Protocol of the Session on September 13, 2002

Am Ende, ja.

Am Ende möchte der Abgeordnete Nothnagel die Frage beantworten.

Insofern kann die Landesregierung, wenn sie denn solch ein Verfahren einleiten wird, auf die Unterstützung der PDS-Fraktion rechnen und auch bauen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe, dass meine kritischen Bemerkungen Ihnen eines verdeutlicht haben: Es hilft weder der Landesregierung noch der Opposition, wenn Sie sich bei unseren Anfragen auf fehlendes Datenmaterial berufen. Ein bisschen Nachdenken und etwas Kreativität und vor allem politischer Willen hilft hier wahre Wunder. Allerdings soll dies nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass für eine effektive Arbeit viele Bereiche nicht ausreichend statistisch erfasst sind. Ich denke, dass die Landesregierung ein eigenes Interesse daran hat, die Situation zu verändern, um nicht wieder vor solch einem Dilemma wie heute zu stehen. Wie wäre es denn zur Abwechslung damit, wenn die Landesregierung einen Vorstoß unternehmen würde, eine dementsprechende Veränderung des Datenschutzes vorzunehmen und mit zu befördern. Danke.

(Beifall bei der PDS)

So, jetzt die Frage vom Kollegen Panse bitte.

Ja selbst auf die Gefahr, dass ich Sie vielleicht auch nicht richtig verstanden habe: Ist Ihnen eventuell entgangen, dass ich in meiner Rede vorhin gesagt habe, dass genau diese Regelung im Kinder- und Jugendschutzgesetz jetzt getroffen wurde, nämlich, dass die Zigarettenautomaten zukünftig

nur noch mit Chipkarten bedient werden sollen und können und dass das nach einer Übergangsfrist in den nächsten Jahren umgesetzt wird?

Das ist mir nicht entgangen.

Es hat jetzt die Landesregierung ums Wort gebeten, Herr Minister Dr. Pietzsch.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Vielzahl der Redebeiträge, wobei sich fast jeder Redebeitrag mit etwas anderem beschäftigt hat, ich bin manchmal sogar etwas überrascht gewesen, dass das alles zur Gesundheitsförderung gehört, was hier gesagt worden ist, beweist aber dennoch, dass die Gesundheitsförderung eigentlich eine Querschnittsaufgabe ist und beweist auch, dass Gesundheitsförderung nicht einmal passiert und dann abgehakt ist, sondern dass Gesundheitsförderung eine Daueraufgabe ist. Meine Damen und Herren, auf etwas anderes möchte ich noch hinweisen: Gesundheitsförderung ist erst einmal auch eine Sache der eigenen Einstellung.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe hier hehre Worte zum Rauchen gehört und die Damen und Herren, die bereit sind, hehre Worte zum Rauchen zu sagen, sehe ich dann kurze Zeit später vielleicht draußen vor der Tür rauchen.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, ich glaube, bei der Gesundheitsförderung fangen wir auch mal jeder bei sich selber an. Dann kämen wir schon ein ganzes Stückchen weiter.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Meine Damen und Herren, Sie erwarten nicht, dass ich auf alles, was hier gesagt worden ist, eingehen kann, das ist einfach zu viel. Frau Abgeordnete Dr. Fischer, Ihre Kritik an der Personalsituation in Gesundheitsämtern, dieses Thema haben wir ja, Sie haben es selbst gesagt, vor nicht allzu langer Zeit hier im Plenum gehabt. Ich gehe dem nach, ich nehme dieses sehr ernst. Ich werde dieses auch mit der Kommunalaufsicht besprechen, dort wo es nötig ist.

Was Canabis in der Medizin angeht, kann ich nur sagen: Gut, dort, wo es sinnvoll ist, soll man darüber reden, aber, meine Damen und Herren, nicht als Dauerdroge, sondern in speziellen Fällen. Es ist ja doch nicht so, dass wir in der Medizin nicht auch andere Drogen benutzen würden. Seit alters her benutzen wir Morphium, aber in speziellen Fäl

len. Wenn ich da so einen Fall in Thüringen betrachte, der auch durch alle Gazetten gegangen ist, nicht nur in Thüringen, sondern auch darüber hinaus, dann geht es dort offensichtlich um jemanden, der daran gewöhnt ist und offensichtlich Schwierigkeiten hat, davon loszukommen. Und da sehe ich die Gefahr.

Frau Fischer, wir kommen alle beide aus einer Zeit, wo ich behaupte, wir sind mit suchterregenden Analgetika zu vorsichtig umgegangen. Wir haben uns Sorgen gemacht, ob wir einem Patienten Morphium geben können, obwohl wir aufgrund der Erkrankung sicher sein konnten oder sicher sein mussten, dass der Mensch in einem Vierteljahr oder in einem halben Jahr nicht mehr lebt. Ob wir bei dem noch eine Morphinsucht erzeugen, das dürfte marginal gewesen sein. Aber wir haben uns Gedanken darüber gemacht. Das war die Medizin vor etwa 30 oder 40 Jahren. Unter diesen Gesichtspunkten müssen wir dieses sicher etwas anders sehen.

Meine Damen und Herren, ich bin sehr froh, dass über das Thema Sport gesprochen worden ist. Sport ist Gesundheitsförderung, ist aber auch Prävention, wenn es um Suchtgefahren und Drogengefahren geht. Da kann ich nun nicht nachvollziehen, Herr Nothnagel, wenn Sie daran Zweifel hegen, dass wir in Thüringen ein flächendeckendes Netz von Sportvereinen haben.

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: So ist es.)

Also, meine Damen und Herren, es gab noch nie so viele Vereine und Vereinsmitglieder im Sport, wie in der gegenwärtigen Situation.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin dem Landessportbund für seine Aktivitäten sehr dankbar. Frau Bechthum, lassen Sie mich etwas sagen und da knüpfe ich an den gestrigen Abend an. Sie haben die Beipackzettel erwähnt, das ist nun einmal eine rechtliche Vorgabe. Ich gebe ja zu, es muss jemand fast selbstmordverdächtig sein, der nach dem Beipackzettellesen auch noch das Medikament nimmt, was da alles an Gefahren aus juristischer Absicherung aufgeschrieben ist. Aber wenn es um Informationen geht, was Gesundheit angeht, Frau Bechthum, da kann ich Ihnen nicht folgen, wenn Sie sagen, nur in den größeren Städten gebe es so etwas. Wir haben gestern Abend einen parlamentarischen Abend der Volkshochschulen gehabt und die Volkshochschulen sind nun weiß Gott ein Netz, was flächendeckend da ist und was flächendeckende Angebote bringt. Ein wesentlicher Aspekt, ein wesentliches Aufgabengebiet der Volkshochschulen ist gerade im Bereich Gesundheitsförderung und Gesundheitsaufklärung.

(Beifall bei der CDU)

Hier hat wirklich jeder die Möglichkeit, der Interesse hat, sich zu informieren und nicht nur in den Großstäd

ten, etwa in Gera, Erfurt, Suhl und in Nordhausen, sondern bis hin fast in das kleinste Dorf.

Meine Damen und Herren, Gesundheitsförderung ist sicher ein zentraler Baustein für eine langfristig orientierte Gesundheits- und Sozialpolitik. Sie können sicher sein, dass ich mich dieser langfristigen Gesundheits- und Sozialpolitik verpflichtet weiß. Ich möchte deswegen auf einige Probleme, aber auch auf einige Leistungen hinweisen. Das fängt schon an mit der Frage - ob das ein Problem ist, weiß ich nicht - der Definition von Gesundheit. Gesundheit ist früher im Wesentlichen eine Abwesenheit von Krankheit gewesen. Unterdessen hat man ein eher positiv definiertes Verständnis von Gesundheit, was körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden bedeutet. Jetzt könnte ich sehr weit gehen, meine Damen und Herren, aber da bin ich wieder bei der Mittagspause. Denn das ist auch soziales Wohlbefinden.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich weise darauf hin - und manchmal wird das verwechselt -, diese Definition von Gesundheit nach der OttawaCharta von 1986 ist nicht die Grundlage für den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Manche haben allerdings den Eindruck, als müsste dies die Grundlage für den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung sein. Nein, meine Damen und Herren, da hat jeder schon noch etwas Eigenes zu leisten.

Meine Damen und Herren, es liegt an der Verantwortung jedes Einzelnen, sich gesundheitsbewusst zu verhalten. Der Staat kann zwar Aufklärung betreiben, er kann Anreize geben, er soll sogar Anreize geben und er soll zweckentsprechende Strukturen schaffen für solche Anreize und für Aufklärung. Aber, meine Damen und Herren, im Gesundheitswesen, um zunächst auf diesen für das Thema zentralen Bereich einzugehen, muss die Prävention auch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung eine größere Bedeutung gewinnen.

(Beifall Abg. Arenhövel, CDU)

Zurzeit werden nicht einmal 4,5 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben für Präventionsleistungen aufgewendet. Meine Damen und Herren, Experten schätzen zwar, dass sich 25 bis 30 Prozent der derzeitigen Ausgaben durch eine Stärkung der Mittel und langfristige Prävention vermeiden ließen, ich bin mit solchen prozentualen Angaben etwas vorsichtig. Ich bin vorsichtig damit, aber dass sich die Gesundheitsausgaben reduzieren lassen, da bin ich mir ganz sicher. Nur ist das Problem bei der Prävention immer das, dass die Ergebnisse erst langfristig abzulesen sind, nicht innerhalb von ein oder zwei oder fünf Jahren, meistens sind es sogar 10 Jahre.

Meine Damen und Herren, um bei der Gesundheitsprävention und der gesetzlichen Krankenversicherung zu bleiben, das Gesundheitsstrukturgesetz 1992 hatte ja sehr weite

Spielräume gelassen für den Bereich der Prävention. Diese weiten Spielräume sind fast ausschließlich zu Wettbewerbszwecken genutzt worden und deswegen ist massiv zurückgefahren worden. Ich behaupte, es ist zu kräftig zurückgefahren worden. Wir müssen in einer neuen Gesundheitsstrukturreform gerade diesen Bereich "Prävention", und zwar einem sinnvollen Bereich "Prävention", nicht Bauchtanzkurse und was so alles an schlimmen Dingen damals gelaufen ist, sondern einem sinnvollen Bereich "Prävention" auf jeden Fall mehr Beachtung schenken. Dass Prävention funktioniert und dass es positiv funktioniert, haben einzelne Dinge bewiesen. Ich denke beispielsweise an unsere Aids-Prävention. Wenn wir dort nicht so präventiv tätig gewesen wären - übrigens habe ich manchmal den Eindruck, dass es wieder aus dem Auge verloren wird -, oder Kariesprophylaxe, hier hat es bereits Situationen gegeben, wo nachgewiesen werden konnte, dass die Prävention wirksam ist.

Meine Damen und Herren, ich denke, wir haben in einigen Bereichen gute Rahmenbedingungen in Thüringen geschaffen. Ich behaupte überhaupt nicht, dass wir schon optimale Bedingungen haben, aber wir sind auch dabei, insbesondere - und darauf ist ja in einigen Reden hingewiesen worden - die Gesundheitsförderung in der Schule zu intensivieren,

(Beifall bei der CDU)

so, wie wir insgesamt den Bereich "Jugendarbeit und Schule" intensivieren wollen, auch mit dem Blick auf Prävention. Im Bereich der Schulen haben Maßnahmen zur Förderung einer gesunden Ernährung stattgefunden. Es ist das gesunde Schulfrühstück vorhin schon angesprochen worden - und ich weiß nicht, wer es gesagt hat, doch, Frau Bechthum hat es gesagt -, dass in Thüringen besonders viel Stoffwechselerkrankungen bestehen. Das wundert mich überhaupt nicht, meine Damen und Herren. Wenn die Thüringer die höchste Übergewichtsrate in Deutschland haben, dann ist das kein Wunder, dass wir die meisten Stoffwechselkrankheiten haben. Ich meine, es liegt auf der anderen Seite an unseren guten Thüringer Produkten, an denen man nicht vorbeigehen kann, ohne dass man einmal zugreift.

Meine Damen und Herren, aber auch Maßnahmen zur Suchtprävention werden von uns durchgeführt, so beispielsweise das Projekt "Kids for Kids", das von der AGETHUR gefördert wird, das regelmäßige Angebot der Thüringer Suchtprävention mit gegenwärtig 30 Fachkräften an den Schulen im Freistaat oder den europaweiten Wettbewerb zum Nichtrauchen "Be Smart - Don't Start".

Meine Damen und Herren, hier würde ich mir mehr Aktivität auch von Seiten der Eltern wünschen. Und Aktivität von Seiten der Eltern auch in der Weise, dass sie von der Schule fordern, eine rauchfreie Schule zu machen und nicht etwa,

(Beifall bei der CDU)

dass Eltern fordern, dass für ihre 16-, 17- und 18-jährigen Gymnasiasten Raucherinseln geschaffen werden.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, beim Studium der Antwort auf die Große Anfrage wird deutlich, dass in Thüringen, glaube ich, eine begrüßenswerte Zusammenarbeit bei vielen Projekten bereits stattfindet, und zwar Zusammenarbeit nicht nur zwischen Schule und Sozialministerium, sondern auch mit den Krankenkassen, mit den Zahnärztekammern, mit den Ärztekammern. Natürlich kann auch in dieser Hinsicht meines Erachtens noch mehr passieren.

Meine Damen und Herren, Gesundheitsförderung bedeutet - legt man den eingangs erwähnten und erweiterten Begriff von Gesundheit zugrunde - nicht nur Krankheitsvermeidung, sondern eben auch Steigerung der Lebensqualität. Damit ist Gesundheitsförderung eine zutiefst humanitäre Aufgabe, die man nicht nur in Bezug auf die finanziellen Auswirkungen betrachten kann und betrachten darf.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Gesundheitsvorsorge ist Grundlage für eine Erhöhung der Lebenserwartung. Wenn wir heute im Vergleich zu 1990 eine 3,5 Jahre höhere Lebenserwartung haben, dann ist das nicht nur, das weiß ich auch, auf Gesundheitsförderung zurückzuführen, aber, ich denke, auch auf Gesundheitsförderung. Das heißt, wir haben auch in diesem Bereich Erfolge erreicht. Wir werden und wollen uns mit diesen Erfolgen keineswegs zufrieden geben, denn ich habe zum Anfang gesagt, Gesundheitsförderung ist für uns, für die Landesregierung, eine Daueraufgabe, der wir uns auch in Zukunft stellen werden.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir jetzt nicht vor. Ich kann damit die Beratung schließen und zugleich auch diesen Punkt.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 19