Protocol of the Session on January 29, 2009

benspartnerschaft bzw. zivilrechtliche Beistandsvereinbarung - auf französisch PACS abgekürzt - gerade 10-jähriges Jubiläum. Sie wurden von den Bürgern so gut angenommen, dass es im französischen mit Abschluss dieser Beistandsvereinbarung mittlerweile ein eigenes Verb dafür gibt, namens pacser. So lange es in Thüringen in bestimmten herrschenden Kreisen immer noch den verzweifelten Kampf gegen den Untergang des Monopols der Ehe möglichst nach christlichem Weltbild geprägt gibt, werden es vergleichbare positive Entwicklungen in Thüringen schwer haben. Man muss es wohl auf den Punkt bringen, Thüringen ist in Sachen Gleichstellung von Lesben und Schwulen im bundesweiten Vergleich bisher Schlusslicht.

(Beifall DIE LINKE)

So schätzt es auch der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland und insbesondere dessen Thüringer Landesverband ein. Zu diesem Ergebnis kommen auch andere Fachleute. Nach der deutschlandweit einmaligen Amtssammlung bei Bürgerbegehren ein weiteres negatives Topergebnis für Thüringen im bundesweiten Vergleich. Der Landesverband des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland hat schon vor einiger Zeit das Projekt gestartet für die rechtliche Gleichstellung der Lebenspartnerschaften im Landesrecht, einen eigenen Gesetzesvorschlag zu erarbeiten, und dies im Zusammenhang mit dem Bundesverband umgesetzt. Der LSVD Thüringen hat diesen Entwurf unter anderem an den Landtag - ich hatte es eingangs benannt - an die Fraktionen und die Landesregierung herangetragen. Soweit uns aus den Medien bekannt ist, verspürte die Landesregierung zumindest angesichts des Gesetzentwurfs keinen akuten Handlungsbedarf. Unsere Fraktion hat es nach Rücksprache mit dem Verband unternommen, diesen Gesetzentwurf „Gesetz zur Anpassung des Thüringer Landesrechts an das Lebenspartnerschaftsgesetz des Bundes“ in den Landtag einzubringen. Wir verstehen uns als parlamentarischen Arm außerparlamentarischer Organisationen und Aktivitäten. Die Fraktion setzt aber auch eigene Handlungsstränge fort, wie z.B. ihre parlamentarischen Initiativen zur Zuständigkeit der Standesämter, zusätzlich Einbringung eines Entschließungsantrags mit der Aufforderung an die Landesregierung, im Bundesrat aktiv zu werden, um auch im Bundesrecht noch ausstehende Gleichstellungsschritte durchzusetzen, nur z.B. das Steuerrecht anzufassen. Ich denke, da gibt es auch noch genügend Angriffspunkte. Schwerpunkte des Gesetzentwurfs sind - ich nenne es mal kurz - erstens die Aufhebung des Thüringer Ausführungsgesetzes zum Lebenspartnergesetz, damit werden zukünftig die Standesämter für die Eintragung der Partnerschaften zuständig - ich denke, das ist längst überfällig -, zweitens die Gleichstellung im sogenannten Sta

tusrecht und Leistungsrecht, z.B. bei Beamten und Abgeordneten, so z.B. die Gewährung des Familienzuschlags auch für verpartnerte Beamte, oder Fragen der Einkommensanrechnung z.B. bei Stipendien, Gleichstellung im Recht der Versorgungswerke der freien Berufe, z.B. bei Heilberufen, oder Gleichstellung bei Fragen des Lebensmittelpunkts der gemeinsamen Lebensführung oder Gleichbehandlung bei Fragen der Zugehörigkeit und Arbeit in Gremien, Problem der Befangenheit.

Ich möchte an dieser Stelle nicht näher auf die einzelnen Artikel eingehen. Ich könnte das jetzt auch noch auf die nächsten 46 ausweiten, das tue ich nicht. Nur zum Stichwort Familienzuschlag noch eine Anmerkung: Es gibt in diesem Zusammenhang zwar ein hoch problematisches Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wir als LINKE gehen aber davon aus, dass das neue Urteil des EuGH wegen seines weitreichenden Menschen- und Grundrechtschutzes der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorgeht. Das Maruko-Urteil bezieht sich gerade auf den Bereich der Antidiskriminierung und Gleichstellung im Bereich Arbeitsleben. Außerdem ist es ständige Rechtsprechung des EuGH, dass auch das Beamtenverhältnis eine Beschäftigung im Sinne der EUAntidiskriminierungsrichtlinie ist.

Kurz noch zum Entschließungsantrag: Lesben und Schwule in Thüringen werden hier in ihrem Lebensalltag nicht nur von Thüringer Gesetzen und rechtlichen Regelungen betroffen, sondern auch von Regelungen auf Bundesebene. Also eine umfassend wirksame Gleichstellung ist herzustellen. Es sind hier auch Aktivitäten auf Bundesebene notwendig, zuallererst die Ergänzung des Diskriminierungsverbots im Grundgesetz. Das Kriterium „sexuelle Integrität“ und dann auch die Anpassung anderer Gesetze wie z.B. im Bereich des Steuerrechts oder des Sozialrechts, aber auch des Bürgerlichen Rechts im BGB. Dazu muss die Thüringer Landesregierung im Bundesrat aktiv werden. Andere europäische Länder haben solche steuerlichen Anpassungen an die Rechte von Ehegatten schon vollzogen. Unseres Wissens z.B., ich hatte es vorhin genannt, auch in Frankreich mit dem oben erwähnten PACS.

Wir als Fraktion DIE LINKE halten nicht zuletzt angesichts des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Maruko als ganz aktuellem Anlass eine Überweisung des vorliegenden Gesetzentwurfs samt seines Entschließungsantrags an den Ausschuss für Justiz-, Bundes- und Europaangelegenheiten und dies federführend sowie an den Gleichstellungsausschuss sowie eine mündliche Anhörung für notwendig. Ich danke zur späten Stunde für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Für die Landesregierung hat sich Minister Scherer zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, Herr Hauboldt, Sie haben eben das Wort Schlusslicht in den Mund genommen. Ich meine, man muss auch mal den Mut haben, Schlusslicht zu sein.

(Beifall CDU)

Ich will nur auf vier Punkte eingehen. Ein wichtiger Artikel in dem Gesetzentwurf ist ja offenbar der Artikel 51 des Gesetzentwurfs die Aufhebung des Thüringer Ausführungsgesetzes zum Lebenspartnerschaftsgesetz. Das war vor einigen Monaten schon mal hier im Landtag. Danach haben damals im Landtag alle Parteien keinen Handlungsbedarf gesehen. Die Landesregierung sieht deshalb auch jetzt keinen Handlungsbedarf, das wieder aufzugreifen.

Was die Anpassungsforderungen ansonsten betrifft, so hält es die Landesregierung für sinnvoll, wenn diese im Einzelfall - d.h. anlässlich der jeweils anstehenden Novellierung - geprüft und ggf. aufgegriffen werden. Das wir das auch tun, das sehen Sie an dem Beispiel des Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes und weiterer verwaltungsrechtlicher Vorschriften, wo der Artikel 3, den Sie da vorschlagen - die Anpassung des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes an das Lebenspartnerschaftsgesetz - bereits vorgenommen ist. Dort ist die Angehörigeneigenschaft gemäß § 20 Abs. 5 auch für Lebenspartner festgehalten.

Noch kurz zu Ihrem Entschließungsantrag: Aus Sicht der Landesregierung besteht kein verfassungsrechtliches Bedürfnis, in Artikel 3 Abs. 3 Grundgesetz das Tatbestandsmerkmal der sexuellen Identität aufzunehmen, weil die sexuelle Identität und Orientierung bereits durch die in Artikel 2 Grundgesetz garantierte allgemeine Handlungsfreiheit und Freiheit der Person sowie durch den Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz umfassend geschützt ist. Der Entschließungsantrag zu Nummer 2 ist nach Auffassung der Landesregierung schon aus formalen Gründen nicht zustimmungsfähig, weil dieser Antrag zu unbestimmt ist, als dass im Falle einer positiven Beschlussfassung die Landesregierung hieraus konkrete Gesetzesvorschläge ableiten könnte. Die Fraktion DIE LINKE müsste hierfür die aus ihrer Sicht bestehenden Regelungslücken im Bundesrecht hinreichend konkret benennen, da es zwischen ihr und der Landesregierung sicher erhebliche Bewertungsunterschiede hinsichtlich möglicher

Regelungslücken gibt. Ich rege deshalb an, sowohl den Gesetzesantrag als auch den Entschließungsantrag abzulehnen. Danke schön. (Beifall CDU)

Ich schließe die Aussprache. Es gibt einen weiteren Redebeitrag.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Es war geschlossen. So geht das nicht, Frau Präsidentin.)

Wenn ich den Anmelder nicht gesehen habe, muss ich mich ja korrigieren. Herr Abgeordneter Dr. Hahnemann für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich mache es kurz. Aber ich glaube, das, was ich Ihnen sagen wollte, das sollte auch gesagt werden.

Hochverehrte Frau Kollegin Lehmann, dass Sie die Intentionen unseres Gesetzentwurfs teilweise nicht nachvollziehen können, ist mir unter verschiedenen Aspekten durchaus verständlich oder ich kann es akzeptieren. Nicht akzeptieren kann ich, wenn Sie sich hier vorn hinstellen und im Brustton der Überzeugung behaupten, dass das Thüringer Ausführungsgesetz zum Lebenspartnerschaftsgesetz einstimmig verabschiedet worden wäre. Dann lesen wir zwei verschiedene Protokolle. Mir liegt eins vor, das weist über die Abstimmung zu unserem Änderungsantrag, der genau dieses Thema betraf, 17 Stimmen für diesen Antrag auf. Bei der Schlussabstimmung verkündet die Präsidentin, dass es Gegenstimmen gegeben hat, „bei einer Anzahl von Gegenstimmen aber mit Mehrheit angenommen“. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Jetzt gibt es aber keine weiteren Redeanmeldungen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sie müssen erst noch einmal schauen, Frau Präsidentin.)

Ja, jetzt muss ich erst noch einmal schauen, Herr Fiedler.

Ich schließe die Aussprache und es ist Ausschussüberweisung beantragt worden.

Es ist als Erstes beantragt worden, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Ich frage nach den Gegenstimmen. Danke schön. Das ist eine Mehrheit. Ich frage nun nach den Stimmenthaltungen. Stimmenthaltungen gibt es nicht. Eine Mehrheit von Gegenstimmen hat dazu geführt, dass diese Überweisung abgelehnt ist.

Jetzt kommen wir noch zur Überweisung an den Gleichstellungsausschuss. Wer der Überweisung an den Gleichstellungsausschuss folgt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Ich frage jetzt nach den Gegenstimmen. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Ich frage nach den Stimmenthaltungen. Stimmenthaltungen gibt es keine. Die Überweisung an den Gleichstellungsausschuss ist abgelehnt worden.

Es gibt einen Geschäftsordnungsantrag oder was ist das, Herr Abgeordneter?

Einen weiteren Antrag, Frau Präsidentin, in Ergänzung zum Antrag vom Kollegen Hauboldt möchte ich noch die Überweisung an den Sozialausschuss beantragen.

Dann werden wir auch darüber abstimmen. Wer der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Ich frage nach den Stimmenthaltungen. Stimmenthaltungen gibt es nicht. Die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit ist abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 8 und schließe damit auch den heutigen Plenarsitzungstag ab. Ich verweise noch einmal auf den parlamentarischen Abend des Thüringer Feuerwehrverbandes, der 20.00 Uhr im Landtagsrestaurant beginnt.

E n d e d e r Si t z u n g: 19.35 Uhr