Arbeitsmarktinstrumentarien gilt das, sondern insbesondere für die Wirtschaftsinstrumentarien und nichts anderes haben wir eingefordert. Wenn Sie es jetzt feststellen, gehe ich davon aus, dass wir binnen kürzester Zeit uns dazu verständigen können, wie diese entsprechende Evaluierung und Wirksamkeitsverbesserung und vor allen Dingen die Kontrolle - die Kontrolle hätte ich jetzt beinahe gesagt, Herr Kretschmer, wenn er denn da wäre, er hat sich immer beschwert, dass wir so viel von Kontrolle reden, die Kontrolle die in Ihrem Papier steht - ist dort ein wichtiger Ansatz. Schwierig wird ein anderer Punkt, der enthalten ist, und das wäre die zweite konkrete Bemerkung zu dem Papier. Durch Senkung der öffentlichen Abgaben und der Arbeitskosten sowie im Arbeitsrecht müssen Bedingungen geschaffen werden, die den Unternehmen wirksame Anreize bieten, zusätzliche Arbeitsverhältnisse einzugehen und Arbeitsplätze nicht abzubauen.
Meine Damen und Herren, ich vermute stark, hätte das jemand von der PDS gesagt, hätte man ihm Planwirtschaft und Eingriffe und Staatssozialismus und was weiß ich nicht alles vorgeworfen. Jetzt steht es in dem CDUPapier und ich weiß nicht so genau, ob Sie jetzt Einfluss nehmen wollen auf die Gewinn- und Verlustrechnung, auf die Bilanzen oder auf Lohnkostensubventionen, indem Sie die unterschiedlichen Profitbereiche in den einzelnen Unternehmen vergleichen wollen, oder ob Sie sozialpflichtige Versicherungsverhältnisse dadurch zusätzlich unterstützen können. Unabhängig davon, es ist ein sehr interessanter Punkt, über den man sich einmal austauschen sollte; ich habe ein paar Interpretationsschwierigkeiten mit diesem Punkt.
Eine andere Fragestellung, für die ich Ihnen in dem Papier sehr dankbar bin, aber wo ich ganz massiven Protest und Widerspruch anmelde: Neben durchaus konstruktiven und diskussionswürdigen Vorschlägen lässt das Papier eine Tendenz zum Abbau des zweiten Arbeitsmarkts erkennen, stellen Sie im Zusammenhang mit den Vorschlägen der Bundesregierung fest eine Tendenz zum Abbau des zweiten Arbeitsmarkts, die kritisch zu betrachten ist.
Meine Damen und Herren, wer sich hier hinstellt und sagt, wir müssten den zweiten Arbeitsmarkt zurückdrängen, wir könnten dort vereinfachen, reduzieren, beschränken, so, denke ich, habe ich Sie richtig verstanden, der darf der Bundesregierung, wenn sie das Gleiche betreibt, natürlich nicht genau das vorwerfen. Das ist Reden mit zwei Zungen. Sie haben uns auf unserer Seite, wenn Sie das der Bundesregierung vorwerfen, aber bitte schön, nehmen Sie dann auch zur Kenntnis, wenn wir es Ihnen vorwerfen, dass das mindestens genauso berechtigt ist.
Ein vierter Punkt, der durchaus interessant ist und der deutlich macht, dass es doch eine ganze Reihe Missverständnisse bei der Einschätzung der Situation gibt, wird dort festgestellt. Dazu muss die Arbeitsvermittlung passgenauer auf die verschiedenen Gruppen und die individuellen Bedürfnisse der männlichen und weiblichen Arbeits
losen zugeschnitten werden. Meine Damen und Herren, wir haben nahezu 190.000 Arbeitslose, bei 14.000, sind wir großzügig bei 15.000 offenen Stellen und Sie glauben allen Ernstes, dass mit einem anderen Zuschnitt einer individuellen Betreuung dieses Problem gelöst werden kann. Also, wenn Sie das den Arbeitslosen erklären wollen, dann wünsche ich Ihnen viel Vergnügen, ich würde gern an dieser Veranstaltung teilnehmen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass durch Zuschnittswechsel die Kleider besser passen und den Arbeitslosen die entsprechenden Arbeitsbedingungen zur Verfügung gestellt werden, die notwendig wären, damit sie mit ihrer eigenen Hände Arbeit die entsprechenden Grundlagen für ihr Leben und ihre Teilnahme an den gesellschaftlichen Prozessen erreichen können.
Bei den älteren Arbeitslosen haben wir durchaus wieder gemeinsame Ansatzpunkte. Bloß die Ansatzpunkte, die Sie im Papier haben, sind nicht zu Ende gedacht, das würde nämlich in der Konsequenz bedeuten, dass wir längere Projektlaufzeiten auch außerhalb der existierenden Arbeitsfelder haben, und das wäre genau das, Herr Bergemann, wenn Sie auf Seite 4 mal nachlesen wollen, was wir als Vorstellungen und Vorschläge entwickelt haben für Modellprojekte außerhalb des gegenwärtigen Instrumentariums, die umzusetzen wären, meinetwegen erst in dieser Gruppe, aber wir sind der Auffassung, in der gesamten Gruppe der Arbeitslosen, von 18 angefangen bis 65. Wenn Sie die Konsequenz noch mit hineinnehmen neben der plakativen Forderung, dann wären Sie auf unserer Position, wir würden Sie dort gern begrüßen.
Einen Punkt, der weiter hinten noch kommt, hatte ich schon gesagt, Subventionen und Fördermittel. Aber ich will einen Satz noch mal der Öffentlichkeit kundtun, weil ich ihn für einen äußerst problematischen und meiner Meinung nach sehr verwerflichen halte. In diesem Papier der Länderregierung wird festgestellt: "Des weiteren muss bei längerer Arbeitslosigkeit und erfolglos gebliebenen Vermittlungsbemühungen angenommen werden, dass eine Weiterbeschäftigung in der bisherigen Region gegebenenfalls nicht mehr ohne weiteres möglich ist. Ein Verbleib im Leistungsbezug kann gegenüber dem Angebot, in einer anderen Region einen Arbeitsplatz zu erhalten, der Solidargemeinschaft auf längere Zeit nicht zugemutet werden." Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund, wie sich die aktuelle Situation hier gestaltet und wie wir von Fachkräftemangel tönen und wie wir von Wegzugsproblemen und Ausbluten des Freistaats Thüringen diskutieren, ist das schon eine gefährliche Tendenz, dort sollten Landesinteressen stärker in den Vordergrund gestellt und Möglichkeiten geschaffen werden, diese Leute hier zu halten. Wir können natürlich die Bevölkerung Thüringens auf eine Million reduzieren, dann haben wir vielleicht die Möglichkeit, für sie die Beschäftigung zu sichern, aber das kann nicht die Lösung des Problems sein. Ich hätte mir, wie gesagt, gewünscht, Herr Schuster, dass Sie neben dem Hinweis, dass es eine entsprechende Vorlage für den Bundesrat gibt, auch etwas
detaillierter auf diese Fragen eingegangen wären. Ich hätte mir vielleicht sogar gewünscht, dass diese Vorlage, damit wir ein bisschen stärker am Inhalt diskutieren können, vorher den Abgeordneten zugänglich gemacht wird. Wir hatten allerdings das Problem vorhin, ich will das nicht noch einmal aufwerfen. Insgesamt ein Punkt, der weiter im Auge behalten werden muss, sowohl das, was von CDU-Seite vorgeschlagen wird, als auch von Länderseite. Der gegenwärtige Diskussionsstand ist zur Kenntnis zu nehmen. Das, was dann mit dem Job-Aqtiv-Gesetz, sollte es eine Vorlage im Bundestag geben, tatsächlich auf uns zukommt, ist sicher diskussionswürdig und, wenn überhaupt, von Landesseite nur beeinflussbar, indem im Bundesrat die entsprechenden Aktivitäten entfaltet werden. Von unserer Seite sind uns die Möglichkeiten dafür nicht gegeben. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Gerstenberger, ich komme nachher noch einmal auf Sie zurück. Ich beginne erst mal mit meinen Ausführungen.
Ja, ich habe mir ein paar Stichpunkte aufgeschrieben. Die Konjunktur in Deutschland schwächelt, der Arbeitsmarkt stagniert - das ist tatsächlich so, wir haben in diesem Monat noch mal Glück gehabt, aber wir gehören nicht zu denen, die die Augen davor schließen, dass es in den nächsten Monaten sicher anders aussehen wird. Ein Anstieg der Lohnnebenkosten wird immer wahrscheinlicher. Wenn man die Vertreter der Krankenkassen hört, ist damit zu rechnen, dass erhebliche Steigerungen im kommenden Jahr auf uns zukommen werden. Die Stimmung in der Wirtschaft ist schlecht, das ist eigentlich kein Wunder, und - jetzt wird mir sicherlich Polemik vorgeworfen, ich sag es trotzdem - in Berlin regiert man mit ruhiger Hand, aber mit frischen Sprüchen auf den Lippen, sowohl der Kanzler als auch - ich weiß nicht, ist er noch Minister, Herr Scharping -, also ich sag mal, Herr Scharping, er hatte auch sehr flotte Sprüche losgelassen. Ich denke, das sind Luftballons, denen nicht allzu viel gefolgt ist. Wir können uns doch in Thüringen von dieser Entwicklung nicht abkoppeln und, ich denke, Herr Minister Schuster hat vorhin sehr eindrücklich gesagt, dass wir uns zwar sehr darum bemühen, aber alle Bemühungen nützen nichts, wir sind nämlich nicht auf der Insel der Seligen. Wenn nicht die Rahmenbedingungen insgesamt stimmen, dann können wir hier machen, was wir wollen, dann werden wir nicht so vorwärts kommen, wie wir uns das eigentlich denken. Es könnte Impulse geben am Arbeitsmarkt in den
neuen Ländern, ich will das jetzt gar nicht nur auf Thüringen beziehen, wenn man nicht so plakativ dieses Investitionsprogramm, was vom Ministerpräsidenten vorgestellt worden ist, abgelehnt hätte. Es geht doch da gar nicht um kurzfristige Strohfeuer, es geht doch darum, Infrastrukturprojekte vorzuziehen, die es ermöglichen, Betriebe und somit Arbeitsplätze anzusiedeln. Seit Monaten wird nun über die Reform des Arbeitsförderungsrechts gesprochen. Ich habe es bei der Begründung zu diesem Antrag gesagt, es ist ungewöhnlich, Herr Gerstenberger, da gebe ich Ihnen Recht, weil noch kein Gesetzentwurf vorliegt, aber Sie wissen doch selbst, wie darüber diskutiert wird. Es wird ja nicht nur in der Zeitung und von allen möglichen selbst ernannten und wirklichen Fachleuten darüber diskutiert, es wird ja mittlerweile auch, Sie waren bei der Veranstaltung vom DGB, vom Bundesministerium für Arbeit selbst diskutiert. Meine Damen und Herren, da war es schon ein Stück weit peinlich, wenn ein Referatsleiter aus einem Bundesministerium ständig von unseren Vorschlägen, von unserem Gesetzentwurf sprach, sich wieder korrigierte, na ja, es ist noch nicht unserer, es ist erst mal der Koalitionsentwurf der Koalitionsfraktionen - wir wissen doch alle, wie das läuft.
Aber den haben wir doch, Frau Thierbach. Meine Damen und Herren, eins ist natürlich bekannt: Auf der einen Seite propagiert man eine Regionalisierung der Arbeitsmarktpolitik und auf der anderen Seite hält man die Regionalisierung, die in Deutschland vorgeschrieben ist, nämlich die Länder zu beteiligen, zunächst mal außen vor. Das finde ich bei so einem Thema schlicht und einfach unzulässig. So etwas sollte man eigentlich nicht machen. Der Entwurf enthält keine strukturellen Neuerungen, das ist von Herrn Minister schon gesagt worden, trotzdem sind die Ziele, die da vorgegeben werden, durchaus richtig und wir befürworten die auch.
Ich will nur ein paar stichwortartig nennen: Die Steigerung der Effektivität des Vermittlungsprozesses, ob man das nun über die Arbeitsverwaltung macht oder ob man Dritte einschaltet oder ob man das mit Eingliederungsplänen macht, das ist doch alles richtig, dem verschließen wir uns doch nicht. Die Neuausrichtung und Verstärkung der beruflichen Qualifizierung, das ist ein Thema, das beackern wir hier seit Jahren, da läuft der Bund hinterher, das muss man einmal so deutlich sagen. Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, auch das sind Forderungen, die ja nun nicht der neueste Schrei sind. Eine stärkere Verankerung des Prinzips "fördern" und "fordern", also ich sage einmal, das hat Norbert Blüm schon gefordert, dafür sind wir furchtbar beschimpft worden. Passgenaue Vermittlungsstärken, betriebsnäher die Qualifizierung ausgestalten, das sind doch alles Dinge, die wir hier schon mehr als einmal angesprochen haben und wo wir uns in Thüringen bemühen, auch über entsprechende Programme vorwärts zu kommen.
Das einzige, was tatsächlich neu aufgenommen worden ist, ist diese Jobrotation, die ich sehr begrüße. Allerdings, das haben wir bei dieser DGB-Veranstaltung gehört, Herr Gerstenberger, wer meint, man könne damit viele neue Arbeitsplätze schaffen, der täuscht sich. Es ist ein wirklich gutes Instrument, um Personal zu qualifizieren und während der Qualifizierungszeit, dass die Arbeit weitergeht, andere einzustellen, aber als Instrument wirklich für neue Arbeitsplätze taugt es nicht allzu viel.
Ich möchte auch einmal ganz kurz darauf eingehen, was neu eingeführt werden soll, die so genannte Karenzzeit, dass also Personen, die in Maßnahmen waren, ob ABM oder SAM, drei Jahre warten müssen, bis sie wieder eine geförderte Maßnahme beginnen können. Das kann man machen. Das kann man aber nur dann machen, wenn man im Gegenzug Alternativen aufzeigt, Alternativen, wie man diese Menschen dann in Beschäftigung bringen kann. Ich habe Herrn Heyer danach gefragt, ob es möglich ist, dann über Lohnkostenzuschüsse, wenn die Möglichkeit besteht, im ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Das geht, aber, ich denke, auch genau das wäre so ein Punkt, wo so ein Kombilohnmodell unter Umständen greifen würde, denn gerade die Leute, nicht alle, aber viele, die in solchen Maßnahmen sind, sind ja die, die dann unter Umständen in die Langzeitarbeitslosigkeit abdriften, dann wäre das eigentlich nicht genau das, was dem Gesetz entspricht. Ich finde es gut, dass sich die Landesregierungen aufgemacht und sich zusammengesetzt haben aus dem einfachen Grunde, es gibt ja kein Arbeitsförderungsrecht mehr speziell für die neuen Bundesländer. Es gibt dann ein einheitliches Arbeitsförderungsrecht, damit müssen alle klarkommen. Wir wissen aber alle sehr genau, dass es sehr wohl große Unterschiede gibt. Ich habe einen Sohn, der wohnt in Freising, der studiert noch, der könnte am Tag fünf Arbeitsstellen annehmen, der weiß im Moment nicht, wo er zusagen soll. Es ist natürlich einfacher, eine Vermittlung in einem Arbeitsamt oder Eingliederungsvertrag in einem Arbeitsamt in Freising oder in BadenWürttemberg zu machen, als in Sachsen-Anhalt, Sachsen oder in Thüringen. Das ist uns allen klar. Deshalb bin ich froh, dass sich die CDU-regierten Bundesländer aufgemacht haben, zunächst einmal ihre Position bestimmt haben und diesen Entschließungsantrag einbringen oder eingebracht haben. Ich denke, es gibt schon ein paar wichtige Punkte, die es wert sind, dort aufgenommen zu werden. Da geht es z.B. um die angemessene Verteilung der Finanzlast. Es kann doch nicht sein, dass auch wieder vorigen Mittwoch darüber geklagt wurde, dass alles aus der Arbeitslosenversicherung bezahlt werden muss. Ja, mein Gott, da muss man sich endlich einmal ranmachen und das einmal auseinanderklamüsern und wirklich die Zuständigkeiten aufteilen. Wir kommen doch überhaupt nicht aus dieser Spirale raus. Wir können auch keine neuen Modelle oder irgendetwas machen. Es ist nicht machbar, das alles aus Beitragsgeldern zu finanzieren, abgesehen davon, dass man ja eigentlich einmal rangehen und die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung senken wollte. Wir haben z.B. gehört, dass man in Dänemark Leistungen be
zuschusst. Das ist eine schöne Sache für die, die es in Anspruch nehmen können. Es klingt auch sehr plausibel. Wer in Dänemark hauswirtschaftliche Leistungen in Anspruch nimmt, der kann das auf zwei Arten machen, so wie in Deutschland, da wird nämlich das meiste über Schwarzarbeit gemacht oder aber er kann die Rechnung einreichen und da übernimmt der Staat Dänemark die Hälfte der Rechnung, damit jemand eine ordentliche Beschäftigung hat, Steuern abführt und, und, und. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in Deutschland finanzierbar wäre und schon gar nicht über die Arbeitslosenversicherung.
Die Angleichung Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe: Herr Heyer ist danach gefragt worden, und das ist für mich so ein Punkt, den verstehe ich nicht. Das Gesetz hat den Bundestag noch nicht erblickt und Herr Heyer sagt, nein, in diesem Gesetz wird es nicht verankert sein, aber sofort in der neuen Legislaturperiode werden wir das angehen. Ich denke, wenn ein Gesetz noch nicht einmal, den Geschäftsgang erreicht hat und man schon weiß, dass man gleich wieder ändern will, mein Gott, dann soll man es doch gleich machen oder dann im Bundesrat, im Vermittlungsausschuss wirklich diese Forderung mit aufnehmen und sich zusammensetzen und das einbringen.
Noch einmal zu den Kombilöhnen: Wir wissen alle, dass das kein Allheilmittel ist, dass man damit die Arbeitsmarktprobleme in Deutschland oder gar in Thüringen lösen könnte, so blauäugig sind wir auch nicht, aber es wäre ein Baustein, über den es sich zu reden lohnt. Man muss ja nun nicht, wie gesagt, diese ungeliebten Modelle, die da eingeführt worden sind, kopieren. Es gibt doch eine Menge Leute, die sich Gedanken machen, wo man andere Modelle einführen könnte.
Dann möchte ich noch einmal daran erinnern, der Bundeskanzler hat vor seiner Wahl gesagt, Kombilöhne in ganz Deutschland sollten eingeführt werden. Das wollten die Gewerkschaften nicht, da hat er einen Rückzieher gemacht. Dann hat man zumindest diese vier Modelle ins Leben gerufen. Das hat furchtbar lange gedauert. Da sind die Bundesländer angeschrieben worden, die konnten sich bewerben. Thüringen hatte sich auch beworben, und ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, wenn wir einen Zuschlag bekommen hätten, hätten wir sicherlich etwas Vernünftiges daraus gemacht. Als es nämlich endlich so weit war, Sachsen hatte sich beworben, bekam den Zuschlag, da wollten die eigentlich schon gar nicht mehr. Dass dabei nichts Gescheites herauskommt, das ist doch eigentlich ganz selbstverständlich.
Meine Damen und Herren, ich bin auch der Meinung, es lohnt sich, sowohl über den Entwurf des Job-Aqtiv-Gesetzes als auch über die Bundesratsinitiative der Landesregierung bzw. Bayerns und Thüringens zu sprechen. Ich denke, wir sollten das im Ausschuss weiterberaten, wir sollten den Bericht des Ministers zum Anlass nehmen, um das im Ausschuss weiterzuberaten.
Nun noch ein paar Sachen zu Herrn Gerstenberger: Flexibilität der Arbeitslosen - ich glaube, das fordern im Moment alle, vom Bund bis sonst wohin. Wenn man wirklich einmal ehrlich ist, dann muss man sich sagen, es ist doch tatsächlich - übrigens hat es das immer schon gegeben, diese Wanderungsbewegung. Ich gehöre nicht zu denen, die wollen, das die qualifizierten Leute aus Thüringen abwandern. Mir wäre lieber, sie könnten alle hier bleiben, aber ich sage mir, ein junger Mann, der studiert hat, oder eine junge Frau, die ausgelernt hat und die keine Chance hat, hier den Beruf auszuüben, da ist es doch wirklich besser, sie geht für ein paar Jahre woandershin und kommt dann aber wieder zurück. Das ist das Entscheidende dabei, die Möglichkeit und, ich sage einmal auch, die Psychologie muss so sein, dass man das Gefühl hat, jawohl, es tut sich etwas, in ein paar Jahren können wir wieder zurückkommen. Es gibt ja durchaus Bereiche, wo das zutrifft, z.B. im Pflegebereich. Ich kenne eine ganze Reihe Krankenhäuser, wo Krankenschwestern, die vor fünf, sechs Jahren weggegangen sind, jetzt wieder zurückkommen, weil sie in ihre Heimat wollen und weil sie auch mittlerweile hier sehr gute Arbeitsbedingungen und einen einigermaßen vernünftigen Verdienst vorfinden.
Was die passgenaue Qualifizierung angeht, Herr Gerstenberger, da verstehe ich Sie ja nun eigentlich gar nicht. Man kann doch nur passgenau vermitteln, wenn man vorher passgenau qualifiziert. Da können Sie sich mittlerweile mit allen Leuten unterhalten, die damit zu tun haben, die sagen, diese großen Qualifizierungsmaßnahmen mit sehr vielen Teilnehmern, ob die Interesse haben oder nicht, die Hauptsache, sie sind untergebracht, das bringt es nicht, lieber kleinere Einheiten, lieber kleine Module, dass die Leute wirklich dafür qualifiziert werden, was sie später einmal machen müssen. Aber genau das ist das Wichtige, dass man vorher wissen muss, was sie denn machen sollen. Da muss die Klammer noch besser stimmen, da muss noch mehr ergründet werden, wo der Bedarf ist, was denn gebraucht wird.
Ich denke, wir sollten uns im Ausschuss weiter darüber unterhalten. Es ist ein vielfältiges Thema. Es sind auch bei dieser Diskussion um das dänische Modell sehr interessante Vorschläge gemacht worden. Ich habe mich eigentlich gefreut, dass diejenigen, die das vorher so sehr hochgelobt haben, doch schon sehr wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt worden sind. Aber, ich denke, wir müssen neue Wege gehen und wir sind bemüht und wir haben es in Thüringen eigentlich gezeigt, dass wir das wollen und auch können. Danke.
Frau Vopel, Sie haben mich völlig missverstanden. Natürlich ist es falsch, ohne die entsprechenden Arbeitsplatzangebote diese Riesenqualifizierungswellen zu machen. Unsere Kritik zielt in eine andere Richtung. Da möchte ich Sie fragen, ob Sie mir Recht geben. 190.000 registrierte Arbeitslose, 14.000 offene Stellen, selbst bei zielgenauer Qualifizierung bekomme ich die reichlich 170.000 registrierten Arbeitslosen nicht auf die fehlenden Stellen, weil schlicht und ergreifend keine da sind.
Herr Gerstenberger, das ist selbstverständlich richtig. Deswegen müssen wir alles tun, dass wir mehr offene Stellen haben. Deshalb müssen wir die Wirtschaft stärken und der Wirtschaftsminister hat das doch vorhin gesagt. Da muss vor allem rangegangen werden. Wir wissen selber, dass wir mit Arbeitsmarktpolitik die ganze Sache sowieso nicht lösen können. Wir können nicht neue Programme machen, wo wir hunderttausend Leute beschäftigen, das schafft man einfach nicht. Das ist ganz selbstverständlich, dass das nicht geht.
ich bin zwar nicht neu in dem hohen Haus, aber in dem Thema, nichtsdestotrotz habe ich meine Meinung dazu. Ich bin, ich muss ganz offen sagen, doch etwas enttäuscht über den Bericht der Landesregierung, denn ich habe da gar keine Fakten gehört. Ich dachte schon, ich könnte hier gar nicht darauf reagieren, weil ich erst einmal darüber nachdenken muss, aber so war der Bericht leider nicht ausgestaltet.
Einige Vorbemerkungen: Bekanntlich ist die Bundesrepublik Deutschland eines der größten Exportländer der Welt. Angesichts der derzeitigen internationalen wirtschaftlichen Lage kommt es zu weltkonjunkturbedingten Nachfragerückgängen, die sich gerade auf die deutsche Wirtschaft erheblich negativ auswirken. Außerdem kam es in den letzten Monaten zu einem erheblichen Einbruch in den Hochtechnologie- und Kommunikationsbranchen.
Offensichtlich überhitzte Erwartungshaltungen wurden durch die Praxis deutlich relativiert. In diesem Zusammenhang kommt es zwangsläufig zu einem Rückgang der Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt.
Die zweite Vorbemerkung: Über die Bundesanstalt für Arbeit werden nach Thüringen 8,8 Mrd. DM gegeben, also über die Arbeitsämter, und im Freistaat stehen in den drei Titeln, einschließlich der Mittel des europäischen Strukturfonds 500 Mio. DM. An dieser Stelle wird deutlich, dass Arbeitsmarktpolitik im Wesentlichen Bundespolitik ist und dass Thüringen nur begleitend tätig werden kann.
Allerdings finde ich es nicht in Ordnung, wenn durch die Landesregierung weitere 40 Mrd. DM Förderung für die neuen Länder vom Bund gefordert werden - denn schließlich müssen die ja auch erst einmal überlegen, wo es herkommen soll - jedoch gerade die Arbeitsmarktmittel im eigenen Landeshaushalt um 150 Mio. DM gegenüber der 2. Legislatur gekürzt wurden. Das Ergebnis dabei ist, dass die Halbierung der Maßnahmen bei ABM und SAM gegenüber der letzten Legislatur zu verzeichnen ist. Herr Minister, Sie hatten vorhin gesagt, die Landesstellen sind gleich geblieben und seitens des Bundes ist es zurückgegangen. Nach meinen Informationen sind von 1999 bis jetzt die Kofinanzierungsmittel des Freistaats von 56 Mio. DM auf 15 Mio. DM zurückgegangen. Logischerweise zieht der Bund oder die Bundesanstalt die Mittel auch zurück, so dass der ABM-Rückgang halbe/halbe eigentlich auf beide geht. Die SAM sind nach meinen Informationen kostenneutral, die sind nicht gekürzt worden.
Zum Sachverhalt: Es hilft bei einer solch hohen Arbeitslosigkeit, wie sie in den neuen Ländern noch besteht, nicht der Verweis auf die Tatsache, dass die AB/SA-Maßnahmen zu wenig Effekte für den ersten Arbeitsmarkt gebracht haben und man deshalb kürzen könne oder müsse. Solange der erste Arbeitsmarkt keine selbsttragende Rolle spielt, muss ein hohes staatliches Engagement bleiben, um die Menschen in Beschäftigung zu halten. Die meisten Arbeitslosen wollen doch entsprechend ihres Selbstwertgefühls von sich aus in Beschäftigung kommen. Sie brauchen auch keine Zwangsmaßnahmen, sondern befriedigende und, ganz wichtig, den Lebensunterhalt sichernde Arbeitsmöglichkeiten. Es muss insbesondere darauf verwiesen werden, dass in den Bereichen Soziales, Sport, Kultur oder Jugendförderung ohne die ABM das Trägersystem zusammenbrechen würde. Die Vereine werden nie in die Lage kommen, diese Stellen aus eigener Kraft zu finanzieren. Wenn diese gesellschaftlich hochsensiblen und sehr wichtigen Gebiete der Infrastruktur aus dem öffentlich geförderten Bereich herausgenommen werden sollen, so müssen sie auf andere Weise steuerfinanziert werden. Das wird dann natürlich zwangsläufig zu Lasten anderer Staatsausgaben gehen.
Selbstverständlich muss es zu einer besseren Verzahnung von Arbeitsmarktpolitik und Infrastrukturpolitik kommen. Es soll auch nicht verschwiegen werden, dass der eine oder andere Wildwuchs in diesem Zusammenhang beseitigt werden muss. Einen großen Schwerpunkt des Entwurfs des Job-Aqtiv-Gesetzes bildet die Verstärkung der Ausund Weiterbildung und deren betriebsnähere Ausgestaltung. Hierbei kommt es darauf an, den Bedarf an höher qualifizierten Beschäftigten nicht nur aus dem Bestand der Arbeitslosen zu rekrutieren, sondern auch durch Umund Weiterqualifizierung in und aus bestehenden Arbeitsverhältnissen. In der Phase der Technisierung und Automatisierung unserer Gesellschaft ist der Slogan vom lebenslangen Lernen längst keine Phrase mehr. Jeder Arbeitnehmer muss das realisieren, aber auch die Arbeitgeber haben die Verpflichtung in unserem sozialen Gefüge sich um die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter zu kümmern. Der Zyklus des Wissensumschlags ist in vielen Bereichen sehr kurz geworden und trotzdem kann man nicht den einfachen Weg gehen und sich immer neue Absolventen von Hochschulen oder Berufsschulen holen und die Arbeitnehmer der mittleren Generation dafür im Regen stehen lassen. Es klang ein bisschen bei dem dänischen Modell letzten Mittwoch an, durch diese liberalen Kündigungsregelungen, die dort vorliegen, dass solche Rotationseffekte passieren. Am Ende führt das dazu, dass keine Stammbelegschaften mehr vorhanden sind, die Erfahrungen haben und für Kontinuität sorgen. Konsequenz dessen ist, dass in einigen Ländern, in denen die Liberalisierung des Arbeitsmarkts weit fortgeschritten ist, schon zusätzliche Finanzangebote an Arbeitnehmer im Rentenalter gemacht werden, um sie über die Altersgrenze im Unternehmen zu halten. An dieser Stelle ist das deutsche System mit betrieblicher Altersvorsorge o.ä. Bindungssystemen hervorragend geeignet und sollte nicht zur Disposition gestellt werden.
(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Wo ist denn diese betriebliche Altersversorgung in den neuen Ländern?)
Auch die Vorstellung, man könne zusätzliche Beschäftigung schaffen, indem man Mittel aus dem öffentlich geförderten Arbeitsmarkt für Investitionen umschichtet, führt mindestens in den neuen Ländern nicht dazu, dass die Arbeitslosenquote sinkt. Durch die Kürzung der Titel für die öffentliche Förderung werden zunächst Stellen abgebaut, die bei Vergaben, z.B. in die Bauwirtschaft, wegen anderer Kostenanteile an den Investitionen nicht wieder vollständig in Personalfinanzierungen umgemünzt werden können. Ich rede nicht gegen die Stärkung des ersten Arbeitsmarkts, nur man muss wissen, dass es unter dem Strich dann in der Statistik mehr Arbeitslose gibt.
Es ist sicher zutreffend, dass die Arbeitsverwaltungen, wie es der Job-Aqtiv-Gesetzentwurf vorsieht, eine aktivere Rolle einnehmen müssen. Hierzu werden momentan Voraussetzungen durch die Bundesanstalt für Arbeit geschaffen. Wichtig bei dieser Frage ist auch, dass die
Monopolstellung der Arbeitsverwaltungen bei der Vermittlung von Arbeit abgebaut wird, weniger aber in Richtung privater Vermittler oder von Leiharbeitsfirmen, vielmehr müssen die regionalen Vermittlungsträger und die Beschäftigungsinitiativen und Beschäftigungsgesellschaften beteiligt werden. Außerdem muss die Betreuungsfunktion der Arbeitsvermittlung insgesamt ausgebaut werden.
Natürlich gehören zu einer Reform der Arbeitsförderung auch effizientere Erfolgskontrollen, bessere Kontrollen bezüglich der Einhaltung der Richtlinien und des Missbrauchs, wie etwa von Mitnahmeeffekten. Gerade bei Vergabe-ABM oder bei Kombilohnmodellen ist die Gefahr der Mitnahme gegeben. Ganz abgesehen davon, dass unterschiedliche Entlohnungen in Unternehmen, bei denen ein Teil der Belegschaft öffentlich gefördert wird und ein anderer nicht, zu Spannungen führen und damit die Teamfähigkeit gefährdet wird. Letzteres scheint im Übrigen der Hauptgrund zu sein, warum diese Förderinstrumente seitens der Unternehmen nur wenig angenommen werden. Uns liegen dazu aktuelle Zahlen aus Brandenburg vor, wo ein Förderprogramm nach dem "Mainzer Modell" durchgeführt wird. Im Ergebnis dessen, soll der Haushaltstitel von derzeit 3,7 Mio. Landesmitteln in Brandenburg auf 500.000 DM im nächsten Jahr gekürzt werden, weil das Programm von der Wirtschaft nicht angenommen wird. Ähnliche Signale gibt es auch aus dem Saarland und aus Rheinland-Pfalz. Man beachte die unterschiedliche Zusammensetzung der Regierungen in diesen Ländern. Außerdem besteht durch die Förderung einzelner Unternehmen durch öffentliche Mittel die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung gegenüber den Unternehmen, die ohne Förderung am Markt bestehen. Die objektive Bedürftigkeit von Förderung bei Unternehmen ist ohnehin betriebswirtschaftlich sehr schwer zu beurteilen und das wissen auch die Unternehmer. Andererseits ist uns die schwierige Lage des Mittelstands und insbesondere der gewerblichen Wirtschaft in den neuen Ländern wohl bewusst, aber die Tücke liegt eben im Detail. Entsprechend gut muss auch das System der Sanktionen bei Missbrauch sein sowohl für die Unternehmen als auch für die betroffenen Personen, denn auch im individuellen Bereich gibt es Mitnahmeeffekte, insbesondere durch parallel laufende Schwarzarbeit oder, dezenter ausgedrückt, erweiterter Nachbarschaftshilfe. Insgesamt muss der illegalen Beschäftigung verstärkt der Kampf angesagt werden, denn diese Frage berührt nicht nur die Arbeitsmarktentwicklung, sondern auch den Bestand der sozialen Sicherungssysteme. Der Gesetzentwurf zum Job-Aqtiv-Gesetz der rotgrünen Koalition bietet aus unserer Sicht beste Voraussetzungen, den anstehenden Reformstau auf dem Gebiet der Arbeitsmarktförderung abzubauen. Er liegt uns als Artikelgesetz im Umfang von 135 Seiten mit Erläuterungen vor. Eine ausführliche Darstellung würde natürlich den Rahmen des Berichtsersuchens sprengen, insofern ist es richtig, wenn wir das im Ausschuss weiterdiskutieren. Das Gesetz soll am 01.01.2002 wirksam werden und ist im Moment nach meinen Informationen in
den Abstimmungen beim Bundesfinanzminister. Es dürfte aber klar sein, dass bei der vorgesehenen Neuorientierung des SGB III einige Systemänderungen anstehen, die zwar einerseits die Gewähr für den mittelfristigen Abbau der Arbeitslosigkeit bieten, kurzfristig aber auch Härten darstellen, die nicht jedem Betroffenen zur Freude gereichen werden. Es gibt keine wirkliche Reform, bei der es jedem recht gemacht wird. Die Bundesregierung ruht eben nicht beim Abbau des Reformstaus.