Protocol of the Session on December 12, 2008

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14

Gesetz zur Stärkung der Interes- senvertretung von Seniorinnen und Senioren in Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/4674 - ERSTE BERATUNG

Wünscht die Fraktion DIE LINKE das Wort zur Begründung? Frau Döllstedt wird die Begründung geben. Bitte, Abgeordnete Döllstedt.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, mit dem Seniorenmitbestimmungsgesetz bringt die Fraktion DIE LINKE ein Gesetz in den Landtag ein, welches seit mehr als einem Jahr in vielen Gremien, in vielen Verbänden und Vereinen und mit vielen Seniorinnen und Senioren diskutiert wurde. Laut demographischen Prognosen leben in den kommenden Jahren in Deutschland immer mehr ältere Menschen. Diese Entwicklung trifft besonders die östlichen Bundesländer und ganz speziell Thüringen. Die gesellschaftlich immer bedeutsamere Gruppe der Seniorinnen und Senioren braucht entsprechend

demokratischen Grundsätzen der Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger in eigenen Angelegenheiten wirksame Formen und Strukturen ihrer Interessenvertretung. Teile der Wirtschaft haben die älteren Menschen mit ihren spezifischen Bedürfnissen als Verbrauchergruppe hinsichtlich altersgerechter Produktgestaltungen und Angebote entdeckt. Eine ausschließliche Betrachtung der Seniorinnen und Senioren unter diesem Aspekt durch eine konsum- und profitorientierte Wirtschaft sowie als Kostenfaktor widerspricht ihrer Bedeutung in Politik und Gesellschaft. Alter ist eine Lebenszeit, die auch geprägt ist von eigenen Ansprüchen und Bedürfnissen. Sie ist auch dadurch gekennzeichnet, dass viele ältere Menschen länger gesund und aktiv bleiben. Deshalb darf Alter auch nicht auf Rente, Pflege oder andere Defizite bzw. vermeintliche Defizite dieses Lebensabschnitts reduziert werden. Um die Interessenvertretung und Mitbestimmung der Seniorinnen und Senioren in Thüringen umfassend und flächendeckend auszubauen, sind insbesondere folgende Schritte notwendig: Gesetzliche Verpflichtung zur Schaffung von Seniorenbeiräten auf kommunaler und Landesebene, gesetzliche Absicherung der engen Zusammenarbeit der Seniorenbeiräte und Seniorenorganisationen, gesetzliche Absicherung der Logistik und Arbeit von Seniorenbüros. Seniorenbeiräte sollen als Pflichtgremien im Seniorenmitbestimmungsgesetz und in der Kommunalordnung verankert werden. Damit wird sichergestellt, dass die Bedürfnisse und Vorschläge von Senioren in vielfältiger Weise und gesetzlich verbindlich in den politischen Entscheidungsprozessen Berücksichtigung finden. Bisheriges ehrenamtliches Engagement ist nicht ausreichend, weil es vom Willen anderer politischer Akteure abhängig und damit auch nicht entsprechend abgesichert ist. Es geht nicht nur um die Fragen des altersgerechten Wohnens oder der entsprechenden Ausstattung der ÖPNV-Angebote. Die Durchsetzung der Selbstvertretung und Mitbestimmung von Senioren ist gesellschaftspolitische Querschnittsaufgabe. Die enge Zusammenarbeit zwischen Seniorenbeiräten und Seniorenorganisationen vor Ort ist wichtig, um die Arbeit der Seniorenbeiräte in die gesellschaftspolitischen Diskussionsprozesse einzubetten und deren engen Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern abzusichern. Die Seniorenorganisationen vor Ort benennen ihre Vertreter für die Beiräte. Die Absicherung der Logistik und Arbeit von Seniorenbüros ist insbesondere wichtig, um Seniorinnen und Senioren umfassende Informationsmöglichkeiten über ihre Rechte und Wege zu deren Wahrnehmung zu bieten. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für eine selbstbestimmte Lebensführung und dafür, sich an gesellschaftlichen und politischen Diskussionsprozessen beteiligen zu können. Die Arbeit der Seniorenbeiräte und Seniorenbüros ist mit einer gesetzlichen Finanzierungsgarantie abzusichern, die keinem Haushaltsvorbehalt unterliegt. Ich danke für

die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der Abgeordneten Künast, SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, uns liegt heute der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Interessenvertretung von Seniorinnen und Senioren in Thüringen vor. Dass ein solcher Gesetzentwurf von der Opposition eingebracht werden muss, ist nun einmal mehr ein trauriger Beweis für die Untätigkeit der Landesregierung in diesem Bereich.

(Beifall DIE LINKE)

Die Landesregierung hat vor fast zwei Jahren eine Große Anfrage zu Seniorinnen und Senioren in Thüringen beantwortet. Tenor: In Thüringen ist alles in bester Ordnung in diesem Bereich und somit besteht keinerlei Handlungsbedarf. Außerdem operiert man aufseiten der Landesregierung mit 17 Thesen zur Seniorenpolitik, die dermaßen dünn und unzureichend sind, dass es schon fast peinlich ist. Neue Ideen dazu gibt es nicht. Stattdessen zieht die jetzt zuständige Ministerin durchs Land und führt zahlreiche Gespräche mit Seniorenvertretungen,

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit: Die wollen das, die kommen zu mir.)

was zu begrüßen ist, Frau Ministerin, aber konkrete Initiativen daraus resultieren bis jetzt nicht. Wir wissen aufgrund vieler Gespräche mit Seniorenvertretern seit Jahren, was gefordert wird, beispielsweise eine gesetzlich verankerte Mitbestimmung von Seniorinnen und Senioren. Dass sich in dem Bereich bis heute nichts tut, das ist schon ein Schlag ins Gesicht der Interessenvertreter.

Aber nun zum eigentlichen Gesetzentwurf: Dieser enthält vieles von dem, was meine Fraktion bereits im April des letzten Jahres in einem Antrag von der Landesregierung gefordert hat, nämlich eine Stärkung der Landesseniorenvertretung, die Erstellung kommunaler Seniorenförderpläne, Erstellung eines Seniorenförderplans für das Land und die wissenschaftliche Unterstützung der Kommunen bei der Erstellung der Pläne. Wir finden es schön, dass unsere Ideen hier offensichtlich aufgegriffen wurden. Dieser Gesetzentwurf ist ein Schritt in die richtige Richtung und entspricht in vielen Teilen unseren Vor

stellungen in diesem Bereich. Es muss nun darum gehen, diese Regelungen umzusetzen und mit Leben zu erfüllen.

Meine Damen und Herren, die gesetzlich festgeschriebene Mitwirkung von Seniorinnen und Senioren muss umgesetzt werden, denn sie sind Experten in eigener Sache. Wir müssen ihr Wissen und ihre Erfahrungen nutzen und müssen ihnen die Chance geben, sich einzubringen, und müssen ihrer Stimme mehr Gewicht geben. Im Entscheidungsfindungsprozess dürfen sie nicht an den Katzentisch verbannt werden, sondern sie müssen von Beginn an aktiv mit einbezogen werden. Die Alibifunktion, die dem Landesseniorenbeirat zukommt, muss endlich ein Ende haben. Ich sage das nicht, weil die Mitglieder des Landesseniorenbeirats schlechte Arbeit leisten würden, es ist einfach nur so, dass die Rolle, die ihnen zugestanden wird, völlig unzureichend ist. Im Gesetzentwurf sind jedoch auch einige Punkte, über die diskutiert werden sollte. Wir möchten deshalb, dass der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit überwiesen wird. Dort könnten wir dann eine Anhörung durchführen und neben Seniorenvertretern auch die kommunale Seite anhören sowie wissenschaftliche Einschätzungen des Ganzen vornehmen.

Was unserer Meinung nach zum Beispiel diskutiert werden müsste, ist die Altersgrenze von 55 Jahren, die im Gesetz festgeschrieben ist, und auch die Festlegung zur Rolle des Landesseniorenbeirats würden wir gern weiter ausbauen. Über den Berichterstattungszeitraum von zwei Jahren beim Seniorenbericht sollte auch gesprochen werden. Das sind nur drei Problempunkte, über die man noch eingehender beraten sollte, die ich hier erwähnt habe. Aus einer intensiven Beratung im Sozialausschuss würden sich dann sicherlich Vorschläge zur Verbesserung des Gesetzentwurfs ergeben. Dort, wo der Gesetzentwurf zu kurz greift, könnten Ergänzungen vorgenommen werden. Darum bitte ich die CDU-Fraktion, lassen Sie uns die Möglichkeit, die dieser Gesetzentwurf uns bietet, nicht ungenutzt verstreichen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Jung, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, am 08.12.2008 veröffentlichte die Bertelsmann Stiftung die Bevölkerungsprognose bis 2025. Das Fazit - und das ist nicht neu -: Deutschland wird

immer älter. Prognostiziert wird, bis 2025 wird die Zahl der über 80-Jährigen bundesweit über 70 Prozent zunehmen. Nach der Länderprognose von Bertelsmann schrumpft die Bevölkerung in Thüringen bis 2025 um 14 Prozent. Das entspricht ca. 330.000 Einwohnern. Der Thüringer Wald und die Region Ostthüringen müssen dabei mit dem größten Rückgang rechnen. 2025 wird die Hälfte der Einwohner in Thüringen älter als 53 Jahre sein. Bis zum Jahr 2025 wird in Thüringen der Anteil der hoch betagten Menschen um 76 Prozent zunehmen. Sie werden dann mehr als 9 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen.

Meine Damen und Herren, allein aus diesen Zahlen folgt, Bedürfnisse und Interessen von Seniorinnen und Senioren müssen in der Politik und auf allen Ebenen als Querschnittsaufgabe berücksichtigt werden. Vor allem aber das Lebensumfeld vor Ort, von der Gestaltung der Infrastruktur bis zur Gestaltung der Versorgung mit den Dingen des täglichen Bedarfs, der Gesundheitsversorgung und des Kulturangebots muss auf die Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur angepasst werden. Diese Anpassungsarbeit kann nicht von heute auf morgen passieren, deshalb müssen wir schon jetzt beginnen. Aber diese Aktivitäten dürfen nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg geschehen, die Bevölkerungsgruppe, um die es geht, darf im politischen Entscheidungsprozess nicht außen vorgelassen werden, weder auf Landesebene noch auf kommunaler Ebene. Und wenn wir ein Gesetz zur Mitbestimmung vorgelegt haben, muss man sich natürlich die Frage beantworten: Was ist denn Mitbestimmung? Mitbestimmung ist die Gewährung von Entscheidungsbefugnissen für diejenigen, die von den Entscheidungen betroffen, aber aufgrund formaler Rechts- und Besitzverhältnisse keinen Einfluss auf Entscheidungsprozesse haben. Es ist also eine Frage der demokratischen Teilnahme und eine Frage der Gerechtigkeit. Die Notwendigkeit zur Mitbestimmung von Senioren hat sich grundlegend geändert. Mittlerweile gibt es einen hohen Anteil von Senioren mit höherer aktiver Lebensdauer und veränderten Bildungsvoraussetzungen. Wir haben es mit zunehmenden Auslagerungen von Aufgaben der staatlichen Altenpolitik auf die kommunale Ebene zu tun und mit zunehmenden Eingriffen des Staates in die Alterssicherungspolitik.

Deshalb und zur Sicherung und Förderung einer umfassenden und flächendeckenden Interessenvertretung und Mitbestimmung der Seniorinnen und Senioren in Thüringen haben wir in dem Gesetzentwurf vier Punkte ganz konkret vorgesehen, die ich hier noch einmal ausführen will.

Zum einen die Verpflichtung zur Schaffung von Seniorenbeiräten: Wie ist denn die Situation in Thü

ringen? Wir haben viele Seniorenvertretungen, die zum Teil e.V. sind. Wir haben Seniorenbeiräte, aber wir haben sie dort, wo die Senioren es geschafft haben, sie einzurichten. Wir haben sie zum Teil in e.V.’s auf freiwilliger Basis, wir haben aber kein Netz von Seniorenvertretungen und Seniorenbeiräten. Deshalb wollen wir in kreisfreien Städten und in Landkreisen verbindlich Seniorenbeiräte schaffen, um so eine Grundstruktur eines solchen Netzes einzurichten. Die beste Wirkungsform der Seniorenbeiräte ist aber natürlich die Gemeinde und das sagen wir auch so deutlich. Deshalb wollen wir, dass in den Gemeinden Seniorenbeiräte dann geschaffen werden müssen, wenn es Seniorinnen und Senioren gibt, die es wollen. Wir wollen nicht, und das will ich noch einmal ausdrücklich sagen, dass sich die Gemeinde in einem kleinen Ort die Senioren suchen muss, um dann einen Seniorenbeirat zu bilden. Wir wollen mit dem Gesetz - und das finden wir sehr wichtig - die Absicherung der engen Zusammenarbeit von Seniorenbeiräten mit den Seniorenorganisationen erreichen. Das haben wir in den Paragrafen geregelt, wo die Seniorenorganisationen ihre Vertreter benennen können. Wir haben in dem Gesetz die Regelung zur Absicherung der personellen und sächlichen Logistik und der inhaltlichen Arbeit von Seniorenbüros geregelt. Ich denke, das ist eine sehr wichtige koordinierende Funktion in dem Gesetzentwurf, um diese Arbeit wirklich netzwerkartig zu gestalten. Wir haben die lokalen, regionalen und landesweiten seniorenpolitischen Planungen gefordert. Ich glaube, genau darin liegt eigentlich unser Hauptdefizit. Hätten wir die, wäre schon längst erkannt worden in diesem Land, dass es um Mitbestimmung geht und wir die Mitbestimmung nicht außen vorlassen können.

Zu einigen Diskussionspunkten, die auch zum Teil von der Kollegin Künast angesprochen worden sind: Kollegin Künast, Sie sagten, wir haben Ihre Ideen aufgegriffen. Ich gehe davon aus, dass Sie wie wir die Ideen aus dem täglichen Zusammentreffen von Verbänden, Vereinen und Seniorenorganisationen haben. Wenn Sie das so gemeint haben, dann kann ich durchaus damit umgehen, denn ansonsten würde ich das direkt zurückweisen, weil wir eine Forderung umsetzen, die seit Jahren, seit mehr als 12 Jahren auch in Thüringen diskutiert wird, die Mitbestimmung gesetzlich in der Kommunalordnung zu verankern.

Sie sprachen die Altersgrenze 55 an. Das war in den ganzen Diskussionspunkten wirklich eine sehr umfangreiche Diskussion. Es scheint auf den ersten Blick nicht logisch zu sein, dass man Seniorenalter ab 55 bestimmt, das mag sein, weil die Hochaltrigkeit, das sagte ich ja am Anfang, enorm zunimmt. Die andere Seite ist natürlich, wir haben immer noch die Situation, dass viele Menschen gera

de in diesem Alter aus dem Erwerbsleben ausscheiden, und sie in direkter Form dann in Mitbestimmung zu bringen, ist natürlich auch eine Form, die man wählen kann. Aber den Hauptgrund, den will ich Ihnen hier ganz deutlich sagen, warum wir es gewählt haben. In den Seniorenbeiräten und -vertretungen, die es gibt, hat die überwiegende Mehrzahl sich selbst dieses Alter gewählt. Wir wollten das, was besteht, natürlich mit unserem Gesetzentwurf nicht in Konfrontation bringen.

Die Rolle des Landesseniorenbeirats, Frau Künast, haben Sie auch angesprochen. Wir sagen ganz klar, der jetzige Landesseniorenbeirat erfüllt in keinster Weise die Mitbestimmung und Mitvertretung. Ich habe es schon mehrfach ausgeführt, ich erspare mir das heute. Allein schon die Frage des Zweimaltagens nur pro Jahr kann diese Aufgabe überhaupt nicht erfüllen, weil in unserer so schnelllebigen Zeit die Probleme der Seniorinnen und Senioren da natürlich ganz genauso anstehen.

Die Sozialberichterstattung haben Sie angeführt, alle zwei Jahre: Auch das haben wir lange diskutiert. Wir haben sehr bewusst die zwei Jahre jetzt gewählt als Diskussionsgrundlage, weil wir sagen, da es überhaupt keine Berichterstattung gibt, haben wir nicht den Anspruch, am Anfang die umfangreichste Landesseniorenberichterstattung zu haben. Wir sagen sehr deutlich, die Landesregierung soll alle zwei Jahre berichten und das Ganze fortschreiben. In diesem Rahmen halten wir auch diesen Zeitraum durchaus für möglich.

Wir haben in dem Diskussionsprozess natürlich auch das Berliner Gesetz diskutiert. Das Berliner Gesetz ist ja ein Gesetz mit Wahlverfahren und das spielt in der Diskussion natürlich eine große Rolle. Ein Wahlverfahren durch alle älteren Menschen vor Ort wäre zwar sehr wünschenswert und sollte für die zukünftige Ausgestaltung von Mitbestimmungsmöglichkeiten auch im Blick behalten werden, das durchaus; nur, die praktischen Erfahrungen in Berlin haben sehr deutlich gezeigt, dass auf dem Stand, auch wo wir uns befinden, das zu einer sehr geringen Wahlbeteiligung führt. Das bedeutet, dass eine allgemeine Wahl durch Senioren erst dann sinnvoll ist, wenn die Arbeit der Seniorenbeiräte sich auf einem festen Fundament entwickelt hat.

Zu den Seniorenbüros: Ich glaube, die Seniorenbüros, wir haben noch ganze acht im Land Thüringen in Städten und Landkreisen, die zum Teil auf öffentliche Initiative eingerichtet wurden, zum Teil auch als eigene Veranstaltung gemeinnütziger und kirchlicher Organisationen oder anderer Strukturen noch existieren. Das ist wirklich ein kläglicher Rest eines früher viel stärkeren Netzwerks. Diese wichtigen Einrichtungen und Strukturen sind aber in den letzten

Jahren der Sparwut der CDU zum Opfer gefallen. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht den Aufbau und Wiederaufbau eines entsprechenden Netzwerks von Seniorenbüros vor. Die Aufgaben der Seniorenbüros sind im Gesetz ausführlich beschrieben und ich erspare mir einfach noch mal die Ausführungen dazu.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass erst zu dem 1. Sozialgipfel am 10. Juni zur Teilhabe von älteren Menschen in unserer Gesellschaft eine Resolution verabschiedet worden ist. Gestatten Sie mir, diesen ersten Punkt einfach noch mal zu verlesen: Der Freistaat Thüringen benötigt gesetzliche Regelungen, die die Partizipationsmöglichkeiten von älteren Menschen erweitern. Sie sollen die politische Interessenvertretung in Seniorenvertretungen und -beiräten sowie Rahmenbedingungen für das bürgerschaftliche Engagement von Älteren festschreiben, um die Bedingungen für eine Beteiligung von älteren Menschen am gesellschaftlichen Leben, verbunden mit einer Wertschätzungs- und Würdigungskultur zu verbessern.

Ich glaube, unser Gesetzentwurf entspricht genau diesem Anliegen. Auch wir beantragen die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. Ich hoffe, dass wir alle anderen Fragen dann im Ausschuss auch entsprechend klären können. Ich danke.

(Beifall DIE LINKE)

Das Wort hat Abgeordneter Worm, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Kollegin Künast, an dieser Stelle kann ich mir erst mal nicht verkneifen, meine Enttäuschung zum Ausdruck zu bringen, dass Sie in Ihrer Rede in die übliche Polemik und in das übliche Agieren der SPD-Fraktion eingestoßen sind. Da wird der Landesregierung Untätigkeit vorgeworfen und anstatt an dieser Stelle darauf hinzuweisen, was in den vergangenen Jahren alles getan wurde, beginnend mit der Großen Anfrage über die intensive Verbesserung der Förderung der Landesseniorenvertretung, und die Landesregierung aufzufordern, doch auf diesem Weg weiterzumachen, fangen Sie wieder hier an und versuchen alles schlechtzureden. Natürlich gibt es bei den 17 Thesen tatsächlichen Fortentwicklungsbedarf, da stimme ich Ihnen zu. Ich bin da sehr optimistisch, dass wir bis zum Frühjahr vonseiten der Landesregierung auch etwas hinbekommen.

Ich glaube, es ist unstrittig, dass Seniorenarbeit vor dem Hintergrund des demographischen Wandels bereits an Bedeutung gewonnen hat und dass sie auch zunehmend an Bedeutung gewinnen wird. Bund, Länder und Kommunen tragen seniorenpolitische Verantwortung. Insbesondere die Kommunen müssen entscheiden, wie viel ihnen die Seniorenpolitik im Vergleich zu anderen Aufgabenbereichen wert ist. Hier unterstellt uns der vorliegende Gesetzentwurf - Frau Jung hat das zum Ausdruck gebracht -, dass die Vertretung der Seniorinnen und Senioren auf kommunaler Ebene derzeit unzureichend gesetzlich gesichert ist. Das ist jedoch nicht der Fall. Auf bestehende Gremien der Interessenvertretungen, wie z.B. die kommunalen Seniorenbüros - ja, darüber kann man traurig sein, dass es nur acht sind, aber ich weiß nicht, warum es nur acht sind; vielleicht ist auch kein Bedarf da, ich weiß es nicht,

(Zwischenruf Abg. Jung, DIE LINKE: Es sind acht Büros.)

- ja Büros, meine ich ja - und die Landesseniorenvertretung nimmt jedoch der Gesetzentwurf keinen Bezug. Wir können aber an dieser Stelle nicht so tun, als gäbe es diese Verbände und Organisationen wie Landesseniorenvertretung und -beiräte nicht und wir würden sozusagen im luftleeren Raum agieren. Das ist ja nun nicht der Fall. Nicht nachvollziehbar ist, dass der Gesetzentwurf hinsichtlich einer notwendigen Förderung der Interessenvertretung der Senioren den demographischen Wandel anführt. Hier möchte ich doch ganz deutlich sagen, vielmehr werden doch die Senioren in Zukunft aufgrund ihres steigenden prozentualen Anteils in der Gesamtbevölkerung sogar noch einen wachsenden Einfluss auf die Besetzung von Gemeinde-, Stadtrats- oder Kreistagssitzen haben und damit natürlich auch den entsprechenden Einfluss auf die Wahrnehmung ihrer Interessen. Dabei können die Senioren auch selbst bis in das hohe Alter in kommunalen Vertretungen aktiv werden, was durchaus jetzt auch schon der Fall ist. Ich bin selbst Gemeinderat, wir haben derzeit natürlich auch Senioren in diesen Gremien mit drin und die können natürlich ihre Forderungen und Vorstellung dort mit einbringen und umsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ältere Menschen bilden mit ihren umfangreichen Kompetenzen und Potenzialen einen Reichtum und ein erhebliches Potenzial für unsere Gesellschaft. Dieses Potenzial zu nutzen, muss die Zielrichtung verantwortungsvoller Politik sein und aus diesem Grund ist uns als CDUFraktion daran gelegen, die inhaltliche Diskussion mit den beteiligten Akteuren, insbesondere oder gerade auch mit den kommunalen Spitzenverbänden zu führen und dies im Rahmen einer Anhörung zu ermöglichen. Deshalb beantrage ich wie schon meine Vorredner die Überweisung an den Ausschuss für So

ziales, Familie und Gesundheit und begleitend oder mitberatend an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. Danke.

(Beifall CDU)

Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Bitte, Frau Ministerin Lieberknecht.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, es ist gut, dass wir heute Nachmittag auch über Seniorinnen und Senioren in Thüringen sprechen hier im Parlament. Ich tue das jede Woche, ich tue das mehrfach jede Woche und ich wollte Frau Kollegin Künast - jetzt ist sie nicht mehr da - und auch manchem Kollegen der SPDFraktion, weil das jetzt schon öfter kam, einmal ein nettes Spiel vorschlagen. Das können wir im nächsten Jahr dann spielen, so Zug um Zug gesagt, getan. Frau Künast kann immer sagen, was ich gesagt habe, und ich sage dann, was ich getan habe.

(Beifall CDU)

Das ist, denke ich, gerade auch auf diesem Feld sehr zielführend. Wir haben unter anderem auch gerade am Montag in dieser Woche eine Zusammenkunft gehabt im Zuge des ersten Sozialgipfels, der ja hier auf Einladung der Landtagspräsidentin unter ihrer Schirmherrschaft stattgefunden hat. Die Sozialverbände, die Landesseniorenvertretung, die waren im Ministerium und wir haben nicht nur über den ersten Punkt gesprochen, sondern die Resolution hatte ja sechs Punkte und ich habe berichtet darüber. Es war Einvernehmen und Anerkennung über das, was im Ministerium, auch von mir persönlich, im Moment getan wird, und auch eine Verabredung, wie es weitergehen soll, und dass dieser erste Seniorengipfel oder Sozialgipfel zu Recht das Wort „eins“ hat, was schon erkennen lässt, dass da weitere folgen werden. Also wir sind da schon in guten Gesprächen und im guten Tun. Nun hat die Fraktion DIE LINKE diesen Gesetzentwurf vorgelegt „Gesetz zur Stärkung der Interessenvertretung von Seniorinnen und Senioren in Thüringen“. Sie begründen ihn damit - und Kollegin Döllstedt hat ja eingeführt -, dass ältere Menschen in der heutigen Gesellschaft von Ausgrenzung betroffen seien. Sie würden zwar als Konsumenten umworben, heißt es wörtlich, aber dennoch gelte das Alter als ein Lebensabschnitt, den man nach weit verbreiteter gesellschaftlicher Auffassung fürchten müsse, vor dem man fliehen müsse. Deutlich werde dies zum Beispiel am erkennbaren Jugendlichkeitstrend. Ich denke, da sind wir schon

ein bisschen weiter, jedenfalls wenn ich Seniorinnen und Senioren erlebe mit einem Selbstbewusstsein, mit einer Fitness auch. Es ist ja längst Allgemeingut, dass sich auch das Alter der Senioren in verschiedene Abschnitte gliedert und einige waren ja von Ihnen auch dabei, als wir die Fachtagung der Landesseniorenvertretung hatten in Bad Blankenburg, wo ganz bewusst Seniorinnen und Senioren die Situation in Thüringen im Blick auf die demographische Entwicklung genommen haben und gesagt haben, was bedeutet das für uns. Wo bringen wir unsere Interessen ein? Wie planen wir? Ich durfte dabei sein. Die Landtagsfraktionen waren vertreten, Kommunalpolitik war vertreten, Prof. Lutz mit dem Modell der sozialen Stadt, wo auch Seniorinnen und Senioren natürlich einen Platz haben. Ich denke, da sind wir gut dabei, aber es lohnt sich trotzdem, immer genau hinzusehen. Das betrifft nicht nur die Paragraphen des Gesetzes, sondern auch die Begründung. Da war ich doch ein bisschen überrascht, als es hieß in der Begründung zu § 1 „nach der Doktrin der herrschenden Gesellschaft ist das (gut funktionie- rende) Jungsein gefragt“. Eine Erklärung, was diese sogenannte Doktrin der herrschenden Gesellschaft eigentlich ist, gut, da kann man sich dann noch darüber austauschen. Aber es war doch für mich ein bisschen ein Vokabular oder ich bin nicht mehr auf der Höhe der Zeit, weiß ich nicht, was ich zumindest einer anderen Zeit verordnet hätte. Dies nur als ein paar kleine Anmerkungen am Rande. Die Vorlage wird weiterhin damit begründet: Es sei davon auszugehen, dass Interessen und Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren angeblich immer weniger in die politische und gesellschaftliche Diskussion einbezogen würden. Auch das kann ich nun wahrhaftig nicht sehen. Gerade auch hier im Thüringer Landtag und in den politischen Debatten, die wir hier geführt haben, hatte eigentlich die Dimension von Seniorinnen und Senioren noch nie eine solche Rolle gespielt, wie in den letzten - Herr Worm nannte das zu Recht - zwei Jahren hier im Hohen Haus.

(Beifall CDU)

Gut, ich denke, das wird auch weiter der Fall sein, weil eben Seniorinnen und Senioren gerade immer weniger eine Minderheit sind, sondern wenn wir einmal künftige Mehrheiten in der Gesellschaft ansehen, ist ganz klar, wo die hingehen. Ich kann dies aus meinem eigenen Erleben, aus meiner eigenen Lebenswirklichkeit nicht bestätigen. Das heißt nicht, dass alles in Ordnung wäre, überhaupt nicht. Auch hier sind wir auf einem Weg und auch bei den anderen Gesetzen, die wir im Sozialbereich in diesen Parlamentstagen jetzt besprochen haben. Aber ich denke, wir haben etwas jetzt, womit wir uns befassen können, womit wir uns auch auseinandersetzen und wo es darauf ankommt, dann den Abgleich tatsächlich mit der Realität zu machen. Ich will auch