Protocol of the Session on April 6, 2001

Also, dann bekomme ich von Ihnen die Bestätigung, dass ich sozusagen die Kommunalordnung so weit falsch verstanden habe, dass gemeindliche Satzungen im übertragenen Wirkungskreis nicht vom Gemeinderat, sondern vom Bürgermeister erlassen werden können?

Wenn Sie den § 29 lesen, in dem von mir zitierten Absatz Nr. 2 steht es genauso drin.

Gibt es weitere Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Danke, Herr Staatssekretär. Wir kommen zur nächsten Frage in Drucksache 3/1488. Bitte, Herr Abgeordneter Kummer.

Situation nicht mehr genutzter Thüringer Deponien nach 2005

Aus dem Landesabfallwirtschaftsplan, Teilplan Siedlungsabfälle, geht hervor, dass die Mehrzahl der Thüringer Hausmülldeponien nach dem Jahr 2005 nicht weiterbetrieben werden sollen. Eine wichtige Frage für die öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger sind die mit diesen zu schließenden Deponien verbundenen Kosten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wird den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern von der Landesregierung empfohlen, ihre stillzulegenden Deponien in die jeweiligen Abfallwirtschaftszweckverbände mit einzubringen, um die Deponiekosten, für die bisher keine Rücklagen gebildet wurden, über zukünftige Gebühren mit zu finanzieren?

2. Wenn ja, ist damit zu rechnen, dass der Freistaat zur Entlastung der Gebührenzahler diese Zweckverbände finanziell unterstützt?

3. Wie sollen öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, die stillgelegte Deponien nicht in Abfallwirtschaftszweckverbände einbringen, anfallende Deponiekosten, für die keine Rücklagen gebildet wurden, aufbringen?

4. Mit welcher Landesbeteiligung an den Kosten für stillgelegte Deponien können die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger rechnen?

Herr Minister Dr. Sklenar, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kummer beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Fragen 1 und 2: Durch die Landesregierung wird den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern keine Empfehlung dafür gegeben, ihre gegebenenfalls bis 2005 stillzulegenden Deponien in die jeweiligen überregionalen Abfallwirtschaftszweckverbände zur Restabfallbehandlung einzubringen. Aufgabe dieser Zweckverbände ist es nicht, nach 2005 die Rekultivierung und Nachsorge stillgelegter Deponien zu übernehmen. Insofern haben die jeweiligen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger eigenständig die Rekultivierung und Nachsorge dieser stillgelegten Deponien zu realisieren.

Zu Frage 3: Nach § 12 des Thüringer Kommunalabgabengesetzes sollen die jeweiligen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger grundsätzlich während der Betriebsphase entsprechende Rücklagen für die Rekultivierung und Nachsorge ihrer Deponien bilden. Für den Fall, dass in der Vergangenheit diese Rücklagen nicht in der entsprechenden Höhe gebildet wurden, sieht das Thüringer Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz in § 4 Abs. 2 vor, dass diese noch nachträglich erhoben werden können.

Zu Frage 4: Der Freistaat Thüringen stellt für derartige Vorhaben Fördermittel nach Maßgabe der Richtlinie für die Förderung von Vorhaben und Programmen der Abfallwirtschaft, Siedlungsabfallwirtschaft zur Verfügung, nachzulesen im Thüringer Staatsanzeiger Nr. 30/1999. Diese Förderrate für die Rekultivierung von Deponien beträgt je nach dem Termin der Deponieschließung und den Umständen des Einzelfalls bis zu 60 Prozent. Für Deponien, die bis 2005 geschlossen werden, wird die Förderung auf den Altkörper, der vor 1991 befüllt wurde und für den keine Rücklagen gebildet werden konnten, bezogen.

Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Danke, Herr Minister. Wir kommen zur nächsten und damit gleichzeitig zur letzten Frage für heute, Drucksache 3/1489. Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Botz.

Umwidmung der L 1048

Der Freistaat Thüringen reichte im März 2000 im Bundesverkehrsministerium eine Liste derjenigen Verkehrsprojekte ein, die im Zuge der Erarbeitung des kommenden Bundesverkehrswegeplans aufgenommen werden sollten. Darunter befindet sich unter Abkürzung B90n auch die Trasse der zukünftigen Anbindung des Städtedreiecks Saalfeld/Rudolstadt/Bad Blankenburg an die A 71. Derzeit existiert eine Verkehrsanbindung dieses Raums an die A 71 über die Landesstraße L 1048.

Ich frage die Landesregierung:

1. Bis wann muss die Landesregierung in Abstimmung mit der Bundesregierung die Entscheidung über eine derartige Umwidmung der L 1048 endgültig getroffen haben, damit diese verbindlich in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden kann?

2. Wie schätzt die Landesregierung die Chancen entsprechender Verhandlungen mit dem Bund bezüglich der Umwidmung der neuen Trasse der L 1048 in eine Bundesstraße und der damit in Verbindung stehenden Umwidmung der B 88 in eine Landesstraße ein?

3. Liegen der Landesregierung bereits Untersuchungsergebnisse bezüglich der wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der in diesem Falle erforderlichen Umwidmung der B 88 in eine Landesstraße vor?

Bitte schön, Herr Minister Schuster.

Frau Präsidentin, namens der Landesregierung beantworte ich die Frage von Herrn Dr. Botz wie folgt:

Zu Frage 1: Die Entscheidung über die Umstufung der L 1048 muss bis zur Vorlage des neuen Bedarfsplans für Bundesfernstraßen entschieden sein.

Zu Frage 2: Ob Umstufungen notwendig werden oder die Baulast unverändert bleibt, kann erst entschieden werden, wenn die Bewertungsergebnisse der einzelnen Straßenbauvorhaben vorliegen. Die Bewertung erfolgt im Rahmen der Fortschreibung des Bedarfsplans.

Die Frage 3 beantworte ich mit Nein.

Gibt es Nachfragen? Bitte.

Herr Minister, in welcher Form werden im Zuge der Umwidmung von Straßen die anliegenden Kommunen und Landkreise sowie die Wirtschaftsverbände in derart weit reichende Entscheidungen einbezogen?

Solche Maßnahmen werden ausführlich mit den Kommunen beraten.

Gibt es weitere Nachfragen? Das sehe ich nicht. Danke Herr Minister Schuster. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 17 und komme zur Fortführung der Debatte zu den Tagesordnungspunkten 12 und 14. Herr Abgeordneter Panse, bitte, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, jetzt hat es eine ganze Weile gedauert, bis wir wieder zum Thema zurückgefunden haben. Aber bedauerlicherweise muss ich sagen, an dem "großen öffentlichen Interesse" sowohl auf der Tribüne als auch hier im Saal hat sich nur unwesentlich etwas geändert, und das sage ich durchaus kritisch, auch kritisch an die Adresse der zwei beantragenden Fraktionen, denn auch da ist offensichtlich nicht gar zu viel vorhin da gewesen, als wir mit dem Tagesordnungspunkt 12 begonnen haben. Lassen Sie die Aufgeregtheit, Frau Thierbach. Auch da waren vorhin ganze sechs Leute von Ihrer Fraktion anwesend. Ich denke, das hat dieses Thema nicht verdient. Wir sollten schon ausführlich und auch entsprechend mit allen, die an diesem Thema etwas tun können, hier diskutieren können.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Herr Panse, das ist einfach unverschämt.)

Herr Dittes, Sie haben von...

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Wir sind sogar mehr als Sie.)

Herr Ramelow, ich habe es gerade gesagt. Als wir vorhin den Tagesordnungspunkt 12 aufgerufen haben, war die Beteiligung so, dass ich es einfach dem Thema nicht angemessen fand. Herr Dittes, Sie haben vorhin eine halbe Stunde zu dem Thema geredet und haben versucht, uns den Antrag in Tagesordnungspunkt 12, den Ihre Frak

tion hier vorgebracht hat, zu erläutern. Für mich ist er nicht wesentlich verständlicher geworden. Das sage ich gleich eingangs. Ich hoffe, ich kann im Verlauf meiner Rede erklären, was mir an Ihrem Antrag noch gefehlt hat. Zum von der SPD beantragten Landesprogramm gegen Rechtsextremismus hat der Abgeordnete Fiedler vorhin schon Bemerkungen gemacht. Ich möchte mich deswegen ausdrücklich darauf beschränken, dass ich auf den PDS-Antrag "Ergänzendes Programm des Freistaats Thüringen zum Programm CIVITAS der Bundesregierung" eingehe. Gewollt haben Sie wohl schon, gekonnt haben Sie aber ganz offensichtlich nicht, werte Kollegen von der PDS; ein eigenes Landesprogramm gegen Rechtsextremismus heute hier vorlegen, meine ich konkret damit. Also haben Sie wohl ganz offensichtlich schnell das Bundesprogramm mit einer Millionenforderung aufgestockt, in der Begründung etwas daraus abgekupfert und mit Schlagworten wie Neofaschismus angereichert und wollen dies nun als Ihre innovative Idee, Herr Dittes, zu einem Landesprogramm vermitteln. Wenig durchdacht haben Sie diese Idee. Dazu später. Zunächst jedoch einige Erläuterungen zum angesprochenen Bundesprogramm CIVITAS.

Das Bundesprogramm CIVITAS ist ein Bestandteil eines Ende Februar vorgestellten Bundesaktionsprogramms "Jugend für Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus".

Herr Abgeordneter Panse, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dittes?

Zum Ende meiner Rede. Merken Sie sich Ihre Frage, wir können am Ende der Rede darauf zurückkommen. Dieses angesprochene Bundesprogramm gliedert sich insgesamt in vier Teile. Ich denke, es ist wichtig genug, dass man diese vier Teile auch hier noch einmal ansprechen und erläutern kann. Das sind zum Ersten Maßnahmen gegen Gewalt und Rechtsextremismus im Rahmen der politischen Bildung. Diese werden insgesamt mit 30 Mio. DM in diesem Jahr unterstützt. Das Zweite ist das angesprochene CIVITASProgramm, eine Initiative gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern, getragen mit 5 Mio. DM für Modellprojekte und weiteren 5 Mio. DM für die Beratung und Betreuung von Opfern. Der dritte Teil, auch das ist heute hier schon gesagt worden, ist der Teil XENOS Leben und Arbeiten in Vielfalt, insbesondere zur beruflichen Bildung, Lernen und Arbeiten zwischen deutschen und ausländischen Jugendlichen. Dieser Programmteil wird in den nächsten drei Jahren mit 25 Mio. DM aus ESF-Mitteln gefördert. Der vierte Bereich ist der Bereich der internationalen Jugendarbeit, wo insbesondere deutschfranzösische und deutsch-israelische Jugendbegegnungen gefördert werden sollen. Insgesamt, das sage ich auch hier noch einmal, werden 60 Mio. DM allein im Bereich

der internationalen Jugendarbeit Jahr für Jahr aus Bundesmitteln bewilligt und immerhin 300.000 junge Menschen werden damit erreicht.

Zusammenfassend kann man zu diesen vier Programmteilen sagen, in diesen vier Teilen werden insgesamt 65 Mio. DM im Jahr 2001 bereitgestellt und natürlich kann man darüber ergänzend noch diskutieren, ob nicht noch mehr Aktivitäten zur allgemeinen Stärkung der Demokratiefähigkeit junger Menschen notwendig wären. Ich sage hier ausdrücklich das Stichwort auch mit Blick auf Linksextremismus. Aber ich bin der Meinung, grundsätzlich sollten wir dafür sorgen, dass dieses Bundesprogramm gerade in den neuen Bundesländern erfolgreich angenommen wird. Ich kann Sie nur alle herzlich einladen, werben Sie für diese Annahme dieses Programms.

Nun aber zum vorliegenden Antrag der PDS: Im CIVITAS-Programm wird beschrieben, dass es sich um Modellprojekte handeln soll. Die geförderten Projekte sollen fortlaufend evaluiert und begleitet werden. Wichtige Fragestellungen sind dabei, wie sich das Programm in der Praxis bewährt, welche Projekte umgesetzt werden können, wie sich insbesondere die mobilen Beratungsteams bewähren und insbesondere auch, wie sich die Opferstellen bewähren. Aber die wichtigste Fragestellung ist dabei, ob die Zielgruppen erreicht werden und mit welchen Ergebnissen die Zielgruppen erreicht werden. Allein die aufgezählten Fragestellungen machen deutlich, dass es nicht sinnvoll sein kann, ein ergänzendes Programm zur Förderung diesbezüglicher Projekte in Thüringen aufzulegen, bevor das CIVITAS-Programm erste Ergebnisse aufzeigen kann, ja noch nicht einmal richtig angelaufen ist. Selbst Sie schreiben, werte Kollegen von der PDS, in Ihrer Antragsbegründung, dass mögliche Thüringer Projekte von Ergebnissen der Bundesmodellprojekte profitieren könnten. Diese Ergebnisse werden aber erst frühestens 2002 vorliegen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an ähnliche Projekte der Vergangenheit. Das Bundesprogramm gegen Aggression und Gewalt hat über mehrere Jahre mit enormem finanziellen Aufwand Projekte unterstützt und ist im Ergebnis zumindest kritisch zu hinterfragen. Wir alle können kein Interesse daran haben, begrenzt zur Verfügung stehende Mittel pauschal und ohne sie auf ihre Wirksamkeit zu prüfen, in zahlreiche Projekte zu investieren. Wir unterstützen das CIVITAS-Programm - das sage ich ausdrücklich - und wir wollen, dass es ein Erfolg wird. Und wenn dieser Erfolg abzusehen ist, werden wir über Anschlussprojekte sprechen und dann entscheiden.

Erlauben Sie mir zum Schluss noch einige kurze Bemerkungen allgemein zum Rechtsextremismus. Vor wenigen Tagen fand in Leipzig ein Kongress mit über 1.000 Teilnehmern zu den Ursachen des Rechtsextremismus statt. Die interessante Diskussion endete u.a. mit dem Fazit: Es gibt viele Gründe für Rechtsextremismus und keine Patentrezepte, ihn zu bekämpfen. Aber in der aktuellen Diskus

sion ist auch ein weiterer, oft zu kurz kommender Fakt benannt worden. Rechtsextremismus ist kein Jugendproblem, wurde dort festgestellt. Rechtsextremistische Haltungen nehmen erstaunlicherweise mit dem Alter zu und antisemitische Vorurteile sind bei den über 60-Jährigen am höchsten. Außerdem sei das Ausmaß dabei im Westen höher als im Osten. Immerhin überraschende Ergebnisse, wenn wir uns die aktuelle Diskussion oft auch in den Medien anschauen.

Für die CDU-Fraktion bleibt der wichtigste Handlungsauftrag: Der Stellenwert der Werteerziehung in Familie, Schule und Gesellschaft muss deutlich erhöht werden.

(Beifall bei der CDU)

Dies kann und wird mittel- und langfristig mehr Erfolg bringen als kurzfristige und von der PDS so bezeichnete ergänzende Aktionsprogramme. Die CDU-Fraktion wird den Antrag 3/1455 der Fraktion der PDS ablehnen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Eine weitere Redemeldung ja? Ach nein, erst einmal die Frage von Herrn Abgeordneten Dittes bitte und dann Herr Abgeordneter Seela.