägern der Jugendhilfe. Durch eine größere Vielfalt und mehr Flexibilität in den Angeboten sichern wir mit unserem neuen Konzept eine gute Betreuung. Keiner will überall das Gleiche, sondern das, was vor Ort notwendig und richtig ist. Wir zeigen in unserem Konzept zugleich Entwicklungspotenziale. Wir setzen neue Akzente durch Vernetzung und Qualitätsstandards. So nutzen wir alle Ressourcen im Interesse unserer Kinder. Mit dem Konzept geht ein Paradigmenwechsel einher, hin zu mehr Verantwortung, aber auch zu größeren Gestaltungsspielräumen vor Ort. Die Eltern und die örtlich Verantwortlichen müssen die Chance haben, diesen neuen Ansatz auszuloten. Deshalb soll die Umgestaltung stufenweise und über einen mittel- bis längerfristigen Zeitraum erfolgen. Es gilt, alle Partner durch Praxisbeispiele zu gewinnen und die Entwicklung alternativer Modelle zu ermöglichen. In den kommenden Jahren werden Pilotprojekte ermöglicht in Verantwortung und unter Mitwirkung von Kommunen bzw. von freien Trägern für den städtischen und für den ländlichen Raum, für unterschiedliche Bildungs- und Betreuungsangebote, für offene und gebundene Ganztagsschulen, für Kinderhorte nach dem Kindertagesstättengesetz mit dem Ziel einer engeren Zusammenarbeit von Familienbildungsträgern, Kindertagespflege, Kindertageseinrichtungen, Grundschule, weiterführender Schule und Jugendhilfe. Wir beabsichtigen, mit den kommunalen Spitzenverbänden einen Vertrag zu "Bildung und Betreuung von 2 bis 16" abzuschließen, der Betreuungsumfang und Qualität auf der Basis eines verlässlichen finanziellen Rahmens gewährleistet. Bereits heute sind im Haushalt des Landes für die verschiedenen Betreuungsangebote Mittel von 192 Mio.   stellt. Das ist eine Finanzausstattung, die beispielhaft ist und von keinem unserer Nachbarbundes

länder erreicht wird. Daher bin ich fest davon überzeugt, dass wir hier eine gute Partnerschaft mit den Verantwortlichen vor Ort erreichen. Welche Reaktionen gab es bisher? Staatskanzlei und Kultusministerium haben zahlreiche Briefe Betroffener erhalten. Sowohl positive Erfahrungen mit der bisherigen Ortsstruktur als auch Befürchtungen wurden deutlich,

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Das ist richtig.)

zum Beispiel, wie sieht künftig die Zusammenarbeit Schule und Hort aus, wie und wann wird das Erzieherpersonal in die Zuständigkeit der Kommunen übergeben? Bleiben die bisherigen Bildungs- und Erziehungsstandards erhalten? Wird das Hortangebot bezahlbar bleiben? Ich spüre, es gibt viel Sorge um das Wohl unserer Kinder. Es gibt Fragen. Es gibt auch Verunsicherung. Auf diese und andere Fragen habe ich mit zwei offenen Briefen an die Erzieher und an die Eltern geantwortet und auf verschiedenen Veranstaltungen auch auf der Regierungspressekonferenz bei der Vorstellung des Konzepts Rede und Antwort gestanden. Mein dortiges Statement ist im Internet abrufbar. Das Wichtigste aber hier noch einmal: Bei der bewährten Bildungs- und Betreuungsarbeit im Grundschulbereich wird es keine Einschränkung geben. Alle Kinder werden weiter verlässlich betreut, auch nach 2008. Eltern sollen bei der Hortbetreuung zwischen unterschiedlichen Angeboten wählen können, in der offenen oder gebundenen Ganztagsschule, im Sozialrahmen der Kommune und in Kinderhorten nach Kita-Gesetz. Zur Gewährleistung von Bildungs- und Betreuungsangeboten im Rahmen der offenen Ganztagsschule wird das Land Standards setzen. Diese beinhalten u.a. verlässliche Anfangs- und Endzeiten und damit Planungssicherheit für die Familien, eine Rhythmisierung des Unterrichts sowie eine Vernetzung von Unterricht und außerunterrichtlichen Angeboten in der Schule. Dem Willen der Eltern entsprechend wird sich ein plurales, zum schulischen Angebot ergänzendes oder alternatives Betreuungsangebot etablieren. Ich betone es noch einmal sehr deutlich: Unser Konzept ist kein Mittel zur Personal- oder Kostenreduzierung.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Das werden wir ja sehen.)

Das Land bekennt sich zu seinem Anteil an Verantwortung für Bildung und Betreuung.

(Beifall bei der CDU)

Die mit dem gestern verabschiedeten Haushalt in diesem Jahr zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel - ich wiederhole das noch mal, 192 Mio.  bilden auch den Rahmen für künftige Finanzausstattungen.

Meine Damen und Herren, neben vielen kritischen Stimmen gibt es ein beachtliches bundesweites Medienecho, das vor allem die Chancen des Konzepts betont: ein Betreuungsangebot aus einem Guss, also ganzheitlich, eine Gewährleistung von Qualitätsstandards, ein Bildungsplan von 0 bis 10, die Überwindung von Grenzen, die Nutzung von Synergien, die bessere Nutzung von Ressourcen, die Träger- und Angebotsvielfalt, die höhere Verantwortung vor Ort. Auch das ermuntert uns, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Wie setzen wir das Konzept nun um? Was haben wir seit Vorlage des Konzepts am 25. Januar, also vor vier Wochen, getan? Wie sieht der weitere Fahrplan aus?

Innerhalb der letzten vier Wochen haben wir eine intensive Diskussion mit Betroffenen geführt, konkret im Einzelnen Gespräche mit Kommunen, mit den kommunalen Spitzenverbänden, mit der interessierten Öffentlichkeit auf verschiedenen Veranstaltungen, mit den Grundschulreferenten und Hortkoordinatoren, den Leitern der Staatlichen Schulämter, mit Gewerkschaften und Verbänden, mit den Landesfachberaterinnen von Kindertageseinrichtungen. Sie sehen, wir nehmen unser Versprechen ernst, mit allen Beteiligten Gespräche zu führen, und wir werden diese fortsetzen. Wir nehmen die vielen Briefe ernst, die bei uns eintreffen. Über 500 sind es bis heute, meist mit langen Unterschriftenlisten von beinahe 36.000 Bürgerinnen und Bürgern, aber es sind auch Briefe darunter von Kommunen und verschiedenen Trägern der Jugendhilfe, die ganz konkrete Angebote für gemeinsame Modellprojekte unterbreiten. Wir gehen all dem mit Umsicht und Sorgfalt nach und wir gehen auf die Sorgen des Bündnisses ein. So werde ich heute auch mit Vertretern des Bündnisses sprechen und ich greife auch gern deren Fragen auf.

Was tun wir in Zukunft? Selbstverständlich setzen wir die Gespräche mit allen Beteiligten fort. Wir werden in allen Schulamtsbereichen bis zum Schuljahresende das Konzept auf Regionalkonferenzen gemeinsam mit den Partnern erörtern. Wir werden es auch auf dem Bildungssymposium am 28. Mai thematisieren. Zudem werden wir, ausgehend von den Leitlinien für frühkindliche Bildung, einen Bildungsplan 0 bis 10 erarbeiten. Wir entwickeln derzeit ein 600-Stunden-Programm in Ergänzung der bisherigen Ausbildung der Erzieher an den Fachschulen. Zur Entwicklung des Unterstützungssystems für Kindertageseinrichtungen konnten wir als Experten Professor Tietzel von der Freien Universität

Berlin gewinnen. Er übernimmt die Ausbildung von Multiplikatoren zur Evaluation unserer Kindertageseinrichtungen. Gemeinsam mit dem Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit und den kommunalen Spitzenverbänden entwickeln wir Qualitätskriterien für Schuljugendarbeit, Ganztagsschulen und Sozialarbeit an Schulen auf der Basis des vorliegenden Thüringer Qualitätsrahmens. Zusätzlich zum bestehenden Bildungs- und Betreuungsangebot starten wir im nächsten Schuljahr die angeführten Pilotprojekte. Unser Ziel ist es, bis spätestens 2008 nach Auswertung auch erster Erfahrungen aus den Pilotversuchen mit den kommunalen Spitzenverbänden den schon erwähnten Pakt zur Umsetzung unseres Konzepts zu vereinbaren. Die erforderlichen Gesetzesänderungen werden vorbereitet.

Ich komme zum Fazit. Wir haben ein tragfähiges Konzept vorgelegt, das gründlich erarbeitet wurde, zurzeit diskutiert und dann behutsam umgesetzt wird. Es geht nicht um Einschränkung oder gar Abschaffung von Betreuung im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit. Es geht darum, das Bildungs- und Betreuungssystem weiterzuentwickeln, die Verantwortungsgemeinschaft vor Ort durchgehend von der Kinderkrippe über die Hortbetreuung bis hin zur Jugendarbeit in und außerhalb der Schule zu stärken sowie dem Elternrecht noch mehr Gewicht zu verschaffen. Zwei Ziele stehen dabei im Vordergrund: die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die stetige Verbesserung der Qualität von Bildung und Betreuung in den Altersgruppen von 2 bis 16. Es geht, meine Damen und Herren, um die Zukunft unserer Kinder und damit um die Zukunft unseres Landes.

(Beifall bei der CDU)

Mit liegen zahlreiche Wortmeldungen vor. Kann ich davon ausgehen, dass alle Fraktionen die Aussprache zum Bericht wünschen? Gut, dann rufe ich als Erste in dieser Aussprache für die PDSFraktion Frau Abgeordnete Jung auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich werde mich in meiner Rede ausschließlich auf den Elementarbereich und da speziell auf den Bildungsauftrag im Elementarbereich beziehen. Unter Elementarerziehung wird im engeren Sinne die vorschulische Pädagogik für Kinder zwischen 3 und 6 Jahren verstanden. Im weiteren Sinne und im umfassenderen Verständnis sind damit institutionelle Angebote für alle Kinder bis zur Einschulung gemeint, die sich außerhalb der Familie der Betreuung, der Förderung, Erziehung und Bildung widmen.

Diese Angebote von Kitas gewinnen immer größere Bedeutung. Den Eltern soll Berufstätigkeit ermöglicht werden und die Kinder sollen mit einem umfassenden Bildungsangebot in verschiedenen Bereichen gefördert werden und sie sollen soziale Benachteiligungen ausgleichen helfen. Denn gerade nach dem PISA-Schock finden sich die vorschulischen Einrichtungen plötzlich in der Rolle als Hoffnungsträger für eine bessere Bildung für alle wieder. Während sich die Schule auf die gezielte Vermittlung von Fähigkeiten und Wissen konzentriert, steht in den Kitas das soziale Lernen im Mittelpunkt. Ja, und hier spätestens stellt sich die erste Frage: Elementarbereich im engeren oder im weiteren Sinne? Bildung von 2 oder schon von Geburt an? Sie haben ja jetzt gerade erklärt, dass Sie einen Bildungsplan von 0 bis 10 erstellen und da stellt sich für uns schon die Frage, warum dann das Bildungskonzept "2 bis 16" Jahre heißt und nicht "0 bis 16" Jahre. Die Antwort scheint klar.

(Beifall bei der PDS)

Wenn man das Konzept liest, steht nicht drauf, was drinsteht. Im Konzept gehen Sie teilweise zwar sehr inkonsequent damit um, Sie reden von Bildung ab 2, aber Sie sprechen zum Beispiel von Tagespflege und von Kinderkrippe und das ist natürlich ein Angebot ab 0 Jahre. Hier beginnt für die Kindertagesstätten spätestens die Verwirrung. Sie sprechen vom Ausbau der Tagespflege und erklären, dass das Krippenangebot erhalten bleibt. Herr Panse hat gestern angedeutet, wenn das Landeserziehungsgeld wegfallen soll, dann denkt man über einen Rechtsanspruch ab 2 Jahre nach. Das ist durchaus begrüßenswert. Klar ist das aber in dem Bildungskonzept nicht dargestellt: Bildungsplan - ich wiederhole es - von 0 bis 10. Ich bitte Sie, beseitigen Sie diese Irritationen in Ihrem Konzept, die nur zur Verunsicherung unter den Betroffenen führen.

Meine Damen und Herren, Bildung ist ein aktiver Prozess. Das Kind muss von Anfang an unterstützt werden, seine von Geburt an vorhandenen Fähigkeiten zu entfalten. Das fordert logischerweise eine neue Bildungspraxis. Hier stoßen wir, denke ich, auf ein grundlegendes Dilemma Ihres Bildungskonzepts. Sie schreiben in Ihrem Konzept zwei unterschiedliche pädagogische Systeme zusammen, die in divergierenden Politik- und Verwaltungsstrukturen eingepasst sind: zum Ersten, wie Sie selbst gesagt haben, die Kinder- und Jugendhilfe in kommunaler Verantwortung der Jugendämter in Thüringen; zum Zweiten die Schule in staatlicher Länderverantwortung des Ministeriums. Daraus ergeben sich mancherlei Unzuträglichkeiten. Jeder macht den anderen zum Sündenbock, obwohl oder weil sie wenig voneinander wissen und bisher nur geringen Austausch miteinander pflegen. Keiner will vom anderen ge

forderte zusätzliche Aufgaben übernehmen, weil dazu natürlich auch die erforderlichen Finanzressourcen fehlen. Und schließlich wirken in beiden Systemen pädagogische Fachkräfte, die an völlig anderen Ausbildungsstätten auf unterschiedlichem Niveau qualifiziert wurden und deshalb mehr als Vorurteile über jeweils andere produzieren können. Während die einen, nämlich das Fachpersonal in den Kindertageseinrichtungen, auf Fachschulniveau ausgebildet, zu den am schlechtesten bezahlten Pädagogen in Europa gehören, rangieren Lehrerinnen und Lehrer als Hochschulabsolventen, als Akademiker ganz oben im Einkommensbereich. Und nun, ich komme noch einmal darauf zurück, wird ein weiteres Problem deutlich: Einerseits führen Sie in dem Bildungskonzept Elementar- und Primärbereich zusammen, was sehr zu begrüßen ist, andererseits wissen Sie nicht, wie Sie die Verwaltungsstrukturen mit durchaus widerspenstigen rechtlichen Grundlagen zusammenwachsen lassen sollen und können. Vielleicht brauchten Sie ja auch eine Skatrunde der Minister, wenn ich mir die Verantwortlichkeiten betrachte. Da haben wir Sie als Kultusminister mit dem schlagkräftigsten Blatt: die Bildung von 2 bis 16, Grundschule, Hort, Kindertagesstätte, Schule. Wir haben als zweiten Spieler den Minister für Soziales, Familie und Gesundheit, der nicht anwesend ist, der laut Ihrem Konzept für 807 Kinder in Thüringen in der Tagespflege verantwortlich ist. Und zum Skaten braucht man ja mindestens noch den dritten Mann, da können wir uns welche heraussuchen, einmal den Bauminister, der jetzt zuständig ist für die materiellen Voraussetzungen, die sind auch wichtig, aber man könnte sich auch den Innenminister vorstellen, der für die Kommunen zuständig ist. Wenn mal einer von den Herren eine Pause machen will, dann könnte auch noch unser Ministerpräsident mit in die Runde aufgenommen werden, nämlich dann, wenn die Familie, die auch in dem Konzept eine Rolle spielt, wieder zur Chefsache wird.

(Zwischenruf Abg. Reimann, PDS: Fi- nanzminister fehlt.)

Finanzministerin, ja, Skatrunden - na gut, Frauen spielen auch Skat, ja.

(Beifall bei der PDS)