Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das kleine Missverständnis ist beseitigt, danke, dass ich jetzt noch zu unserem Antrag Stellung nehmen kann. Wir beabsichtigen, die Änderung des Artikels 28 Abs. 1 der Landesverfassung um folgenden Satz zu ergänzen: Allgemeine Studiengebühren werden an Staatlichen Hochschulen nicht erhoben.
Ich denke, alle Teile dieses Hauses können dieser ebenso präzise formulierten wie inhaltlich eindeutigen Aussage ohne Weiteres zustimmen. Eine Änderung der Landesverfassung durch die das gemeinsame Bekenntnis zum Verzicht auf die Erhebung allgemeiner Studiengebühren Verfassungsrang erhält, sollte demnach die Unterstützung sämtlicher Land
tagsfraktionen finden. Nicht nachvollziehbar ist daher für mich, wie die CDU-Mitglieder des Wissenschaftsausschusses auf unseren Änderungsantrag reagiert haben. Sie haben ihn nicht nur abgelehnt, sondern in Person des Abgeordneten Schwäblein sinngemäß erklärt, man wolle sich den Weg zu einer Erhebung allgemeiner Studiengebühren auch weiterhin offenhalten. Diese Erklärung muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Da gibt es eindeutige und wiederholte Aussagen des Ministerpräsidenten und ebenso des Kultusministers, die CDU werde auch in Zukunft im Freistaat keine Studiengebühren einführen. Und dann kommt der hochschulpolitische Sprecher der gleichen CDU und macht deutlich, übrigens ohne dass ihm irgendeiner seiner CDU-Ausschusskollegen oder der ebenfalls anwesende Kultusstaatssekretär dabei widersprochen hätten, dass seine Partei in Wirklichkeit ganz andere Ziele verfolge. Da frage ich mich doch, was das Versprechen des Ministerpräsidenten in Sachen Bezahlstudium eigentlich wert ist. Wessen Wort gilt denn nun in der Thüringer CDU, das des Ministerpräsidenten und Kultusministers oder das des Abgeordneten Schwäblein? Werden hier die Bürger durch die Landesregierung verschaukelt oder vertritt der Kollege Schwäblein an dieser Stelle eine bloße Einzelmeinung? Auf diese Frage will ich heute eine eindeutige Antwort haben, Herr Minister Müller. Und wenn Sie dazu mit Worten nicht in der Lage sind, dann werden wir aus dem Abstimmungsverhalten der Mehrheitsfraktion unsere Schlüsse ziehen. Ist die CDU zu der von uns beantragten Verfassungsänderung bereit, nehmen wir auch künftig deren Engagement gegen allgemeine Studiengebühren ernst. Sollte sich die Regierungsmehrheit jedoch unserem Änderungsantrag verweigern, wissen wir, was von Ihrem bisherigen Versprechen zu halten ist, Herr Minister - gar nichts.
Herr Mohring, Ihr Angebot, das Sie heute in der TA unterbreitet haben, kann ich nur als schlechten Kuhhandel bezeichnen. Wenn Sie wirklich ein verfassungsrechtliches Verbot von Studiengebühren wollen, dann bekunden Sie dies hier und heute und knüpfen nicht Bedingungen daran, die mit dem Sachverhalt Studiengebühren nichts zu tun haben. Aber, egal wie Sie sich entscheiden, meine Damen und Herren von der CDU, die heutige Abstimmung wird den Bürgern endlich Gewissheit darüber verschaffen, wie Sie wirklich zum Thema Studiengebühren stehen. Im Hinblick auf die vor uns liegende Landtagswahl dürfte Ihre Positionierung heute zeigen, ob Sie ernsthaft an einem dauerhaften, gebührenfreien Studium in Thüringen interessiert sind, oder aber, ob Sie dieses Thema für den Wahlkampf instrumentalisieren wollen. Aber glauben Sie mir, der Wähler wird diese Manöver erkennen und dafür am 30. August die Quittung präsentieren. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, wir haben uns mit diesem Thema mehrfach beschäftigt in diesem Haus. Man kann dem Protokoll der Plenarsitzung vom Juli vergangenen Jahres entnehmen, dass Herr Schwäblein das anmerkt und sagt, Sie kommen immer wieder mit dem gleichen Antrag; also in der Verfassung festzuschreiben, dass keine Studiengebühren erhoben werden sollen. Wir haben im derzeitigen Antrag den Zugang zu allen Bildungsangeboten und Informationsangeboten der Hochschulen als gebührenfreien Zugang definiert.
Herr Schwäblein, ich muss Ihnen sagen oder auch den Anwesenden hier, die sich bisher immer gegen diese Verfassungsänderung ausgesprochen haben, es betraf übrigens auch die SPD-Fraktion, dass wir das tatsächlich immer wieder tun werden.
Wenn ich mir jetzt den Änderungsantrag der SPDFraktion ansehe, der festschreiben möchte, dass allgemeine Studiengebühren an den staatlichen Hochschulen nicht erhoben werden, dann habe ich den Eindruck, hätten wir noch mehr Zeit und würden unseren Antrag immer häufiger einbringen, und die Wahlen würden sich immer mehr nähern, könnten wir die Festschreibung in der Verfassung durchaus in unserem Sinne noch erreichen. So bleibt es also bei dieser minimalen Festschreibung der SPD-Fraktion: allgemeine Studiengebühren werden an den staatlichen Hochschulen nicht erhoben.
Ich meine, es gibt natürlich tatsächlich in Thüringen viele Wählerinnen und Wähler, die Studierende sind und die ihren Hauptwohnsitz in Thüringen haben. Was Ihren Ministerpräsidentenkandidaten anbelangt, Herrn Matschie, der weiß vielleicht auch, wie viele Wählerinnen und Wähler Studierende in seinem Wahlkreis mit Hauptwohnsitz sind. Deshalb freue ich mich, dass die SPD-Fraktion sich jetzt zu dieser Positionierung durchgerungen hat, doch dem Verbot der Erhebung allgemeiner Studiengebühren wenigstens diesen Verfassungsrang zuzuerkennen. Das ist ein großer Fortschritt.
Ich möchte aber an dieser Stelle noch einmal daran erinnern, wie wir überhaupt in diese Diskussion hineingekommen sind. Wir wissen alle, dass sich die Bertelsmann-Stiftung auf dem Gebiet der Hochschulpolitik sehr stark engagiert. Hochschulen werden von
Reinhard Mohn richtigerweise als Schlüssel zur Gesellschaftsreform angesehen. Er war einer der Gründungsväter und bis vor einigen Jahren der Hauptsponsor der 1983 gegründeten ersten deutschen privaten Hochschule, der Universität Witten/Herdecke. Sie sollte der Stachel im Fleisch der staatlichen Hochschulen sein. Wir konnten das den Pressemitteilungen der letzten Zeit entnehmen, dass die Hochschule Witten/Herdecke es nie so richtig finanziell geschafft hat, auf die Beine zu kommen. Wäre dieser privaten Universität der Staat nicht zur Seite gesprungen, wäre sie schon längst pleite. Anfang des Jahres stand sie gerade wieder kurz vor der Insolvenz. Im Verlaufe der Jahre hat offensichtlich auch Herr Mohn erkannt, dass der Weg zur Reform des Hochschulsystems über die Gründung privater Hochschulen nicht Erfolg versprechend ist, weil sich nicht ausreichend private Geldgeber finden. Viel effizienter erschien ihm daher der Weg, die weitgehend staatlich finanzierten Hochschulen wie private Unternehmen in den Wettbewerb zu schicken. Diese Positionierung haben wir ja auch im Thüringer Hochschulgesetz immer wieder gefunden. Insofern glauben wir, dass die vielen Worte, die wir in den letzten zwei Jahren gehört haben „in Thüringen wird es keine allgemeinen Studiengebühren geben; mindestens bis zum Jahr 2009“ doch eine Manifestierung in der Verfassung finden sollten unter verschiedenen Aspekten. Ich muss ja nicht alles wiederholen, was in den vergangenen Plenardebatten gesagt wurde. Wir wissen, dass der Zugang zu den Hochschulen für Menschen aus den sogenannten bildungsfernen Schichten erschwert ist. Wir wissen, dass ein Studium schon jetzt zum Teil mit einem finanziellen Aufwand pro Semester an den Jenaer Hochschulen z.B. von 270 € einschließlich des Verwaltungskostenbeitrags mitfinanziert wird ohne Studiengebühren. Wir glauben, dass man allen diesen Zugang eröffnen sollte, auch um die Wettbewerbsfähigkeit Thüringer Hochschulen zu stützen, wenn sie die Studierendenzahlen halten sollen und in den Genuss der Mittel aus dem Pakt 2020 kommen möchten.
Um noch einmal auf den Hergang der Studiengebührendebatte zurückzukommen: Auf ihrer 290. Plenarsitzung am 25. Mai 2000 in Meiningen fasste die Kultusministerkonferenz einen formellen Beschluss. In Punkt 1 heißt es: „Die Länder vereinbaren, das Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und bei konsekutiven Studiengängen bis zum zweiten berufsqualifizierenden Abschluss grundsätzlich gebührenfrei zu halten.“ Dieser Beschluss gilt formal bis heute und wurde zu keinem Zeitpunkt aufgehoben. Infolge dieses Beschlusses kam es zur Festschreibung eines gebührenfreien Studiums im Hochschulrahmengesetz im Jahre 2002. 2005 hat dann das Bundesverfassungsgericht ein Urteil verkündet, welches allgemein als Votum für Studiengebühren charakterisiert wird. Juristisch gesehen
ist das falsch, in der Wirkung läuft es jedoch darauf hinaus. Das Bundesverfassungsgericht hat nicht entschieden, ob Studiengebühren zulässig sind oder nicht, sondern formuliert erstens, dass das vom Bundestag im Hochschulrahmengesetz festgeschriebene Verbot der Erhebung von Studiengebühren wegen fehlender Beteiligung der Länder nichtig ist und zweitens in dieser Sache es den Ländern obliegt, eigene Regelungen zu treffen, dabei meinte man unter anderem die Sozialverträglichkeit. Wir wissen alle, dass nach diesem Bundesverfassungsgerichtsurteil auch hier in diesem Hause eine heftige Debatte um die Studiengebühren stattfand, insbesondere Herr Schwäblein ist da immer wieder in die Bütt gegangen. Wir wollen die generelle Abschaffung von Studiengebühren. Wir wollen, dass Bildung ein allgemeines Recht bleibt; die Gebührenfreiheit von Bildung sollte deshalb nicht nur in unserer Verfassung festgeschrieben werden, sondern auch im Grundgesetz verankert werden.
Ich möchte in diesem Zusammenhang, vor allem aus aktuellem Grund, auf ein paar neue Erkenntnisse in Bezug auf die Länder mit Studiengebühren eingehen. Im November 2008 veröffentlichte die Hochschul-Informations-System GmbH eine interessante Studie.
Am Ende. Die Forscher der Hochschul-InformationsSystem GmbH hatten ein halbes Jahr nach Schulschluss in einer repräsentativen Erhebung 5.240 Abiturienten und Fachabiturienten zu ihren Plänen und zur Rolle von Studiengebühren befragt. Bei mehr als jedem zehnten Studienberechtigten beeinflussten die Gebühren die Entscheidung über das Ob und Wo eines Studiums. Wie sich die Schulabgänger entscheiden, hing stark vom Elternhaus ab. Ein Abschreckungseffekt der Gebühren sei vor allem bei Kindern aus hochschulfernen, also sogenannten bildungsfernen Elternhäusern zu beobachten. Junge Frauen bildeten eine zweite Gruppe, die spürbar eingeschüchtert wird. Finanzielle Einflussgrößen spielten zwar auch bei Akademikerkindern eine Rolle, jedoch eine weitaus geringere als in anderen sozialen Schichten. Die Wissenschaftler registrierten eine allgemeine Verunsicherung der Abiturienten und Fachabiturienten, bereiteten die Gebühren auch Schulabgängern Sorgen, die aus Bundesländern ohne Gebühren kommen. Jeder fünfte ostdeutsche Studienberechtigte mit Zweifel am Studium begründete seine Haltung mit der Furcht vor Studiengebühren oder der Sorge darum, dass er sie nicht finanzie
ren kann. Da der Wissenschaftsausschuss damals noch mit dem Ausschussvorsitzenden Prof. Goebel einst eine Reise tat, um unter anderem in Österreich sich das Modell anzuschauen, wie Hochschulen über Studiengebühren besser finanziert werden können und wie es den Hochschulen dann besser geht, möchte ich hier an dieser Stelle darauf verweisen, dass man jetzt in Österreich eine „Rolle rückwärts“ macht. Seit 2000 wurden dort flächendeckend die Studiengebühren erhoben. Nun ist es vorbei. Ab dem kommenden Sommersemester darf an den Universitäten wieder gebührenfrei studiert werden. Auch die Fachhochschulen verzichten nach und nach auf Studiengebühren, weil es sich auf die Anzahl der Studierenden deutlich ausgewirkt hat. Es wird selbst in Österreich begründet, dass die Entscheidung, Studiengebühren einzuführen, zum Entstehen einer Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Studierenden geführt hat, die man sich aus bildungspolitischen und volkswirtschaftlichen Erwägungen nicht leisten könne. Ich glaube, dazu erübrigt sich jeder Kommentar.
Dass unser Antrag so weitreichend ist, hängt u.a. damit zusammen, dass das Thüringer Hochschulgesetz schon jetzt für alle Angebote der Hochschulen, die sich außerhalb der Studienordnung und des Studienganges bewegen, die Möglichkeit bietet, Gebühren zu erheben. Wir möchten das vermeiden, wir möchten, dass jeder sein Studium so weitreichend wie möglich realisieren und die Bildungsangebote der Hochschulen wahrnehmen kann. Deshalb haben wir unseren Antrag in dieser Breite eingereicht und wir bitten um Zustimmung. Danke.
Das Wort hat Abgeordneter Schwäblein, CDU-Fraktion. Ach so, Frau Dr. Kaschuba, die Nachfrage von Herrn Abgeordneten Eckardt. Bitte, Herr Abgeordneter Eckardt.
Frau Kaschuba, wir sind uns, glaube ich, vom Grundsatz des Gewollten absolut einig. Aber geben Sie mir recht, wenn man bei Ihrer Formulierung bleibt „... unentgeltlicher Zugang zu allen Bildungs- und Informationsangeboten und -einrichtungen der Hochschule wird gewährleistet.“ - dass das schon die Gefahr birgt, dass die Hochschulbibliotheken selbst keine Fernleihgebühren mehr erheben dürfen. Wenn man bei der Formulierung bleibt - der freie Zugang usw. usf. -, dass es dann rechtlich doch sehr bedenklich ist mit Studienvoraussetzungen und mit Einschränkungen zu diesen Studiengängen.
Herr Eckardt, wir haben das ja schon in der letzten Plenarsitzung diskutiert. Dort haben Sie die gleichen Fragen aufgeworfen. Wir wissen beide, dass die Hochschulen an einer Krankheit leiden, das ist ihre nicht vollständige Ausfinanzierung. Wir haben gleichzeitig noch Änderungsanträge gemacht zum Hochschulgebühren- und -entgeltgesetz, wo wir einige Dinge anders geregelt haben. Aber der freie und gleiche Zugang zu den Bildungsangeboten und den Informationsangeboten der Hochschulen muss aus unserer Sicht für jeden Studierenden und Angehörigen der Hochschulen gesichert sein.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Eckardt hat es mir ja jetzt leicht gemacht, der hat ja - je weiter seine Rede voranschritt - immer deutlicher gemacht, ihm geht es eigentlich nur um Wahlkampf. Der ganze Antrag ist mit Blick auf den August ausgerichtet. Inhaltlich will ich die Bewertung gar nicht vornehmen. Er hat immer wieder gesagt, wir werden euch daran messen und im Wahlkampf werdet ihr sehen und überhaupt. Jahrelang hat Herr Eckardt mit seiner SPD Verfassungsänderungen, die DIE LINKE vorgetragen hat, abgelehnt. Ich fand, Sie hatten gute Gründe, ich habe Sie da auch nicht zu kritisieren. Ich möchte auch feststellen, dass dort, wo die LINKEN an der Regierung waren oder sind
- ja, nach dem Satz -, kein Land das Verbot allgemeiner Studiengebühren mit Verfassungsrang belegt hat, weder Berlin noch Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt auch nicht - das heißt noch nicht, zum Glück nicht und es soll auch so bleiben. Jetzt könnte ich ja lange philosophieren, was man noch alles in die Verfassung nehmen könnte, z.B. das Verbot von Stasi-Spitzeln in Parlamenten, das wäre mal nötig. Aber gut, das kriegen wir auch anders hin.
Und so kriegen wir das mit den Studiengebühren, wenn sie nicht gewollt sind, auch anders hin. Es braucht diesen Verfassungsrang nicht.
Herr Kollege Schwäblein, ich bin jetzt seit gut zweieinhalb Jahren in diesem Haus. Seitdem ist es Anliegen der SPD-Fraktion, einen Verzicht auf Studiengebühren durchzusetzen. Können Sie mir denn aber erklären, wie Ihr Herr Fraktionsvorsitzender Mike Mohring dann heute zu den Äußerungen in der „Thüringer Allgemeine“ kommt, dass er sich vorstellen könne, das Verbot von Studiengebühren in der Verfassung mitzutragen, hat aber natürlich die Bedingung drangesetzt, dass wir gleichzeitig ein Schuldenverbot in der Verfassung mittragen würden. Dann der letzte Satz: Ein Verzicht auf allgemeine Studiengebühren wird offenbar Teil des Regierungsprogramms der CDU sein. Wer macht jetzt mit diesem Thema bitte schön Wahlkampf, Herr Schwäblein?
Sie sind auch noch Selbstbekenner. Ich weiß nicht, ob Sie Ihre eigene Rede jetzt hier in Abrede stellen wollen. Aber mein Kurzzeitgedächtnis funktioniert mindestens noch so gut, dass ich mich noch sehr gut an Ihre Sätze von vor zehn Minuten erinnern kann. Da haben Sie mindestens fünfmal Wahlkampf gesagt.
Bis jetzt habe ich Sie immer ernst genommen. Wenn Sie wollen, dass das weiterhin so bleibt, leugnen Sie bitte nicht Ihre eigene Rede. Das Protokoll wird es ja ausweisen können.
Man kann über alles reden, alles verhandeln. Ich bekenne ehrlich, dass man sich nicht die Entwicklungschancen in Jahrzehnten durch eine solche Ge
schichte vernageln sollte. Es gab schon viele Entwicklungen, die man ohne Verfassungsrang hat unterbinden können. Denken Sie nur einmal daran - die Hessen haben vor vielen, vielen Jahrzehnten die Todesstrafe in ihrer Verfassung aufgenommen - bestimmt aus gutem Grunde. Diese Verfassung liest sich heute an dieser Stelle mindestens sehr eigenartig. Vielleicht kommt irgendwann die Erkenntnis, dass man doch, die, die es können, an der Mitfinanzierung einer Ausbildung beteiligen kann. Ich sehe es in absehbarer Zeit nicht. Aber ich kann die Entwicklung auf der Welt und in Europa schlicht nicht beiseite schieben. Die meisten europäischen Staaten erheben diese Studiengebühren und wir haben festzustellen, dass sie mindestens in dem Bereich, wo sie schon in Kraft sind, bei den Langzeitstudierenden, positive Wirkung entfalten. Die jungen Leute strengen sich an, nicht ohne hohe Note in den Bereich zu kommen, wo sie dann tatsächlich selber sich finanziell beteiligen müssen mit einer moderaten Summe, aber sie wirkt. Die Zahl der Langzeitstudierenden hat deutlich abgenommen in allen Ländern, wo es eingeführt wurde, auch in Thüringen. Nach dem, was jetzt hier begehrt wird, wäre das dann schier unmöglich, würde wieder ausgehebelt. Die Rolle rückwärts machen wir, weil Sie in den Wahlkampf ziehen wollen, garantiert nicht. Wir werden den Bürgern ehrlich gegenüberstehen und ihnen deutlich machen, es gibt nach absehbarer Zeit keine allgemeinen Studiengebühren in Thüringen. Wir werden die Gesetzgebung, die sich schon bewährt hat, wegen Ihnen nicht wieder aushebeln.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin direkt angesprochen worden. Ich gebe dem Abgeordneten Seela recht, dass ja die Positionen bereits in der ersten Beratung zu den vorliegenden Gesetzentwürfen ausgetauscht sind und auch im Ausschuss die Positionen der einzelnen Fraktionen noch einmal ganz deutlich verstärkt worden sind. Deswegen brauchen wir zu den einzelnen Punkten nicht mehr Grundsätzliches auszuführen, weil man das in den entsprechenden Protokollen nachlesen kann. Bemerkenswert ist natürlich, dass Sie die Gesetzentwürfe, die vorliegen, jetzt auf die Studiengebühren fokussieren. Das zeigt - ich sage das mit Blick auf anstehende Wahlen - deutlich die Absicht, die Sie mit dieser Diskussion verfolgen.
Die Auswirkungen Ihrer Gesetzentwürfe sowohl die der Partei DIE LINKE als auch die der SPD - diskutieren Sie gar nicht mehr, die Einnahmeverluste der Hochschulen und Universitäten. Wie Sie die Einnahmeverluste ausgleichen bzw. wenn Sie sie nicht ausgleichen, was das für die Hochschulen bedeutet, will ich noch einmal verdeutlichen: 5 Mio. € weniger Einnahmen bedeutet 100 wissenschaftliche Mitarbeiter weniger oder es bedeutet 150.000 Lehrauftragsstunden weniger pro Jahr oder umgerechnet in Studienplätze sind es 600 Studienplätze weniger; also im Klartext: ein klares Beschneiden der Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen. Das können wir nicht zulassen. Die einfache Formulierung, man könne oder man habe die Universitäten nicht entsprechend durchfinanziert, ist keine Lösung. Sie müssen die Frage schon beantworten, wie sie die Einnahmeverluste ausgleichen.
Ich sage Ihnen ganz klar: Mehr Schulden ist eine Belastung der nachfolgenden Generationen und das ist mit uns nicht zu machen.