(Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für Sozi- ales, Familie und Gesundheit: Beispielsweise Mecklenburg-Vorpommern.)
wie weit die Privatisierungskontruktion bei hoheitlichen Aufgaben geht; inwiefern öffentliche Gelder eingespart werden können. Ich frage mich, warum Sie sich aufregen?
Im Grunde genommen erscheint uns dieser Weg der Landesregierung als Einfallstor für weitere ominöse Privatisierungen in Thüringen, die auch schon absehbar sind. Namens meiner Fraktion kann ich die Einwilligung für dieses Vorhaben nicht geben.
Herr Minister, aber ich habe noch ein Wort als Kollege an Sie. In der Vorlage Ihres Ministeriums an den Finanzminister in Drucksache 3/2032, zu der Sie auch gesprochen haben, steht geschrieben, ich zitiere: "Durch den Rückzug des Landes aus der Trägerschaft der Fachkrankenhäuser wird zunehmend das Ziel einer Gleichbehandlung von somatisch Kranken und psychisch Kranken signalisiert." Ich denke, allein diese ganze Geschichte, das wissen wir beide, ist sehr diskussionswürdig, aber da stellt sich doch für mich die Frage, ob denn die Landesträgerschaft bisher dieser Gleichbehandlung im Wege stand und auch hier wird sie nur signalisiert, eine sehr eigenartige, wenn nicht bedenkliche Argumentation für diese Situation, abenteuerlich allemal. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Diskussion um die Struktur der Trägerschaft der Landesfachkrankenhäuser für Psychiatrie und Neurologie gibt es nun schon seit der 1. Wahlperiode. Minister Dr. Pietzsch hat vorhin schon auf die unendliche Geschichte hingewiesen.
Im Frühjahr 2000 beschäftigte sich erstmals in der 3. Wahlperiode der Landtag aufgrund eines Antrags der SPD-Fraktion in der Drucksache 3/540 und weiterhin der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit in einem Selbstbefassungsantrag der PDS-Fraktion mit der Übertragung der drei Landesfachkrankenhäuser für Psychiatrie und Neurologie in eine andere Trägerschaft. Ich sage immer hier ganz bewusst, in eine andere Trägerschaft, denn ein Verkauf ist nach unserer Auffassung nach wie vor nicht notwendig und beinhaltet außerdem aufgrund des Maßregelvollzugs
schwer wiegende juristische Probleme. Auf diesen Teil wird aber mein Kollege Kretschmer in seinem Betrag selbst noch eingehen.
In zwei Punkten stimmen wir mit der Landesregierung überein. Erstens ist eine moderne und effiziente Trägerstruktur bei den Landesfachkrankenhäusern dringend notwendig und zweitens darf der Maßregelvollzug nicht isoliert als eigenständige Einrichtung getrennt von den übrigen psychiatrischen Einrichtungen betrieben werden.
Aber damit hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Ein Verkauf der Landesfachkliniken bedeutet nur kurzfristig einen finanziellen Vorteil für den Freistaat. Welche Vorteile bringt die Privatisierung aus medizinischer Sicht? Hier kann man ganz kurz antworten: Keine.
In der Vorlage des TMSFG an den Thüringer Landtag wird bei den Auswahlkriterien wörtlich gesagt: "Abgefragt wurden insbesondere Erfahrungen der Betreiber im Bereich der Psychiatrie, im Betreiben von Krankenhäusern und im Bereich Maßregelvollzug." Von den zukünftigen Trägern hat nur die Asclepios Erfahrungen mit dem Betreiben einer psychiatrischen Einrichtung mit integriertem Maßregelvollzug. Ein Nachweis, dass die anderen beiden Bewerber Erfahrungen in der forensischen Psychiatrie haben, fehlt. Jedenfalls wurde er im Ausschuss noch nicht beigebracht. Gerade aber bei diesen Patienten ist ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Arzt, Pflegepersonal und Patienten, welches oft nur mühsam aufgebaut werden kann, von großer Bedeutung. Sie wissen auch als Fachmann, Herr Minister, dass gerade diese Patienten erfahrungsgemäß sehr sensibel auf jede Veränderung in ihrem Milieu reagieren. Da ist es schon von immenser Bedeutung, dass das bisherige Personal unter vernünftigen Voraussetzungen und auch möglichst störungslos im Interesse der Patienten so gut wie bisher weiter arbeiten kann. Für das Personal kann man nur hoffen, dass es den Personalräten bzw. dann den Betriebsräten gelingt oder gelungen ist, einen guten Übernahmevertrag auszuhandeln, denn eines ist klar, wir diskutieren heute und hier über bereits gelegte Eier. Die Übernahme hat zum 01.01. de facto stattgefunden und die Abstimmung in diesem Hause verkommt eigentlich zur Farce.
Für uns bleibt trotzdem eine Grundsatzfrage unbeantwortet. Warum soll die Solidargemeinschaft der Krankenversicherten mit ihren Beiträgen die Gewinne der Aktionäre bedienen? Diese haben die Gewinnmaximierung als Ziel und nicht eine wirtschaftiche Krankenhausführung im Sinne von Beitragssatzstabilität oder gar im Sinne von Beitragssenkung. Gewinne können gemacht werden, aber sie sollten wieder den Patienten zugute kommen. Wie man
das machen kann, wurde uns und soweit mir bekannt ist, auch Vertretern des Ministeriums in Sachsen-Anhalt im Modell mit der SALUS-gGmbH, dazu gehören die beiden Maßregelvollzüge des Landes in Uchtspringe und Bernburg, in eindrucksvoller Weise gezeigt. Diese gGmbH arbeitet seit 1997 und ist eine hundertprozentige Tochter des Landes. Die direkte Kontrolle und Weisungsbefugnis über den Maßregelvollzug ist im Gesundheitsministerium geblieben. Bei dieser Struktur gibt es Tochterunternehmen, die Gewinne machen. Diese Gewinne dienen wiederum der SALUS-gGmbH, um außerklinische Einrichtungen, wie z.B. betreute Wohnformen, zu schaffen, in denen im Anschluss die entlassenen Patienten sowohl eine Arbeit bzw. eine Beschäftigung entsprechend ihrer psychischen und physischen Möglichkeiten finden können und auch weiterhin betreut werden können.
Sie sehen, meine Damen und Herren, hier wird versucht, mit eigenen Mitteln die Schnittstellenproblematik zwischen Krankenhausbehandlung, Arbeitsverwaltung und Rentenversicherung zu lösen. Kurz gesagt, dem unheilvollen Kreislauf Sucht, Straftat, Therapie, Entlassung in die Arbeitslosigkeit, Rückfall, also dem so genannten Drehtüreffekt, wird man hier Herr. Das ist eine Aufgabe, die eine Landesregierung unabhängig vom Bund lösen kann und lösen muss.
Aber wie ist es in Thüringen? Fast jede Woche tönt der Gesundheitsminister des Thüringer Freistaats über einen Reformstau im Gesundheitswesen und dort, wo er die Möglichkeiten hat, selbst etwas zu entwickeln, versagt er kläglich und es fällt ihm nichts anderes ein, als die übliche Privatisierung. Ein Weg vom Schubladendenken hin zu einem Gesamtmodell wäre hier angebracht gewesen und nicht eine einseitige Finanzbetrachtung oder, Herr Minister, konnten Sie sich wiederum nicht gegen den Sparkommissar Trautvetter durchsetzen? Der vorgesehene Trägerwechsel der Landesfachkrankenhäuser ergibt keine bessere medizinische Versorgung. Er bringt keinen Vorteil für die weitere soziale Betreuung, die Zulässigkeit der Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf Private ist in diesem Umfang sehr fragwürdig.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Materie, die wir heute besprechen, denke ich, verdient es, dass wir uns fachlich auf einem hohen Niveau austauschen und dass wir die Probleme ausdiskutieren. Jedoch kann ich einiges, was von der Opposition vorgetragen worden ist, nicht nachvollziehen.
Meine Damen und Herren von PDS und SPD, Sie lassen einiges außer Acht, was ich doch noch hinzufügen möchte.
Erstens: Es hat seit 1990 bereits im Freistaat Thüringen eine Landespsychiatriereform gegeben, die die Aufgabenstrukturen der drei Landesfachkrankenhäuser gestärkt und so angepasst hat, dass es nicht mehr erforderlich ist, dass das Land diese Krankenhäuser in eigener Regie führen muss. Das ist Punkt eins. Ich denke, in einem Staat sind wir gut beraten, die Aufgaben auch so zu verteilen, dass diejenigen, die sie leisten können, auch übernehmen, also freie Träger, private Träger, all diese Dinge sind auch möglich und sie entsprechen auch unserer Auffassung.
Ein zweiter Punkt sind die Zustände im Maßregelvollzug, meine Damen und Herren. Das kann man doch nun weiß Gott nicht übersehen, dass hier nicht nur unter dem Sicherheitsaspekt, sondern auch die Verhältnisse, unter denen die Leute untergebracht sind, dass das so nicht länger bleiben konnte. Mit der Privatisierung haben wir eins erreicht, nämlich dass wir sehr viel schneller, sehr viel besser und wesentlich kostengünstiger als durch das Land selbst die Dinge wirklich sichern und die Qualität auch verbessern können. Das muss doch unser Augenmerk sein, nicht nur für die Leute, die dort untergebracht sind, sondern auch für die Ärzte und Schwestern, die dort arbeiten, ist dieser Zustand ein unhaltbarer. Das Land hätte dies so schnell selbst nicht regeln können. Deswegen, Herr Sozialminister Dr. Pietzsch, stärkt Ihnen die CDU-Fraktion hier den Rücken. Ich denke mal, die Art und Weise, wie die Privatisierung durchgeführt worden ist, verdient diese Attribute, die Sie, Frau Dr. Fischer, gesagt haben, wirklich nicht. Sie kennen mich auch als eine Verfechterin dahin gehend, dass Privatisierung von Kliniken sehr sensibel vorgenommen werden müssen, dass sie ordnungsgemäß ablaufen müssen. Hier kann ich nun wirklich keine größeren Fehler erkennen, sondern ganz im Gegenteil, Sie haben es selbst gehört, dass das Konzept, das wir hier vorlegt haben, bereits Nachfrage in anderen Bundesländern hat. Wenn Sie kommunale Träger hervorgehoben haben, auf der einen Seite beschimpfen Sie uns, wir würden zu wenig Einnahmen erzielen, ja, wo sollen denn die Einnahmen herkommen, etwa vom Unstrut-Hainich-Kreis, der schon seit langem hart an der Zwangsverwaltung entlangschlittert. Da bekommen wir weder Geld noch haben wir die Sicherheit, dass die Klinik dann auch wirtschaftlich geführt wird, meine Damen und Herren, was soll denn dabei herauskommen, wenn ein Landkreis kein Geld hat und auch gar nicht die fachliche Kompetenz, um so eine Klinik selbst in die Hand zu nehmen. Da besteht doch immer die Gefahr, dass eine
Klinik dann scheibchenweise verkauft wird und dieses Schicksal haben unsere psychiatrischen Kliniken nicht verdient. Ganz im Gegenteil, die Lobby für die Psychiatrie ist nicht sehr stark. Ich begrüße es auch durchaus, dass das Land mit 25,1 Prozent in der Trägergesellschaft mit dringeblieben ist, das gibt uns die Sicherheit, dass wir hier als Land noch Einfluss haben.
Die Sicherheit des Maßregelvollzugs, denke ich, ist in den Verträgen hinreichend verankert, aber dazu hat ja der Minister auch im Ausschuss schon Stellung genommen und hat uns dies in aller Ausführlichkeit und Deutlichkeit nahe gebracht.
Lassen Sie mich zum Schluss noch darauf hinweisen, dass ich doch sehr froh darüber bin, dass es mit der Psychiatrie in Mühlhausen gelungen ist, hier auch einen christlich geprägten Träger in die Verantwortung zu nehmen. Ich hoffe und wünsche uns allen, dass die Arbeit erfolgreich ist und im Sinne der Betroffenen gut gelingt. Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, sehr geehrte Abgeordnete, Ansprüche werden leider manchmal nicht realisiert, auch wenn man sie selbst äußert. Frau Arenhövel, ich hätte mir schon gewünscht, Sie wären auf die eigene Kritik Ihres Antrags auf das Berichtsersuchen eingegangen, denn das war nicht das hohe Niveau, was man an Problemen zusätzlich hätte
in dieser Aussprache bringen müssen. Ich werde versuchen, Ihnen auch noch einiges zu benennen. Die Tatsache, dass wir in diesem Landtag eine Psychiatriereform hatten, woran ich mich auch sehr gut erinnere, als wir uns gestritten haben - im Positiven produktiv - um die Entwicklung des Maßregelvollzugs, die lässt viel mehr Fragen auf als Sie in Ihrem Berichtsersuchen hier gestellt haben als Aufgabenstellung. Heute hätte ich es verstanden, wenn der Minister nicht gleich einen Bericht gegeben hätte. Warum? Hier sind zwar Planungsmechanismen, hier sind zwar Fragen nach Investitionen, hier sind Kontrollrechte des Landtags erfragt, das ist alles nicht ausgegoren bisher. Ich hätte erwartet, dass der Minister mit einigen Fragen auch diesen Antrag letztendlich durch seinen Bericht noch qualifiziert. Ein paar Fragen stelle ich Ihnen noch dazu. Der Komplexität der rechtlichen und praktischen Probleme, die hier nämlich letztendlich mit dieser Materie verbunden sind, entspricht dieser Antrag nicht. Bei der Unterbringung psychisch kranker Straftäter im Maßregelvollzug in psychiatrischen Krankenhäusern handelt es sich nun einmal um eine
hoheitliche Aufgabe. Da können wir 25 Prozent behalten oder 49 Prozent, es bleibt eine hoheitliche Aufgabe. Nach unserer Meinung sind bisher nach rechtswissenschaftlicher Literaturauffassung, die die Übertragung genau dieser hoheitlichen Aufgaben an private Krankenhäuser beinhalten, bisher unzulässig. Wenn Sie ehrlich sind, Herr Minister, wissen Sie ganz genau, dass Sie über einen Prozess der Auseinandersetzung um die Anteile am Behalten dieser Kliniken nämlich genau den Weg gegangen sind, dass Sie auf 100 Prozent verzichtet haben und die Sperrminorität erst zu einem viel späteren Zeitpunkt als Zielstellung für sich selbst, für die Regierung dann gemacht haben, weil Sie gemerkt haben, dass es juristisch arge Bedenken gibt und weil diese nicht ausgeräumt werden konnten.
Eigentlich ist nach der jetzigen Bestimmung des § 31 des Thüringer Gesetzes zur Hilfe und Unterbringung psychisch Kranker, also unsere Psychiatriereform, bereits zu beanstanden, weil nämlich die jetzigen Regelungen diesem Gesetz nicht voll entsprechen. Dort ist geregelt, dass nur unter bestimmten Voraussetzungen die Aufgaben des Maßregelvollzugs auch auf Einrichtungen nicht öffentlicher Träger überhaupt nur in Erwägung gezogen werden können. Die generelle Privatisierung der Landesfachkrankenhäuser für Neurologie und Psychiatrie hat demgegenüber die generelle Privatisierung des Maßregelvollzugs möglicherweise zur Folge. Wann verkaufen Sie 25,1 Prozent? Die Frage steht ins Haus. Die Frage steht deswegen, weil Sie den Verkauf zur Deckung des Haushalts nehmen. Irgendwann fehlt uns wieder Geld. Ich habe diesen Prozess hinter mir im Klinikum Erfurt. Frau Arenhövel, Sie reden von sensibler Privatisierung. Was ist denn sensibel, wenn ich erst die Prozente verkaufe und dann alles? Das ist eine zeitliche Strecke, aber kein sensibler Verkauf.
Ob ich etwas wahrhaben will oder nicht, also, Frau Arenhövel, das müssen Sie doch letztendlich verstanden haben, dass es objektive Realitäten gibt, wo auch Sie sich nicht aussuchen können, wie sie tatsächlich sind. Sie können sie nur subjektiv anders wahrnehmen.
Wenn ich vorhin ehrlich gesagt habe, ich hätte verstanden, dass der Bericht noch nicht gegeben wird, dann deswegen, weil ich glaube, in dem Antrag der CDU-Fraktion fehlen ein paar Fragen oder ein paar Aufgabenstellungen. Wir werden das nachholen, das wissen wir hundertprozentig heute schon. In den Mittelpunkt des Berichts der Landesregierung hätte auf folgende Fragen geantwortet werden müssen.
Frau Arenhövel, Lesen und Schreiben hat man in der DDR in der ersten bis vierten Klasse gelernt, deswegen konnte ich die Protokolle des Ausschusses sehr eindeutig lesen, auch Ihre Bemerkungen in der Auseinandersetzung um die Anträge zur Selbstbefassung um die Veräußerung der Landespsychiatrien. Solche Bemerkungen sind einfach Intelligenzausdruck, den wir uns nicht bei Ihrem hoch eingeforderten Niveau hier leisten sollten.
Ich wiederhole meine erste Frage, von deren Beantwortung ich erwartet habe, dass sie in den Bericht mit aufgenommen wird:
1. Wie kann bei einer Übertragung der Unterbringung psychisch kranker Straftäter in privaten Krankenhäusern sichergestellt werden, dass die Anerkennung von Grundrechtspositionen der Patienten und die Begrenzung von Grundrechtseingriffen ebenso gewährleistet ist wie bei wahrnehmenden Aufgaben in Einrichtungen öffentlicher Trägerschaft? Dies ist eine Frage, keine Unterstellung.