Wir sind eines der ersten Bundesländer, die ein solches Gesetz auf den Weg bringen. Die Landesregierung legte ein in sich geschlossenes Thüringer Untersuchungshaftvollzugsgesetz vor, das sich nicht nur auf die Normierung der wesentlichen Eingriffsermächtigungen beschränkt, sondern auch Regelungen für die Ausgestaltung des Vollzugs der Untersuchungshaft enthält.
Der Thüringer Landtag hat den Gesetzentwurf am 29. Januar 2009 an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten überwiesen. Dieser Ausschuss hat den Entwurf in seiner 55. Sitzung am 30. Januar 2009, in seiner 56. Sitzung am 12. März 2009, in seiner 58. Sitzung am 23. April 2009 sowie in seiner 59. Sitzung am 28. Mai 2009 beraten und ein mündliches Anhörungsverfahren in öffentlicher Sitzung am 12. März 2009 durchgeführt.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, der Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten einigte sich auf die Annahme des Gesetzentwurfs mit einigen Änderungen, die Sie im Einzelnen der Drucksache 4/5260 entnehmen können. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Ministerin, auch unsere Fraktion hat sich während und nach der Anhörung im Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten deutlich geäußert, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung ein Schritt in die richtige Richtung ist, das gebe ich gern zu.
Herr Mohring, das irritiert mich jetzt wieder etwas, dass gerade Sie applaudieren, aber ich war mit meinem Satz noch nicht zu Ende.
Deshalb haben Sie von uns entsprechende Änderungsanträge vorliegen, denen Sie gerne zustimmen können.
Insofern noch mal ein Appell an Sie: Nutzen Sie die Möglichkeit heute in der zweiten Lesung - Sie haben sie verpasst im Ausschuss -, hier Zustimmung zu signalisieren.
Diese Vorschläge, meine Damen und Herren, sind von den Sachverständigen schriftlich zugeleitet worden. Wir haben sie als Fraktion DIE LINKE im vorliegenden, umfangreichen Änderungsantrag in weiten Teilen aufgegriffen, weil diese Vorschläge ganz einfach schlüssig sind und unterschiedlich interpretierbare Paragraphen heilen und diese konkretisieren.
Meine Damen und Herren, durch die Föderalismusreform sind ja nun neuerdings die Länder für das Recht über den Vollzug der Untersuchungshaft zuständig. Wir als Fraktion DIE LINKE haben immer wieder auf die negativen Auswirkungen hingewiesen, die diese Rechtszersplitterung bei Untersuchungshaft, bei Strafvollzug und bei Jugendstrafvollzug haben kann. Eine Reihe von Bundesländern sieht diese Gefahren ebenso. Ob aber die Bildung von Arbeitsgruppen und gemeinsame Länderentwürfe die Gefahren einer zukünftigen Rechtszersplitterung tatsächlich auch verhindern, wird sich erst zeigen, wenn die Vorschriften in den beteiligten Ländern angewendet werden.
Wir fordern daher als Fraktion DIE LINKE eine dauerhafte Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern auch nach Abschluss der Erarbeitung dieser Gesetze. Ich denke, die Notwendigkeit sollte in dieser Frage auch unstrittig sein. Wir denken aber trotzdem, dass die Übertragung der Gesetzgebungszuständigkeit auf die Länder in diesem Fakt in der Sache eben nicht gerechtfertigt war. Die Tatsache, dass uns mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erstmals ein in sich geschlossenes, strukturiertes und detailliertes gesetzliches Regelwerk für den Vollzug der Untersuchungshaft vorliegt, ist positiv zu bewerten. Schon seit Jahrzehnten wurde von Fachleuten aus Wissenschaft und Praxis und durch die Rechtsprechung eine solche Grundlage angemahnt. Jedoch sehen wir eine Reihe von Regelungspunkten sehr kritisch. Wir haben als Fraktion in den Ausschussberatun
gen diese kritische Diskussion zu führen versucht; die vorliegenden Änderungsanträge stützen sich auf kritische Verbesserungsvorschläge von Anzuhörenden, die auch nicht alle von uns, von der LINKEN, benannt worden waren.
Die Untersuchungshaft ist eine sehr weitreichende staatliche Repressionsmaßnahme. Sie ist eine auf längere Dauer angelegte Freiheitsentziehung und wird verhängt, um den ungehinderten Fortgang des Ermittlungsverfahrens bzw. des Strafprozesses abzusichern. Grundlage ist nicht wie bei der Strafhaft eine rechtskräftige Verurteilung. Haftgrund ist eine Gefahrenprognose. Es kann sich herausstellen, dass der von der Untersuchungshaft Betroffene gar nichts mit der Straftat zu tun hat, in deren Zusammenhang er inhaftiert wurde. Untersuchungsgefangene sind Menschen, für die die Unschuldsvermutung im besonderen Maße berücksichtigt werden muss, denn sie sind im besonderen Maße Einschränkungen ihrer persönlichen Rechte ausgesetzt. Bei zahlreichen Untersuchungsgefangenen stellte sich im Nachhinein nach Abschluss der Ermittlungen heraus, dass sie tatsächlich unschuldig sind.
Staat bzw. Justiz befinden sich in einem schwierigen Abwägungsprozess zwischen Schutz der Grundrechte und Aufklärungsinteresse an Straftaten. Nach Ansicht meiner Fraktion müssen die Rechte des Betroffenen so weit wie möglich gewahrt werden, das gilt besonders für die Grundrechte; alles andere käme praktisch einer vorgezogenen Strafhaft gleich. Das ist verfassungsrechtlich nicht nur bedenklich, sondern auch unzulässig.
Vor dem Hintergrund, meine Damen und Herren, dieser Standpunkte und Fakten sehen wir als Fraktion DIE LINKE beim vorliegenden Gesetzentwurf auch nach Anhörung und Beratung im Justizausschuss in den folgenden genannten Punkten Probleme. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Fraktion der CDU bei der Videoüberwachung zumindest noch den Datenschutz nachgebessert hat. Ich möchte aber auf diese Sachfrage nicht mehr eingehen, was diese Problematik Videoüberwachung angeht. Man könnte da noch eine halbe Stunde zum Inhalt Darlegungen machen.
Wenn den schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs entgegengewirkt werden soll, ist es schwer nachvollziehbar, warum der Gesetzentwurf Fragen der sozialen Begleitung und Unterstützung nur in sehr allgemeiner Art anspricht. Hier muss die Anstalt aus unserer Sicht verpflichtet werden, alles zu tun, damit die Betroffenen solche Hilfs- und Unterstützungsangebote direkt in der Anstalt im notwendigen Umfang in Anspruch nehmen können. Darauf zielt zum Beispiel der Änderungsantrag in § 7. Hilfe zur Selbsthilfe wird in dieser existenziellen Situation für U
Haftgefangene nicht der einzig gangbare, nicht einmal der vorrangig gangbare Weg sein. Das Gesetz weist an wichtigen Stellen gefährliche Generalklauseln auf, insbesondere angesichts der Realitäten im Thüringer Strafvollzug. Hier sei nur das Stichwort der Überbelegung genannt.
Zum Punkt Trennungsgrundsatz: In der Theorie wird in § 11 Abs. 1 die Einzelunterbringung festgelegt. Zwei Sätze weiter wird mit Verweis auf die geringe Anzahl von U-Haftgefangenen die Abweichung von der Einzelunterbringung erlaubt. Dass es auch Fälle geben kann, in denen eine Zusammenlegung mit anderen Gefangenen sinnvoll sein kann, zum Beispiel aus psychologisch-medizinischen Gründen, ist keine Rechtfertigung für eine solche Generalklausel.
2008, meine Damen und Herren, waren im Durchschnitt 215 Untersuchungshäftlinge in Thüringer Justizvollzugsanstalten untergebracht. Angesichts dieser geringen Anzahl ist zu befürchten, dass es nicht zur Verwirklichung dieses hehren Grundsatzes kommt. Die Einzelunterbringung ist wichtig, damit sich die Betroffenen möglichst ungestört auf ihr Verfahren vorbereiten können. Die Gefahr der faktischen Aushöhlung des Gebots von U-Häftlingen und solchen, die eine Straftat verbüßen, muss nach Ansicht meiner Fraktion durch die Festlegung der zentralen Zuständigkeit von einer Vollzugsanstalt für den UHaftvollzug gebannt werden. Die Problematik wiederholt sich ebenfalls noch mal in § 13.
Diese hochproblematische Aufweichung des Grundsatzes der getrennten Unterbringung gibt es auch in dem Bereich der jugendlichen U-Häftlinge. So will ich auf die strikte Trennung von Jugendlichen und Erwachsenen, welche ja eine besondere Bedeutung hat, ebenfalls noch mal verweisen. Zu diskutieren ist auch die sehr dehnbare Vorschrift über die Festlegung der Belegungsgrenzen von Hafträumen. Daher finden sich im Änderungsantrag meiner Fraktion DIE LINKE alternative Vorschläge. So dürfen zum Beispiel die Belegungsgrenzen nur in absolut unabweisbaren Notfällen und kurzfristig überschritten werden. Ein Recht auf Arbeit und Beschäftigung in der Anstalt während der Haft ist wichtig, aber die Vorbereitung und die Aufarbeitung auf das Strafverfahren und während diesem darf, denke ich, auch darunter nicht leiden. Bekanntermaßen haben zurzeit schon nur 60 Prozent der Strafgefangenen eine Beschäftigung, die verbleibenden 40 Prozent sind sicherlich nicht alle beschäftigungsuntauglich oder -unwillig. Da wird für die U-Häftlinge praktisch nicht mehr viel übrig bleiben.
Der Katalog der Repressionsmaßnahmen, meine Damen und Herren, ist sehr umfangreich und dem, was in der normalen Strafhaft möglich ist, sehr ähnlich oder gar deckungsgleich. Wo bleibt hier der Respekt
Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass die Kontakte zu Anwälten, auch wenn sie nicht die Funktion des persönlichen Strafverteidigers übernehmen, vor Beeinträchtigungen sicher sind. Das Mandatsverhältnis, meine Damen und Herren, muss respektiert werden. Die Besuchszeiten sind viel zu eingeschränkt. Gerade in der Untersuchungshaft braucht der Gefangene soziale Kommunikation. Deshalb fordert auch meine Fraktion eine Besuchszeit von wöchentlich zwei Stunden.
Es gibt einige Regelungen mit deutlichem grundrechtlichem Problempotenzial, so die Möglichkeit, jemanden von Gottesdiensten und vergleichbaren religiösen Veranstaltungen auszuschließen wie in § 30. Auch hier meine und unsere Frage: Wo bleibt hier das Grundrecht auf Glaubensfreiheit? Die Befugnis der Anstalt, Schreiben anzuhalten, wenn sie kritische Äußerungen zu den Zuständen in der Anstalt enthalten, und dem Schreiben des U-Häftlings eine Gegendarstellung der Anstalt beizugeben - so zu lesen in § 39 -, hier, denke ich, gilt auch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit, nur für den Untersuchungsgefangenen mit der richtigen Sicht auf die Dinge, ich setze dem ebenfalls ein großes Fragezeichen entgegen, was man auch immer in diesem Zusammenhang unter „korrekt“ verstehen möge. Der weitgehende Verweis auf das Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetz transportiert all die offenen Problempunkte dieses Gesetzes und das auf Jugendliche anwendbare Untersuchungshaftvollzugsrecht. Es gelten die gleichen exzessiven Disziplinarmaßnahmen; entgegen der Vorgaben der UNO, auch das ist diskutiert worden im Ausschuss, ist sogar der Einsatz von Schusswaffen erlaubt. Deshalb beantragt auch meine Fraktion die Änderung wie schom beim Jugendstrafvollzugsgesetz, das Verbot des Einsatzes von Schusswaffen.
Es bleiben also noch genügend Punkte. Ich könnte noch weiter ausführen; Sie können ja dem Katalog unserer Änderungsanträge entnehmen, was aus der Sicht der LINKEN verändert werden muss. Wir werden uns als Fraktion DIE LINKE auch mit Sicherheit in der kommenden Legislaturperiode mit Blick, Frau Ministerin, auf die Ergebnisse aus der praktischen Anwendung konsequent für eine Überprüfung und Nachbesserung des Untersuchungshaftvollzugsgesetzes und des Jugendstrafvollzugsgesetzes einsetzen. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Meißner hat in ihrer Berichterstattung vorhin schon einmal darauf hingewiesen, der Ursprung dessen, womit wir uns heute beschäftigen, ein Gesetz für die Untersuchungshaft in Thüringen, hat seine Wurzeln im Jahre 2006. Die Föderalismusreform, eine von vielen als wahrhaft historisches Werk angesehene Reform, hat unter anderem auch den Bundesländern die bis dahin beim Bund geregelten Kompetenzen für den Strafvollzug sowohl bei den Erwachsenen, sowohl bei den Jugendlichen als auch für die Untersuchungshaft übertragen. Wie es dazu kommen konnte - keiner will es heute so richtig mehr gewesen sein, es gab in dieser damaligen Anhörung, an der ich selbst teilgenommen habe als Gast, sehr, sehr viele Argumente, die gegen eine solche Übertragung gesprochen haben. Letztendlich gab es dann aber eine Übereinkunft der Bundesländer, es doch zu tun.
Wenn ich mir aber dann die Praxis in den Bundesländern anschaue, meine Damen und Herren, dann sollte man schon einmal einen Augenblick verweilen und über die Sinnhaftigkeit nicht des Gesetzes an sich, sondern über die Kompetenzübertragung - nicht, dass ich da falsch verstanden werde - nachdenken, wenn sich dann löblicherweise - wir haben das erlebt beim Jugendstrafvollzugsgesetz und erleben es jetzt wieder - bei den Gesetzen zur Untersuchungshaft die meisten aller Bundesländer zusammenfinden, um eine gemeinsame Regelung für den Vollzug zu finden, dann stellt sich schon die Frage nach der Sinnhaftigkeit oder der Wegnahme der Kompetenz vom Bund auf die Bundesländer.
Sei es drum, meine Damen und Herren, wir haben die Kompetenz, und dass dieses Gesetz heute hier zur Abstimmung vorliegt, das ist an sich schon ein Wert, das möchte ich ausdrücklich betonen. Allerdings, auch wenn - das will ich für meine Fraktion in diesem Hause ausdrücklich betonen - dieser gemeinsame Gesetzentwurf, auf dem auch das hier vorliegende Werk fußt, durch Mitwirkung von anderen SPD-geführten Bundesländern entstanden ist, gibt es aus meiner, aus unserer Sicht dennoch einige gravierende Gründe, warum wir diesem Gesetz heute unsere Zustimmung versagen werden. Aber dazu komme ich noch im Einzelnen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns einen kurzen Augenblick dabei verweilen und einmal vielleicht auch für die Öffentlichkeit darstellen, wann denn
eigentlich durch einen Haftrichter Untersuchungshaft angeordnet wird. Was müssen für Voraussetzungen erfüllt sein, damit über jemanden Untersuchungshaft verhängt wird? Ein Blick ins Gesetz hilft - wie immer - natürlich weiter, in diesem Falle in die Strafprozessordnung, § 112 Abs. 1 Satz 1 und 2. Kurz zusammengefasst - ich will das nicht weiter ausdehnen, aber ich glaube, es ist an dieser Stelle wichtig zu erwähnen -, Untersuchungshaft wird dann angeordnet, wenn jemand einer Tat dringend verdächtig ist, wenn ein Haftgrund besteht und die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit gewahrt sind. Bei den Haftgründen wiederum wären im Wesentlichen zu nennen Fluchtgefahr, Verdunklungsgefahr wie auch Wiederholungsgefahr. Einer davon muss erfüllt sein, dann führt der Haftgrund dazu, dass Untersuchungshaft angeordnet werden kann.
Aber eines ist ganz wichtig, meine Damen und Herren, Herr Kollege Haubold hat das in einem Nebensatz abgetan, ich halte es aber wirklich für wichtig, noch einmal zu betonen, dass auch bei Vorliegen solch dringender Haftgründe und Voraussetzungen für eine Untersuchungshaft ein Untersuchungshäftling nach wie vor bis zu seiner Verurteilung als unschuldig gilt. Daraus resultieren meiner und unserer Ansicht nach einige Aspekte, die man bei einem Gesetz zum Vollzug der Untersuchungshaft anders beurteilen muss.
Meine Damen und Herren, ein Mensch, für den Untersuchungshaft angeordnet wird - da bestehen, glaube ich, keine Zweifel -, muss die maximale Einschränkung seiner persönlichen Freiheit zunächst hinnehmen, trotz der Unschuldsvermutung, denn er ist eben in Haft oder im Vollzug. Und dort, meine Damen und Herren, im Vollzug, herrschen andere Verhältnisse, ich betone aber ausdrücklich, klar geregelte Verhältnisse. Ich will das an dieser Stelle noch einmal erwähnen, die Vollzugsgesetze in Deutschland, egal ob sie den Erwachsenen-, Jugend- oder Untersuchungshaftvollzug betreffen, sind Ausdruck einer humanistischen Gesellschaft unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Menschenwürde, auch im Vollzug.
Dennoch, meine Damen und Herren, kann es innerhalb des Vollzugs, auch des Untersuchungshaftvollzugs, zu weiteren Einschränkungen für die persönliche Freiheit der Gefangenen kommen. Wann ist denn das der Fall? Warum wird das wiederum innerhalb des Vollzugs angeordnet? Zunächst einmal die allgemeine Formulierung, hier heißt es so schön: „wenn sie aus Gründen der Sicherheit der Anstalt oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt erforderlich“ sind.
ling innerhalb des Vollzugs ereilen können? Es geht hier im Wesentlichen um die Besuchsregelungen für Untersuchungsgefangene, es geht um den persönlichen Schriftwechsel von Untersuchungsgefangenen und es geht auch um die Möglichkeit zur Führung von Telefonaten von Untersuchungsgefangenen. All diese Einschränkungen, die der Untersuchungsgefangene durchaus hinnehmen muss, wenn die Vorraussetzungen gegeben sind, waren aber bislang, als die Regelungskompetenz noch beim Bund lag, ausschließlich einem Richter vorbehalten und das hat auch verfassungsrechtliche Gründe.
An dieser Stelle, meine Damen und Herren, setzt unser entscheidender Kritikpunkt an diesem Gesetzentwurf an; die Beurteilung des Vorliegens solcher Tatbestände soll nun beim Übergang der Regelungskompetenz der Länder ausschließlich den Leitern der Justizvollzugsanstalten vorbehalten sein. Ich sage es noch einmal ganz deutlich, wir halten diese Regelung in hohem Maße für verfassungsrechtlich bedenklich. Wir haben eine Anhörung zu diesem Gesetzentwurf durchgeführt im Ausschuss, die sehr ausführlich war. Ich will durchaus konstatieren, dass die Mehrheit der Anzuhörenden eine grundsätzliche Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf zum Ausdruck gebracht hat. Das ist eine Tatsache. Aber ich sage, aus meiner Sicht ist das auch kein Wunder. Im Wesentlichen wurden Richter, Vollzugsanstaltsleiter, Staatsanwaltschaften gehört, die natürlich aus Gründen vermeintlicher Praktikabilität und schnellerer Entscheidungen einen solchen Kompetenzübergang von einem Richter auf Justizvollzugsanstaltsleiter befürworten. Aber da sage ich auch ganz deutlich, Frau Ministerin, die Vertreter in der Anhörung, die die ganze Problematik aus der Sicht des Gefangenen auch beleuchtet haben, wie z.B. die Vertreter des Anwaltsverbandes, sehen natürlich an dieser Stelle einen von mir schon erwähnten großen Kritikpunkt. Man kann es kurz und bündig ausdrücken: Die Anhörung hat gezeigt, dass der ganze Gesetzentwurf aus meiner Sicht ziemlich anstaltslastig ausgefallen ist.
Meine Damen und Herren, welche konkreten Argumente werden als Kritikpunkte angeführt? Ich nehme da beispielhaft die Argumente, die der Verband der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Thüringen zum Ausdruck gebracht hat über das von mir schon Gesagte hinaus. Was sie auch als Kritikpunkt angesehen haben - Kollege Hauboldt hat das vorhin auch schon angerissen -, sind die Ausnahmen vom Grundsatz der Einzelunterbringung. Dort verstieg man sich sogar in die Formulierung - ich habe mir das Zitat aufgeschrieben -, diese seien „evident verfassungswidrig“, zumindest aus Sicht der Anwälte. Auch dass die Regeln in § 13 Abs. 2, wo es um die gemeinsame Unterbringung geht, nur vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig sei, verstoße offensichtlich gegen den Bestimmtheitsgrundsatz -
diesen Vorwurf will ich aus meiner Sicht ebenfalls untermauern. Letztendlich seien nach Auffassung des Anwaltsverbandes die Regelungen der Durchsuchungen von Untersuchungsgefangenen, die geregelt sind in § 44 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3, insoweit verfassungswidrig, soweit dem Anstaltsleiter - hier haben wir wieder den Kritikpunkt - eine allgemeine Anordnung ermöglicht werde, Untersuchungsgefangene durchsuchen zu lassen.
Meine Damen und Herren, wir hatten aufgrund dieser Anhörung und aufgrund von Gesprächen, die wir als Fraktion dazu geführt haben, einen umfangreichen Änderungskatalog im Ausschuss vorgelegt, den das Schicksal aller Oppositionsanträge ereilt hat -
nein, aller, Herr Kollege Ausschussvorsitzender, aller, auf die es zumindest fachlich ankommt. Das wissen Sie ganz genau. Wir hatten zwar im Gegensatz zu den Kollegen der Fraktion DIE LINKE darauf verzichtet, die Änderungsanträge heute noch einmal zur Abstimmung zu stellen, aber ich kann Ihnen versichern, dass wir Ihrem Antrag, Ihrem Änderungsantrag, zumindest aus unserer Sicht zustimmen werden. Insgesamt, meine Damen und Herren, lassen die von mir aufgeführten Kritikpunkte eine Zustimmung unserer Fraktion nicht möglich erscheinen. Danke schön.