Protocol of the Session on May 8, 2009

Zu Frage 1: Nach Kenntnis der Landesregierung beabsichtigt die IHK Ostthüringen, eine entsprechende Studie in Auftrag zu geben. Der Landesregierung liegen keine Informationen über die Kosten und die Aufgabenstellung dieser Studie vor.

Zu Frage 2: Keinen.

Zu Frage 3 und 4: Diesbezüglich verweise ich auf die Antwort zu Frage 1.

Gibt es dazu Nachfragen oder Bemerkungen? Das ist nicht der Fall. Damit kommen wir zur nächsten Anfrage des Abgeordneten Hauboldt, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 4/5153, vorgetragen durch Abgeordneten Kalich.

Danke schön.

Modellprojekte zu gerichtsinterner Meditation in Thüringen rechtswidrig?

In zeitlicher Nähe zum 67. Deutschen Juristentag in Erfurt im September 2008 hatte die Thüringer Justizministerin für die hiesige Justiz ein Pilot- bzw. Modellprojekt zu gerichtlicher bzw. gerichtsinterner Meditation gestartet. Nach Aussagen der Thüringer Justizministerin soll dieses Modellprojekt auch wissenschaftlich begleitet werden. Das Thema Meditation im Justizbereich bzw. im Rechtswesen war auch eines der Schwerpunktthemen des Juristentages. Schon im Rahmen dieser Veranstaltung, aber auch in der aktuellen Reformdiskussion zur Stärkung der konsensualen Streitschlichtung bei den Gerichten werden immer wieder Zweifel an der Rechtmäßigkeit der derzeit vorhandenen Meditationsangebote geäußert. Insbesondere wird von Kritikern ins Feld geführt, dass die notwendige durch den Parlamentsgesetzgeber geschaffene gesetzliche Grundlage für die Anwendung der Meditation an den Gerichten fehle - auch mit Blick auf die Modellprojekte. Der von den Befürwortern herangezogene § 278 Abs. 5 Satz 1 Zivilprozessordnung bzw. dessen analoge Anwendung seien als Rechtsgrundlage nicht ausreichend. Hinzu komme, dass verfassungsrechtliche Bedenken gegen die richterliche Meditation sprächen, da sie Organisationskomponenten, wie z.B. die Supervision, enthalte, die die richterliche Unabhängigkeit tangierten und die Bindung der richterlichen Tätigkeit an Recht und Gesetz insbesondere mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot unterlaufen würden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welches Fazit lässt sich derzeit im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des Modellprojekts gerichtlicher Meditation an Thüringer Gerichten hinsichtlich des Umsetzungstandes und der Wirksamkeit ziehen - auch mit Blick auf die Frage der notwendigen rechtlichen Grundlagen?

2. Wie bewertet die Landesregierung die o.g. Kritik hinsichtlich der fehlenden Rechtsgrundlage für gerichtliche Meditation und des Eingriffs in die richterliche Unabhängigkeit auch unter Berücksichtigung der Frage des notwendigen Handlungsbedarfs?

3. Welchen derzeitigen Diskussionsstand gibt es auf der Ebene der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister des Bundes und der Länder zum Thema gerichtliche bzw. gerichtsinterne Meditation - insbesondere zur Frage notwendiger bzw. Rechtsänderungen?

4. Wie sind nach Kenntnisstand der Landesregierung gerichtliche Meditations- und Streitschlichtungsverfahren in anderen europäischen Staaten ausgestaltet?

Jetzt kommen wir zur Beantwortung durch Staatssekretär Haußner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hauboldt beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Bei dem Modellprojekt Güterichter geht es darum, den Einsatz von Mediation und anderen Methoden konsensualer Konfliktbeilegung in bereits zum Gericht gelangten Konflikten zu erproben. Zu diesem Zweck bedarf es der Übertragung der Güteverhandlung auf einen anderen als den entscheidungszuständigen Richter. Rechtliche Grundlage hierfür ist der Geschäftsverteilungsplan, in dem die Präsidien der Modellgerichte die Zuständigkeit für die Erledigung entsprechender Ersuchen im Sinn von § 278 Abs. 5 Satz 1 Zivilprozessordnung begründet haben. Das Güterichterprojekt ist zu Beginn des Jahres 2009 an allen vorgesehenen Modellgerichten angelaufen. Die Zahl der Verfahren ist für verallgemeinerungsfähige Aussagen zur Wirksamkeit noch zu gering. Es konnten jedoch bereits im I. Quartal zahlreiche Güterichterverhandlungen abgeschlossen werden. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle kam es zu gütlichen Einigungen.

Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Dabei geht es nicht nur um statistische

Auswertungen, sondern es soll mit umfangreichen Erhebungen vor allem untersucht werden, welchen Beitrag die Justiz zur Stärkung der konsensualen Konfliktlösung leisten kann. Nach Mitteilung der Wissenschaftler liegen von den Prozessparteien und von den Rechtsanwälten, die bisher an Güterichterverfahren beteiligt waren, äußerst positive Rückmeldungen vor.

Zu Frage 2: Die im juristischen Schrifttum verschiedentlich vertretene Ansicht, § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO ermögliche lediglich das Ersuchen an ein auswärtiges Gericht, so dass die Vorschrift nur analog angewandt werden könne, überzeugt nicht und ist für das Modellprojekt irrelevant. Zu einer Verhandlung vor dem Güterichter kommt es nur, wenn der Geschäftsverteilungsplan, der von den Präsidien in richterlicher Unabhängigkeit beschlossen wird, eine entsprechende Zuständigkeit begründet, der Prozessrichter - ebenfalls in richterlicher Unabhängigkeit - ein Ersuchen an den Güterichter stellt und beide Parteien mit diesem Verfahren einverstanden sind. Das Einverständnis kann jederzeit widerrufen werden. Es kann daher weder von einer fehlenden Rechtsgrundlage noch von einem Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit die Rede sein.

Zu Frage 3: Die Justizministerinnen und Justizminister des Bundes und der Länder haben sich auf ihrer Konferenz vom 29. und 30. Juni 2005 für eine Erprobung der gerichtsinternen Mediation ausgesprochen. Beim Bundesministerium der Justiz beschäftigt sich ein Expertengremium mit der Umsetzung der EU-Richtlinie vom 21. Mai 2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen, die in Artikel 3 auch die Mediation durch Richter anspricht. Wir verfolgen und begleiten diese Diskussion sehr intensiv. Nach mir bekannten Verlautbarungen wird das Bundesministerium der Justiz über die Umsetzung der genannten Richtlinie hinausgehende Regelungen für den Bereich der außergerichtlichen und der gerichtsnahen Mediation vorschlagen.

Zu Frage 4: Das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht hat im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz ein Gutachten über die rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten der Mediation in 20 Rechtsordnungen erstellt und veröffentlicht. Richtermediation wurde und wird im Ausland teilweise in Modellversuchen, teilweise auch schon in institutionalisierter Form praktiziert. Der Thüringer Modellversuch reiht sich in diese internationale Entwicklung ein.

Es gibt Nachfragen, Abgeordneter Carius bitte.

Vielen Dank Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, in der Mündlichen Anfrage in ihrer schriftlichen Fassung ging es um die Frage der gerichtlichen Mediation, in der vom Kollegen Kalich vorgetragenen Variante ging es um die gerichtliche Meditation.

Ich frage die Landesregierung daher zwei Sachen: Zum einen, beabsichtigt die Landesregierung bewusstseinserweiterte Übungen spiritueller Art, insbesondere des Tantra, des Zen-Buddhismus oder des Yoga unter den Richtern einzuführen?

Zweitens: Sieht die Landesregierung einen Widerspruch dieser Praktiken zur richterlichen Unabhängigkeit?

Herr Abgeordneter Carius, zu Ihrer Frage 1: Nein. Wenn ich auch ergänze: Nachdenken, und sei es auch ein vertieftes Nachdenken, tut oft gut.

Zu Frage 2: Die habe ich eigentlich im Kern schon wieder vergessen. Aber ich glaube auch hier: Nein.

Obwohl man über die Frage 1 noch mal nachdenken könnte, vielleicht auch in anderen Gremien, aber das war eine persönliche Bemerkung. Weitere Nachfragen gibt es nicht. Damit rufe ich die nächste Mündliche Anfrage auf, Abgeordneter Dr. Hahnemann, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 4/5157.

Danke, Frau Präsidentin.

Auswirkungen des § 86 StGB (Verbreiten von Propa- gandamitteln verfassungswidriger Organisationen)?

Nach offensichtlich herrschender Meinung der Ermittlungsbehörden ist zur Erfüllung des Tatbestands des § 86 Strafgesetzbuch (StGB) (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisatio- nen) notwendig, dass in dem betreffenden Propagandamittel selbst eine „aggressive Tendenz“ zum Ausdruck kommt. Es reicht offensichtlich nicht aus, dass sich der Inhalt selbst gegen Grundsätze oder Aspekte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung richtet, wie z.B. die Achtung der Menschenwürdegarantie bzw. der ebenfalls im Grundgesetz festgeschriebenen Menschen- bzw. Grund- und Bürgerrechte. Anlass der Anfrage ist die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Mühlhausen gegen einen Verlag, der der rechtsextremistischen Szene zugeordnet werden kann. Im konkreten Fall

geht es um einen „Nordland-Verlag“, der nicht nur den Namen eines in der NS-Zeit von der SS betriebenen Verlages trägt, sondern auch dessen Logo, ein Wikingerlangboot, weiterführt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie wird das Bewertungskriterium der „aggressiven Tendenz“, das sich nicht ausdrücklich im Wortlaut des Regelungstextes findet, im Rahmen des § 86 StGB definiert bzw. unter Zuhilfenahme welcher inhaltlichen Eckpunkte seine Erfüllung festgestellt?

2. Inwiefern ist es mit der Zielrichtung des § 86 StGB und der in seinen Kontext gehörigen § 84 (Fortfüh- rung einer verfassungswidrigen Partei), § 85 (Ver- stoß gegen ein Vereinigungsverbot) und § 86 a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) vereinbar, die Erfüllung des Tatbestandes vom Kriterium der „aggressiven Tendenz“ abhängig zu machen?

3. Für den Fall der Bejahung der Frage 2: Bedeutet das im juristischen Umkehrschluss, dass Propagandamittel bzw. Publikationen verfassungswidriger Organisationen straffrei vertrieben bzw. verbreitet werden dürfen, solange sie keine „aggressive Tendenz“ im Sinne des o.g. Bewertungskriteriums haben?

4. Sieht die Landesregierung Reformbedarf hinsichtlich der Ausgestaltung des § 86 StGB oder seiner Handhabung durch die Ermittlungsbehörden und wenn ja, welchen?

Es antwortet Staatssekretär Haußner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hahnemann beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Das abstrakte Gefährdungsdelikt und mittelbare Organisationsdelikt § 86 Strafgesetzbuch (StGB) schützt die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Idee der Völkerverständigung. Propagandamittel im Sinne des § 86 StGB sind nach der Legaldefinition in § 86 Abs. 2 StGB nur solche Schriften, deren Inhalt gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind taugliche Tatgegenstände nur solche Schriften, deren Inhalt eine aktiv kämpferische, aggressive Tendenz gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung oder ge

gen den Gedanken der Völkerverständigung aufweist. Begründet wird die Auslegung der Vorschrift damit, dass sich § 86 StGB als mittelbares Organisationsdelikt eng an Artikel 21 Abs. 2 Grundgesetz und Artikel 9 Abs. 2 Grundgesetz anschließt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist maßgebend dafür, ob ein Propagandamittel mit diesen Merkmalen vorliegt, sein Inhalt, wie ihn ein verständiger Durchschnittsleser oder Durchschnittshörer verstehen muss. Auf die Motive des Herstellers, die Absicht des Täters oder der sonst an der Herstellung und Verbreitung beteiligten Personen kommt es dabei nicht an. Ob die Kriterien im Einzelfall vorliegen, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls.

Zu Frage 2: Die Landesregierung ist aufgrund der Unabgängigkeit der Gerichte nicht befugt, den Inhalt der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesgerichtshofs zu bewerten.

Zu Frage 3: Es wird auf die Beantwortung zu Frage 2 verwiesen.

Zu Frage 4: Es wird kein Handlungsbedarf gesehen. Die Handhabung durch die Ermittlungsbehörden entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Bevor ich die nächste Mündliche Anfrage aufrufe, bin ich gebeten worden, Folgendes im Hinblick der Abarbeitung der Tagesordnung vorzutragen. Mir liegt ein Schreiben der SPD-Fraktion vor, was ich jetzt vortragen werde:

„Sehr geehrte Frau Präsidentin, die SPD-Fraktion im Thüringer Landtag zieht nach § 52 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags folgende Vorlagen zurück: Tagesordnungspunkt 15, ‚Kinderarmut bekämpfen - Aktionsplan für gerechte Chancen’, Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/5130, Tagesordnungspunkt 18 ‚Automobilstandort Thüringen sichern - Auto-Pakt für Thüringen’, Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 4/5161; Tagesordnungspunkt 19 ‚Arbeitsmarktinstrumente sichern und verbessern’, Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/5162; Tagesordnungspunkt 20 ‚Thüringen als Leitregion einer zukunftsfähigen Energiepolitik’, Antrag der Fraktion SPD in Drucksache 4/5163, und Tagesordnungspunkt 21 ‚Auswirkungen der Mai-Steuerschätzung 2009 auf den Freistaat Thüringen’, Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/5164.“ Möglicherweise ist dann gewährleistet, wenn dieses andere Fraktionen für sich auch noch in Anspruch nehmen wollten, dass diese Sitzung in öffentlicher Sitzung und nicht zu dunkler Zeit, wo keine Öffentlichkeit mehr gewährleistet ist, abgearbeitet werden kann. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen.

Wir kommen zur nächsten Mündlichen Anfrage, das ist die Anfrage des Abgeordneten Gumprecht, CDUFraktion, in Drucksache 4/5158.

Gefahr für die Thüringer Bevölkerung durch die Schweinegrippe?

In den Medien wurde in den letzten Tagen häufig zu der steigenden Zahl der Infektionen durch die Schweinegrippe mit dem Virus A/H1N1 und die wachsende Sorge der Bevölkerung berichtet. In den Ländern Mittelamerikas und Teilen Nordamerikas sind Ausnahme- und Alarmzustände ausgerufen worden. Aus Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern des Freistaats Thüringen habe ich auch die Angst vor einer Einschleppung und Ausbreitung der Grippe in unserem Land erfahren.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Informationen hat die Landesregierung zu dem Grippevirus A/H1N1 und den möglichen Verdachts- und Krankheitsfällen in Deutschland und in Europa?

2. Gibt es besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen für diesen Grippevirus?